Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Inhaltsverzeichnis
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 10 -Jahrgang 1925
Die Gemeinschaft des GlaubensDie Gemeinschaft des Glaubens
Nicht selten kann man aus dem Munde frommer Leute die Rede hören, um ihren Glauben stünde es am besten, wenn sie ihn für sich selbst hätten. Die Gemeinschaft mit anderen störe sie nur. Da bestünden Gegensätze, die ihr Gebet kraftlos machten. Da fehle die rechte Einheit und Übereinstimmung im Geiste. Ihre Andacht würde gehemmt. Kurz, ihr Glaube könnte am besten bestehen, wenn sie sich absonderten und dem Worte Jesu entsprechend ins stille Kammerlein sich zurückzögen. Daran ist nun ganz gewiß etwas Berechtigtes. Wer nie aus dem großen Kreise heraus und zu stiller Besinnung, zu sich selbst kommt, der wird in seinem Glauben bald matt werden. Allein die gänzliche Absonderung von der Gemeinde der in Christus Geeinten führt auch zu innerer Versandung. Dann hat man bald nur noch einen Lieblingsgedanken, dessen wird man mit der Zeit auch überdrüssig, und es währt nicht lange, so läßt man auch das stille Kämmerlein veröden.
Vielmehr ist es für den Christen unbedingt notwendig, Gemeinschaft zu halten. Wenn einer denkt, er habe es nicht mehr nötig, so zeigt er gerade mit dieser Sinnesart, wie sehr er gerade noch der tragenden Liebe der Gemeinschaft bedarf.
Gewiß, es ist bequemer, auch im Glauben um sein eigenes Ich wie um ein goldenes Kalb zu tanzen, aber dann kommt der alte Mensch wieder durch eine Hintertür hinein geschlüpft, dessen Sünde ja wesentlich in der Ichsucht bestand.
Gemeinschaft fordert Entsagung, Verzicht auf das, was einen vielleicht mehr interessiert, was man selbst wohl für wichtiger hält, was aber aus Liebe zu den anderen vorläufig noch zurückgestellt werden muß. Aber gerade in der Selbst-Verleugnung liegt ja die Nachfolge Jesu (Mt 16,24)!. Auch der Heiland hätte sicher lieber vom Höchsten geredet, als daß Er den Jüngern immer wieder die Elemente des Glaubens an Ihn eingeprägt hätte.
Gemeinschaft fordert Demut und Geduld. Überall, wo Christen zusammenkommen, sind Unfertige, Zögernde, Zurückbleibende. Wer aber von Christus ergriffen ist, der möchte vorwärts, der möchte wie auf Adlersflügeln sich dem Herrn entgegenschwingen. Ihm ist es, als würden durch die Schwachen im Glauben ihm gleichsam Bleigewichte an die Füße gehängt. Aber oftmals wird er hernach spüren, daß auch ihm ein etwas längeres und gründliches Verweilen bei den Grundlagen des Glaubens nur dienlich gewesen ist.
Gemeinschaft fordert Liebe und Treue. Einen im Glauben vollendeten Christen lieben und bei ihm ausharren, das kann jeder, aber in treuer Liebe bei jemandem zu wachen, der praktisch erst ein Fünklein vom Geist im Herzen trägt, dazu gehört Kraft, die nicht von Fleisch und Blut herstammt; das erst ist Erweis lebendigen Glaubens.
Wer diese Pflichten gegen die Gemeinde des Glaubens auf sich nimmt, der wird auch den Segen der Gemeinschaft spüren und dessen gewahr werden, was die Gemeinschaft ihm schenkt (vgl. Röm 1,12)!.
Da ist die Kraft zu nennen, die der Glaube erhält, die Eindringlichkeit, die dem Gebet zuwächst, die Glut, die in der Liebe lebendig wird. Wer an der Gemeinschaft trotz aller Enttäuschungen festhält, wird spüren, wie die Erkenntnis des Glaubens erweitert wird, wie der Reichtum der Erfahrung zunimmt, wie stets neue Seiten am Heiland, an der Schrift, an der Führung Gottes entdeckt werden.
Gemeinschaft erfordert den Dienst dessen, der nicht stolz ist wie ein Sadduzäer, und gewährt einen Lohn, der nicht fleischlich und irdisch ist wie der der Pharisäer.
H. N.
Erstellt: 02.04.2024 15:41
Quelle: www.clv.de