Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Göttliche BildungGöttliche Bildung
A. Im allgemeinen verstehen wir unter Bildung ein fleißiges Zusammentragen und eine Anhäufung von Wissen um bestimmte Dinge und Vorgänge. Dabei setzt man gleichzeitig auch voraus, daß dieses Wissen einen entsprechenden Einfluß auf unser Wesen und Benehmen ausübt. Bemüht sich unsere Bildung, die Zusammenhange des Lebens und der damit verbundenen Erscheinungen in unserem menschlichen Gesichtskreis wahr und gerecht zu erkennen, dann ist sie in jedem Fall Gewinn. Sie muß dann folgerichtig im letzten Grunde auf die Größe und Allmacht des Schöpfers aller Dinge hinweisen. Wahre Bildung ist nichts, womit man sich und seiner Umgebung etwas vormacht, sondern sie ist ein geistiger Gewinn, welcher zur Gelegenheit angenehm und nützlich zum Ausdruck kommt.
Bei unserem Thema aber ist nicht die Bildung gemeint, die ein
gesammeltes und erarbeitetes Wissen verkörpert, sondern es kann sich
hierbei nur um das durch Gottes Wort und den Heiligen Geist gezeugte und
gestaltete Wesen der Gläubigen handeln (1Pet 1,23 und Jak 1,18). Die
göttliche Bildung befaßt sich also nur mit dem neuen Menschen (
In 1Pet 1,14 steht der Aufforderung, uns nicht nach den vorigen Lüsten zu bilden, die Ermahnung zum Gehorsam und zum Heiligsein gegenüber. In dieser Gegenüberstellung wird zugleich auf die Grundlage hingewiesen, auf der sich die vom Herrn erstrebte und von uns - wenn wir geistlich gesinnt sind - erwünschte Bildung vollziehen kann: Gehorsam und Absonderung. Mit dem Gehorsam in engster Beziehung steht die Demut, gleichsam in den Gehorsam vor dem Herrn eingeschlossen. Auf der wahren Demut vermag der Heilige Geist die beste Bildungsarbeit aufzubauen. (Phil 2,8) Das sind die Voraussetzungen, die Gott von uns, die wir gebildet werden sollen, erwartet. (Vgl. Mt 11,29)
Inwieweit der Heilige Geist Seine Arbeit an uns tun konnte und inwieweit wir mit Fleiß darauf eingegangen sind, insoweit wird die göttliche Bildung ihren Einfluß entfalten können. Die Äußerungen und Ausflüsse unserer Persönlichkeit werden den entsprechenden Stempel tragen (Mt 12,33 u. 34). Bei unserem Herrn, unserem Vorbild, das wir anschauen, war es immer Herrlichkeit, die aus Ihm herausstrahlte. Seine Handlungen und Seine Worte hatten immer dieses Gepräge. Er konnte von Sich sagen: „Ich bin durchaus das, was Ich auch zu euch rede!“ (Joh 8,25) O wie unendlich weit sind wir davon entfernt!
Sind wir göttlich gebildet, dann wird uns - bei aller Entschiedenheit - bis zu den kleinsten Abwicklungen des täglichen Lebens geistlicher Takt bestimmen. Dann wird sich deutlich die Gesinnung Jesu Christi in unserem Leben auswirken und z. B. im vornehmen Verzichten und im taktvollen, unauffälligen Zurücktreten erkennbar werden. Nichts wird dann bei uns von geheuchelter Demut zu sehen sein, wie sie sich oft in freundlich lächelnden Gesichtern, in kniefälligen Verbeugungen und untertänigen Gesten kundtut. Nein, gerade, aufrecht, kernig, frisch und offen, dabei maßvoll und gesetzt darf man sich einen Menschen in der göttlichen Schule vorstellen, an dem der Heilige Geist schon etwas auswirken und gestalten konnte. Wenn wir so den Maßstab an uns legen und so den Begriff göttlicher Bildung betrachten, dann erkennen wir aufs neue, wie nötig es für uns ist, Fleiß anzuwenden und uns dem bildenden Einfluß des Geistes Gottes in jeder Weise auszusetzen. Unserem Fleisch ist dies selbstverständlich unangenehm; wird ihm doch mit jedem geistlichen Fortschritt Zug um Zug der Boden entrissen! Was aber die erziehende Gnade an einem Menschen zu wirken vermag, sehen wir bei Moses. Erst ist er ein aufbrausender Totschläger, aber gegen Ende seines Lebens, nachdem ihn Gott in Seine Schule genommen hatte, wird er sanftmütiger als alle anderen genannt.
Gott möchte auch mit uns auf solche Weise zu Seinem Ziel kommen, damit wir unseren teuren Herrn in der rechten Weise ehren und eine sichtbare Empfehlung für das kostbare Evangelium werden.
Harry Schaebs.
B. Im Hinblick auf unser Christenleben ist es so sehr nötig, daß wir Theorie und Praxis auf eine Stufe bringen, wenn wir uns nicht selbst betrügen wollen. Denn einmal wird die Hülle unseres inneren Menschen fallen, und enthüllt sind wir dann den Blicken aller preisgegeben. Ob jemand Bildung genossen hat, erkennt man auch an seinem Umgang mit anderen. So offenbaren auch wir durch unsere Handlungen, durch unser Verhalten und unser Reden, wie weit wir an unser Vorbild, Christus, herangekommen sind.
In 1Pet 1,14 wird uns der Weg gezeigt, wie wir göttlich gebildet werden: durch Gehorsam. Paulus sagt dem König Agrippa: „Daher war ich nicht ungehorsam dem himmlischen Gesicht!“ (Apg 26,19) Er folgte den göttlichen Unterweisungen und konnte sich daher schließlich selbst als Vorbild hinstellen und andere auffordern, seine Nachahmer zu werden.
Dann, in Vers 17-19, wird uns die Ursache genannt, warum wir göttlich Gebildete sein sollen: weil wir Gott als Vater anrufen dürfen und erkauft worden sind, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit dem kostbaren Blute Christi.
In 2Pet 1,3-11 werden wir gewissermaßen ins Examen gestellt. Da finden wir das Ergebnis göttlicher Bildung und die Kennzeichen dessen, bei dem sie gefunden wird. Es wird aber auch der gezeigt, der faul war, der also keinen Fleiß angewandt hat. Im Versenken in dieses Wort ist mein Herz so voll. Mit kritischem Blick lasse ich mein eigenes Leben und Tun an demselben vorbeigleiten, und da heißt es immer wieder: „Mehr Fleiß anwenden!“
Ach, ihr lieben Geschwister, bald ist die Hochschule Gottes beendet, bald treten wir ein in die ewige Herrlichkeit. Dann wird es sich zeigen, was wir gelernt hatten. Jetzt haben wir noch Gelegenheit, in einer gottfeindlichen Welt, dazu in einem Leibe der Niedrigkeit, Christus zu offenbaren, indem wir Briefe sind, die von jedermann gelesen werden. Darum nicht müde werden! Seine göttliche Kraft reicht alles dar.
Willy Dannert.
Als Gläubige können wir nur dann ein gutes Vorbild sein, wenn wir ein gutes Abbild unseres Herrn geworden sind.