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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
1Mo 6,6 ; Lk 2 - „Der alte und der neue Mensch (Ein Gegensatz)“1Mo 6,6 ; Lk 2 - „Der alte und der neue Mensch (Ein Gegensatz)“
Die Schrift spricht von zwei Menschen, dem alten und dem neuen. Sie spricht von diesen nie in der Mehrzahl, sondern in der Einzahl: Gott hat nur zwei Menschen vor Seinem Auge, den ersten: Adam, und den zweiten: „den letzten Adam“ - Christus. (1Kor 15,45-49; Kol 3,9.10. u. a. m). Der erste Mensch ist aus der Erde (von Staub), der zweite aus dem Himmel; jeder ist das Haupt eines Geschlechtes. Ob wir von dem ersten oder dem zweiten lesen - mit jedem ist zugleich die Nachkommenschaft verbunden.
Ungefähr 4000 Jahre beschäftigte Sich Gott mit dem ersten Menschen, dann fand er sein Ende im Kreuze Christi. Seine Verdorbenheit und Unverbesserlichkeit war völlig erwiesen und in dem Kreuze Christi fand er sein Urteil. Gott ist fertig mit ihm; kein Raum ist mehr für ihn vor Gott. Und so soll auch der Gläubige mit ihm fertig sein. Gottes Gedanken und Wirken beschäftigen sich jetzt mit dem zweiten Menschen - Christus, und auch unsere Herzen müssen mit Ihm beschäftigt sein.
Das Alte Testament beginnt mit dem ersten Menschen, das Neue Testament mit dem zweiten. Die Geschichte des ersten ist eine überaus traurige. Die erste, oben angeführte Schriftstelle zeigt uns, was die Sünde für Gott ist, wie schmerzlich sie Ihn berührt. Wir sind so geneigt, die Sünde nur nach der Seite anzusehen, was sie in ihren Folgen für den Menschen ist, aber wenig denken wir daran, was Sünde für Gott ist und was Sein Herz über die Sünde empfindet. Wie schmerzlich und abscheulich sie in Seinen Augen ist, das fühlen wir aus den Worten: „Es reute Jehova, daß Er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es schmerzte Ihn in Sein Herz hinein.“ Wie furchtbar muß Sünde für Gott sein, daß Er solche Worte sagen kann und noch hinzufügt: „Ich will den Menschen, den Ich geschaffen habe, vertilgen!“ (1. Mose 6,7). „Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen“, das ist der Urteilsspruch Gottes über den Menschen. Dieses Urteil Gottes wurde nie aufgehoben, auch nicht dadurch, daß Noah Gnade fand in Seinen Augen. Gott führt das Gericht an allem Fleische aus, aber Seine Gnade errettet vom Gericht. Auf Grund des Opfers Noahs machte Gott mit ihm auf der neuen Erde einen neuen Anfang (1. Mose 8,20). Er ordnet die Regierung an (1. Mose 9,1-7), gab dann Israel das Gesetz bis zu dem Tage, da am Kreuze die Frage von Gut und Böse ihre Lösung fand. Das Gesetz offenbarte, was der Mensch war. Nicht als ob dies für Gott nötig gewesen wäre - Sein Urteil über ihn war längst gefällt -, aber es war nötig für den Menschen, ihm das schreckliche Wesen des Fleisches zu zeigen und die Gerechtigkeit des Urteilspruches Gottes: „Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen.“
Manche Kinder Gottes verwirklichen es nicht, daß das Ende alles Fleisches vor Gott gekommen ist und daß jede Hoffnung und Segnung nur in einem anderen Menschen gefunden werden kann; sie sind noch nicht los von dem ersten Menschen, sie beschäftigen sich immer wieder mit ihm, ihn zu verbessern und zu erziehen ober zur Anerkennung zu bringen, den Menschen, den gemacht zu haben Gott reute. Wohl versuchen sie, „die Handlungen“ des alten Menschen abzulegen, ihn selbst aber möchten sie lieber behalten; das Wort aber sagt, daß „der alte Mensch mit seinen Handlungen“ ausgezogen sein muß und dauernd so anzusehen ist - durch Glauben! (Kol 3,9).
Und nicht nur hat der Mensch sich durch die Sünde verderbt, er hat auch das Verderben über die mit ihm verbundene Schöpfung gebracht, so daß Gott sagt: „Ich will die Menschen verderben mit der Erde (1. Mose 6,13). Jeder Mensch, der zur Welt kommt, fügt der Menge der Sünden neue hinzu und vergrößert die Entweihung der Erde. Gott sagt: „Die Erde ist entweiht worden unter ihren Bewohnern“ (Jes 24,5). Wie furchtbar: Die Schöpfung, von der Gott sagte, daß alles sehr gut war, wird entweiht von dem Menschen, der im Bilde Gottes erschaffen wurde. Das ist der Mensch, der Ihn in Sein Herz hinein schmerzte. Schmerzt es Ihn nicht, wenn wir an diesem Menschen noch hängen und ihm huldigen?! Laß mich dich fragen, Kind Gottes, hängst du noch an dem Menschen, den gemacht zu haben Gott gereute, über dessen Erschaffung Gott Reue empfand? und den Er am Kreuze gerichtet hat?
Ein ganz anderes Bild finden wir, wenn wir zu der zweiten oben anführten Schriftstelle kommen (Lk 2). Ein anderer Mensch betritt die Erde. Christus kommt in die Welt, der Mensch zu Gottes Wohlgefallen. Er kommt nicht, um den ersten Menschen, dessen Ende vor Gott gekommen ist, zu Ehren zu bringen, sondern auf daß „Herrlichkeit Gott in der Höhe“ dargebracht werde. Welche Freude, den Blick von dem ersten Menschen, der Gott ins Herz betrübte, wegzuwenden und den zweiten anzuschauen, der Gottes Wohlgefallen hat. Das erste Wort der himmlischen Heerscharen, das die Hirten auf dem Felde vernahmen, verkündigt ihnen die Herrlichkeit Gottes, und zwar in der Tatsache, daß Sein Sohn Mensch wurde.
Das zweite Wort ist: Friede auf Erden. Noah brachte
Gott das Opfer lieblichen Geruches, und als Antwort auf das Brandopfer sagte Gott, daß Er nicht mehr um des Menschen willen die Erde verfluchen wolle, denn das Dichten des menschlichen Herzens sei böse von Jugend an; Er drückt damit aus, daß Er nicht handeln will nach dem, was im Menschen ist, sondern in Gnade auf Grund des lieblichen Geruches des Ihm dargebrachten Brandopfers. In Gnade besucht Gott jetzt die Erde und verkündigt Frieden. Er kommt nicht, um mit dem Menschen nach seinen Sünden zu handeln, Er naht Sich ihm in Güte: „Gott war in Christo, die Welt mit Sich Selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend.“ (2Kor 5,19).
Friede kam in Christo zur Welt hernieder, aber die „Söhne des Friedens“ waren nicht da, den Friedefürsten aufzunehmen, und der Friede kehrte zu Ihm zurück (Lk 10,6). Sie wollten Ihn nicht haben. Die Folge davon war, daß Sein Kommen in Gnade nicht Frieden, sondern das Schwert brachte. „Denket ihr, daß Ich gekommen sei, Frieden auf Erden zu geben? Nein, sage Ich euch, sondern vielmehr Entzweiung.“ (Lk 12,49-53; Mt 10,34-36). Jeder - Vater oder Sohn, Mutter oder Tochter usw. - jedermann wurde in seiner Stellung zu Ihm offenbar, und das Schwert entbrannte. „Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen.“ In dieser Stelle (Lk 12) spricht der Herr von Seinem Kommen nicht in Verbindung mit dem Frieden, sondern mit dem Feuer des Gerichtes.7 Sein Kommen in Gnade hob nicht die andere Seite Seines Kommens auf, die Sünde zum Gericht zu führen, „Seine Tenne zu reinigen“ und gleich „dem Feuer des Schmelzers“ zu sein (Mal 3,1.2). Die Welt war verantwortlich für Sein Kommen in Gnade. Das Feuer des Gerichtes über die Sünde war noch nicht entbrannt, doch der Augenblick war nahe, da es angezündet werden sollte. Aber nach dem ewigen Vorsatz der Liebe Gottes sollte es Ihn als Ersten verzehren. Wie brannte Sein Herz in Erbarmen! Und doch (soviel Gutes Er auch tat) war Er beengt - denn erst dann, wenn die Taufe (das Gericht über die Sünde), womit Er der Heiligkeit Gottes gemäß getauft werden mußte, (am Kreuz) vollbracht war, erst dann konnte Er frei den ganzen Reichtum der Liebe Gottes offenbaren. „Kein Friede den Gesetzlosen!“ (Jes 57,21). Kein Friede denen, die den Friedefürsten verwerfen! Alle Bemühungen, ohne Christus „Frieden auf Erden“ zu machen, sind antichristisch. Und wenn die Welt meint, „Friede und Sicherheit“ ausrufen zu können, dann wird „ein plötzliches Verderben“ über sie kommen (1Thes 5,3). Unser Blick aber richtet sich dorthin, wo der Friedefürst ist. Die Jünger verkünden: „Friede im Himmel“ (Lk 19,38), als Er in Jerusalem einzog, um - zu sterben. Dort oben ist Friede, und den „Söhnen des Friedens“ wird dieser Friede jetzt gebracht durch den Heiligen Geist (Vergl. Gal 5,22 u. a). Die Jünger sahen im Vorahnen Ihn als den „König, der da kommt im Namen des Herrn“. Wenn jener gesegnete Augenblick kommt, wo der Herr als „König“ erscheint (und wir mit Ihm), dann wird Friede, wie jetzt im Himmel, auf Erden sein und Herrlichkeit Ihm, unserem „Gott in der Höhe“.
Das dritte Wort ist: „An den Menschen ein Wohlgefallen.“8
In der Menschwerdung Seines Sohnes findet Gott den Menschen nach Seinem Herzen, und Er redet nicht mehr von dem, der Ihn in Sein Herz hinein schmerzte. In dem heiligen Kindlein zu Bethlehem sieht Er den neuen Menschen und Sein Geschlecht, an dem Er Wohlgefallen hat. Wie wenig verstehen wir von der Herrlichkeit und dem Wohlgefallen Gottes in Christus! Es ist uns leichter, sie in dem verherrlichten Christus droben zu schauen als in dem in Niedrigkeit. Aber Gott kann Sein Wohlgefallen nur an dem Menschen finden, der seinen wahren Platz vor Ihm einnimmt, nämlich in Abhängigkeit und Gehorsam. Und diesen Platz nahm Er ein. Er spricht: „Siehe, Ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,7-9). Das ist der neue Mensch, an dem Gott Wohlgefallen hat. Unsere Herzen sind so eigenwillig und unabhängig, deshalb wissen und tragen wir an uns so wenig von der wahren Schönheit des Menschen, in der Gott ihn geschahen hat, die aber nur im Unterworfensein strahlt zu Gottes Herrlichkeit und Wohlgefallen, die wir in Vollkommenheit in dem vom Weibe geborenen Sohn sehen, über den die Engel das Wohlgefallen Gottes an den Menschen verkündigten. An den Menschen? Ja prophetisch, denn mit dem Sohne als „Anführer“ wurde der Weg geschaffen für „viele Söhne“ (Heb 2,10).
In Joh 1,29 finden wir einen weiteren Gegensatz. Die Sünde verdarb nicht nur den Menschen, sondern auch die Schöpfung; auch sie kam unter Fluch und Verderben. Der im Gehorsamsstande das herrliche Gottes Bild tragende Mensch wurde im Ungehorsamsstande ein Bild der Furcht und des Schreckens,9 so daß die Tiere, die im Anfang ohne Furcht zum Menschen kamen, jetzt vor ihm flohen in Furcht und Schrecken (1. Mose 9,2). Das ist die Sünde, die durch den Menschen in die Welt kam. Hier lesen wir jetzt von Ihm als Dem, der die Sünde der Welt wegnimmt. Er tut dieses als das Lamm Gottes gemäß der Wertschätzung Seines Todes in Gottes Augen. Er nimmt das hinweg, was Gott ins Herz hinein schmerzte. Die Erde, durch die Sünde noch voll „Bosheit und „Gewalttat“, soll erfüllt werden von Seiner Herrlichkeit. (Ps 72,19). Auch wir freuen uns dieses Tages, und mit Recht, denn wir werden „Seine Genossen“ sein - die wir jetzt schon „Genossen der himmlischen Berufung“, „Genossen Christi“ sind (Heb 3).
In dieser Stelle werden uns zwei Jünger gezeigt. Hast du beachtet, wie willkommen sie Ihm waren? Er sagt auf ihre Frage zu ihnen: „Kommt und sehet“! Die große Schar Seiner Genossen begann mit diesen zweien, die Ihm folgten dahin, wo Er Sich aufhielt. Auch wir sind eingeladen, Seine Genossen zu sein - zwar jetzt die Genossen Seiner Schmach, dann aber Seiner Herrlichkeit.
Möchten unsere Herzen los sein von dem Menschen, der Gott ins Herz hinein schmerzte, und erfüllt sein mit Dem, über den die himmlischen Heerscharen sangen: „Herrlichkeit Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“, und der die Erde mit Gottes Herrlichkeit erfüllen wird. (R). v. d. K.
7 Seit den Tagen der Flut ist Feuer ein Ausdruck des Gerichtes Gottes, des Verzehrens. v. d. K.↩︎
8 Die Übersetzung, die in meist katholischen Bibeln sich leider findet „Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind“ ist nach dem Grundtext durchaus falsch und ja auch unmöglich, denn welcher Mensch, abstammend vom ersten Menschen, Adam, könnte von Natur wohl „guten Willens“ sein?! v. d. K.↩︎
9 Man könnte eine Parallele mit der Geschichte Satans ziehen. (Vergl. Hes 28,11-19). v. d. K.↩︎