Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
Röm 15,33; Phil 4,9 - Der Gott des Friedens (2)Röm 15,33; Phil 4,9 - Der Gott des Friedens (2)
Nach mancherlei einleitenden Bemerkungen, u. a. Erklärung des kostbaren Titelausdrucks im allgemeinen, habe ich in der vorigen Lieferung die erste der Stellen ausführlich zu besprechen gesucht, in denen dieser Ausdruck vorkommt. Ehe ich nun heute auf die nächsten Stellen eingehe, hier noch einmal eine Aufzählung aller derselben, von denen ich einige wegen des baldigen Jahrbuchabschlusses ja nur kurz behandeln kann.
Fünfmal steht diese Zusammensetzung „Der Gott des
Friedens“ allein im Neuen Testament, und zwar:
- 245 erste dieser beiden ist, so ernst ist die zweite! Die göttliche Ordnung ist die des Friedens, oder der Friede ist die wahre, gottgemäße Ordnung! - Übrigens habe ich gegen Ende des vorigen Jahrbuchs (17/1932) mich eingehend und rein praktisch mit dem Ausdruck: „Ein Gott nicht der Unordnung“ beschäftigen dürfen. Man lese jenes nach und verbinde das Gelesene im Herzen mit den gegenwärtigen Betrachtungen über „den Gott des Friedens“!
Das zweite zur Besprechung stehende Wort ist also Röm 16,20! Der Zusammenhang dieser Stelle ist ganz außerordentlich ernst. Ich habe im Jahrbuch 13 bei Frage 13: Was heißt „einfältig zum Bösen sein“ (Röm 16,19) mich in großen Zügen mit diesem Abschnitt beschäftigt und weise nachdrücklichst darauf hin. Ich sagte dort u. a.: „Der Apostel will, daß sie nicht nur (durch das Wort) geistlichweise sehen möchten, was gut ist in Gottes Augen ..., sondern sie sollen auch ... bemüht sein, sich allem Bösen gegenüber rein zu erhalten, sich gar nicht damit einzulassen, von vornherein sich nicht damit zu vermischen, so daß sie unzugänglich für dasselbe bleiben und darum gesichert gegen dasselbe; denn in nichts auf Böses eingehen macht unsere Stellung am sichersten! ... Dann würden sie die Macht des ‚Gottes des Friedens‘ bald erfahren, der den Satan, d. h. hier die vom Satan gebrauchten Friedensstörer (z. B. auch Irrlehrer)! in kurzem überwältigen werde ... sie würden die friedevolle Gegenwart des ‚Gottes des Friedens‘ kennen und genießen ...“ - Mit diesen Worten haben wir schon eine kurze Erklärung der Stelle! Es ist so, daß das mancherlei Böse innerhalb einer Gemeinde, in die solche Zwiespalt und Ärgernis anrichtende Leute Eingang fanden, die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen aufs höchste fesseln sollte (V. 17). Geschieht das nicht, so ist bald von Frieden innerhalb des Kreises nichts mehr zu spüren, denn der Feind erreicht auf solche Weise am besten, woran ihm mit am meisten liegt: daß der Heilige Geist - als „betrübt“ (Eph 4,30) - Sich zurückzieht und nicht gottgemäß wirken kann. Unsegen auf der ganzen Linie ist dann die Folge! Und die „Schönrednerei“ dieser Leute (V. 18), die des Feindes Geschäfte besorgen, verführt dann auch noch gar leicht solche, die bis dahin „arglos“ waren, und gerade solche! Wenn aber nach V. 17 verfahren wird und nach V. 19 (siehe oben)!, dann kann Gott wirken, und Er ist „der Gott des Friedens“! Er ist der, wie ich in voriger Lieferung sagte, der den Frieden hat, gibt, nimmt, vermehrt usw. Er ist die Quelle des Friedens, die unerschöpflich ist, und Er hat innerhalb Seiner Gemeinde kein größeres Wohlgefallen, als wenn Er ungehindert in Seiner ganzen Herrlichkeit wirken kann. Und wie jene Satansknechte darauf aus sind, Unfrieden zu säen und zu verbreiten, so ist Er bemüht, den Strom Seines Friedens über sie auszuschütten, ja, als „der Gott des Friedens“ unter ihnen zu walten und zu wirken. Aber Er sucht bei uns solche Treue, wie sie eben in V. 17 u. 19 sich zeigen muß, wenn sie überhaupt vorhanden ist. Tut sie das, d. h. sind wir solche Leute, dann werden wir den „Gott des Friedens“ ungehemmt zu unserem Besten in Tätigkeit sehen: Er wird den Satan hindern und schließlich unter unsere (nicht Seine)! Füße zertreten, was sicherlich u. a. auch bedeutet, daß wir selber völlig Sieger werden sollen über alle solche verderblichen, durch streitsüchtige Menschen oder Irrlehrer angerichtete Schäden innerhalb der Gemeinde. Er, unser Gott, ist für uns „der Gott des Friedens“; ist nun Sein Friede in der Versammlung gestört, und zwar ohne unsere Schuld, ja, haben wir selber Front gemacht gegen das Böse, dann wird dadurch unser Gott, der als „Gott des Friedens“, wie gesagt, für uns ist, zum Gegner unserer Gegner, und sie werden es zu spüren bekommen, was es heißt, uns gleichsam den Krieg erklärt zu haben (durch ihr böses Verhalten)!: Er steht auf unserer Seite, und Er stellt den gestörten Frieden wieder her. „Kein Friede den Gesetzlosen!“ heißt es Jes 57,21, und das wird vor allem der Feind, der Satan mit seinen Getreuen, erfahren. Es ist damit vergleichsweise so wie mit der Wolkensäule für Israel in 2. Mose 14,19.20: was für Sein Volk Licht und Herrlichkeit war, wurde für die Feinde Seines Volkes (darum für Seine Feinde)! Finsternis und Gericht! So kann man sagen, daß es für Gottes und Seines Volkes Feinde schon schrecklich ist, „den Gott des Friedens“ gegen sich zu haben - wie wird es aber erst sein, wenn sie es einmal zu tun bekommen werden mit dem „Gott des Gerichts“! (Jes 30,18) - Doch genug über unsere Römerbriefstelle! Möchten wir nur solche sein, wie der Apostel uns zu sein ermahnt, er, der an den Römern Freude hatte, d. h. ihres Gehorsams wegen (V. 19) - ob er, und damit vor allem Gott, auch an uns, an unserem Gehorsam Freude haben könnte? Dann würden auch wir die Macht des „Gottes des Friedens“ mehr uns zum Guten kennenlernen, und Er würde nach 15,23 (vgl. vorige Lieferung)! ungehinderter mit uns sein. Möchten wir Ihn mehr erfahren - es liegt an uns, Geliebte im Herrn, ob und daß es geschieht! - Seine Gnade genügt auch hierzu!
Die nächste Stelle, die uns zur Besprechung obliegt, ist eine liebliche und köstliche: Phil 4,9! Auch bei dieser ist der Zusammenhang wichtig, ja, vielleicht wichtiger als irgendwo anders! Wie ich schon in der vorigen Lieferung sagte (S. 223), ist hier besonders die Zusammenstellung von „Friede Gottes“ und „Gott des Friedens“ zu beachten. Das letztere ist das größere (und umfaßt auch das erstere) - natürlich, aber das erstere ist auch schon erstrebenswert und kostbar: den „Frieden Gottes“ zu erfahren als den, der unsere Herzen, Sinne und Gedanken in Christo Jesu bewahrt (V. 7). Sicher ist dies die Vorstufe für die noch höhere Erfahrung vom Mit-uns-sein des „Gottes des Friedens“. Das von V. 7 wird uns zuteil, wenn wir uns freuen im Herrn und unsere Gelindigkeit allen Menschen kundwerden lassen, und vor allem, wenn wir, statt uns nutzlos zu sorgen, bei jeder Angelegenheit unserem Gott nahen, um Ihn in alles hineinzuziehen. Das Sorgen verschließt uns das Angesicht Gottes, das Beten, d. h. das vertrauensvolle Reden mit Gott über alles, macht die wunderbaren Kräfte Gottes uns zum Besten wirksam und öffnet uns die Schleusen des „Friedens Gottes“ - d. i. des Friedens, den Gott sowohl selber genießt als auch gibt (vgl. Joh 14,27)!. Dieser „Friede Gottes“, heißt es, „der allen Verstand übersteigt, wird unsere Herzen und unseren Sinn (unsere Gedankenwelt)! in Christo Jesu bewahren.“ Was könnte lieblicher sein?! Warum also so wenig Bewahrung der Herzen und Sinne bei manchen Gläubigen? Warum solche Unbeherrschtheit, ja Zügellosigkeit der Herzen und der Gedanken bei vielen Gläubigen? - Weil sie nicht gelernt haben, mit allen ihren Sorgen, selbst- oder nicht selbstverschuldeten, an Gottes Herz zu flüchten, sondern weil sie so oft allein damit fertig werden zu können hoffen. Viele Dummheiten und schlimmere Dinge sind schon die traurigen Folgen solcher Versäumnisse gewesen, denn wenn uns der „Friede Gottes“ nicht bewahrt, wer sollte es dann tun? Und wenn keiner es tut, wenn Herz und Gedankenwelt hemmungslos spazieren gehen auf gefährlichen Gefilden - welche Folgen kann das haben?! - Nein, laßt uns nie das „Und“ vergessen, mit dem V. 7 beginnt, es zeigt uns, daß wir die (an sich leichten) Bedingungen erfüllen müssen, dann wird der „Friede Gottes“ Herz und Sinn bewahren in Christo Jesu, und dann ist uns wohl in dem Herrn!
Aber um den „Gott des Friedens“ mit uns zu haben, nicht nur wie in Röm 15,33 als Segenswunsch, sondern als selige Tatsache, muß noch mehr als nur ein Handeln nach V. 4-6 uns auszeichnen, und davon spricht V. 8, während die erste Hälfte von V. 9 uns hierin wie in so vielem den Apostel Paulus als tätiges Vorbild zeigt! Würden sie „dieses tun“, also handeln wie er, dann würde „der Gott des Friedens“ mit ihnen sein.
Und wie handelte der Apostel? Was hatten sie an ihm gelernt, von ihm empfangen und gehört und an ihm gesehen? O alle die köstlichen Dinge von V. 8 beschäftigten sein Herz, seine Gedanken, sein Sinnen und Trachten! Er erwog lauter Kostbarkeiten in seinem Innern, und dieses Sinnen machte ihn reich und glücklich, brachte ihm das Mit-ihm-sein des „Gottes des Friedens“ ein. Und auf diese Weise wandeln bringt's auch uns ein! Acht Punkte oder Dinge sind es, die uns der achte Vers vor Augen malt (Ich fühle mich stark veranlaßt, ausgiebig über dieselben zu schreiben, aber der Raum läßt es nicht zu)!. Wo diese acht Dinge zu finden sind, sagt Paulus uns nicht, sicher aber zuerst bei unserem geliebten Herrn Jesus. Wenn aber bei Ihm, dann auch, wenn auch in stark verkleinertem Maße, bei den Seinen! (Darüber nachher)! Manches wird man sogar, wenn auch wiederum stark verkleinert, in der Welt finden, und sofern es dort aus einem im allgemeinen gottesfürchtigen Herzen kommt, ist es nicht überflüssig zu beachten (vgl. Apg 10,2-4.22.31)!, doch braucht uns dies hier nicht zu beschäftigen. Dagegen sehen wir uns kurz die Heiligen an! Der Unterschied zwischen ihnen und dem Herrn ist zwar unsagbar groß, aber dennoch werden wir auch bei den schwächsten Gläubigen solche Dinge mehr oder weniger finden. Es fragt sich nur, ob uns daran liegt, sie zu sehen und zu finden! Es gibt leider, Gott sei's geklagt!, viele, die sich gläubig nennen und es wohl auch sind, die stets zuerst das Unvollkommene, gar Böse, die Fehler, Mängel, Zukurzkommen bei ihren Brüdern und Schwestern zu suchen und ans Licht zu ziehen bestrebt sind (ganz entgegen den Aposteln)!. Ein Geist der Kritik beseelt sie und läßt sie kaum je ein Lob über ihre Brüder hören, dem sie nicht ihr hämisches oder sogar boshaftes „ja, aber ...“ anhängen. Sie machen es umgekehrt, wie es in Jer 15,19 steht: „Wenn du das Köstliche vom Gemeinen absonderst, sollst du wie Mein Mund sein“ - sie sondern das Gemeine vom Köstlichen ab, was ja so sehr leicht ist, denn wie köstlich wir auch in Gottes Augen sind (vgl. Bileams Sprüche, wenngleich sie Israel betreffen: 4. Mose 23,9.21 usw). - das Unvollkommene, ja, das, was vom Fleisch ist, schaut bei uns überall durch! Aber das soll man eben auch nicht suchen und hervorholen. Es mag nötig sein, daß eine Gemeinde sich einmal um der Zucht willen mit vorgekommenem und öffentlich bekannt gewordenem Bösen beschäftigen muß (1Kor 5), aber glücklicher wird das Herz nicht bei dieser, wenn auch einmal vor Gottes Angesicht notwendig gewordenen Tätigkeit. Nein, glücklich wird das Herz nur, wenn wir uns beschäftigen mit dem Guten, Gottgewirkten bei unseren Brüdern, die in Abhängigkeit vom Geiste Gottes und im Gehorsam gegen Sein Wort wandeln und darum „die Frucht des Geistes“ (Gal 5) hervorbringen. Es gibt so viele, oft ganz kleine, liebliche Züge im geisterneuerten Charakter unserer Geschwister, daß wir gar keine Zeit haben sollten, uns mit dem Bösen bei ihnen mehr zu beschäftigen, als es eben um der Ordnung in der Gemeinde willen unumgänglich nötig sein mag. (Und dann hat's auch noch nicht jeder zu tun)! Wer immer das Gemeine statt das Köstliche sucht („das Köstliche aus dem Gemeinen aussondern“ ist unsere Aufgabe), der dient keinem zur Auferbauung, und nie wird er den „Gott des Friedens“ mit sich haben. Wie kann Gott da mitgehen?! Wie lieblich, zu sehen, wenn der Herr die „kleinen“ (?) Züge geistgewirkten Tuns bei Seinen Heiligen hervorsucht, so z. B. in der Geschichte von der Witwe mit ihrem Scherflein (Mk 12 u. a). oder der Salbung durch Maria in Bethanien!
(Mt 26; Mk 14 und Joh 12) Wie häßlich hier der Kritikgeist, und wenn er in der ersteren Geschichte nicht hervortritt, so liegt das auch wohl nur in den Umständen. Kritiker finden sich gar leicht und überall, aber der Herr straft sie auch und tritt allemal auf die Seite der ungerecht Angegriffenen!
Suche nur, Bruder, Schwester, Vers 8 gemäß bei deinen Brüdern und Schwestern, z. B. was aus der Wahrheit ist, was der Würde des heiligen Standes der Gotteskindschaft entspricht, was praktisch gerecht ist, was rein, unvermischt und duftend ist, was lieblich ist und auch so klingt, was aus geistlicher Energie und Vortrefflichkeit stammt und wo es etwas zu loben gibt - du wirst sicher viel finden (auch in der heutigen öffentlichen Welt)!. Aber zum Suchen gehört der richtige Blick und die Freude am Finden auch des Kleinen, des in mancher Augen Unscheinbaren. Und darüber denke nach, dies erwäge und lerne daraus für dich selbst und dein Verhalten, ja, suche für dein eigenes Handeln nach jenen acht Dingen! Und dann wird „der Gott des Friedens“ mit dir sein! Die Beschäftigung mit den Dingen, mit denen auch Gott Sich am liebsten beschäftigt, taucht uns in den Strom des Friedens, läßt uns erfahren, daß unser Gott aus Seiner Friedensfülle uns überschüttet, so daß wir als wahre Friedenskinder anderen mitteilen können, was wir selber erfahren. „Der Gott des Friedens“ war mit Paulus, wie oft sehen wir das in der Praxis seines Lebens und Dienens! Und auch wir können das erfahren, wenn wir lernen von ihm. Hierüber ließe sich noch viel sagen, aber ich muß abbrechen. Möchte es so sein, daß wir diese ungemein reichhaltige Stelle mehr auskosten, ja vielmehr, daß „der Gott des Friedens“ uns die Kostbarkeit Seiner ununterbrochenen Gemeinschaft genießen und uns Seinen Frieden schmecken lasse, - welch ein Segen würden wir dann für andere werden, braucht doch kein Mensch etwas nötiger als Frieden, den Frieden, den allein Er hat und gibt, der „der Gott des Friedens“ und „der Herr des Friedens“ ist (2Thes 3,16). Gepriesen sei Sein herrlicher Name!
(Schluß folgt, s. G. w).
F. K.