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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 12 -Jahrgang 1927
Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst
1Pet 1,10-12 - Die Inspiration der Schrift (2)1Pet 1,10-12 - Die Inspiration der Schrift (2)
Zwischen den Schreibern der alttestamentlichen Bücher und denjenigen der neutestamentlichen Bücher müssen wir einen Unterschied beachten.
Wir betrachteten bereits, daß die Propheten des Alten Testamentes nur im begrenzten Maße begriffen, was sie niederschrieben, und für das Verständnis desselben auf die Offenbarung des Heiligen Geistes angewiesen waren. Bei den Schreibern der Bücher des Neuen Testamentes war es anders. Sie hatten den Heiligen Geist wohnend in sich und verstanden und waren durchdrungen von dem, was sie niederschrieben. In der Tatsache aber, daß ihnen das, was sie niederschrieben, bekannt war, liegt kein Hindernis für die Inspiration. Dein Sohn mag eine Sache kennen, das hindert dich aber nicht, ihm zu sagen, in welchen Worten er die Sache anderen mitteilen soll. Seine vorherige Kenntnis der Sache hebt nichts von der Tatsache auf, daß er sie in deinen eigenen Worten übermittelt. Ob nun den Schreibern der Heiligen Schrift das, was sie niederschreiben mußten, zuvor bekannt war oder nicht, das, was sie niederschrieben, waren die Worte Gottes. Sie schrieben kein Wort ohne göttliche Eingebung, denn „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Manche haben nun gemeint, wenn Gott die Worte eingegeben habe, dann müßten die Schriften auch alle einen Stil haben und dürften darin keine Verschiedenheit aufweisen. Paulus habe aber einen ganz anderen Stil als Johannes oder als David usw.
Einem solchen Einwand gegenüber möchte man fragen, ob Gott denn auf einen Stil oder eine Ausdrucksweise beschränkt ist. Kann Er Sich nicht verschiedenartig ausdrücken? Wo hatten David, Johannes, Paulus usw. ihren Stil her? Schufen sie sich diesen selbst? Liegt es nicht so nahe, daß Gott sich Seine Gefäße so zubereitete, daß das, was Er durch sie niederschreiben wollte, ihnen als denkenden Geschöpfen auch der Ausdrucksform nach selbst eigen sein sollte?
Gott bereitete sie für den Stil zu, in welchem ihr
Mund und ihre Feder Ihm Mund und Feder sein sollte. Gebrauchen wir nicht verschiedene Federn? Kann Er Sich Seine Schreiber nicht für die Ausdrucksform bereiten, wie Er sie für Seine Mitteilungen gerade gebrauchen will? Sie waren Ihm nicht tote Federn, sondern lebendige und denkende Personen, aber doch Werkzeuge Seiner Hand, und zwar solche, die Er Sich für Seinen Gebrauch selbst zubereitet hatte.
Paulus drückt solches aus, als er im Blick auf Seine Berufung, Ihm „ein auserwähltes Gefäß“ zu sein, schreibt: „Der mich von meiner Mutter Leibe an abgesondert hat“ (Gal 1,15). Sagt er damit nicht, daß seine ganze Lebensentwicklung von seiner Mutter Leibe an von Gott überwaltet wurde? Sein ganzer Werdegang von Mutterleibe an war eine Zubereitung für den Dienst, zu dem Gott ihn gebrauchen wollte, so daß er sagen konnte: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“. (1Kor 15,10).
Gott hat in allem Seine Hand. Er bereitet uns nicht nur den Leib, auch unsere Gaben und Fähigkeiten sind von Ihm. Unser Leben und Odem, unsere Zeiten und Geschicke, alles ist in Seiner Hand. (Ps 119,73; Apg 17,25; Ps 31,15).
So sehen wir an Paulus, wie Gott Sich Seine heiligen Schreiber von langher für ihre besonderen Dienste zubereitete. Unter der Eingebung Gottes stehend, war das, was sie in den Schriften niederschrieben, nicht das Produkt ihrer Geistestätigkeit noch -Fähigkeit, sondern Eingebung Gottes. Ihre Geistestätigkeit lag auf dem Gebiet des „Nachsuchens“ und „Nachforschens“ der ihnen von Gott eingegebenen Worte. (1Pet 1,10). Die Verschiedenheit des Stiles änderte deshalb nichts an der Tatsache, daß Gott durch den Mund Seiner Knechte redete. (Apg 4,25).
Gerade in der Verschiedenartigkeit sowohl der Ausdrucksformen als auch der Darstellungen, Berichte usw (denken wir nur an die vier Evangelien). treten uns die verschiedenen Gesichtspunkte und Beleuchtungen, von denen aus solche gegeben sind, in besonderer Weise vor Augen und offenbaren uns die Größe der Weisheit und Herrlichkeit Gottes. Die Verschiedenartigkeit ist nur ein weiterer und neuer Beweis dafür, daß die Weissagungen nicht aus dem Willen der Menschen, nicht aus ihren Mutmaßungen oder ihrem Verstande hervorgegangen sind, sondern daß Gott durch Seine Knechte sprach und schrieb.
Das menschliche Herz neigt immer dahin, Gott in Seiner Macht zu beschränken. Wenn Gott dem Menschen nicht nur den Leib bereitet, sondern ihm auch die geistigen Fähigkeiten zuteilt, dann ist es doch ein törichter Versuch, mit der Verschiedenheit des Stiles die Wortinspiration der Schrift in Frage zu stellen.
Andere wenden gegen die Wortinspiration der Schrift ein, daß das Neue Testament Zitate (Anführungen) aus dem Alten Testament enthalte, die von dem Wortlaut der alttestamentlichen Schriften abweichen und z. T. Wiedergaben einer griechischen Übersetzung, der sog. Septuaginta, seien.
Gewiß, wir finden
Zitate des Alten Testamentes in verändertem Wortlaut im Neuen Testament wieder, und eine ganze Reihe haben auch den Wortlaut der Septuaginta-Übersetzung. Damit aber ist noch nicht der geringste Grund zum Zweifel an der Wortinspiration gegeben. Die eine Wortfassung ist genau so von Gott den Schreibern eingegeben wie die andere. Beide sind gleich zuverlässig Gottes Wort.
Gott, der Urheber Seines Wortes, ist nicht wie wir an die Fassung Seines Wortes gebunden. Wenn Er das, was Er durch den Mund Seiner Knechte gesprochen hat, in anderen Worten ausdrücken will oder wenn Er durch solche Abweichungen von dem ursprünglichen Wortlaut uns den tieferen Inhalt erschließen oder spezielle Gedanken darin hervorheben will, steht Ihm das nicht zu? Und wenn Er es in dem gleichen oder einem veränderten Wortlaut der Septuaginta-Übersetzung tut, hat Er nicht das Recht dazu?
Daraus, daß gewisse alttestamentliche Zitate im Neuen Testamente mit der griechischen Übersetzung übereinstimmen, daraus darf selbstredend nicht gefolgert werden, daß
Übersetzungen inspiriert sind. Wenn die Schrift sagt: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben“ (2Tim 3,16), so sind damit die Original- oder Urschriften gemeint, aber nicht die verschiedenen Übersetzungen.
Heute besitzen fast alle Kinder Gottes in der Welt die
Schrift nur in Übersetzungen. Wenn nun auch die verschiedenen Übersetzungen an sich nicht als inspiriert bezeichnet werden können, so berührt das natürlich in keiner Werfe die Wahrheit und Tatsache, daß die Urschriften von Gott eingegeben sind.
Gibt eine Übersetzung genau den Sinn des Originals wieder, so unterscheidet sie sich nicht von dem inspirierten Wort. Ob wir z. B. einen Satz wie: „Gott ist Liebe“ in deutscher, englischer oder einer anderen Übersetzung lesen, so wissen wir doch, daß die Übersetzung genau den Sinn des Urtextes hat und daß sie das inspirierte Wort ist.
Die Wiedergabe mancher Stellen der Schrift in Übersetzung ist allerdings nicht so einfach wie obiges Beispiel; man kann nicht immer sagen, daß sie das Ursprüngliche genau wiedergibt. Wir können hieraus aber lernen, wie wichtig es ist, neben anderen eine möglichst wortgetreue Übersetzung zu gebrauchen. Zwar kann keine Übersetzung Anspruch auf Fehlerlosigkeit machen, aber mit Freude und Dank zum Herrn dürfen wir doch sehen, daß viele Männer Gottes mit Aufrichtigkeit, Treue und Gebet an der genauen Übersetzung der Schrift arbeiten und immer wieder Fehler und Irrtümer, die sich durch die menschliche Unvollkommenheit eingeschlichen haben, beseitigen.
Können wir nun auch in bezug auf die Übersetzung nicht von Inspiration reden, so darf es uns doch dienen, daß der Herr Selbst und auch die Apostel Zitate aus dem Allen Testament in der griechischen Übersetzung mit den Worten anführten: „Es steht geschrieben“ oder „Was sagt die Schrift“. (Mt 4,4, Röm 4,3 u. a. m).
Wie mit den Übersetzungen, so ist es auch mit den alten Handschriften, den Abschriften des Urtextes. Die Original-Handschriften der Bücher des Alten und Neuen Testamentes sind uns nicht erhalten geblieben. Wir besitzen heute nur noch alte Abschriften. Da diese aber durch fehlerhaftes Abschreiben oder gar durch Fälschungen an einzelnen Stellen im Wortlaut des Textes voneinander abweichen, so haben die Gegner der Wortinspiration auch diese der menschlichen Unvollkommenheit entsprossenen Mängel genommen, um zu behaupten, daß man jetzt nicht mehr wissen könne, welches das inspirierte Wort Gottes sei.
Ebenso wie bei den Übersetzungen schon gesagt, hat auch das Vorhandensein der
Verschiedenheit gewisser Stellen im Wortlaut der Handschriften nichts mit der Frage der wörtlichen Inspiration zu tun. Die Inspiration der Schrift schließt doch nicht eine Bürgschaft in sich, daß auch alle Abschriften den Originalen genau gleich sind. Die Zahl jener Stellen, die wirklich zweifelhaft sind, ist nicht so groß, wie sie die Angreifer der Wortinspiration hinstellen möchten. Gottes Treue hat über Sein Wort gewaltet, daß es uns rein erhalten blieb, und dafür gesorgt, daß so viele Handschriften bis auf unsere Tage aufbewahrt blieben, daß durch treues Forschen und Vergleichen Fehler und Fälschungen erkannt werden konnten. Gott hat Sein Wort bewahrt. Der Feind hat es nicht an Anstrengungen fehlen lasssen, es zu verderben und uns zu rauben. Gott aber hat es nicht zugelassen. Es konnte garnicht anders sein! Hätte Er die Vernichtung Seines Wortes zulassen können, solange Er noch Sünder errettet?!
In dem Rahmen eines kleinen Artikels ist es nicht möglich, auf all die Anwürfe einzugehen, mit denen der Feind der Schrift die Kraft und Autorität als untrügliches Gotteswort zu nehmen sucht.
Manchen Kindern Gottes hat er Sand in die Augen geworfen, indem er ihnen mit dem Schein der Weisheit beibrachte, daß man nicht sagen dürfe, die Schrift sei Gottes Wort, sondern Gottes Wort sei in der Schrift. Mit solchen Schlagwortkünsten operiert er gern. Solche betrogenen Kinder Gottes sehen nicht, daß dieser Lehrsatz der Schrift jede Kraft und Autorität nimmt und der Mensch zum Richter und Beurteiler über die Schrift gestellt wird. Macht man sie darauf aufmerksam, daß die Schrift von Gott eingegeben und Gott durch den Mund Seiner Knechte geredet habe, so hört man nicht selten die spöttische Frage, ob diese
Grammophone gewesen seien.
Wenn der Feind die Kraft des Wortes nicht abtun kann, so sucht er mit solchen Schlagworten das Wunder der Wortinspiration zu verdunkeln und den nüchternen Sinn zu benebeln.
In Schlagworten liegt eine satanische betrügerische und irreleitende Kraft, durch die das seelische Empfinden der Menschen mit fortgerissen wird. Es ist traurig aber wahr und das eigene Erleben des Schreibers, daß sich sogar Gläubige durch den Klang eines Schlagwortes wie „Grammophon“ ihre feste Stellung zum Worte des Herrn erschüttern ließen. (!)!
Die heiligen, lebensvollen Schreiber neben leblose Grammophone zu stellen ist nicht nur empörend und ganz unangebracht, sondern ein solcher Vergleich hat auch nicht einmal Anspruch, eine aus der Inspiration sich ergebende, logische Folgerung zu sein. Und vor allem, wenn Gott uns nicht mehr sagt, als daß Seine Knechte Sein Mund waren, genügt das nicht? Wie ungeziemend ist es, spitzfindige Folgerungen darauf auszubauen. Beten wir nicht oft: „Herr, laß mich Dein Mund sein“? Werden wir damit zu „Grammophonen“?
Gott bezeugt uns die Tatsache, daß der Heilige Geist durch Menschen sprach und schrieb, aber Er offenbart uns nicht die Art und Weise, wie Er Seine Worte in ihren Mund legte. Die Schrift sagt, daß Gott auf „mancherlei Weise“ geredet hat (Heb 1,1). Er redete in Gesichten, in Träumen; Er redete auch „von Mund zu Mund“, „deutlich“, „wie ein Mann redet mit Seinem Freunde“. (4Mo 12,6-8; 2Mo 33,11).
Gott ist in Seiner Macht, zu reden, unbeschränkt. Er kann Seinen Willen und Seine Worte auf jede Ihm gefällige Weise verkündigen. Wenn es Ihm gefällt, ist Er nicht einmal an Wesen wie Engel und Menschen gebunden. Er konnte sogar einem unvernünftigen Tiere, Bileams Eselin, den Mund öffnen (4Mo 22,28; vgl. 2Pet 2,16). Er konnte gottlosen Menschen Seine Worte so in den Mund legen, daß sie (obwohl ungern) nicht „vermochten“, „irgend etwas zu reden“ als das Wort, das Gott ihnen in den Mund legte. So war es bei Bileam, (4Mo 22,35.38; 23,12; 24,4) und Kaiaphas weissagte und wußte nicht, daß seine Worte nicht aus ihm selbst, sondern aus Gott waren (Joh 11,50.51). Die heiligen Schreiber dagegen standen mit ihrem ganzen Herzen in Seinem Dienst, und Gott gab Seine Worte so in ihre Gedanken, daß Sie redeten, getrieben vom Heiligen Geiste. (2Pet 1,21).
Gott gebrauchte für Seine Worte den Mund der Menschen. Der Mensch kann weder erklären noch begreifen, wie dies möglich ist. Und Gott hat uns dieses „Wie“ nicht enthüllt. Diesen Schleier möchte der Mensch lichten. Er will sich mit dem nicht begnügen, was Gott geoffenbart hat. In unheiligem Begehren sucht er das Geheimnis und Wunder der Inspiration zu ergründen. Alle seine Anstrengungen sind aber ebenso anmaßend wie fruchtlos. Sie zeigen nur seine Aufgeblasenheit, in Dinge eindringen zu wollen, die die Grenzen seines Verstandes überschreiten, und das Ergebnis ist, daß er Torheit auf Torheit häuft.
Der Gläubige aber, der den Platz seiner Abhängigkeit von Gott einnimmt und seine Belehrungen aus der Quelle der Schrift schöpft, dem ist die Wortinspiration keine Schwierigkeit. Ihm genügt die von Gott bezeugte Tatsache, daß alle Schrift von Gott eingegeben ist. Etwas anderes wäre Gottes garnicht würdig und hätte unserer Not als von Gott Entfremdeten garnicht begegnen können. Wir bedurften ganz sicherer Grundlagen. Wir mußten Worte von Gott haben, auf denen der Glaube ruhen kann, und solche haben wir in dem inspirierten Wort, dem nichts hinzugefügt und von dem nichts abgetan werden darf (5. Mose 4,2; 12,32; Offbg. 22,18.19). „Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. Dies aber ist das Wort, welches euch verkündigt worden ist.“ (1Pet 1,25). v. d. K.