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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
Halleluja - Amen!Halleluja - Amen!
Als ich die so geistvolle Antwort auf die Halleluja-Frage (Jahrg. 15, S. 212) aus der Feder unseres heimgegangenen Bruders Steinert las, löste sie in mir Freude über diese feine biblische Begründung aus. Innerlich bewegte mich der Gedanke, mit einem anderen, dem Halleluja entsprechenden Psalmwort den Gedanken weiterzuführen. Doch wollte mein Vorhaben nicht vorwärtsschreiten. Jeder Versuch scheiterte an der Verschiedenheit der hebräischen und deutschen Klangfarbe. Auf dem Wege zur Versammlung am Johannisplatz in Leipzig am Sonntag, dem 20. November 1 vorigen Jahres blitzte mir das Wort Amen plötzlich auf. Dieses hebräische Wort hat dasselbe Bürgerrecht in der deutschen Sprache erlangt wie das Halleluja. Darum ist der Vergleich leichter und mit dem Verständnis der Leser eher zu rechnen.
Der besseren Übersicht wegen beachten wir zunächst: 1. Das Vorkommen des „Amen“ im Alten Testament. 2. Das „Amen“ im Neuen Testament. 3. Der geheimnisvolle Sinn des „Amen“ im Namen Gottes und des verklärten Hauptes der Gemeinde.
1. Amen im Alten Testament. Das Wort kommt hier nach der hebräischen Bibel 31mal vor. Das „Amen“ wird fast ausschließlich von Menschen gebraucht, wenn sie ein über sie ausgesprochenes Wort, sei es Fluch oder Segen, auf sich nehmen und seine Verwirklichung bejahen. So die Frau, gegen die die Fluchformel ehelicher Untreue gerichtet ist, und die Frau sagte: „Amen, Amen!“ (4Mo 5,22) Das ganze Volk bekennt sich zu der Gerechtigkeit der Strafe für Gesetzesübertretung mit „Amen“ (5Mo 27,15-26). Mit „Amen“ wurde Salomo zum König geweiht. (1Kön 1,36)
Mit einem Amen antwortet Jeremia für das Volk, es zur Treue verpflichtend gegenüber dem wiederentdeckten Gesetz - wohlgemerkt, dem wiederentdeckten -, nicht dem neufabrizierten der modernen Kritik (Jer 11,5). Wiederum braucht Jeremia das feierliche „Amen“ als Wunsch, die Weissagung des falschen Propheten Hananja möge in Erfüllung gehen: „Amen, so möge der Herr es geschehen lassen!“ (Kap. 28,6)
Dreimal ertönt das doppelte Amen in den
Mit einem „Amen“ verpflichtet sich die wiederhergestellte Gemeinde auf das Wort Nehemias. Desgleichen tut die versammelte Gemeinde vor dem aufgerollten Gesetzbuch, mit erhobenen Händen spricht sie ihr „Amen“ aus und fällt anbetend vor Gott nieder. (Neh 5,13; 8,6)
Damit sind die Arten, wo „Amen“ im Alten Testament vorkommt, erschöpft. Ihre genauere Prüfung ergibt, daß „Amen“ eine bejahende, zustimmende Antwort bedeutet. Nicht viel anders verhält es sich
2. mit dem „Amen“ im Neuen Testament. Wie im Alten Testament, so steht „Amen“ auch im Neuen als Ausklang lobpreisender Anbetung (Mt 6,13 [Luth.-Übersetzung]; Röm 1,25 u. a. Stellen) - als Wunsch, daß alle Gottessegnungen des neuen Lebens sich an den Gläubigen verwirklichen mögen (z. B. Röm 15,33; Heb 13,25 usw)., als Schluß einer feierlichen Warnung mit dem Wunsch der Bewahrung vor der Gefahr des Abfalls (1Joh 5,21 [Luth.-Übersetzung]), ferner als Gebet um die baldige Verwirklichung der Ankunft des Herrn (Off 22,21), als Einleitung zum Halleluja auf das vollendete Gericht über das Tier und auf das Erscheinen des Herrn zur Feier mit Seiner Gemeinde. (Off 19,4)
So wandern „Amen“ und „Halleluja“ zusammen mit dem Volke Gottes auf den Gefilden Kanaans. Es ertönt mit dem Halleluja an Stätten der Anbetung und bekennt sich zustimmend und freudig zum Gott preisenden Halleluja. Wir hören es bei feierlichen Versprechungen und Worten segnender Herzen. (Vgl. auch 1Kor 14,16)!
An der Schwelle des Neuen Bundes trennt sich „Amen“ von seinem
Busenfreunde, hier erfüllt es die Herzen der erkauften Gemeinde, aber
nicht ohne Hoffnung des Wiedersehens; denn es wartet mit der Gemeinde,
sich bei der Wiederkunft Christi mit dem Halleluja wieder zu vereinigen.
Das geschieht auch. Dann sind „Amen“ und „Halleluja“ die beiden Säulen
im vollendeten Tempel der erlösten Gemeinde (vgl.
Das führt uns 3. zu dem Geheimnis des „Amen“ im Namen Gottes und des verklärten Herrn im Himmel.
Wir würden uns einer Oberflächlichkeit zuschulden kommen lassen, wenn wir nicht auf die sprachliche Bedeutung des „Amen“ eingingen. „Amen“ entstammt der Wurzel, aus der alle Begriffe über „Glaube“, „Treue“, „Zuverlässigkeit“, „Wahrheit“ und „Wahrhaftigkeit“ kommen. Ihre gemeinsame Wurzel ist Festigkeit. „Amen“ ist das feste „Ja“ erfüllter Wirklichkeit. Darum ist Jesus, unser Herr, das göttliche Amen aller Gottesverheißungen, wie auch in Ihm Gottes Ratschluß unwandelbar ist, weil es in Ihm kein Schwanken zwischen „Ja“ und „Nein“ gibt (2Kor 1,20). Das, was „Amen“ auf die lobpreisende Anbetung der unwandelbaren Treue Gottes sagen wollte, ist in Christus Wirklichkeit geworden. Als der Treue, Wandellose, ohne Anfang und ohne Ende, weil Er der Ewige, ist Er, Gott, Seinem wahrhaft göttlichen Wesen nach „der Gott Amen2“ (Jes 65,16). Jesus Christus, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umspannt und erfüllt als das treue Ebenbild des Vaters, auch Seinem Wesen nach, nur im unbegreiflichen Geheimnis Seiner Menschwerdung uns faßbar nahe geworden, Er ist derselbe: das unwandelbare „Amen“. Von hier aus fällt ein Licht auf den häufigen Gebrauch dieses Wortes im Munde unseres Herrn im allgemeinen und insonderheit im Evangelium des Johannes.
Seine Reden, die das Amen als Siegel tragen, führen es nicht am Schluß, sondern in ganz ungewöhnlicher Weise am Anfang als Einleitung. Der Herr will nicht die mit einem „Amen“ („Wahrlich“) eingeleiteten Worte als besonders wichtig oder glaubhaft auszeichnen. Das sei ferne! Alle Seine Reden und Worte sind ja Treue und Wahrheit.
Man denke sich aber hinein in die Wucht Seiner Aussage, in das Übermenschliche, das der Herr spricht und verspricht. „Kann das möglich sein“, tauchte unwillkürlich bei den Zuhörern die Frage auf, „daß ein Mensch, noch dazu in solcher Knechtsgestalt es erfülle?“ Darauf ertönt das einleitende „Amen“, welches den Hörer an die Person des Redenden bindet, die das gegebene Wort mit Seiner Unwandelbarkeit, Treue und Festigkeit deckt, mit einem Wort: mit dem „Amen“ Seines Selbst. Schön sagt Kögel: „Er deckt das Wort, nicht das Wort Ihn; Er deckt es nicht mit einer irgendwie Ihm eignenden Autorität, sondern es hat Ihn zum Inhalt, und deshalb ist es etwas unumstößlich Festes, etwas, was erlebt wird und werden muß, indem Er erlebt wird.“ (Wörterbuch der neutestamentlichen Gräzität, 10. Auflage, Seite 145).
So hat denn der Herr Selbst Sein Wort an die schwankende und wankende Laodizäergemeinde mit dem Geheimnis Seines Namens, „Amen“, begleitet. (Off 3,14)
Einen weiteren, tieferen Einblick in die Bedeutung des „Amen“ gibt uns die Einsicht in das Wortbild und in den Zahlenwert des Wortes. Es kann hier auf die in der Heiligen Schrift bezeugten Wahrheiten des Wortbildes und der Zahlenwerte nicht eingegangen werden. Sie sind vorhanden, und wer sie nicht sieht, darf nur über eigene Blindheit klagen, aber nicht eine Tatsache leugnen, die sich auch in der Völkerwelt als heiliges Geheimnis offenbart hat. Also das Wortbild! AMeN wird nach dem hebräischen Geheimalphabet in drei selbständige Begriffe aufgelöst. Der erste Buchstabe „A“-leph vertritt den Gottesnamen „El“ und bedeutet „Gott“. Der zweite Buchstabe „M“ wird dem Wort „ melekh“ gleichgesetzt und bedeutet „König“, und endlich der dritte Buchstabe „N“ steht für das hebräische „neeman“ und wird „wahrhaftig“ gelesen, so daß „Amen“ als Verkürzung von „Gott ist der wahrhaftige König“ gelesen wird. Man setze und denke diesen Satz da, wo das „Amen“ steht, und man wird finden, daß hier eine große Wahrheit und ein seliges Geheimnis ruht. Dasselbe, nur in anderer Ausdrucksweise, bezeugt der Zahlenwert von Amen, der nach dem hebräischen Alphabet denselben Wert hat wie Jehova Adonai, nämlich die Summe 91, und bedeutet der Allherr Jehova.
N. R.
1 Eine Erinnerung an den Tag des Heimganges unseres unvergeßlichen Bruders Otto Steinert.↩︎
2 Der hebräische Text hat für „Gott der Treue“ (Elbf). „Gott Amen“.↩︎