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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 21 - Jahrgang 1936
Lk 22,31 - Eine Stimme der WarnungLk 22,31 - Eine Stimme der Warnung
Der Herr aber sprach: Simon, Simon! Siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. (Lk 22,31ff).
Der Herr Jesus sagt, daß der Teufel Sein Feind ist (Mt 13,25). Das Wirken Seines Feindes ist immer darauf gerichtet, das Werk des Herrn zu verderben, damit der Herr nicht dadurch verherrlicht, sondern verunehrt werde. Das Ziel seiner Versuchungen zur Sünde sind weniger wir selbst, als vielmehr der HErr. Er ist es, der entehrt und dessen Werk verdorben werden soll. Haben wir nicht alle mehr oder weniger dies durch traurige Erfahrungen bitter erlebt und lernen müssen? Und doch hätten wir es weniger bitter lernen können, wenn wir mehr acht gegeben hätten auf die Fallstricke des Feindes, durch die er andere, die vielleicht stärker und fester gegründet waren als wir, zu Fall brachte, und wir uns diese als Warnung hätten dienen lassen.
Simon Petrus war nicht ein bloßer Bewunderer des Herrn Jesus Christus. Er liebte seinen Herrn mehr als ich und vielleicht auch mehr als du. Wenn er sagte: „Herr, mit Dir bin ich bereit, auch ins Gefängnis und in den Tod zu gehen“, so waren das ohne Zweifel Worte, die aus dem tiefsten Grunde seines Herzens kamen. Auch in unseren Tagen würden gewiß viele Gläubige, wenn es gefordert würde, bereit sein, ihr Leben um Christi willen dahinzugeben (wie es in Rußland heute noch geschieht), und doch sehen wir zuweilen gerade solche durch Satans List und Blendung in - wie soll ich sagen - kleinen und nichtigen Dingen straucheln und fallen. Der Herr kennt das menschliche Herz, und Er sagt uns die Wahrheit über unser Herz: „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen? Ich, Jehova, erforsche es.“ (Jer 17,9.10) Petrus mußte die Wahrheit dieses Wortes an seinem eigenen Herzen erleben, und auch wir müssen sie lernen. Möchten wir sie nicht durch schmerzliche Erfahrungen, sondern durch die Unterweisung Seines Wortes lernen!
Laßt uns nicht leicht über den Fall Petrus hinweggehen! Gott hat ihn in Seinem Worte aufgenommen, damit wir nicht unserem arglistigen Herzen vertrauen und in eine ähnliche Sünde fallen möchten. Und doch, wie leicht sind wir immer wieder bereit, den Gedanken unseres Herzens zu vertrauen und ihnen zu folgen. Ja, das Vertrauen auf uns, auf unser verderbtes Herz, ist eine beständige Schlinge, in die der Feind uns Iocken will. Dieser Schlinge zu entgehen, soll PetrusFall uns eine beständige Mahnung sein.
Der Herr kannte die Schwachheit Seines Jüngers, und Er warnt ihn: „Wahrlich, Ich sage dir, daß du in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, Mich dreimal verleugnen wirst.“ Wir möchten sagen: „Das kann Petrus nicht tun.“ Und auch Petrus antwortet kühn dem Herrn: „Selbst wenn ich mit Dir sterben müßte, werde ich Dich nicht verleugnen.“ (Mt 26,34.35) Und Petrus geht auch, als der Herr gefangengenommen wird, entschlossen mit in das Haus des Hohenpriesters. Er will halten, was er versprochen hat, und mit seinem Herrn durch dick und dünn gehen. Er liebte Ihn wirklich, und er muß wissen, was aus Ihm wird, und folgt Ihm von fern. Ein wenig später sehen wir ihn in dem Hofe des Hohenpriesters mit den Feinden des Herrn am Feuer sitzen, um den weiteren Verlauf zu beobachten. Eine Magd sieht ihn; sie sieht sich ihn genauer an. Mußte Petrus sich nicht beobachtet fühlen, und bemerkt sie seine Bestürzung unter ihrem Blick? Da hört er, wie sie zu den Männern spricht: „Auch dieser war mit Ihm.“ Ohne einen Augenblick zu zögern, kommt seine Antwort: „Weib, ich kenne Ihn nicht.“ Bebt uns nicht das Herz in der Brust? Sind das wirklich die Worte des Mannes, der wenige Stunden zuvor seine Liebe bis in den Tod beteuerte? Ja, es ist kaum zu fassen, es ist derselbe. Kurz danach sieht ein anderer ihn und spricht zu ihm: „Auch du bist einer von ihnen.“ Und wieder ist Petrus sofort mit der Antwort bereit: „Mensch, ich bin's nicht.“
Es ist geradezu erschütternd, wie jemand, dessen Liebe zum Herrn gar nicht in Frage zu stellen ist, den Herrn so bewußt und wiederholt verleugnen kann. Wenn das Petrus möglich war, wieviel weniger sind wir vor solchem Fall sicher! Gelingt es dem Feinde, uns auf die schlüpfrige Bahn zu führen und ihm Raum zu geben, so ist es schier unmöglich, auf dem betretenen Wege zurückzugehen. Ja, aus eigener Kraft wäre es nicht möglich, wenn der Herr nicht in Seiner Gnade, so wie bei Petrus, unser Herz berührte. Dies sehen wir aus dem Gang der weiteren Geschichte.
Nach Verlauf von etwa einer Stunde behauptet ein anderer und sagt: „In Wahrheit, auch dieser war mit Ihm; denn er ist auch ein Galiläer.“ Da erklärt Petrus erregt und entrüstet: „Mensch, ich weiß nicht, was du sagst!“ Und alsbald, während er noch redete, krähte der Hahn.
Der Herr hörte diese Worte hinter Seinem Rücken. Vermögen wir uns eine Vorstellung zu machen von dem Schmerz, den diese Worte der Verleugnung in der Stunde Seiner Verlassenheit Ihm bereiten mußten? Was tut der HErr? Er wendet Sich um. Kein hartes Wort, kein Wort der Verachtung, kein Vorwurf kommt über Seine Lippen. Er blickt Seinem armen gefallenen Petrus ins Auge. Und welch ein Blick?! Kein Blick des Zornes! Ein Blick tiefer Liebe und tiefen Leides! Ein Blick, der ihn an die Warnung und treue Liebe seines Herrn erinnert und ihn zur Besinnung bringt.
Wie oft ist dieses Bild an meiner und gewiß auch an deiner Seele vorübergezogen! Wie tief berührt dieser traurige Fall unser Herz; denn wir wissen, daß wir dasselbe tun können, was Petrus tat.
Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. Wohl nie sind heißere Tränen als diese über seine Wangen gerollt. Wenn Tränen Unrecht auslöschen könnten, dann hätten wohl diese es vermocht. Aber sie kamen zu spät; die Sünde war geschehen. Wohl war es eine Sünde, die der Gesinnung seines Herzens völlig fern lag; in der Stunde der Sichtung des Satans aber vergaß er das Wort des Herrn und vertraute seinem eigenen Herzen. Nun vermochte er nicht, seine Sunde ungeschehen zu machen, so sehr er sie auch bereute.
Sein Herr wurde verurteilt, gekreuzigt und starb. Armer
Petrus! Welche Last lag auf seiner Seele! Dann aber kam der Auferstehungsmorgen und mit der Botschaft der Auferstehung des Herrn auch die frohe Kunde, daß Er dem Simon erschienen sei (Lk 24,34). Der Herr erbarmte Sich Seines gefallenen Jüngers; seine Sünde wurde vergeben. Was in dieser heiligen Stunde zwischen dem Herrn und dem gebeugten Jünger vorging, darüber hat der Herr den Schleier gezogen. Die Stunde einer solchen Begegnung mit dem Herrn soll nicht durch die Augen und Ohren anderer entweiht werden.
Möchte PetrusErleben mir und dir eine Warnung sein, unserem arglistigen Herzen zu vertrauen! Die Schrift sagt: „Wer auf sein Herz vertraut, der ist ein Tor.“ (Spr 28,26) Und: „Wer zu stehen sich dünkt, siehe zu, daß er nicht falle.“ (1Kor 10,12)
Und wenn wir gleich Petrus in das Netz des Feindes geraten und gefallen sind, so mögen wohl Schmerzen und Leiden unserer Sünde folgen; denn wir ernten, was wir säen, aber nie wollen wir vergessen, daß, so sehr wir den Herrn auch betrübt haben, Er barmherzig und gnädig und groß an Güte ist. Seine Liebe bleibt den Seinigen unverändert zugetan; wir ändern uns, Er aber nicht. Er bleibt derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit.