Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 5 -Jahrgang 1917
Lk 10,20-24 - „Einige Bemerkungen über den Text“Lk 10,20-24 - „Einige Bemerkungen über den Text“
Der erste Teil von V. 20 zeigt uns die gefährliche Freude an dem eigenen Tun, selbst wenn es gottgewirkt ist. Sie, die so vergänglich ist wie die Werke selbst, führt leicht zur Selbstbespiegelung. Doch dies muß nicht sein, sie kann echt und demütig und darum berechtigt sein auch in Jesu Urteil, doch gibt es Größeres! Das ist die Freude, von der im zweiten Teil des Verses die Rede ist. Es ist eine Freude, deren Grund und Kraft gänzlich außer uns liegt, eine Freude, die nie zu vergehen braucht, die uns stets neu erfüllen kann und die keine Gefahren in sich schließt derart wie die erstgenannte, da sie ganz allein in dem begründet liegt, was Gott in Seiner unverdienten Gnade an uns getan hat. Welch ein Gegenstand der Freude und Bewunderung: Er hat meinen Namen im Himmel angeschrieben! Freut dich dies, Bruder, Schwester? Dann grüße andere mit diesem Worte, erinnere traurige Gläubige an diese selige Tatsache, richte müde Gewordene hiermit auf, schreibe es den Brüdern im Felde als Equickung! Vor allem lebe selbst darinnen; höre nicht auf, dich dessen zu freuen, was Er getan hat an dir und erzähle auch anderen davon. (Ps 66,16)!
Über V. 21-22 kann man, meine ich, nur in tiefster, heiliger Ehrfurcht reden, ähnlich wie über Joh 17. Hier sehen wir hinein in das wunderbare Geheimnis der Einheit zwischen dem Vater und dem Sohne, und was der Gegenstand der heiligen Freude des Herrn Jesu und
Seines Frohlockens ist: das Wirken des Vaters! Und was ist es in diesem, was den Sohn in Seiner Menschheit hienieden so mit Freude und Preis erfüllt? Daß diese Dinge, sowohl die Verzeichnung der Namen der Seinen im Himmel wie vor allem das herrliche „Geheimnis der Gottseligkeit“ - „Gott geoffenbart im Fleische“ (1Tim 3,16) - denen verborgen geblieben ist, die sich natürlicher Vorzüge rühmen konnten, während es denen geoffenbart ist, die arm und unmündig dahingehen, nichts sind und nichts sein wollen, als was die Gnade aus ihnen macht. Wie köstlich, diese Freude des Herrn, dem alle Schätze Himmels und der Erden gehören! Er freut Sich des Wirkens Seines Vaters, und Sein eigenes Wirken hat dasselbe Ziel, geht auf dasselbe hinaus: Verborgensein für die, die Ihn nicht brauchen in ihrer Weisheit - und Offenbarmachen des Vaters und des Vaternamens denen, die Seiner Selbst wie des Vaters bedürfen und sich dessen bewußt sind. Das ist das Wohlgefallen des Vaters, und demgegenüber findet der Sohn nur den Ausdruck der völligsten Übereinstimmung mit dem Vater in Seinem kostbaren „Ja, Vater“. Ergreift uns dies nicht bis ins Innerste, wenn wir hier sehen, auf welcher Grundlage unser Heil beruht?! Und fällt nicht jeder noch so geringe Selbstruhm völlig dahin, wenn wir betrachten, wie unsere Seligkeit zustande kam: einzig durch das, was der Vater und was der Sohn taten an Menschen, die in ihrer Unmündigkeit nie und nimmer hätten daran denken können, von Gott begnadigt zu werden!?
Können wir ein wenig, ach, nur ein wenig verstehen von der Freude des Herrn Jesu? In Gethsemane wünschte Er Mitgefühl bei den Seinen - ob Er hier nicht Mitfreude wünscht bei denen, welchen der Vater den Sohn, und welchen der Sohn den Vater geoffenbart hat?
Paulus, der des Herrn Stimme vom Himmel her vernahm (Apg 9) und von da an Sein treuester Diener ward - er weiß etwas von dieser Mitfreude zu künden, das zeigen uns 1Kor Kap. 1 u. 2. Und in 2Kor 3,18 enthüllt er uns das Geheimnis, wie wir lernen, uns mit dem Herrn mitfreuen: wenn wir durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit in Sein Bild verwandelt werden. O, so laßt uns dies tun, Geschwister!, sicher wird dann mehr und mehr auch der nächste Vers uns köstlicher werden.
V. 23 u. 24 zeigen den Seinen ihr herrlichstes Vorrecht, schon in dieser Zeit Zeugen von Dingen zu sein, die den treuen Männern des Allen Bundes noch verschlossen bleiben mußten, wenn sie auch ahnend hineinschauten in zukünftige enthüllte Geheimnisse (1. Petrus 1,10f). Und sind wir, die wir den Heiland nicht mehr sichtbar unter uns haben, darum weniger berechtigt, V. 23 auf uns zu beziehen? Sicher nicht. Wir schauen mit den Augen des Glaubens und vermöge des in uns wohnenden Geistes Gottes mit viel tieferem Verständnis als jene Jünger in Herrlichkeiten, die jenen gar noch verschlossen bleiben mußten, während die Dinge, welche sie sahen, uns ebenfalls klarer und offenbarer sind als sie ihnen sein konnten damals, als Jesus noch nicht aufgefahren war und noch nicht den Geist gesandt hatte. „Glückselig die Augen, die sehen, was ihr sehet!“ Kennst du diese Glückseligkeit? Genießest du sie? Sie ist vom Sehen abhängig. Welche herrlichen Dinge sind heute, vor unseren Augen, da wir das ganze Wort haben, dazu den Geist, der uns in die ganze Wahrheit führt und uns Jesum verherrlicht, den Geist, der von dem Seinen nimmt und uns verkündigt (Joh 16,12ff). - Soll ich dir einige aufzählen? Er selbst (Mt 17,8), Seine Liebe von Golgatha, Er als Hoherpriester zur Rechten der
Majestät, tätig für uns (Heb 2,9; 4,14ff).; alles, was Er uns erwarb (Röm 8,32; 1Joh 3,1ff)., Sein Volk, Seine Familie, Seine Gemeinde, die Verheißung Seines baldigen Kommens, die zukünftige Herrlichkeit, das Lamm in der Herrlichkeit (Off 5) usw. Bedarf es noch mehr, um dir und mir gegenüber unsere Glückseligkeit nach Lk 10,23 zu begründen?
Aber wenn wir dies Urteil des Herrn Jesu nicht praktisch genießen und verwirklichen, wo ist dann der Grund dieses unseres Zukurzkommens? Laß es mich dir kurz sagen: Wir lassen Dinge vor unsere Augen, zwischen Ihn und uns treten, die nicht wert sind gesehen und, was daraus folgt, verglichen zu werden mit dem, was Er ist und gibt! (2Kor 4,17.18). Solche Dinge brauchen nicht immer grobe Sünden zu sein, obwohl oft solche da sind, und solange sie ungerichtet sind und nicht nach 1Joh 1,9 hinweggenommen sind, werden sie das Herz ganz gedrückt und unfähig machen, sich zu freuen. Aber es gibt auch andere Dinge, die zwischen den Herrn und uns treten: Welt, Fleisch, Menschen, Krieg und Kriegsgespräche, Zeitungsgerede, Sorgen der Nahrung, die auch feine Sünden sind, Leiden, Krankheiten, sofern man sie nicht aus Seiner Hand nimmt, und andere kleine „Füchse“ mehr, „die den Weinberg verderben“ (Hld 2,15). Fort mit allem, was sich zwischen Ihn und uns drängen will! Lasset uns wachsam sein, denn der Feind ist stets bemüht, unsere Augen und Ohren von dem Unvergänglichen auf das Vergängliche zu lenken, um uns die „Freude am Herrn“ (Phil 4,4) zu rauben, die „unsere Stärke“ ist (Nehem. 8,10). „Glückselig die Augen, die sehen, was ihr sehet!“ O so laßt uns diese herrlichen Dinge, die mit unserem herrlichen Herrn in Verbindung stehen, ja, Ihn selber, ansehen - Er ist es wert! Er wird es auch sein, der in der Ewigkeit die Augen und
Herzen der Seinen allein erfüllt (Off 5). Gepriesen sei Sein herrlicher Name: „Wir werden Ihn sehen, wie Er ist!“ (1Joh 3,2). Glückselig unsere Augen!
F. K., z. Zt. beim MiIitär.