Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
2Tim 3,16 - „Alle Schrift ist von Gott eingegeben“2Tim 3,16 - „Alle Schrift ist von Gott eingegeben“
„Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ Damit wird gesagt, daß die Schrift in allen Teilen Gottes eigenes Wort ist und daß Gott Selbst in der Schrift zu uns redet. Obwohl dieselbe von Menschenhänden geschrieben ist, ist sie doch durch die göttliche Eingebung Gottes eigenes Wort und somit eine Autorität, der sich jeder unbedingt zu unterwerfen hat. Mit der Inspiration steht und fällt ihr Wert und ihre Autorität. Können wir uns deshalb wundern, wenn der Feind die göttliche Eingebung der Schrift angreift und alle Anstrengungen macht, sie zu leugnen?
Wenn Gott nicht durch den Mund Seiner heiligen Propheten zu uns geredet hätte (Lk 1,70), wenn es nicht zuverlässig und gewiß wäre, daß die Schrift von Gott eingegeben ist, so könnte sie nicht als Gottes Wort gelten, und wir besäßen keine Mitteilung von Gott. Wir wären dann völlig ins Ungewisse gestellt und könnten von Gott, von Seinen Gedanken und Plänen über uns mit Sicherheit nichts wissen.
Wer vermag uns Aufschluß über Gott und Gottes Gedanken zu geben? Keine Wissenschaft dieser Welt ist dazu fähig. Der Mensch kann nicht einmal die Gedanken eines anderen Menschen wissen; sie müssen ihm von diesem mitgeteilt werden. Selbst eine Mutter kennt nicht die Gedanken ihres eigenen Kindes, wieviel weniger vermag der Mensch etwas von den Gedanken „des Hohen und Erhabenen, der in Ewigkeit wohnt“, zu wissen! (Jes 57,15) Was der Mensch aus sich selbst über Gott hervorbringt, ist Torheit und muß Torheit sein, weil die Erforschung Gottes die Fähigkeiten seines Verstandes übersteigt.
Der Mensch kann eben aus sich selbst von Gott nichts wissen. Er ist in bezug auf Gott und auf dessen Gedanken und Pläne gänzlich und allein auf die Selbstoffenbarung Gottes angewiesen. Wenn Gott Sich nicht herabläßt, Sich uns zu offenbaren, wir Menschen können nicht zu Ihm hinaufsteigen, Ihn zu erforschen. Gott aber hat Sich geoffenbart nicht nur in der Schöpfung und in dem Sohne, dem „Worte“, das „Fleisch“ ward, Er hat Sich auch in Gnaden herabgelassen, uns Menschen Seine Gedanken und Pläne über uns in dem Worte der Heiligen Schrift zu offenbaren. In der von Ihm Selbst eingegebenen Schrift besitzen wir die Wahrheit. Dem, was Menschen uns über Gott sagen, können wir nicht trauen, was aber die Schrift uns sagt, ist sicher und gewiß.
Für die Wissenschaft ist die Inspiration ohne Zweifel eine schwierige Frage. Man will sie erklären und vermag sie nicht zu erklären, und so meint man, sie leugnen zu können. Damit aber, daß man eine Sache nicht erklären kann, damit ist nicht bewiesen, daß sie keine Wirklichkeit ist. Auch wir denken nicht daran, das Wunder der Inspiration in dieser kleinen Schrift erklären zu wollen. Können wir mit unserem begrenzten Menschenverstand die unbegrenzten Möglichkeiten der Allmacht Gottes erfassen? Alle Versuche der Menschen, das Wunder und Geheimnis der Inspiration mit dem Verstande zu erforschen, offenbaren nur seine Anmaßung und Torheit, und seine Zweifel und Fragen über das „Wie“ der Inspiration erschüttern nicht die Tatsache der göttlichen Inspiration der Schrift.
Kinder Gottes, die sich unter das Zeugnis des Wortes stellen und die Inspiration der Schrift von der Allmacht Gottes aus sehen, für diese ist sie keine schwierige Frage. Es befremdet sie vielmehr, wenn Gläubige, die doch zugeben, daß alle Dinge, die bei Menschen unmöglich, bei Gott möglich sind (Mt 19,26), noch Bedenken über die Inspiration der Schrift haben können. Durch Glauben verstehen wir, daß Gott die Welten geschaffen hat (Heb 11,3), und durch Glauben verstehen wir auch das Wunder der Inspiration. So, wie die Schöpferhand Gottes in der Schöpfung geschaut werden kann, so trägt auch die Schrift den Beweis der göttlichen Inspiration in sich selbst. Wie anders als nur durch göttliche Eingebung war es möglich, von der Schöpfung der Welt, von dem ersten Menschenpaare, von dem Sündenfall usw. zu berichten, und wie anders als durch göttliche Eingebung konnten weissagend die zukünftigen Dinge enthüllt werden, von denen bereits eine Menge sich bis ins Kleinste erfüllt hat und andere ihrer Erfüllung noch entgegensehen?!
Ein Blick auf das wunderbare Buch müßte (wie schon oftmals gesagt worden ist) genügen, die Inspiration der Schrift zu sehen. Kein Buch in der Welt gleicht diesem Buch. Es ist nicht wie die Bücher der Menschen von einem Verfasser geschrieben oder von mehreren, die sich zu einer bestimmten Zeit vereinigt hätten, es zu schreiben, sondern es ist von vielen Verfassern geschrieben, und diese lebten durch viele Jahrhunderte voneinander getrennt in ganz verschiedenen Umständen, Gegenden und Zeitverhältnissen. Sie waren ganz verschieden ihrer Herkunft und Bildung, ihren Charakteren und Berufen nach. Um nur einige zu nennen: Moses, ein in Worten und Werken mächtiger Mann, in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen (Apg 7,22); David, ein lieblicher Sänger und großer Feldherr; Daniel, ein Mann aus vornehmer Familie; Amos, ein einfacher Schafhirte; Matthäus, ein Zöllner; Lukas, ein Arzt; Paulus, ein Gelehrter; Petrus und Johannes, Fischer und „ungelehrte und ungebildete“ Leute (Apg 4,13).
Sie schrieben ihre Schriften unter den verschiedensten Umständen: Moses auf der Wüstenwanderung, Daniel und andere in der Gefangenschaft, Paulus auf Reisen und im Gefängnis, Johannes in der Verbannung usw.
Obgleich das Buch nun aus so vielen (66) Teilen zusammengesetzt und von so vielen und ganz verschieden gearteten Schreibern geschrieben ist und zwischen dem ersten und dem letzten Schreiber ein Zeitraum von zirka 1500 Jahren liegt und ihre 66 Schriften inhaltlich ganz verschieden sind, bilden alle doch ein Ganzes, ein Buch. Alle 66 Schriften sind miteinander in vollkommener Harmonie. Vom 1. Buche Mose bis zum Buch der Offenbarung, nirgends eine Unvereinbarkeit, nirgends ein Widerspruch. (Der Unglaube mag von Widersprüchen reden, keiner aber hat sich als unwiderlegbar erwiesen). So groß auch die Fülle und die Verschiedenheit der Tatsachen und Mitteilungen sind, alle finden ihr Ziel in Christo. Jeder Umstand, der uns in dem Buche mitgeteilt ist, bildet einen Teil des Zeugnisses für Ihn. Ein Geist, ein Zeugnis geht durch die 66 Bücher des Buches: das Zeugnis von der erlösenden Liebe Gottes in dem Sündopfer Jesu Christi, Seines Sohnes. Das ist der Grundton, der durch das Ganze geht. So birgt das Buch den unwiderleglichen Beweis in sich, daß eine höhere Hand die Feder aller Schreiber leitete und Gott Selbst der Autor des Buches ist.
Und wenn ein Kind Gottes dennoch meint, Zweifel haben zu können, muß nicht der letzte Zweifel schwinden, wenn es sieht, daß die Schrift als Gottes Wort von dem
Herrn Jesus Selbst anerkannt wurde und ebenso von den Aposteln? Ist das einem Kinde Gottes nicht der sicherste Beweis? Wenn die Schrift Menschen- und nicht Gotteswort gewesen wäre, hätte der Herr Jesus dann sagen können: „Die Schrift kann nicht gebrochen werden“ (Joh 10,35) oder: „Bis daß der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist“? (Mt 5,18) Und an wie vielen anderen Stellen bezeugen uns die Propheten und Apostel, daß Gott der Redende in der Schrift ist (z. B. 2. Mose 20,1; 1Kön 12,22.24; Jes 44,6; Apg 13,33.35; Röm 3,2; Heb 1,1).
Der Unglaube will uns auch weismachen, daß Moses und die Propheten die nach ihren Namen bekannten Schriften nicht selbst geschrieben haben. Für den Herrn und die Apostel aber bestand darüber kein Zweifel. Der Herr Jesus erkannte die Schriften Moses als von ihm geschrieben an. Er sagt: „Wenn ihr Moses glaubet, so würdet ihr Mir glauben, denn er hat von Mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubet, wie werdet ihr Meinen Worten glauben?“ (Joh 5,46.47) Und weiter fragt Er: „Hat nicht Moses euch das Gesetz gegeben?“ (Joh 7,19).
Obgleich der Herr somit klar und deutlich Moses als den Schreiber seiner Schriften anerkennt, so sagt Er doch andererseits ebenso klar, daß Gott der Autor der Schriften Moses war, indem Er spricht: „Gott (nicht Moses) hat geboten und gesagt: Ehre den Vater und die Mutter usw.“ (Mt 15,4) In derselben Weise bezeichnet der Herr auch David (Mk 12,36), Jesaja (Mt 15,7) und Daniel (Mt 24,15) als die Schreiber ihrer Weissagungen. Und in vielen Reden nimmt der Herr Bezug auf das von Moses, von den Propheten, in den Psalmen und auch in den geschichtlichen Büchern Geschriebene (z. B. Lk 4,25.27; 24,44).
Das Gleiche finden wir auch in den Schriften der Apostel. Auch sie stellten sich entschieden auf den Boden der Heiligen Schrift. So wie der Herr mit einem: „Es stehet geschrieben“ Sich auf das geschriebene Wort berief, so gründeten sich auch die Apostel auf das geschriebene
Wort. Wie oft gebraucht Paulus Worte wie z.B.: „Was sagt die
Schrift?“, „Es stehet geschrieben“ u. a. m. (
Gott der Redende ist. -
Die heiligen Schreiber waren sich bewußt, daß sie zu solchen Zeiten Jehovas Mund waren. Sie standen so unter der Macht des Heiligen Geistes, daß sie die Worte reden mußten, die Er in ihren Mund legte. Selbst ein Gottloser, ein Bileam, mußte dieses bestätigen. Wir kennen die Geschichte. Balak hatte ihm reichen Lohn versprochen, wenn er das Volk Gottes verfluchen wurde. Wie liebte er und wie lockte ihn der Lohn Balaks! Wie gern hätte er das Volk verflucht, um den Lohn zu erlangen. Mit diesem Wunsche in seinem Herzen zog er mit Balak. Gott aber trat dazwischen und sagte ihm, daß er nur dasjenige reden solle, was Er zu ihm sagen werde (4. Mose 22,12.35). Wenn Gott durch Bileams Mund reden wollte, so vermochte Bileam sich Seiner Macht nicht zu entziehen. Er kannte Gott und wußte, daß er völlig ohnmächtig sei, irgend etwas anderes zu reden, als was Gott ihm in den Mund legen würde, so gern er es auch getan hätte. Er gesteht auch Balak seine Ohnmacht ein: „Vermag ich nun wohl irgend etwas zu reden? Das Wort, das Gott mir in den Mund legt, das werde ich reden“ (4. Mose 22,38). Wie gern hätte er um des Lohnes willen das Volk verflucht, aber er mußte es segnen. Als Balak ihm Vorhaltungen macht, bezeugt er ihm, daß er unter göttlichem Zwange stehe: „Muß ich nicht darauf achten, das zu reden, was Jehova in meinen Mund legt?“ (4. Mose 23,12)
Welch ein Beispiel ist Bileam von der Macht Gottes, den Mund der Menschen gebrauchen zu können, wie Er will! Wenn Gott Selbst den Mund eines Gottlosen so in Seiner Macht hatte, daß er keine anderen als Gottes Worte auszusprechen vermochte, wieviel mehr alsdann den Mund der heiligen Männer Gottes! Von diesen sagt Gott uns: „Die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben (oder wie einige übers. „getragen“) vom Heiligen Geiste“ (2Pet 1,21). Hier gibt uns Gott ein klares Zeugnis, daß die Weissagungen der Propheten nichts mit ihrem eigenen Willen zu tun hatten, sondern daß diese vom Heiligen Geiste hervorgebracht wurden.
In dem Worte „getrieben“ oder „getragen“ kommt ja gerade diese beherrschende und fesselnde Macht des Heiligen Geistes zum Ausdruck. Personen, die „getrieben“ oder „getragen“ werden, sind nicht frei, nach eigenem Willen zu handeln, sie befinden sich unter der Gewalt und Macht dessen, der sie „treibt“ oder „trägt“, und können somit nicht reden oder tun, was sie wollen. Wir vermögen uns heute kaum eine Vorstellung von der Gewalt und Macht des Heiligen Geistes zu machen, unter der diese Männer standen, die Gott brauchte, um Sein lebendiges und bleibendes Wort niederzuschreiben.
Gott Selbst ist der Urheber und Verfasser der Schrift. Er legte die Worte in den Mund der heiligen Schreiber. Worte sind die Ausdrücke der Gedanken, die wir im Innern tragen. Ein falsch gewähltes Wort muß natürlich einen falschen Gedanken geben. Wir wählen deshalb in Urkunden sorgfältig die Worte, damit unsere Gedanken auch genau ausgedrückt werden. Wir wissen, wenn wir z. B. ein Testament machen, daß alles auf die Worte ankommt. Unser letzter Wille wird ausgeführt nach dem, was die Worte sagen, die wir niedergeschrieben haben, nicht nach dem, was wir vielleicht gemeint haben. Weil wir dieses wissen und zugleich auch, wie schwer es ist, unsere Gedanken in die richtigen Worte zu kleiden, gehen wir mit der Anfertigung solcher Urkunden gewöhnlich zu einem Rechtsgelehrten. Wenn es nun schon schwer ist, die Gedanken eines Menschen in den richtigen Worten auszudrücken, wie wäre ein Mensch fähig, die Gedanken des ewigen und erhabenen
Gottes in eine Sprache der Menschen zu fassen? Und doch mußten sie uns, um sie aufnehmen zu können, in Worten der Menschen geoffenbart werden. Niemand als allein Gott konnte dies tun.
Um uns Seine Gedanken über uns zu offenbaren, war es ganz unerläßlich, daß Er Selbst sie auch in Worte kleiden mußte. Wenn nun Menschen schon darauf achten, ihre Worte richtig zum Ausdruck zubringen, wieviel mehr können wir versichert sein, daß Gottes Worte genau sagen, was Er meint. „Alle Rede Gottes ist geläutert“ (Spr 30,5) und gleich dem Silber „siebenmal gereinigt“ (Ps 12,6). Es ist so vollkommen, wie Gott vollkommen ist, und jeder, der es liest, muß mit David sagen: „Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb“ (Ps 119,140).
A. v. d. K..