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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 11 -Jahrgang 1926
Mt 14,28-31 ; Lk 10,38-42 ; Joh 13,1-23 - „Bewahrt, belehrt, geliebt“Mt 14,28-31 ; Lk 10,38-42 ; Joh 13,1-23 - „Bewahrt, belehrt, geliebt“
Diese Stellen der Schrift erinnern uns an drei der gesegnetsten Stellungen, die ein Christ einnehmen kann. Wir finden einen Mann, der von den Händen Christi gehalten wird, eine Frau, die zu Seinen Füßen sitzt und einen Mann, der an Seiner Brust ruht. Der erste lernte Ihn in Seiner Kraft als Erretter kennen, die zweite schätzte Ihn als ihren Lehrer und lauschte Seinen Worten, der dritte erkennt Ihn in Seiner Liebe und lehnt sich an Seine Brust.
1.
Petrus, der auf dem See wandelte, ist ein Bild der Gläubigen auf ihrem Pfade durch diese Welt. Die stürmischen Wogen des Meeres schildern uns treffend die Versuchungen und Schwierigkeiten, die uns auf dem Wege entgegentreten.
Eine unserer größten Gefahren entspringt aus der Tatsache, daß das Fleisch, welches wir noch an uns tragen, in seinen Neigungen mit der Welt und ihren Dingen übereinstimmt und daß der Teufel darauf ausgeht, die Dinge, die draußen sind, uns in das Herz hineinzutragen. Möge doch keiner versuchen, in eigener Kraft solchen Versuchungen zu widerstehen, die Versuchung wird dann ohne Zweifel in einer Niederlage enden.
Was tat Petrus, als er gerade daran war, zu sinken? Er schrie: „Herr, rette mich!“ Wir müssen uns immer wieder bewußt werden, daß unser hochgelobter Herr und Heiland uns nicht nur von der Hölle und dem kommenden Gericht errettet hat, sondern daß Er uns auch Tag für Tag durch dieses Leben hindurch errettet. Er lebt immerdar und ist uns ein gegenwärtiger Heiland, der uns auf unserem Pfade durch diese Welt mit der Sorge Seiner Liebe umgibt. Sein Auge ruht ständig in unaussprechlicher Liebe und Erbarmen auf uns. Seine Hand hält uns, und wir brauchen Ihn jeden Tag unseres Lebens.
Die Rettung, die wir gestern aus der uns vom Satan gelegten Schlinge erfuhren, kann uns nicht für heute nützen. In dem Augenblick, wo die Versuchung in irgend einer Gestalt an dich herantritt, blicke auf zu Ihm in der Herrlichkeit! Es ist eine wirkliche Tat, wenn du dein Auge zu dem Herrn Jesus hinwendest; und dieses sich-zu-Ihm-Hinwenden wendet zugleich auch deinen Blick von der Versuchung ab, welche dich überfällt. Wie nötig haben wir es doch, in dieser steten und lebendigen Berührung mit Ihm zu bleiben, der es übernommen hat, und der es vermag, uns „völlig zu erretten, indem Er immerdar lebt und Sich für uns verwendet“ (Heb 7,25); durch alle Widerstände hindurch will Er uns bis zum seligen Ende völlig erretten.
Wir dürfen uns versichert halten, in Seiner Hand zu ruhen und daß keine Macht und Gewalt auf Erden noch in der Hölle ist, die uns aus Seiner Hand zu reißen vermag. Noch nie hat Er ein Schäflein verloren, und niemals wird Er eins verlieren.
Da war ein weitbekannter Alpenführer, der die Reisenden über die schwierigen Höhen der Berge leitete. Auf einem der Berge gab es eine Stelle, wo der Weg an der Seite eines Felsens an einem grausigen Abgrund ganz schmal dahinführte. Ein Reisender wurde aufgeregt, als er an diese Stelle kam, der Führer aber sagte: „Ich werde um die Ecke gehen und meine Hand ausstrecken, dann müssen Sie
Ihren Fuß auf meine Hand setzen und ich werde Ihnen dann um die Ecke herumhelfen.“ Der Führer verschwand um die Ecke, legte sich nieder und streckte seine Hand aus. Der Reisende blickte nieder in den Abgrund - ein falscher Fußtritt und er würde in den Abgrund stürzen. Doch der Führer sagte: „Sehen Sie diese Hand? Diese Hand hat noch nie einen Menschen abstürzen lassen!“ Der Reisende setzte seinen Fuß auf diese Hand, und so wurde er sicher an der furchtbaren Stelle vorübergeführt.
Von dem Heiland in der Herrlichkeit können auch wir sagen: Er verlor noch niemals einen, der Ihm vertraute. Wenn wir Ihm vertrauen, wird Er uns durch die schwersten Gefahren hindurchführen. Machen wir es wie Petrus auf dem stürmischen, wogenden Meere! Wenden wir uns doch in der Stunde der Gefahr sofort an den Herrn! Versuche nicht erst in eigener Kraft, durch die Schwierigkeiten der Stunde hindurchkommen zu wollen!
2.
In Lukas 10 finden wir Maria zu Jesu Füßen sitzen als eine Lernende. Wir haben das gleiche Vorrecht. Wir sind zu Ihm als unserem Herrn und Lehrer gekommen; und welch ein geduldiger und gütiger Lehrer ist Er! Nimm deine Bibel, lies sie als die lebendige Stimme deines Heilandes, die zu dir spricht. Wenn du sie öffnest, sage: „Herr, sprich zu mir, ich möchte Deine Stimme hören; gib mir etwas, was ich heute von Dir lernen soll!“
Es gibt immer neue Lektionen und Aufgaben, die wir zu lernen haben. Je mehr ich von diesem Buche weiß, desto wunderbarer wird es mir; und je mehr du darin forschest, um so mehr wirst du entdecken, daß es eine Mine von unerschöpflichem Reichtum ist, ein Meer, ein Ozean unendlicher Segnungen, voll Tiefen, so unermeßlich, daß wir die darin verborgenen und heiligen Dinge niemals ergründen können.
Wie liest du deine Bibel? Liest du sie so, wie ein Lauschender lauscht zu den Füßen des Herrn Jesus? Es ist so köstlich, wenn wir unsere Aufgabe direkt von den Lippen unseres Meisters lernen. Wenn du Ihm nicht so nahe bist, daß du Seinen Willen weißt, wie kannst du Ihm in einer wohlgefälligen Weise dienen? Zu Seinen Füßen sitzend lernen wir aus Seinem Worte, was Ihm angenehm und was für uns recht ist.
3.
In Joh 13 finden wir keine lauschende Jüngerin zu Jesu Füßen, auch keinen zitternden Jünger in Seiner Hand. Wir finden einen Jünger, der den besten und gesegnetsten Platz, den ein Mensch überhaupt haben kann, den Platz an Seiner Brust einnimmt. Samuel Rutherford pflegte zu sagen: „Es gibt viele Häupter, die an Jesu Brust ruhen, aber es ist noch Raum genug auch für mein Haupt da“. Ich hoffe, auch du legst dein Haupt dorthin, d. h. daß auch du dich von deinem Herrn lieben läßt.
Dieses Kapitel beginnt mit dem kostbaren Zeugnis, daß der Herr Jesus die, die Er einmal zu lieben angefangen hat, niemals zu lieben aufhören wird. Laß dein Herz, teurer gläubiger Leser, in diesem sicheren Worte ruhen, daß du von Ihm geliebt und mit der ganzen Liebe Seines Herzens geliebt bist und geliebt bleiben wirst. Niemals wird Seine Liebe ein Ende finden. Obgleich wir Seine Liebe zu uns nicht zu begreifen vermögen, werden wir doch von Ihm geliebt. Seine Liebe ist gleich der Sonne, die immerdar scheint, selbst wenn wir ihre warmen Strahlen nicht fühlen. Sie ist gleich einer Quelle, die immerdar quillt, obgleich wir ihr Wasser nicht immer trinken mögen.
Vielleicht fragst du: „Wie fange ich es an, mich Seiner Liebe zu erfreuen?“ Nun, gerade dadurch, daß du dein Haupt an die Brust Jesu legst, indem du sagst: „Ich bin der Jünger, die Jüngerin, die Er liebt“. Wir dürfen nicht denken, daß Johannes dieses allein war, auch du kannst sagen: „Herr, ich bin der, den Du liebst!“ Wenn der Sohn Gottes dich so liebte, daß Er Sich Selbst für dich dahingab, wahrlich, wie groß muß Seine Liebe zu dir sein! Wenn Er dich so liebt, daß Er Tag und Nacht ohne Aufhören an dich denkt und auf dich blickt, wie innig und mit welcher vollkommenen Treue muß Er dich lieben!
Eine alte Dame, die den größten Teil des Tages ganz allein war, wurde gefragt, was sie während des ganzen Tages tue. „Nun,“ sagte sie, „ich nehme mein Liederbuch und singe ein kleines Lied zum Preise des Herrn. Und“, fügte sie hinzu, „dann nehme ich meine Bibel und lasse den Herrn zu mir reden. Wenn ich dann müde bin vom Lesen und wenn ich nicht mehr singen kann, dann setze ich mich still hin und lasse mich von dem Herrn lieben.“
Kennst du etwas von diesem Stillesitzen in der Gegenwart deines Herrn? Und hörst du Seine Stimme zu deinem Herzen sagen: „Ich liebe dich, Ich habe dich geliebt, Ich werde dich lieben bis ans Ende?“ Laßt uns diese Liebe Seines Herzens trinken, diese unveränderliche Liebe genießen, die nie wankte und nie wanken wird. Was auch immer geschehen mag auf dem Wege unserer Pilgrimschaft, wir dürfen uns Seiner unvergänglichen Liebe versichert halten. Welch ein Trost ist das! Welch ein Balsam für die Tage der Kümmernisse, der Schmerzen und der Leiden.
Seine Kraft, Sein Wort, Seine Liebe sind unser Teil. Sind wir nicht wohl geborgen?
N. - v. d. K.