Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
Mt 14,16 - "Sie haben nicht nötig"
Mt 14,16 - „Sie haben nicht nötig...!“ (4)Mt 14,16 - „Sie haben nicht nötig...!“ (4)
(Fortsetzung).
4. Eng hiermit zusammen hängt eine andere Tatsache, die uns Gläubige betrifft, eben weil wir nicht allein stehen, sondern weil die Seinen auf der Erde sind: Das ist die, daß kein Gläubiger nötig hat, unter Fehltritten am Boden liegen zu bleiben!
Dieser Punkt ist nicht weniger wichtig, eher noch wichtiger als der mehr das Allgemeine betreffende vorige! Die Schrift gibt uns in Jak 5,16 hierüber eine besondere Belehrung (nicht einen Befehl, wie denn der ganze Abschnitt mehr Ratschläge zum praktischen Gebrauch enthält als Gebote, was uns V. 13 und 14 deutlich genug zeigen! Wenn man das beachtet, ist man vor bekannten Mißbräuchen von V. 14 und 15 bewahrt. Ich habe hier nichts über diese Dinge zu sagen - die „Handr.“ haben öfter diese Stelle behandelt [man vergl. das Schriftstellenverzeichnis älterer Jahrbücher!] - aber das sei betont: was auch alles in diese Stelle hineingelesen worden ist, wie sie aber auch für uns heute aufzufassen ist, eins bleibt uns stets, wenn auch alles andere, wie man sagen muß, „im Verfall“ ist, so die Gemeinde Gottes als Ganzes hienieden, so auch die biblische Ältestenschaft derselben - das ist: „das Gebet des Glaubens“! V. 15a). Zurück zu V. 16! Es scheint mir schon deshalb nicht ratsam, V. 16 mit V. 14/15 allzusehr zu verquicken, weil für „heilen“ in V. 15 und in V. 16 im Grundtext ein verschiedenes Wort steht: in V. 15 eigentlich „retten“, in V. 16 aber geradezu „heilen“, wie z. B. in Lk 5,17; 6,17; Joh 5,13 usw.; aber wie denn das Körperliche so oft ein
Bild für das Geistliche ist, so ist dies Wort auch mehrfach in übertragenem Sinne gebraucht, so in Heb 12,13 und in unserer Stelle. Die Sünden der Gläubigen sind gleichsam die schlimmsten „Krankheiten“ für diese, und sie bedürfen da der Heilung am allernotwendigsten. Und darum gibt Jakobus noch außer V. 14/15 diesen belehrenden Rat: „Bekennet nun einander die Sünden und betet füreinander, auf daß ihr geheilt werdet; viel vermag das inbrünstige Gebet (,das in geistlicher Energie ausgeübte Gebet', kann man übersetzen)! eines Gerechten“ (V. 16). Wie kostbar!
Es ist sicher von Bedeutung, daß wir unsere Mitgläubigen, besonders die jüngeren, dazu zu veranlassen suchen, mit dem Herrn allein zurechtzukommen bei Gebundenheiten und Fehltritten, etwa nach Mt 11,28 in Verbindung mit 1Joh 1,9. Aber es gibt Fälle genug, wo junge und selbst geistlich ältere Christen mit bestimmten Sündenfällen, aus denen geradezu „Sündengebiete“ werden können, nicht eher fertig werden, als bis sie ihren Sündenschaden einem älteren Bruder, einer älteren Schwester bekannt haben.14 Daß diese „geistliche“ Leute sein müssen, geht schon aus Gal 6,1 (vgl. Punkt 3) hervor, denn sonst kann durch solch Bekennen mancher Schaden (für beide)! angerichtet werden. Sind diese Helfer aber selbst vor dem Herrn stehende, treue, demütige, sich ihrer eigenen Schwachheit bewußte, auch liebevolle, mit des Bruders Geheimnis heilig umgehende, tragen könnende, sich mit darunterstellende (Phil 4,3) Menschen, die das „Füßewaschen“ verstehen, weil sie sich selbst die Füße waschen lassen durch das Wort Gottes (Joh 13, vgl. S. 145ff. des Jahrb). - dann gibt's bei dem „inbrünstigen Gebet füreinander“, das zu solchem Bekennen gehört, nicht nur alsbaldige Gewißheit der Vergebung (nach 1Joh 1,9), sondern auch Reinigung, und damit ist die erste Etappe zu einem nachfolgenden Siegesleben erreicht. Das ist geistliches Geheiltwerden nach Jak 5,16, wie ich glaube, und das ist ein wichtiger, kostbarer Dienst (von Fall zu Fall - nicht etwa ein ständiges Amt!! -) an solchen, die unter beständig neuen Fehltritten am Boden liegen, am Verzweifeln sind und keinen Ausweg mehr sehen. Ein Christ hat nicht nötig, so am Boden liegend, sich abzumühen um ein Leben des Sieges! Es wird ihm so ja auch nicht gelingen! Er blicke auf zum Herrn , er bitte Ihn um Gnade, jemanden zu finden, dem er seine „Krankheit“ anvertrauen kann, damit jener mit ihm bete und er „geheilt“ werde! Gott wird Sein armes Kind nicht im Stiche lassen, sondern ihm eine „Priesterseele“ weisen, die fähig sein wird, sich mit seinen Sünden zu beschäftigen zum Zweck der „Heilung“.
Nein wahrlich, Gläubige haben nicht nötig, am Boden zu liegen in namenloser Qual unter den Ketten von Fehltritten und Sündengebundenheiten, denn Er ist ja da, der recht freimacht (vgl. Teil A, Punkt 4)!, ja! - aber auch die Seinen sind da, von denen manche in geistlicher Tragkraft Priesterdienst tun dürfen, können (und wollen) zur Heilung ihrer Brüder und Schwestern. Gelobt sei Gott!
5. Dieser aus der Fülle des Stoffes herausgegriffene fünfte Punkt braucht nicht soviel Raum wie die vorigen (oder aber, ausführlich betrachtet, viel mehr)!.
Weil die Seinen da sind, haben wir alle nicht nötig, uns über Arbeitsmangel zu beklagen! In Seinem Reiche gibt's „gute, treue Knechte“ und „böse, faule Knechte“ (Mt 25), aber auch in der Gemeinde des Herrn gibt's manchmal solche, die lieber genießen als arbeiten, die lieber andere arbeiten lassen, als selbst sich ihrer Verantwortung bewußt sind (Wir sehen schon: Wenn wir diesen Punkt ausführlich betrachten wollten, so gäbe es vielleicht eine ganze Handr.-Lieferung allein; darum nur kurz)!. Die in vorliegendem Jahrbuch behandelten Fragen 3 und 18 befassen sich auch mit dieser Sache!
Ich will nur auf einen einzigen Ausdruck in der Schrift hinweisen, der uns in dieser Hinsicht so vieles sagt, wenn wir uns sagen lassen wollen („Die Weisheit von oben ... läßt sich sagen“, Jak 3,17 nach Luther)! Es ist das Wort, der Ausdruck aus 1Pet 4,10 (Gal 5,13): „Dienet einander!“ (übrigens hieß es in Punkt 4 schon: „Betet füreinander!“ und vgl. Punkt 3!!, und in V. 9 in 1Pet 4 heißt es „gegeneinander gastfrei sein“). In anderen Stellen steht z. B.: „Erbauet einer den anderen“ und vorher: „Ermuntert einander“ (1Thes 4,18; 5,11; vgl. Jahrbuch 5, S. 94); „getröstet werden durch den Glauben der anderen“ (Röm 1,12), „fähig sein, einander zu ermahnen“ (Röm 15,14); „dieselbe Sorge füreinander haben“ (1Kor 12,25), „gegenseitige Erbauung“ (Röm 14,19); „aufeinander achthaben“ (Heb 10,24, vgl. Punkt 3) usw., usw. Eine wahre Fülle von Stellen gibt's hier, und sie alle erläutern diesen Punkt 5 derart, daß hier ausführlich darüber zu schreiben sich erübrigt. Es ist für jeden zu tun! Das zeigt ja besonders auch 1Pet 4,10ff. Die Dienste sind verschieden. Schwestern haben nicht die gleichen wie Brüder (siehe für Schwesterndienst u. a. Röm 16,1-3.12 u. a)., jüngere Gläubige nicht die gleichen wie ältere, die Gaben sind auch verschieden, die Fähigkeiten ebenso - aber alle haben zu tun, alle, die treu sind und sein wollen! (1Kor 4,2; Jer 5,3a)! Keiner hat nötig, sich für überflüssig zu halten - das ist ja gerade so köstlich, daß Gott uns alle brauchen will, wenn wir uns brauchen lassen wollen, und daß Er jedem sein Arbeitsgebiet, seine Arbeit in Seinem Werke gibt nach dem Maße Seines Wirkens (Phil 2,13) und Seiner Gnade, in der Er, „der Gott des Maßes“, uns den Wirkungskreis zuzuteilen für gut hält (vgl. 2Kor 10,13)!. Sind wir treu darin? Wir brauchen einander, der Herr braucht uns füreinander - welche Würde, welche Ehre, welche Herrlichkeit schon hienieden! Wie sollten wir die verschiedenen Dienste der Seinen würdigen und schätzen und dankbar begrüßen und hinnehmen, wie sollten wir uns freuen, jeder nach der ihm verliehenen Gnadengabe den anderen dienen zu dürfen! Wie sollte durch solche göttlich gewiesene Wertschätzung alles einander Beneiden oder auch Geringschätzen verschwinden und dagegen jene köstliche Tugend Platz greifen: „in Demut einander höher zu achten als sich selbst“ (Phil 2,3)!, die unseren geliebten Herrn so ehrt, weil sie eine Seiner Tugenden und Vortrefflichkeiten ist (Mt 11,29; Phil 2,5ff). Wie groß wird da alles, was wir Geringen tun dürfen, wenn Er unsere Dienste so hoch schätzt! Wie kostbar wird alles, wenn es den Seinen - und damit Ihm - getan wird nach dem Maße der gottgegebenen Fähigkeiten des einzelnen! Wie lernt man da sich freuen an den Wirkungen der Gnade im einzelnen und in den Einzelnen!
Genug und übergenug davon! Es wird keinem schwer fallen, hierüber weiter zu sinnen, der sich mit Liebe in dies Gebiet vertieft und es etwa auch im Lichte der Briefe an Timotheus, Titus und Philemon durchforscht!
Nein, wahrlich, wir haben nicht nötig, „arbeitslos“ zu sein, über Arbeitslosigkeit oder Arbeitsmangel zu klagen, denn die Seinen sind da, die es bedürfen, daß ihnen gottgemäß gedient werde, und sie (wir) alle haben das Recht, die Pflicht und die Fähigkeit, durch Gnade „einander“ zu dienen nach dem Maße Seines Willens und durch „die Darreichungen des Geistes Jesu Christi“, wie es so kostbar heißt in Phil 1,19 - ein Wort, das gerade auch hinsichtlich dieses besprochenen Punktes von Bedeutung ist.
Der Herr gebe uns Verständnis Seines Willens nach und zu Seinem Wohlgefallen! (Vgl. Heb 12,28)!
(Schluß folgt, s. G. w).
F. K.
14 ... was bei persönlichen Sünden gegen die Betreffenden selbst natürlich ohnehin zu geschehen hat (vgl. z. B. Apg 24,16); aber davon ist hier nicht die Rede. F. K.↩︎