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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
Jes 42,9; 43,13; 45,21; 46,10.11 - „Jakobs Prophezeiung“ (5)Jes 42,9; 43,13; 45,21; 46,10.11 - „Jakobs Prophezeiung“ (5)
Aser. „Von Aser kommt Fettes, sein Brot; und er, königliche Leckerbissen wird er geben“ (1. Mose 49,20). Asers Nachkommen wohnten gemeinsam mit Sebulon, Naphtali und Issaschar im nördlichen Teil von Palästina, der mit dem gemeinsamen Namen „Galiläa der Nationen“ genannt wurde. Dieser Name paßte besonders gut auf Aser, denn von Anfang bis Ende war er ein halbheidnischer Stamm. Asers Gebiet lag in dem äußersten Norden Palästinas zwischen Libanon und dem Mittelländischen Meer, und es umfaßte mit seinen Grenzen die zwei berühmten Städte Tyrus und Sidon (Jos 19,24-31). Das Besitztum dieses Stammes ist besser unter dem Namen Phönizien bekannt, und das bedeutet „Palmenland“, von den Herrlichen Palmen her, die überall im Lande wachsen. Auf dieses Land, das außerordentlich reich und schön war, sah Jakob in seiner Weissagung.
Nun zu der Erfüllung der Weissagung: „Und Hiram, der König von Tyrus, sandte Boten zu David und Zedernholz und Zimmerleute und Mauerleute; und sie bauten David ein Haus“ (2Sam 5,11). Tyrus lag, wie gesagt, im Gebiet von Aser, und hier sehen wir, wie der König von Tyrus an David zum Bau seines Hauses königliche Gaben sandte. Und in 1. Könige 5,10: „Und so gab Hiram dem Salomon Zedernholz und Zypressenholz nach all seinem Begehr“ (Lies 1Kön 5,1-10). - Jakob sagt: „Von Aser kommt Fettes, sein Brot“. Und in der Hungersnot zur Zeit Elias sandte Gott Seinen Propheten nach Zarpath und sagte: „Siehe, Ich habe daselbst einer Witwe geboten, dich zu versorgen“. Zarpath lag in Sidon (Lk 4,26), und Sidon lag in Asers Gebiet (Jos 19,28). Als unter Hiskia die Läufer auszogen, um zum Passah nach Jerusalem einzuladen, heißt es: „Und die Läufer zogen von Stadt zu Stadt durch das Land Ephraim und Manasse und bis nach Sebulon, aber man verlachte und verspottete sie. Doch einige Männer von Aser und Manasse und von Sebulon demütigten sich und kamen nach Jerusalem“ (2Chr 30,11).
Das Neue Testament erzählt uns in Lk 2,36-38 von einer Lieblichkeit, die vom Namen Aser herkam. Es heißt dort von der Prophetin Anna, einer Tochter Phanuels, aus dem Stamme Aser: „Und sie trat zu derselben Stunde herzu, lobte den Herrn und redete von Ihm zu allen, welche auf Erlösung warteten in Jerusalem“.
Naphtali. „Naphtali ist eine losgelassene Hindin; er, der schöne Worte gibt“ (1. Mose 49,21). Es soll das heißen, daß Naphtali wie eine Hindin ist, die von den Jägern im Netz gefangen ist, aber sich durch ihr mächtiges Kämpfen aus den Banden der Jäger befreit hat. Das Wort „losgelassen“ hat eine doppelte Bedeutung. Im Hebräischen hat es zunächst die Bedeutung von „gesandt“ oder „ausgesandt“, wie ein Hirsch, der seinen Zufluchtsort verläßt und seine Verfolger zerstreut. Aber das Wort bedeutet auch „freigelassen“. Dasselbe Wort ist gebraucht, als Noah den Raben und die Taube aus der Arche ausließ; ebenso, wenn der Priester bei der Reinigung eines Aussätzigen einen Vogel fliegen ließ. Dieses Wort drückt die Freude eines Tieres aus, das gefangen war und seine Freiheit wieder erhielt, volles Glück und Freude, wie man oft einen Hund hat springen sehen, wenn man ihn von seiner Kette befreit hat. So schildert Jakob Naphtali, der sich freut wie eine befreite Hindin; „er, der schöne Worte gibt“. Wenn er seine Freiheit wiedererlangt hat, wird der Stamm ein Loblied singen.
Die wunderbare Erfüllung dieser Verheißung des sterbenden Erzvaters sehen wir in dem Siege Baraks, dem großen Helden dieses Stammes (Ri 4,6), der wie eine Hindin aus seinem Versteck auf den Bergen Galiläas ausgesandt war und von der Spitze des Tabor herniederkam, um zu Fuß Siseras Scharen und seinen 900 Wagen von Eisen entgegenzutreten. Wie eine losgelassene Hindin war Barak zuerst zaghaft zweifelnd, ob er Deboras Rufe folgen solle. Er würde es nicht gewagt haben, mit seiner kleinen Handvoll Männer auszuziehen, wenn nicht Debora zu ihm geschickt und ihn des Erfolges versichert hätte. Siehe, wie er dann mit der Geschwindigkeit einer Hindin seinen Angriff die Hänge des Tabor hinunter macht. Es ist bedeutsam, daß der Name Barak „Blitz“ bedeutet, und wie ein Blitz und wie ein Sturm brach er in Siseras erschrockene Scharen ein, die durch die Hand Gottes bei seiner unerwarteten Annäherung verwirrt wurden. „Und Barak stieg von dem Berge Tabor hinab, und 1000 ihm nach,“ nicht mit ihm, sondern er rannte allen voran. Die Schlacht war nicht auf Baraks Verlangen hin geschlagen, vielmehr war sie ihm von Debora aufgezwungen. In den Höhen des Tabor waren Barak und seine Männer unerreichbar für Siseras Reiter und Wagen, aber unten im Tal zu Fuß waren sie einem wehrlosen Rudel Hirsche gleich, unbewaffnet, ohne Speer und Schild zum Angriff und Verteidigung (Ri 5,8). So wehrlos und im Stich gelassen von den Brüdern (5,15-18), in der eigenen Mitte behindert durch die unter ihnen wohnenden Kananiter, waren sie ein Bild der Hilflosigkeit. Trotz alledem war der Arm des Unterdrückers gebrochen, Gott trat dazwischen, und Naphtali wurde befreit, und das Übermaß der Freude fand in dem Gesang von Debora und Barak in Richter 6 ihren Ausdruck. Das waren die schönen Worte, die Jakob vorausgesagt hatte. Naphtali war die Hindin, die in doppeltem Sinne losgelassen war: ausgesandt von Debora und freigemacht von dem Joch der Kananiter durch Gottes Hand.
Ist die Erfüllung der Verheißung für diesen Stamm im Alten Testament schon wunderbar, so ist sie im Neuen Testament noch wunderbarer. Das Land Sebulon war ein Ruhehafen für den Herrn Jesus während der ersten 30 Jahre, die Er unter den Menschen wandelte. In den Grenzen Naphtalis, in Kapernaum, Bethsaida, Chorazin und anderen Orten, tat Er Gutes und predigte das Wort des Lebens. Seine Worte vom Evangelium waren die „schönen Worte“, von denen einst Jakob sprach.
Joseph.
Die Weissagung über Joseph hat zwei Abschnitte. Der erste (1. Mose 49,22-24) betrifft hauptsächlich die Vergangenheit und der zweite die Zukunft (25.26). Das sieht man an dem Wechsel in der Zeit des Zeitwortes. In dem ersten ist es die Gegenwart; Joseph lebte damals. In dem zweiten wird die Zukunft gebraucht. Bei seinem Rückblick auf die Vergangenheit erwähnt Jakob drei Dinge von seinem Lieblingssohn. In Vers 22 sehen wir Joseph als einen Jüngling in seines Vaters Hause, für dessen Herz er ein Gegenstand zarter Fürsorge und Wohlgefallens war. Davon spricht das schöne Bild von dem „Sohn eines Fruchtbaumes am Quell“. Danach spricht er von der bitteren Feindschaft und dem grimmigen Haß, die sich gegen Joseph richteten. Es befehdeten ihn die Bogenschützen, sie schossen auf ihn mit ihren grausamen Pfeilen, sie setzten ihm zu mit ihrem ungerechten Spott. Aber durch alles hindurch wurde Joseph durch Jehova aufrecht erhalten. Die Arme des ewigen Gottes waren unter ihm, und der Enget des Herrn lagerte um ihn. „Aber sein Bogen bleibt fest, und stark sind seine Hände durch die Hände des Mächtigen in Israel.“ Der Vers 24 ist verschieden ausgelegt. Manche nehmen an, darin läge eine Verheißung auf den Herrn Jesus. Aber andere Stellen zeigen, daß das nicht die Meinung dieser Stelle sein kann. Kurz vorher steht doch, daß der Schilo aus Juda kommt (49,10), wie noch viele andere messianische Weissagungen zeigen. Es müßte heißen (anders als die Elberfelder Übersetzung): „Aber sein Bogen bleibt fest, und gelenkig ist die Kraft seiner Hände durch die Hände des Mächtigen Jakobs, von dannen der Hirte und der Stein Israels; von dem Gott deines Vaters; und er wird dir helfen; und von dem Allmächtigen, und er wird dich segnen.“ Die Elberfelder Übersetzung läßt meines Erachtens im Zweifel, ob man das „von dannen“ auf das Geschlecht Josephs oder den Mächtigen Jakobs beziehen soll. Die hier angegebene Übersetzung ähnelt der Lutherschen, in der vor „von dannen“ ein Komma steht und dahinter das „ist“ fehlt und der Satz in einem Zuge weitergeht. Von dannen, von dem Hirten und Stein Israels kamen alle Kraft und aller Segen Josephs.
Das auffälligste Kennzeichen der Weissagung über Joseph ist seine Fruchtbarkeit, und diese fand ihre Erfüllung in den zwei Stämmen, die von ihm herkamen. Die Stämme Ephraim und Manasse, zwei Stämme aus dem väterlichen Stamm. Joseph empfing ein doppeltes Erbteil im Lande, das Erstgeburtsrecht, das ihm von Ruben übertragen wurde (1Chr 5,1.2). So wird es auch im Tausendjährigen Reiche sein. „So spricht der Herr Jehova, dies ist die Grenze, nach welcher ihr euch das Land als Erbe verteilen sollt nach den zwölf Stämmen Israels, für Joseph zwei Lose“ (Hes 47,13). Der Name Ephraim bedeutete „Fruchtbarkeit“. Zudem hatte Jakob von Manasse gesagt: „Sein Same wird eine Fülle von Nationen werden“ (1. Mose 48,19). Schließlich ist noch zu bemerken, daß Josua aus dem Stamme Ephraim abstammt, und in ihm findet Jakobs Prophezeiung über seinen Lieblingssohn seine Haupterfüllung.
Benjamin. „Benjamin ist wie ein Wolf, der zerreißt; am Morgen verzehrt er Raub, und am Abend verteilt er die Beute“ (1. Mose 49,27). Welch ein überzeugender Beweis von der Beiseitesetzung des natürlichen Menschen vor Gott. Wäre Jakob den Neigungen seines Herzens gefolgt, so würbe er gewiß nicht dies von Benjamin, seinem jüngsten und inniggeliebten Sohn gesagt haben. Aber diese Verheißungen sind unmißverständlich erfüllt, wie die Stellen bezeugen, die von diesem Namen reden.
Benjamin wird hier mit einem Wolf verglichen, mit seiner Schnelligkeit und Wildheit. Benjamin war der wildeste und kriegerischste der Stämme. Zum Beweise lese man Ri 19 und 2Sam 2,15.16, ferner 1Chr 8,40; 12,2 und 2Chr 17,17. Die Helden dieses Namens zeichneten sich aus durch Stolz und wölfische Betrügerei. Ehud gehörte zu diesem Stamme (Ri 3,15-23). König Saul stammte von Benjamin (1Sam 9,1.2). Wie die Wölfe fielen sie über die wehrlosen Schafe her (2Sam 4,1-6). Saulus von Tarsus, der zuerst die Versammlung verfolgte, war auch aus diesem Stamme (Phil 3,5).
Zum Schluß wollen wir noch betrachten, wie alles Gute, das sich in der Weissagung des sterbenden Jakob auf seine einzelnen Söhne verteilt findet, vereint und in seiner Verwirklichung in der Person des Herrn Jesus zu sehen ist.
1. Die Weissagung über Ruben erinnert uns an die Hoheit und den Vorzug an Macht des Herrn. Er ist der Erstgeborene;
2. u. 3. die Weissagung über Simeon und Levi spricht von Christus am Kreuz. Denn „Werkzeuge der Gewalttat“ waren es, die gegen Ihn gebraucht wurden. Jakob sagt: „Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat.“ Jakob wollte mit ihnen nichts zu tun haben. So war Christus am Kreuz von Gott und Menschen verlassen. Ein Fluch ist hier von Jakob auf seine zwei Söhne ausgesprochen; so wurde Christus zum Fluch an unserer Statt. - Levi wurde als Priesterstamm in Israel verteilt. Dies weist auf des Herrn Priestertum hin;
4. die Weissagung über Juda spricht von Seiner KönigsHerrschaft;
5. die über Sebulon erblickt in Christus den Zufluchtsort und Ruhehafen;
6. die über Isaschar zeigt Seinen Dienst in Niedrigkeit;
7. die von Dan zeigt Ihn als den Richter;
8. die von Aser sieht in Ihm das Brot des Lebens, den Einen, der die Herzen der Seinigen befriedigt;
10. die über Naphtali sieht ihn als Gottes vollkommenen Propheten, der schöne Worte gibt;
11. die Weissagung über Joseph ist ein Abbild Seiner Herrschaft im Tausendjährigen Reich;
12. die Weissagung über Benjamin zeigt Ihn als furchtbaren Kriegsmann (Jes 63,1-3).
A. P. - O. v. B.