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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 5 -Jahrgang 1917
1Sam 28,7-19 - „Die Totenbeschwörerin zu Endor“1Sam 28,7-19 - „Die Totenbeschwörerin zu Endor“
Die Geschichte dieses Weibes beschäftigt in unseren Tagen viele Kinder Gottes. Besonders handelt es sich immer wieder um die Frage, ob Samuel wirklich erschienen sei oder ob es sich um einen dämonischen Betrug handele. Wenn uns durch den Heiligen Geist geschrieben wird: „ Samuel“ sei es gewesen, der gesprochen habe, sollte dies nicht für uns genügen, zu glauben, daß es Samuel tatsächlich war? Es kann nicht angenommen werden, daß solche Worte in dem untrügliche Gottesworte stehen ohne irgendwelche Berichtigung oder Anmerkung, falls dieselben Betrug wären, aber nirgends finden wir solche Berichtigung. Es werden uns hier Worte Samuels wiedergegeben (durch den Heiligen Geist)! die durchaus dem Rahmen des verlorenen Lebens Sauls angepaßt sind; eine Rede, in der der Name Jehovas siebenmal, der Zahl der heiligen Vollkommenheit, vorkommt6 und die in jedem Worte den Prophetencharakter trägt; da sollte die Frage nicht erhoben werden, ob es sich bei der Erscheinung um Wirklichkeit oder Trug handelt!
Ich höre den Einwand: „Aber es ist doch unmöglich, daß diese Totenbeschwörerin den Samuel, einen der Heiligen Gottes, aus dem Scheol oder gar dem Paradiese herausgeholt hat! Das ist doch teuflischer Betrug, spiritistischer Unfug und Schlimmeres!“ - Ja, gewiß! wenn dieses dem Teufel dienende Weib den Samuel herausgebracht zu haben behauptet hätte und ihn dann diese Worte hätte reden lassen, so wäre es ein arger Betrug gewesen, wenn auch einer, der dem Saul Wahrheit vermittelt hätte, denn der Inhalt der Rede war ja Wahrheit, und auch die Schlußdrohung trat ein! Aber nichts in dieser Geschichte läßt darauf schließen, daß der Heilige Geist uns diese Erscheinung Samuels als durch Totenbeschwörung des Weibes geschehen - also als satanischen Betrug - kundtun wolle. Wohl gibt es Gläubige, die ohne weiteres annehmen, daß das Weib vermittels eines „Mediums“ - also einer spiritistischen Mittelsperson - den Geist des Samuel hätte erscheinen lassen. Aber wo ist die leiseste Andeutung eines „Mediums“? oder soll das Weib selbst das „Medium“ sein? Wie wäre der furchtbare Schrecken zu erklären, der auf das Weib fällt beim Erscheinen Samuels (nicht des Geistes Samuels, sondern Samuels in Person)! wenn sie oder ein ihr ergebenes Medium diese erfolgreiche betrügerische Totenbeschwörung zustande gebracht hätte? Hätte das Weib, statt zu erschrecken, sich nicht vielmehr „ins Fäustchen gelacht“, wenn sie den Erfolg ihrer betrügerischen Tätigkeit so schnell und vollkommen hätte zutage treten sehen?! Aber diejenigen, die von dem Medium reden und von dem durch dasselbe hervorgerufenen Erscheinen Samuels, gehen von einer ganz falschen Voraussetzung aus, nämlich von der, daß es eben möglich sei für solche Totenbeschwörer - die natürlich dem Teufel dienen -, Tote erscheinen zu lassen! Solche Gläubige sind der festen Meinung, daß Gott dem Satan und seinem Knechten auf Erden Macht gegeben habe über die Geister der Verstorbenen, sogar wie hier, der selig Verstorbenen, so daß sie sie nach Belieben aus dem Orte, da sie nach dem leiblichen Tode weilen, hervorholen können, irdischen Zwecken zugut! Also der HErr, „der die Schlüssel des Todes und des Hades hat“ (Off 1,18), hat nach Meinung dieser Lehrer etlichen Satansknechten die Erlaubnis und Fähigkeit verliehen, das zu tun, was sonst nur Er tun kann, und was Er tun wird an jenem Tage, da Er das Gefängnis öffnet, um die Leiber der unselig Gestorbenen zu erwecken zum Gericht (Off 20), während die Seinen längst zu Seiner Herrlichkeit eingegangen sind! Möchten wir solche Meinung als nicht geziemend richten! Und worauf stützt sich diese Meinung? Darauf, daß Gott im Gesetz verboten habe, mit Toten in Verkehr zu treten. Man sagt, wenn dies, also die sogenannte Totenbeschwörung, nicht möglich wäre, so hätte Gott sie nicht verboten. So lasen wir selbst dieser Tage in einer christlichen Wochenschrift, wo diese Frage gerade auch ganz kurz behandelt war. Dieses Verbot im Gesetz steht 5. Mose 18,10-12; vergl. 3. Mose 20,27. Wenn aber das Totenbeschwören deshalb möglich sein soll, weil Gott es verboten hat, so wäre das dieselbe Logik, als würde man sagen: Die Götter, die sich die heidnischen Völker vorstellten und denen sie dienten, müssen Wirklichkeiten gewesen sein (womöglich noch sein)! sonst hätte Gott Seinem Volk doch nicht so oft verboten, ihnen zu dienen (so z. B. 2. Mose 23,13; 5. Mose 7,1ff.; vergl. 10,17!; 12,2.3.29-32 usw). Ist es nicht einleuchtender zu sagen: Gott weiß, daß diese Götter Nichtse sind und daß Totenbeschwörung Trug ist, aber da hinter jedem Götzenkultus sowie hinter den Totenbeschwörungen der Teufel und die
Dämonen stehen (vergl. 1Kor 8,4ff. und 10,18-22), so will Er nicht, daß Sein heiliges Volk sich damit einläßt, es ist Ihm ein Greuel. Dazu kommt noch als zweiter Hauptgrund des Verbotes - deutlich aus 5. Mose 18 zu erkennen -, daß durch das Mitmachen solch böser, teuflischer Dinge das Volk von Jehova abgewandt wird, Sein Wort ihm geringwertig wird, Seine Propheten ihre Bedeutung verlieren, kurz das Volk die Lauterkeit gegen Jehova einbüßt (vergl. V. 18)!. Daher das Verbot, nicht etwa deswegen, weil solche Dinge möglich seien, noch als Beweis für letzteres! Aber wie oben schon gesagt, diese Totenbeschwörung steht mit dem Teufel in Verbindung, und ich bin davon überzeugt, daß es Teufelsknechte gab und heute noch gibt, die mit der Dämonenwelt in verbotenem, aber vom Satan ermöglichtem unlauterem Verkehr stehen. Diese haben aber keineswegs Macht über die Geister der Verstorbenen, sondern, wenn von ihnen verlangt wurde und wird, Tote erscheinen zu lassen, so lassen sie scheinbar kraft ihrer Beschwörungsformeln, die aber wohl nur dem Zweck, die Uneingeweihten zu täuschen, dienen, einen Dämon (Teufel) heraufkommen, der freilich dem Fremden sich nicht leiblich zeigt, aber mit ihm mittels des Mediums spricht und dabei durch satanische Kraftwirkung sich genau oder ähnlich so gibt, wie der Verstorbene gewesen sein mochte. Ich erinnere hier an 2Kor 11,14.15; 2Thes 2,10; 2Tim 3,13; 2. Petrus 2,1.2. Aus solchen Stellen geht für mich hervor, daß Satan eine gewisse Macht hat, mittels geeigneter Werkzeuge solche Menschen zu betrügen, die der Wahrheit des Wortes nicht glauben, sondern den Schleier der Zukunft oder des Jenseits lüften wollen, den Gott hinwegzunehmen Sich allein vorbehalten hat. Solche Geheimwissenschaftler wie die Totenbeschwörer früher, die Spiritisten heute mit all dem Troß der Wahrsager, Zeichendeuter usw., die heute die ganze Welt überschwemmen und sogar in den angesehensten weltlichen Tages- und Wochenschriften ihren anerkannten Platz haben, treiben nicht nur Hokuspokus; es ist auch nicht alles, was sie tun, auf Suggestion und Hypnose zurückzuführen, es ist auch nicht alles bewußter Betrug und Taschenspielerkunst (obwohl vieles), - es ist gewiß auch eine schauerliche Wirklichkeit hinter manchen dieser Erscheinungen und Wahrsagereien, aber nicht eine Wirklichkeit der Wahrheit, sondern der Lüge, indem Satan, „der Vater der Lüge“ (Joh 8,44), dahintersteht und die ihren Beschwörerformeln, ihren Medien, ihrer Einbildung trauenden, ohnmächtigen, armseligen Menschlein, die da mit ihren Verstorbenen zu reden meinen, auf eine seiner würdigen Weise mit seinen Dämonen betrügt und für sich gewinnt. Eine schreckliche Sache ist das, und Kinder Gottes sind aufs ernsteste zu warnen, daß sie sich ja nie mit dem Spiritismus, der so recht eine „Religion der Gebildeten von heute“ ist, einlassen. Die Gefahren für die Seele sind unabsehbar.
Zurück zu unserer Geschichte! Sicherlich hatte das Weib auch hier, wo ihr von ihrem unbekannten Gast Straflosigkeit zugesichert war (V. 9.10) - welch eine Heuchelei, dieser Schwur Sauls bei Jehova, von dem er sich längst losgesagt hatte und Dessen Namen er sonst nicht brauchen darf! -, die Absicht, mittels eines der ihr vom Satan für ihre Tätigkeit zur Verfügung gestellten Dämonen eine Totenerscheinung in Szene zu setzen. Aber Gott, der dem Saul noch ein letztes Mal eine direkte prophetische Botschaft zuteil werden lassen wollte - ob als Warnung und letzten Bußruf weiß ich nicht, eher als feierliche Gerichtsankündigung -, trat dazwischen. Er wollte nicht, daß Saul einen Tag vor seinem Tode betrogen werden sollte, denn der durch das Weib hervorgeholte „Samuel“ hätte sicher etwas anderes gesagt als der richtige! Gott will nicht, daß die dem Tode entgegengehenden Menschen belogen werden über den Ernst der Zukunft, die ihrer wartet. Leider werden nirgends die Menschen schamloser belogen von Ärzten, „Geistlichen“ und Verwandten als auf dem Sterbebett! Dem König Saul sollte die Wahrheit gesagt werden, uns Lesern des Wortes zu einem Zeugnis von der Güte und dem Ernst Gottes.
Ehe also noch das Weib seine Formeln in Anwendung bringen konnte, ließ Gott den Samuel erscheinen. Die äußere Art des Auftretens Samuels sah Saul nicht, wohl aber sah das Weib die Gestalt und beschreibt sie Saul, worauf dieser den Propheten erkennt. Das Erschrecken des Weibes berührten wir schon oben; es ist ein deutlicher Beweis dafür, daß sie mit Samuels Erscheinen nichts zu tun hat; es ist aber auch leicht erklärlich, da sie zugleich mit der Erscheinung der Wirklichkeit dessen, was Saul gewünscht hatte, plötzlich dessen inne wird, daß sie Saul, ihren König, der die Totenbeschwörer ausgerottet hatte, vor sich hat. Ob sie etwas empfand in ihrer Seele von dem furchtbaren, selbstverschuldeten Verhängnis, das über ihrem König schwebte? Bei dem nachfolgenden Gespräch ist sie offenbar draußen; V. 21 heißt es nach dem Urtext - so auch bei Luther und der Miniaturbibel -: „sie ging hinein zu Saul“; sie hatte also gar nichts mit der Erscheinung gemein; wäre dieselbe ein Dämon gewesen, also dem Saul gegenüber Betrug - warum hätte sie hinausgehen sollen?! Dann hätte ja auch Saul kaum ohne ihre Vermittelung mit dem falschen „Samuel“ reden können! -
Nun sind noch zwei Einwände zu betrachten! 1. Es wird gesagt: Woher weiß man denn so genau, daß es Gott gewesen sei, der Samuel erscheinen ließ? Es steht doch gar nicht da! - Nun, wer nach den obigen Ausführungen überzeugt ist, daß das Weib bezw. der Teufel nicht die Macht hat, Tote auf Erden erscheinen zu lassen, für den ist die Sache sehr einfach. Entweder der Teufel oder Gott! Der Teufel unmöglich - also Gott! Auch wenn's nicht ausdrücklich dasteht? Ja, sonst wäre es hier Wortklauberei! Übrigens gibt es z. B. ein ganzes Buch in der Bibel, in dem weder die Worte „Gott“ noch „Teufel“ vorkommen und dennoch beider Wirken ganz unverkennbar ist: das Buch Esther (vgl. Frage 4 der „G. H.“, Band 4). Oder wollte man behaupten, weil es nicht dasteht, daß Gott Esther in das Haus des Königs bringt (Kap. 2), deshalb sei es zweifelhaft, ob Er es getan habe? Nein, sicher nicht! - Hier in 1Sam 28 liegt aber, wie aus allem bisher Geschriebenen hervorgeht, die Sache noch viel klarer. Oder will man sagen, Gott habe dem Weibe erlaubt, ihre Beschwörung anzuwenden und habe dadurch Samuel erscheinen lassen? Dann macht man Gott zum Sündendiener! Nein - bei Gott ist kein Ding unmöglich! Er, der aus dem Nichts schuf, was ist, Er kann auch aus dem Reiche des Todes einen Abgeschiedenen sichtbar erscheinen lassen, wenn es Seinen erhabenen Zwecken dient. Natürlich erschien Samuel nicht in Auferstehungsherrlichkeit (1Kor 15,23, vgl. Frage 11 der „G. H.“, Bd. 3), wohl aber durch Gottes Macht in einer für diesen Auftritt passenden Weise, die das mit unreinen Künsten hantierende Weib in höchsten Schrecken versetzte und den gottlosen Saul zur Beugung zwang (V. 14).
Fragt man aber, warum denn, wo Gott doch unzweifelhaft der Urheber der Erscheinung gewesen sei, Er nicht auch offen als solcher genannt sei, so möchte ich ohne Verbindlichkeit folgendes darauf antworten: Der Schreiber dieser Geschichte, der Wort für Wort unter der Leitung des Heiligen Geistes schrieb (2Pet 1,21), wußte (wie der Geist Selbst), daß Gott der Urheber dieser plötzlichen, ohne das geringste Zutun des Weibes von Endor geschehenen Erscheinung Samuels war. Aber er bekam nicht den göttlichen Auftrag, dies mit zu erwähnen (zumal es selbstverständlich war), damit das Entsetzen des Weibes, wie die überwältigende Wirkung des Erscheinens Samuels auf Saul, der jenen gar nicht sah, dem späteren Leser der Geschichte plastisch-eindrucksvoll vor Augen stünde gleich einem göttlichen Gemälde! (Vgl. etwas Ähnliches in Apg 5,5.9.10, wo es sich auch, wie hier, um göttliches Gericht handelte, und siehe dazu Klgl 4,6 wörtl.)! - Nebenbei - in welcher Weise hätte der Heilige Geist auch das heilige Wunderwirken Gottes, als in der Gegenwart dieser beiden unheiligen Satansknechte geschehen, andeuten lassen sollen?! - Gott handelte in Verborgenheit, aber die Wirkung Seines Handelns tat sich in ehrfurchtgebietender Weise kund!
Der zweite Einwand ist der, daß Samuel sagt in V. 19: „und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein“. Was heißt das, wo wird Saul sein? Nun, im Scheol oder Hades (Totenreich, vgl. über diesen Ausdruck die sehr klaren Ausführungen in Frage 39 der „G. H.“, Band 2), d. h. an dem Orte, wo die selig wie unselig Verstorbenen weilten, bis „Christus die Gefangenschaft gefangen führte“ in Seinem Tode (Eph 4,8; vgl. Kol 2,15), seit wannen die vorher selig Gestorbenen im Paradies sind, das in Gottes Gegenwart ist (Lk 23,43; 2Kor 12,1ff)., während die Gottlosen warten bis zum Gericht vor dem Weißen Thron (Off 20). Bis zum Tode Christi sind die Heiligen Gottes und die Gottlosen am gleichen Ort, allerdings durch eine Kluft getrennt, wie uns Lk 16,22ff. zeigt. Dennoch ist es der gleiche Ort, der Scheol, das Totenreich. Wie hätte Samuel in dieser kurzen Rede, in der jedes Wort von Wucht und Kraft war, sonst sagen sollen? Etwa so: morgen wirst du mit zweien deiner Söhne im Scheol jenseits der Kluft, Jonathan - der, wenn auch seine Unentschiedenheit ihn nicht fähig machte, mit seinem Freunde David in dessen Reich vereint zu bleiben, doch wohl einer der Heiligen Gottes war! - Jonathan aber wird „bei mir sein“?! Die ganze Kraft der prophetischen Rede wäre verloren gewesen. Samuel hatte dem Saul ja überhaupt gar nichts über sein ewiges Geschick zu sagen, sondern darüber, daß sein Leben durch seine eigene Schuld unwiderruflich zu Ende sei und daß sein Lebenszweck das gottgewollte Ziel nicht erreicht habe. Und so kündigt er ihm den leiblichen Tod an und seine Ankunft im Scheol, in dem für den Juden jede Hoffnung begraben war (vgl. z. B. Hiob 7,9; Psalm 115,17 u. a). Samuel war auch im Scheol, aber für immer geschieden von den Gottlosen, dennoch war das noch möglich, was in V. 15 ausgedrückt ist: er konnte noch beunruhigt werden, d. h. in seiner Ruhe gestört werden (vgl. Lk 16,24ff.; diese Stelle als belehrender Vergleich zeigt, daß im Totenreich noch gefühlt, gedacht, verhandelt wird oder unter gegebenen Umständen werden konnte)!. Gewiß hätten ihn Totenbeschwörerformeln nicht beunruhigen können, wohl aber die Seelenqual Sauls, derentwegen Gott ihn aus seiner Ruhe ruft. Die aber, die jetzt heimgehen, um „bei Christo“ zu sein (Phil 1,23) werden auch in dieser Hinsicht nicht mehr beunruhigt! Die Schrift kennt nichts davon, daß die Seligen noch aus irgend einem Grunde den Menschen im Fleische erschienen oder mit ihnen sprächen. Alle diesbezüglichen Berichte verschiedener Zeiten gehören ins Reich „frommer“ Fabel oder sind satanischen Ursprungs. Laßt uns nichts annehmen, als was das Wort sagt! (Über Mt 27,52f. vgl. „G. H.“, Bd. 2, Frage 2)!
Noch einige Worte zu dieser Beunruhigung Samuels durch Saul! Die Stelle lautet wörtlich: „Warum hast du mich beunruhigt, mich heraufkommen zu lassen?“ mit anderen Worten: „warum hast du mich beunruhigt, daß oder indem ich heraufkommen mußte?“ Es kommt hier gar nicht darauf an, wer Samuel heraufbrachte, sondern nur auf die Tatsache, daß Saul dieses Eingreifen Gottes verursacht hatte, wodurch Samuel in seiner Ruhe gestört wurde, auf diese Tatsache kommt es an. Dabei ist die Frage, wie Saul ihn heraufkommen ließ, ja längst beantwortet: Saul hätte ihn durch nichts, am wenigsten durch die Zaubereien des Weibes, heraufbringen lassen können, dennoch konnte Samuel ihm diesen Vorwurf berechtigerweise machen, denn Saul hatte sozusagen Gott versucht, herausgefordert durch sein sündiges Verhalten, die Totenbeschwörerin zu fragen usw. Und nun fühlte sich Samuel dadurch beunruhigt, daß Gott ihn heraufbringt, daher fragt er Saul nach dem Grunde dieser von ihm seinerseits (subjektiv) als Beunruhigung empfundenen Herausrufung. Der tiefere Grund seiner Beunruhigung ist kurz gesagt der, daß Gott Sich durch Sauls Verhalten und auch durch seine Verzweiflung dazu veranlaßt sah, Samuel erscheinen zu lassen, wodurch Samuel seinerseits wiederum zu dem Vorwurf gegen Saul veranlaßt wurde. Wenn nun aber etwa gesagt wird, Samuel hätte sich doch vielmehr freuen müssen, von Gott noch in dieser Weise auf Erden gebraucht zu werden und hätte darum sich durch Gottes Eingreifen nicht beunruhigt fühlen dürfen, so bezeugt dieser Einwurf eine gewisse Unkenntnis über das Wesen des Alten Testaments und das Weilen im Scheol gegenüber dem Neuen und dem „bei-Christo-sein“. Auch für den alttestamentlichen Heiligen war das Weilen im Scheol nichts Erstrebenswertes, keiner hätte dafür Worte finden können, wie Paulus in Phil 1,23 über das Weilen bei Christo, sondern auch für die, die sich als Gottes Volk wußten, blieb der Scheol, die „Grube“ (vgl. 1. Mose 37,35), etwas ziemlich Trostloses, wenngleich sie auf Auferstehung hofften (vgl. Stellen wie Hiob 10,21; Psalm 6,5; 30,9 mit Hiob 19,25ff.; Psalm 49,15; Spr 15,24 u. a). Daß er nach des Herrn Jesu Erklärung in Lk 16 zwei Abteilungen hatte, darüber ist, soviel ich weiß, im Alten Testament nichts gesagt, das erfuhren demnach die alttestamentlichen Heiligen erst, wenn sie dort waren. Aber es wird ihnen auch gelegentlich gesagt, daß sie dort „ruhen“ würden, vgl. Dan 12,13; Jes 57,2 u. a. Der gläubige Jude wartete auf den Messias; Samuel hatte Ihn nicht gesehen, er hatte ein Leben des Kampfes und Leides auf Erden gehabt, und der, den er im Hinblick auf den Messias einst salbte und den er liebte, Saul ging traurige Wege, und nun sollte er, statt auf Erden den Anbruch des Friedensreiches, den Messias, zu sehen, Gericht verkünden dem, dem er im Leben schon so viel gesagt hatte, - das war nicht ein Auftrag für ihn, den er als Freude empfinden konnte, sondern als Leid, und darum spricht er zu Saul, dem Veranlasser hierzu, diese Worte: „Warum beunruhigst du mich, d. h. machst mir Unruhe?“ Wohlgemerkt; zu Saut! nicht aber zu Gott! An Gott hätte er gewiß keine derartige Frage gerichtet, was sagt der Ton zum Töpfer: „was machst du?“, aber gegen Saul konnte er diesen Vorwurf erheben. Vergleiche, wie einst Joseph den Brüdern den Vorwurf nicht ersparen durfte: „Ihr gedachtet es böse zu machen, aber Gott usw.“ Es kommt stets auf die Front an, mit der wir es zu tun haben. Das sind die Einwände, auf die zu antworten ich für nötig halten mußte, und nun bin ich am Ende. Ich glaube, dargetan zu haben, daß wir es in 1Sam 28 mit einer außergewöhnlichen, aber darum um so feierlicheren Handlung Gottes zu tun haben, durch die einerseits dem durch eigene Schuld unglücklichen Könige Saul in wahrhaft erschütternder Weise aus dem Jenseits sein Ende geweissagt wurde - wie ganz anders und gesegneter jene Begegnung des anderen Saul auf dem Wege nach Damaskus, wo auch ihm aus dem Jenseits eine Botschaft zuteil wird, und zwar durch Christus Selbst, Apg 9! -, während andererseits der ganze Unwert der Totenbeschwörertätigkeit offen bloßgelegt wird, die Jehova ein Greuel ist (vergl. auch 1Chr 10,13f.)!. Auf das Nähere der Rede Samuels und den Schluß der Geschichte kann ich hier nicht weiter eingehen, aber noch einmal: die ganze Rede trägt einen so ausgesprochenen prophetischen Charakter, daß schon dieser uns abhalten sollte, an einen Betrug zu denken. Ein solcher ist, wie ich glaube bewiesen zu haben, durchaus ausgeschlossen. Wir haben hier vielmehr ein gewaltiges Zeugnis vor uns dafür, daß, wenn Gott ein Seiner Majestät entsprechendes Ziel im Auge hat, Ihm auch alle Mittel zu Gebote stehen ohne irgendwelche Beschränkung Seiner Macht! Welch eine Mahnung und welch ein Trost für uns, für die Seinen, auch in der gegenwärtigen schweren Zeit! „Denn von Ihm und durch Ihn und für Ihn sind alle Dinge; Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“ (Röm 11,36).
F. K., z. Zt. b. Militär.
6 Beachte auch den feinen Unterschied in Sauls und Samuels Redeweise: Saul spricht hier nur von „Gott“, Samuel darf und muß das kostbare Wort „Jehova“ anwenden! F. K.↩︎