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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
Off 3,8b - „Zurück zum Wort des Herrn“Off 3,8b - „Zurück zum Wort des Herrn“
Ein Bild aus unseren Tagen. „Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch Meinen Geist, spricht Jehova der Heerscharen.“ Sach 4,6.
Eine Anzahl ernster Christen aus verschiedenen Kreisen kam überein, in der Wohnung eines Gläubigen sich einmal in der Woche zu versammeln, um das Wort Gottes zu lesen und zu beten. Sie fanden in den Gottesdiensten ihrer Kirchengemeinschaften und Gemeinden nicht Nahrung für das Wachstum ihres geistlichen Lebens. So entschlossen sie sich, in dieser freien Weise zusammenzukommen, um den Herrn zu suchen und geistliche Hilfe und Speise durch Sein Wort zu finden (vgl. Mal 3,16).
Diese Zusammenkünfte wurden ihnen bald unentbehrlich. In dem gemeinsamen Betrachten der Schrift empfingen sie Equickung und Stärkung, Segnungen, die sie in den Gottesdiensten ihrer Verbindungen schmerzlich vermißten. Je länger sie so das Wort erforschten, um so mehr sahen sie, daß der geistliche Zustand in ihren alten Verbindungen, über den sie so oft geklagt und getrauert hatten, nicht ein vorübergehender, zeitweiliger Tiefstand war, der durch Gebet und Flehen geheilt werden konnte, sondern daß derselbe vielmehr in den schriftwidrigen Verfassungen und Einrichtungen seine Wurzeln hatte. Sie sahen, daß die Mitgliedschaft, die Anbetung, die Ausübung des Dienstes am Wort, die Einsetzungen des Herrn: Taufe und Abendmahl, wohl mit ihren Kirchen- und
Gemeindeverfassungen, aber in keiner Weise mit dem Worte Gottes übereinstimmten, daß sich also hier festgelegte Kirchenordnungen und Gottes Wort einander entgegenstanden.
Ihre Vorstellungen dieserhalb bei den verantwortlichen Leitern fanden wenig Gehör. Von einigen wurden sie als unwissende „Laien“ einfach abgewiesen; andere gaben es wohl zu, daß die gebräuchlichen religiösen Formen und Ordnungen in der Schrift nicht begründet seien, erklärten sie aber als durch jahrhundertelange Geltung als geheiligt und von Gott gesegnet für gut und der Zeit angepaßt. Ihre Berufung auf die Unveränderlichkeit und Autorität der Schrift fand kein Ohr. Mit Schmerz sahen sie, daß das Wort Gottes den Anordnungen der Menschen weichen mußte. Das Unrechte war eben zum Recht gemacht und verfassungsmäßig festgelegt worden.
Klar erkannten sie, daß Gott inmitten solcher Dinge nicht wohne, daß der Segen der Gegenwart des Herrn nicht da sein konnte, wo Er und Sein Wort als alleinige Autorität beiseite gesetzt und dem Heiligen Geiste kein Raum gelassen wurde, zu wirken wie Er will, sondern wo der Mensch die Herrschaft hatte und keine Willigkeit war, sich dem Worte des Herrn zu unterordnen. Sie fühlten und fürchteten, vor die Wahl gestellt zu werden, entweder den Einrichtungen der Menschen oder den Anordnungen Gottes sich beugen zu müssen. Sie sahen die Schwere und Tragweite einer solchen Entscheidung, und Furcht und Sorge legten sich wie eine schwere Last auf ihr Herz.
In inbrünstigem, anhaltendem Gebet und schweren inneren Kämpfen brachten sie ihre Anliegen vor den Herrn und flehten um Licht und um Kraft für jeden Weg des Gehorsams nach Seinem Wort. Immer neu baten sie den Herrn, Seinem Volke eine Neubelebung zu schenken, hoffend wider Hoffnung, daß die schriftwidrigen Verfassungen durch eine Neubelebung umgestürzt und alles in eine schriflgemäße und geistliche Stellung gebracht werden möchte. Nach und nach aber kamen sie zur Einsicht, daß solche Hoffnung Trug sei und sie vielmehr dadurch aufgehalten wurden, den Weg nach der Wahrheit zu wandeln.
Der Herr aber in Seiner Güte antwortete auf ihr inbrünstiges Gebet um eine Neubelebung: Kinder Gottes erwachten vom Schlaf, und Sünder wurden errettet. Doch Gott wirkte anders als sie es sich gedacht. Er benutzte für das Werk Seiner Gnade Brüder, die nicht als „geweihte“ Prediger anerkannt wurden. Mit tiefem Schmerze mußten sie sehen, wie einige der zum Teil staatlichen Leiter ihrer Kirchengemeinden der Bewegung widerstanden, und andere zwar nicht widerstanden, aber dahin wirkten, daß die Bewegung und die vom Worte erfaßten Seelen ihrer Amtsstellung und Leitung unterstellt blieben und die alten Geleise nicht verlassen wurden. Und ach, manche, die der Herr erfaßt hatte und die gewillt waren, Ihm zu folgen, beugten sich ihrem Ansehen und verloren sich wieder in dem Wesen der kraftlosen Formen.
Klarer als je sahen diese nach Wahrheit suchenden Seelen, daß sie nicht zwei Herren dienen und nicht auf zwei Wegen wandeln konnten. Entweder mußten sie in den menschlichen Einrichtungen bleiben und Speise für ihre Seele anderwärts suchen als dort, wo sie ihre Mitgliedschaft hatten, oder aus der ganzen Verbindung herausgehen als einer solchen, in der der Herr und Sein Wort nicht mehr alleinige Autorität waren und die deshalb kein Recht hatte, ihre Zugehörigkeit zu ihr zu fordern.
Als bekannt wurde, daß solche Erwägungen unter den Gläubigen geführt wurden, wurde auf Kanzeln und Plattformen von falscher Lehre, Glaubensverirrungen und von Abtrünnigen geredet. Um so mehr klammerten sie sich an Gott und an das Wort Seiner Gnade, diesen Zufluchtsfelsen inmitten der Verwirrung und des Abfalls. Klarer beleuchtete das Wort ihnen den Weg. Die Gebote des Herrn: „Seid nicht in einem Joche mit Ungläubigen“ (2Kor 6,14), „Gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab“ (2Kor 6,17); „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, der stehe ab von der Ungerechtigkeit“ (2Tim 2,19); „Von denen, die eine Form der Gottseligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen, wende dich weg“ (2Tim 3,5) und andere Stellen mehr, die ihnen lange durch die Wolken der Traditionen verdunkelt waren, wurden ihnen klar wie der Tag - wie auch alle Lehre aus Gott klar ist, sobald jemand Seinen Willen tun will (Joh 7,17). Sie konnten nicht länger mit den von menschlichen Grundsätzen und Verfassungen durchwobenen Kirchengemeinschaften mit ihren unbekehrten Gliedern und in vielen Fällen unbekehrten und ungeistlichen „Geistlichen“ und Führern ihre Zusammengehörigkeit ausdrücken. Deutlich gebot ihnen Gottes Wort die Scheidung nicht nur dem Geiste nach, sondern auch in Person, nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich, nicht nur in einigen Dingen, sondern in allen.
So zögerten sie nicht länger. Gleich Abraham, der auf den Befehl Gottes auszog, „nicht wissend, wohin er komme“ (Heb 11,8), so folgten auch sie dem Worte, das der Herr geredet hatte und schieden einer nach dem anderen aus jenen Verbindungen, welchen sie bis dahin als Glieder angehört hatten, nicht wissend, was der Weg ihnen weiter bringen würde, aber im Vertrauen auf Gott, daß Er ihnen Licht und Kraft und alles, was sie bedürften, geben werde.
Dieser Schritt brachte den Unwillen und das Mißfallen aller über sie, mit denen sie bis dahin verbunden waren. Man sah in ihnen irregeleitete unwissende Pietisten, die mit ihrer törichten Sache bald zu Ende kommen würden. Aber der Herr stärkte sie.
Gelöst von den Fesseln der Menschenfurcht und Rucksichtnahme und nicht mehr umhüllt und umdunkelt von dem
Nebel der menschlichen Traditionen, leuchtete ihnen das Wort in einer nie zuvor gesehenen Einfachheit und Klarheit. Mit glücklichem Herzen versammelten sie sich und forschten weiter in den Schriften, bereit, alles in ihrem Leben und aus ihrer Mitte abzulegen, was nicht nach Seinem Worte war; willig, alles einzubüßen und für Verlust - für Kot - zu achten, um Christus zu gewinnen. (Phil 3,7.8).
In ihrer Liebe zum Herrn konnte es nicht ausbleiben, daß sie Seiner Einsetzungen, des Abendmahles und der Taufe, gedachten. Sie entdeckten bald, wie gänzlich diese, sowohl dem Wesen wie der Form nach, verändert worden waren. Mit tiefem innerem Weh sahen sie, daß die an ihnen als Kindern vollzogene Taufhandlung weder vom Herrn angeordnet noch von den Aposteln ausgeübt oder in irgend einem Beispiele oder einer Lehre der Schrift gefunden wurde.
Neue Fragen erhoben sich, und neue innere Kämpfe fanden statt und trieben sie ins Gebet zum Herrn, ihnen Mut und Kraft zu schenken, auszuharren auf dem Pfade des Glaubensgehorsams. Jeder fühlte, wie in den Kämpfen zuvor, daß auch in diesen Fragen jeder persönlich sich vor den Herrn zu stellen und Ihm Antwort und Bescheid zu geben habe. Keiner drängte den anderen. Jeder blieb für sich selbst dem Herrn verantwortlich. Und Er, der Treue und Wahrhaftige, gab Gnade: in freudigem Herzensgehorsam kamen viele zu dem Entschluß, sich taufen zu lassen. Sie wandten sich an Brüder, die in dieser Wahrheit wandelten, und eines Tages wurden sie nach dem Bilde und der Lehre der Schrift als solche, die gläubig und mit Christo gestorben waren, jetzt auch mit Ihm begraben durch die Taufe auf Seinen Tod (Röm 6). Und der Herr gab Mut, andere folgten ihnen nach.
Wie mit der Taufe, so ging es auch mit dem Abendmahl. Alles wurde am Worte des Herrn geprüft. Was hatte der Mensch doch daraus gemacht! Wie war es entstellt worden! Das, was der Herr Seinen Jüngern gegeben, daran nahm die Welt teil - die, welche frei bekannten, unbekehrt zu sein, ja selbst Hurer, Trunkenbolde und Lästerer. Und das, was der Herr zu Seinem Gedächtnis gegeben, das wurde zur Vergebung der Sünden genommen, und Seelen wurden selbst auf Sterbebetten dadurch heillos getäuscht. Unvergeßlich war ihnen die Stunde, als sie nach ernster Selbstprüfung zum ersten Male, als Glieder Seines Leibes, in inniger Liebe zu Ihm sich versammelten, um Ihm die Antwort zu geben auf die Bitte Seiner Liebe: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis“, und sie in Lob und Anbetung Sein gedachten, den die Welt verworfen und an den der Mensch nicht erinnert werden mag.
Glückliche Zeiten der Freude und des Friedens kamen für die kleine Schar. Mit Verlangen freuten sie sich auf die Stunden, wo sie Sein im Brechen des Brotes gedachten oder sich in das Wort der Wahrheit vertieften. Mit Sorgfall wachten sie darüber, daß niemand an dem Mahle des Herrn teilnahm, der nicht die Zeichen des neuen Lebens aus Gott trug, damit solche nicht betrogen werden möchten, sich für etwas zu halten, was sie noch nicht waren. Sie fühlten ihre große Verantwortlichkeit sowohl dem Herrn gegenüber, der solche nicht zu Seinem Mahle geladen, wie auch den Seelen gegenüber, sie nicht durch den Einheitsausdruck: „Ein Brot, ein Leib sind wir usw.“ in dem Truge zu bestärken, dem Leibe Christi anzugehören, wenn solches durch Bekenntnis und Wandel noch nicht erwiesen war, und sie dadurch in falsche Sicherheit zu bringen, aber auch wiederum mit jedem wahren Kinde Gottes, das der Herr geladen, sich an Seinem Mahle zu vereinen, und es nicht um Fragen der Erkenntnis willen zurückzuweisen, wenn es sich nicht um Sünde oder die „Lehre des Christus“ (2Joh 9.10) handelte.
Ein Tag besonderer Freude war es, als der Herr ihnen das Verständnis über Seine Wiederkunft öffnete.
Wie frohlockte ihr Herz! Er Selbst wollte wiederkommen. Ja, schon jede Stunde konnte Er kommen, sie abzuholen und zugleich mit ihnen auch alle die in Ihm Entschlafenen. In dem wunderbaren Augenblick würde ihnen und allen Seinen Heiligen die Erlösung des Leibes gebracht werden, auf die auch sie warteten (Röm 8,23). Nie hatten sie die gewaltige Größe der Erlösung, die Kostbarkeit Seines Blutes in solcher Erhabenheit gesehen. Ehe die Gerichte Seines Zornes, „die große Trübsal“, über die Welt hereinbrechen werde, sollten sie zu Ihm entrückt werden. Und warum würden sie von dem kommenden Zorn, der die Welt treffen soll, gerettet werden? (1Thes 1,10; Off 3,10). Sie gehörten nicht mehr zur Welt! Sein kostbares Blut hatte sie so völlig erlöst, so geschieden von der Welt, daß der Sohn mit dem Vater von ihnen reden konnte als von denen, die „in“, aber nicht „von“ der Welt seien. Wie konnten sie also mit der Welt noch verurteilt werden? Lob und Anbetung erfüllte ihre Seelen und Eifer die Tage ihrer Fremdlingschaft hienieden, unbefleckt von der Welt zu wandeln.
So gingen sie in heiliger Furcht, damit nichts an ihnen und nichts in ihrer Mitte sei, was mit Seinem Namen und Wort in Widerspruch stehe und Ihn hindern könne, in ihrer Mitte zu sein. Im Glauben erfaßten sie des Herrn Gegenwart nach Seiner Zusage, da zu sein, wo zwei und drei in Seinem Namen versammelt sind; aber sie wußten auch, daß dann nichts geduldet werden durfte, was mit Seinem Namen nicht zu verbinden war.
Er, und Er allein war der Mittelpunkt, um den sie sich versammelten. Sie versuchten nicht die Anfangsgemeinde von Pfingsten wieder aufzurichten, noch dachten sie daran, die alleinige wahre Gemeinde zu sein, aber von Herzen streckten sie sich aus, zu den Dingen des Anfanges zurückzukehren und zu verharren in der Apostellehre (Apg 2,42). Sie vertrauten dem lebendigen und liebenden Herrn, daß
Er sie mit allem versorgen würde, was sie für die Auferbauung und die Aufrechthaltung des Zeugnisses nötig hatten. Und Er tat es. Er erweckte aus ihrer Mitte Hirten, die Sorge trugen für die Herde, und gab Gaben zur Auferbauung und ernste Evangelisten, die der Welt das Evangelium verkündigten. In herzlicher Liebe achtete einer den anderen höher und dienten sie sich gegenseitig. Ein Wunsch belebte alle: dem Herrn zu gefallen und von Ihm gebraucht zu werden.
So gaben sie sich selbst dem Herrn hin. Jeder war sich bewußt, eine Aufgabe, ein Werk von dem Herrn empfangen zu haben. Die Brüder gingen (meist zu zweien), der Welt das Evangelium zu bringen und im Werke des Herrn zu dienen. Die Schwestern suchten Bedrängten Hilfe zu leisten, auch Traktate zu verteilen und einzelnen Seelen vom Herrn zu zeugen. In innigem Gebet, gemeinsam und einzeln, erflehten sie hierfür Weisheit und Kraft zum treuen Wandel.
Aber der nie ruhende Feind trat auch an sie heran, sie zu sichten wie den Weizen und wenn möglich des Herrn Werk zu zerstören. Verkehrtheiten, Fehltritte, ja Sünden kamen vor. In Augenblicken der Unwachsamkeit tat der Feind sein Werk. Stunden der Demütigung und Beugung kamen über die ganze Schar. Eine tiefe Klage und Beschämung ging durch das Herz aller und sie demütigten sich vor dem Herrn über die Vergehungen in ihrer Mitte und über die Verunehrung Seines heiligen Namens. Sie bekannten ihre Sünde und Unwachsamkeit vor dem Herrn, und Er gab Gnade, daß die, die gefehlt hatten, zur Buße kamen, ihr Unrecht bekannten, richteten und gereinigt und wieder hergestellt wurden, so daß das Schmerzlichste - die Ausübung der Zucht - das Hinaustun des Bösen aus ihrer Mitte, durch Seine Gnade abgewandt wurde. Mit doppelter Wachsamkeit und heiliger Furcht wandelten sie den Weg, sich gegenseitig helfend und tragend in Langmut, und mit besonderer Sorge und Liebe umgaben sie das Schwache in ihrer Mitte. (Gal 6,1.2).
Das Vorkommen der Untreue bei ihnen wurde bald bekannt. Und das, was soviel Schmerz und Tränen unter ihnen verursacht hatte, wurde von denen, die den Weg der Wahrheit nicht anerkannten, benutzt, die eigene Stellung zu rechtfertigen und andere von dem Wege abzuhalten, indem sie hinwiesen, daß Schriftwidriges und Böses auch in der Mitte dieses Kreises gefunden würde, daß es keine reine Gemeinde gäbe und deshalb auch eine Absonderung nicht nötig sei und daß auch anerkannt gläubige, fromme Männer ihre Verbindung nicht aufgegeben hätten.
Solche Worte blieben auf manche Seelen der kleinen Schar nicht ohne Eindruck. Aber wie zuvor, so machten sie auch in dieser Sache das Wort zur Leuchte ihres Fußes. Sie sahen in der Schrift, daß auch die Urgemeinden nicht vollkommen waren und nicht ohne Fehltritte in ihrer Mitte blieben, daß bei den Fehltritten und Abirrungen es sich aber gar nicht um die Frage der Rein- oder Unreinheit handelte, sondern darum, ob über das Böse oder Unrechte Buße getan und ob dasselbe bekannt, gerichtet und abgelegt wurde.
Mit tiefer Wehmut erkannten sie, wie durch solche trügerische Beweisführung der Kernpunkt der Sache - nämlich was mit dem Bösen und Unrechten gemacht wird - umgangen wurde.
Böses war gefunden worden in ihrer Mitte und Böses in der Mitte derer, von denen sie weggegangen waren. Die Frage war nicht: welcher Kreis ist reiner, sondern wird mit dem Unrecht schriftgemäß gehandelt? In Übereinstimmung mit dem Worte des Herrn wurde in ihrer Mitte Betrübnis und Beschämung gewirkt. In Buße und Bekenntnis hatten sie sich über das Unrechte vor dem Herrn gebeugt, es gerichtet und auch abgelegt. - Wie aber wurde auf der anderen Seite mit den bösen und schriftwidrigen Dingen gehandelt? War da Beugung und Buße? Ließ man das Licht des Wortes rücksichtslos auf die Dinge fallen? Wurden sie als Unrecht bekannt, gerichtet und dann abgetan? Ach, nichts davon! Statt die Dinge, die nicht nach dem Worte der Wahrheit waren, in Buße zu richten und sich davon zu reinigen und sie abzulegen, wurden sie festgehalten und sogar verfassungsmäßig festgelegt. Da war kein Wille, sich dem Worte zu beugen und sie hinwegzutun. Gerade aus diesem Grunde, weil das Unrechte festgehalten und anerkannt wurde, forderte das Wort des Herrn den Herausgang aus ihrer Mitte. So ließ der Herr die Dinge des Schmerzes zu ihrer Befestigung dienen und zu einem Zeugnis werden gegen die, welche das Unrechte und die Fehltritte in ihrer Mitte als Deckmantel für ihre unklare Stellung zu benutzen suchten.
Die Berufung auf angesehene gläubige Führer, die auch von den Dingen der Ungerechtigkeit nicht abstanden, konnte keinen Eindruck auf sie machen, da sie gelernt hatten, daß nicht Menschen, sondern der Herr und Sein Wort allein ihnen zur Richtschnur gegeben war.
Sie fühlten, um solcher Stellungnahme willen von manchen teuren Kindern Gottes gemieden zu werden. Mit herzlicher Liebe aber umfaßten sie alle Heiligen, auch die, welche noch nicht erkannten, was der Herr ihnen gezeigt hatte, die Ihn aber liebten. Ohne sich mit ihren verkehrten Dingen zu verbinden und das Zeugnis der Absonderung zu verwischen, suchten sie in herzlichem Umgang ihnen als Gliedern desselben Leibes, an dem auch sie durch des Herrn Gnade als Glieder gesetzt waren, innige Bruderliebe zu erweisen.
Geistlich gesinnte Christen, die den Herrn suchten und Sein Wort liebten, fühlten sich zu ihnen hingezogen; fleischlich gesinnte fanden nichts Anziehendes bei ihnen. So bewahrte der Weg des Kreuzes und die Schmach Christi sie vor den Anschlüssen Unentschiedener. Suchte sich jemand aber ihnen anzuschließen, so bezeugten sie ihm ernstlich ihre Stellung, daß es sich in ihrer Mitte zwar nicht um Anerkennung von Dogmen, wohl aber um unbedingte Anerkennung der Autorität des Herrn und Seines Wortes handle; daß das Band nicht gleiche Erkenntnis, sondern das neue Leben - der Heilige Geist sei. Für Meinungsverschiedenheiten in der Schrifterkenntnis und in zweifelhaften Fragen sei genug Raum, aber kein Raum für Böses, Irrlehren u. dergl. Sie legten es jedem ans Herz, daß dem Worte des Herrn gegenüber mit allem eigenen Willen und Wollen müsse Bruch gemacht werden und daß es ein Weg des Entsagens und der Absonderung sei von allem, was vor dem Herrn nicht recht sei. Sie verbargen es niemand, sondern sagten jedem offen, daß er auf diesem Pfade die Verachtung der Welt, und was noch schmerzlicher, oft auch das Verlassenwerden von Brüdern finden würde. Aber dies war nicht alles. Sie zeigten solchen Seelen auch die andere Seite: den reichen Ersatz in Seiner Liebe und Gemeinschaft, den der Herr auf diesem Wege gibt, und wie sie alles, was sie um Seines Namens willen aufgeben, vielfällig und reichlich wiederfinden würden. - Niemand wurde zurückgehalten und niemand gedrängt zur Gemeinschaft mit ihnen, denn alle wußten aus Erfahrung, daß nur der Herr allein das Herz willig machen kann, Wege des Glaubens und der Treue zu gehen. Sie hießen jeden willkommen, der dem Herrn angehörte, nicht Irrlehren hatte und in Lauterkeit wandelte.
Und so wie der Herr unter ihnen wirkte, so auch an anderen Orten. Hin und her, an vielen Plätzen wurden Gläubige durch Sein Wort zur Reinheit, Einheit und Freiheit der Kinder Gottes zurückgeführt. Die Mittel und Wege, die Er gebrauchte, mochten verschieden sein, und die Verschiedenheit Seiner Führungen, der Schulen und Stufengänge, die manche Kreise zu durchgehen hatten, mochten auch in Verschiedenartigkeiten der Ausdrucksweisen und Meinungen zutage treten; das aber waren keine Hindernisse. Mit allen diesen Kreisen sahen sie sich durch das Band der Gemeinschaft des Wandels im Lichte (1Joh 1,6) auf das innigste verbunden. Und nicht wenig wurden sie gestärkt durch den Dienst der reichen und verschiedenen Gaben des Geistes, die der Herr für die Auferbauung Seines Leibes gegeben, und der durch die Brüder nach dem freien Wirken des Geistes hin und her ausgeübt wurde.
Woher kam dies alles? Wer brachte es zustande? War es gewirkt durch den Willen der Menschen, durch die Macht der Beredsamkeit, durch die Kraft gewaltiger Persönlichkeiten? Geschah es durch Dinge, die groß in den Augen der Menschen sind? Nichts vonalledem! Es war das stille, verborgene Wirken des Geistes Gottes im innersten Herzen der Gläubigen, indem Er sie zurückführte zur Autorität des Herrn und Seines Wortes.
Jeder, der Augen hat zu sehen, muß heute die wunderbare Tatsache sehen, daß der Geist Gottes von innen, vom Herzen der Gläubigen auf das wirkt und vollendet, was Macht und Kraft der Menschen nicht zustande bringen und was der Feind bekämft und doch nicht hindern kann. Wunderbares Wirken! Viele haben Seinem Wirken ihr Herz geöffnet. An immer neuen Plätzen werden die Spuren Seines Waltens gesehen. Gläubige kehren zurück zu Seinem Wort und lassen sich lösen von dem „Wandel nach väterlicher Weise“ und den Zäunen der Menschen. Bist du unter ihnen? Wenn nicht, urteile nicht hart über solche, die in Liebe und Treue zum Herrn Glaubenswege voll Leiden und Kämpfen gehen. Heute magst du ihren Weg noch nicht verstehen, aber morgen vielleicht leuchtet durch Seine Gnade auch dir das Licht der Wahrheit, und du stehst vor derselben Entscheidung. Dann gebe der Herr dir Gnade, Ihm gehorsam und treu zu sein. Der Herr ist nahe! Er will dem Überwinder die Krone geben, jenen Treuen, die Sein Wort bewahren und Seinen Namen nicht verleugnen (Off 3,10). „Wer den Namen des „Herrn“ nennt, der stehe ab von der Ungerechtigkeit“ (2Tim 2,19).