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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Lernet von MirLernet von Mir
Wir kennen den Herrn Jesus als den Sohn Gottes; wir kennen Ihn aber auch als den wahrhaft vollkommenen Menschen, Dessen Jünger, Dessen Schüler und Nachfolger wir sein dürfen. Bedeutet Sein Tod für uns Errettung und Erlösung, so ist Sein Leben uns Beispiel und Vorbild, dem wir nacheifern sollen, um Ihm ähnlich zu werden.
Auch für unser Verhalten gegenüber unseren Feinen hat der Herr uns Lehre und Beispiel gegeben. „Liebet eure Feinde, segnet die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch beleidigen und verfolgen“, so hat Er auf dem Berge gelehrt. (Mt 5,44) Kein Wort widerspricht der menschlichen Natur so sehr wie dieses! Der Herr aber hat es uns vorgelebt. Er konnte von Sich auf die Frage: „Wer bist Du?“ sagen: „Durchaus das, was Ich auch rede.“ (Joh 8,25) Wandel und Lehre standen bei Ihm in vollkommener, unvergleichlicher Übereinstimmung. Er liebte Seine Feinde und betete für sie, selbst als sie ihren ganzen Haß gegen Ihn offenbarten, wie uns in Lk 23,33.34 beschrieben wird: „Und als sie an den Ort kamen, der Schädelstätte genannt wird, kreuzigten sie daselbst Ihn und die Übeltäter, den einen zur Rechten, den anderen zur Linken, Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“
Stehen wir einmal einen Augenblick still und vergegenwärtigen uns diese Lage: Sie kreuzigten Ihn! Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Welch ein Gebet! Kein Vorwurf und keine Anklage! Kein Ruf nach Rache und nach göttlichem Gericht! „Vater, vergib ihnen“, das war Seine Antwort auf die letzte furchtbarste Entfaltung der menschlichen Bosheit!
Es wäre schon ein Großes gewesen, wenn dieses Gebet den heidnischen Kriegsleuten, den unwissenden Henkersknechten, gegolten hätte. Aber nein, es galt Seinem Volk, denselben, die dem „Hosianna“ so schnell das „Kreuzige Ihn!“ hatten folgen lassen, die Seine vielen Wohltaten mit dem schwärzesten Undank belohnt hatten. Und so wunderbar wie die Fürbitte selbst ist, ebenso wunderbar ist auch ihre Begründung: „... denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Wahrlich, wir hätten anders geurteilt! Wir hätten in gleicher Lage vielleicht nicht nur ihre Schuld genannt, sondern ihr schändliches Handeln ausführlich bezeichnet. „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“, ruft der Herr uns zu (Mt 11,23). Wenn Seine Tugenden uns mehr vor Augen stünden, wenn unsere Herzen mehr von Seiner Liebe ergriffen wären, dann wäre auch in unserem praktischen Leben mehr von der Befolgung dieser Seiner Worte zu sehen. Es sollte so sein! „Im Wort, im Werk, in allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen.“ Wie steht es damit bei uns?
Wenn wir vergessen oder vernachlässigt werden, wenn man uns mit Fleiß in die Ecke stellt, und wir beugen uns darunter und geben Gott die Ehre bei solcher Demütigung, dann haben wir schon etwas, vielleicht sogar viel gelernt.
Wenn das Gute, das wir vielleicht getan haben oder zu tun beabsichtigen, verlästert wird, wenn unsere Wünsche durch andere in boshafter Weise durchkreuzt werden, wenn man unserem Geschmack zuwiderhandelt, unseren Rat verschmäht und unsere Ansichten lächerlich macht - und wir tragen alles in Liebe und Geduld, dann handeln wir, wie unser Herr gehandelt hat.
Wenn wir jede Mißstimmung unserer Mitmenschen, jede Unregelmäßigkeit und Unpünktlichkeit von anderer Seite zwar nicht gut heißen, aber ertragen können, ohne uns zu ärgern, dann sind wir langmütig, wie Christus es war.
Wenn wir jede Torheit und Verschrobenheit, jede geistliche Gefühlslosigkeit und jeden Widerspruch von Sündern, auch jede Verfolgung ertragen können, wie der Herr es ertragen hat, und dabei wahrhaft fürbittend für unsere Widersacher eintreten, dann wohnt die Liebe unseres Herrn Jesus Christus in unseren Herzen.
Möchten wir uns doch alle mehr nach solch praktischer Verwirklichung der Gesinnung Jesu Christi ausstrecken!
Alfred Heinze.
Alle Demütigungen, die uns widerfahren, sind vom Herrn gesandte Hebel, die uns auf dem schmalen Pfade vorwärts bringen sollen. Und jede zugefügte Kränkung soll uns helfen, vom eigenen Ich geheilt zu werden.
M.
Erstellt: 24.05.2024 23:14