Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
1Mo 1,1-5 - Die ersten Verse der Bibel1Mo 1,1-5 - Die ersten Verse der Bibel
Geheimnisvolles Dunkel liegt zwischen dem ersten und dem zweiten Vers der Bibel. Wir wissen nicht mit Bestimmtheit, wie die erste Schöpfung, jene Erde, die nicht als Öde aus Gottes Hand hervorgegangen war (Jes 45,18), wüst und leer wurde. Aber sie war wüst und leer, bevor Gott das Werk der sechs Tage begann, bevor Er durch das Wort Seiner Macht die erneuerte Schöpfung ins Dasein rief. Wie viele Jahre mögen zwischen diesen sechs Tagen und jenen liegen, von denen Gott sagte, daß sie „Im Anfang“ waren! „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.“
Der Prophet Hesekiel lichtet das Dunkel ein wenig auf. Dort hören wir im 28. Kapitel (V. 11-19) von einem gesalbten Cherub auf Gottes heiligem Berge und inmitten feuriger Steine. Das Gleichnis, auf den König von Tyrus bezogen, stellt uns, so dürfen wir aus Einzelheiten schließen, den Glanz eines Engels dar, der alle Pracht, die ihm Gott verliehen, dazu benutzte, von Gott abzufallen. Es ist ein Bild Satans, das uns wohl einen Blick in jene Zeiten vor alters gewährt, die zwischen dem ersten und zweiten Vers der Bibel beschlossen liegen. Der Abfall Satans und seiner Engel mag den Grund dafür abgeben, daß die Erde zu Beginn des Sechstagewerkes wüst und leer war.
Aber nicht diese Szene voller Schrecken, über die Gott den Mantel des Geheimnisses gedeckt hat, soll uns heute beschäftigen, sondern die Tatsache, daß es Gott bei den Schrecken der Finsternis nicht bewenden ließ. Wohl war Finsternis über der Tiefe. Kein Lichtglanz erhellte das undurchdringliche Dunkel. Kein Lebewesen regte sich über den düsteren Gewässern. Dennoch war die Erde nicht allein: Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.
Wer von uns vermag zu ermessen, welche Gedanken unfaßbarer Weite Ihn bewegten, als Er über den Wassern der Tiefe schwebte? Wären sie zu Worten geformt worden, Menschen verständlich - es wären dennoch „unaussprechliche Worte“ gewesen! Eine Erde, die der Vernichtung geweiht schien, auf der nichts ein Zeichen der Erneuerung andeutete, deren Finsternis von keinem Lichtstrahl göttlicher Herrlichkeit erhellt wurde, bildete den Schauplatz der unergründlichen Gedanken des Geistes Gottes. Eine in Dunkelheit getauchte Erde war Zeuge Seiner Liebe, die nicht zuließ, daß die Schöpfung Gottes für immer wüst und leer blieb. „Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht, Und Gott sah das Licht, daß es gut war; und Gott schied das Licht von der Finsternis.“ Das Werk des ersten Schöpfungstages wurde getan. Das Wort Dessen, der Selbst der Vater der Lichter ist (Jak 1,17), von dem gesagt wird, daß Er Licht ist und gar keine Finsternis in Ihm (1Joh 1,5) - das Wort Gottes brachte Licht in die Finsternis, die über der Tiefe war. Die erste Bedingung für das Leben auf einer erneuerten Erde war geschaffen.
Dennoch gab es auch jetzt noch Finsternis auf der Erde; denn Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte Er Nacht. Warum, fragen wir, ward die Finsternis nicht gänzlich von der Erde weggenommen? Gott sah, daß das Licht gut war; von der Finsternis sagt Er es nicht.
Hätte Er die Finsternis aus Seiner Schöpfung entfernt - es stand in Seiner Macht - so hätte, bildlich gesprochen, der Ratschluß Seiner Liebe nimmer erfüllt werden können. Alles, was wir in Ihm und in unserem teuren Herrn, in Jesu Christo besitzen, alles das, was vor Grundlegung der Welt, ja, von Ewigkeit her in Seinem Herzen war, konnte nur ausgeführt werden, wenn Gott das Gericht über die Finsternis, das Gericht über den Satan und seine Diener für den Tag bewahrte, den Er dafür bestimmt hatte. Das Friedensreich auf Erden unter der Herrschaft Christi, des Sohnes des Menschen, wird frei sein von den Einflüssen des Teufels (Off 20,1-3). Am Tage Seines Gerichts wird die alte Schlange gebunden werden, um schließlich, nach tausend Jahren, für ewig in den Feuer- und Schwefelsee geworfen zu werden (Off 20,10). Im Reiche Christi gibt es keine Nacht mehr (Off 21,25; 22,5). Der Herr, Gott, wird über Seinen Knechten leuchten.
Aber noch ist dieser Tag nicht angebrochen. Viele Ereignisse von äußerster Tragweite liegen zwischen dem ersten Schöpfungstage und dem Tage des Gerichts. Die Erde ward erneuert; die Finsternis über der Tiefe wurde durch die Strahlen göttlichen Lichtes erhellt. Der Geist Gottes schwebte nicht mehr einsam über den Wassern. Die Erde wurde belebt, der Mensch am sechsten Tage geschaffen und als Haupt der Schöpfung eingesetzt.
An dem Tage, da Gott von Seinen Werken ruhte, fiel Sein Geschöpf in Sünde. Und nun mußte um des Menschen willen auch die Schöpfung der Eitelkeit unterworfen werden (Röm 8,20). Seufzt sie nicht heute noch unter der Knechtschaft des Verderbnisses, unter den Folgen der Sünde, liegt sie nicht in Geburtswehen bis jetzt? (Röm 8,22) Das aus Gottes Meisterhand hervorgegangene Werk der Erneuerung ward durch des Menschen Sünde verdorben. Der Erdboden wurde verflucht um des Menschen willen. Dennoch ward die Erde nicht wiederum wüst und leer.
Die Gnade Gottes trat dem Menschen zugute ins Mittel. Alle Tage der Erde sollten nicht aufhören Tag und Nacht; es war der Bund Gottes (1. Mose 8,22; Jer 33,20). Die Liebe Gottes tat noch viel mehr. Wenn der Mensch in Sünde gefallen und die Schöpfung durch den Menschen in die Knechtschaft der Vergänglichkeit mit hineingerissen wurde - Gott hatte endgültige Befreiung von dem Joch der Sünde vorgesehen. Der Sohn Gottes wurde Mensch auf Erden, wandelte sündlos durch eine Schöpfung, die unter der Sünde seufzte, und erlitt den Tod durch solche, für die Er Sein kostbares Leben gab. Der Erstgeborene aller Schöpfung machte Frieden durch das Blut Seines Kreuzes. Alle Dinge auf der Erde, alle Dinge in den Himmeln, alles, was durch die Sünde des Menschen in Mitleidenschaft gezogen war, wird durch Sein Werk mit Gott versöhnt werden (Kol 1,15-20). Aber nicht nur die Schöpfung, nicht nur die Dinge, sondern auch der Mensch, wenn er glaubte, erlangte Versöhnung und Frieden mit Gott. Unbegreifliche Tat, unermeßliche Liebe, welche die Grundlage zu völliger Neuordnung der Beziehungen Gottes zur Erde legte! Wir können nur „danksagen dem Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden“! (Kol 1,12-14)
Das Werk Christi ist vollbracht; der Sieg über den Tod und die Schlange ist erstritten. Nun wartet Gott noch, bis alle Glieder Seiner Gemeinde gesammelt sind. Dann wird jeder Wunsch erfüllt sein. Die Erlösung unseres Leibes und die Befreiung der Schöpfung wird sich dann vollziehen.
Während dieser Wartezeit ist wiederum der Geist Gottes tätig. Einst schwebte Er über den Wassern einer Schöpfung, die wüst und leer lag, durch deren Finsternis kein Lichtstrahl drang. Heute seufzt eine erneuerte Schöpfung, bis sie freigemacht wird zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.
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(Röm 8,18-30) Wer von uns kann dieses Seufzen der Kreatur wahrhaft verstehen? Wissen wir doch nicht einmal, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt! Aber der Geist Gottes nimmt sich unserer Schwachheit an, verwendet sich für uns in unaussprechlichen Seufzern. Er allein fühlt völlig das Leid der Schöpfung.
In jenen Tagen vor alters schwebte Er einsam über Wassern, die zu einer öden Erde gehörten. Heute wohnt Er in uns, den Gläubigen, denen Gott Licht geschenkt hat. Die Einsamkeit über der Fläche der Tiefe ist nicht mehr vorhanden; der Geist und die Braut sagen: Komm! (Off 22,17)
Bis dahin, bis zum Kommen unseres Herrn, laßt uns wandeln als Kinder des Lichts! Der Geist Gottes ermahnt uns, keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis zu haben; denn einst Finsternis, sind wir jetzt Licht in dem Herrn. (Eph 5,8-11)
Th. Bu.