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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 20 - Jahrgang 1935
Apg 4,36; 11,24 - Barnabas (1)Apg 4,36; 11,24 - Barnabas (1)
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Das erste, was die Schrift uns von Barnabas berichtet, ist eine Tat, die uns die tiefe Hingabe seines Herzens an den Herrn erkennen läßt. Barnabas war ein bemittelter Mann, ein Grundbesitzer aus Cypern. Wir lesen von ihm Apg 4,36: „Joseph aber, der von den Aposteln Barnabas zubenamt wurde (was verdolmetscht heißt: Sohn des Trostes), ein Levit, ein Cyprier von Geburt, der einen Acker besaß, verkaufte ihn, brachte das Geld und legte es nieder zu den Füßen der Apostel.“ Freiwilligen Herzens, gedrängt von der Liebe Christi, löst er sich von seinem irdischen Besitz und Beruf und verbindet sich mit dem Werke, den Wegen und dem Lose der verachteten Jünger des HErrn.
Die Schrift beschreibt uns Barnabas als einen guten Mann voll Heiligen Geistes und Glaubens (Apg 11,24). Diese seine Kennzeichnung durch den Geist Gottes schließt den Gedanken, vorschnell den Acker verkauft und das Geld den Aposteln gegeben zu haben, aus, beweist uns vielmehr, daß es die wohlerwogene Tat eines Mannes des Glaubens war, der dieselbe in der Kraft des Heiligen Geistes tat und der die Dinge, die ihm bis dahin Gewinn waren, nun als Verlust achtete. Sicher wird es auch damals manche gegeben haben (wie es auch heute noch solche gibt), die eine solche Hingabe als übertrieben ansehen und sagen: „Warum gleich so ins Extreme gehen? Warum gleich seinen Stand und Beruf aufgeben, in den doch Gott ihn gestellt hatte? Zudem hatte er auch noch eine Schwester und einen Neffen, für die er hätte sorgen und denen er von seinem Besitz hätte abgeben können!“ Auf solche menschlich einleuchtenden Gründe möchten wir nur sagen, daß ein Mann voll Heiligen Geistes und Glaubens sich auch der Verantwortung seinen natürlichen Verwandten gegenüber wohl bewußt ist, ohne Ansprüchen Rechte einzuräumen, die den höheren Forderungen des Herrn Jesus Christus widerstreiten.
Nachdem nun Barnabas für den Dienst des Herrn frei war, finden wir ihn zunächst in Jerusalem, wo er in glücklicher Gemeinschaft mit den Jüngern sich des Vertrauens der Gemeinde erfreut, in deren Mitte er sich als ein wahrer Barnabas, ein „Sohn des Trostes“, erwies.
Und als an einem Tage der noch nicht lange bekehrte Saulus nach Jerusalem kam und sich den Jüngern anzuschließen suchte, sich aber alle in Furcht und Mißtrauen von ihm zurückhielten, da gebrauchte der Herr Barnabas, demjenigen die Hand zu reichen und den durch sein Zeugnis in die Gemeinde einzuführen, der dem Herrn „ein auserwähltes Rüstzeug“ war. Haben wir auch schon einmal einen solchen Dienst tun dürfen und das hohe Vorrecht gehabt, einem Jungbekehrten die Hand der Gemeinschaft zu reichen und ihm im Namen des Herrn ein Willkommen in der örtlichen Gemeinde zu bieten? O möchten wir mehr von diesem Geiste des Barnabas besitzen, der sich des verkannten Bruders annahm und ihn zu den Aposteln führte.
Hier haben wir die erste Anknüpfung des Bandes, welches diese beiden aufrichtigen, hingebenden Diener des Herrn später für eine Reihe ereignisreicher Jahre in Freud und Leid im Werke des Herrn vereinigte - zwei Knechte Christi, die sich gegenseitig um so besser verstehen und schätzen konnten, als beide in gleicher Gesinnung das, was ihnen einst Gewinn war, um Christi willen aufgegeben hatten.
Waren auch zunächst ihre Wege in der Arbeit im Werke des Herrn noch nicht vereint, weil Paulus wegen der Verfolgung von den Jüngern nach Tarsus geschickt war, so waltete Gottes Hand doch über diesen beiden so, daß Barnabas später nach Tarsus ging, um Paulus aufzusuchen und ihn mit in die Arbeit nach Antiochien zu nehmen, in der sie dann eine Reihe von Jahren in enger Verbundenheit standen. Wie dieses zuwege kam, ersehen wir aus Apg 11,19-26:
Gerüchte einer großen Erweckung in Antiochien kamen zu den Ohren der Gemeinde in Jerusalem. Solche Gerüchte sind selige Botschaften, und wir können die Freude der Gemeinde verstehen. In dem Bewußtsein der Einheit aller Kinder Gottes fühlten sie diesen Jungbekehrten in Antiochien gegenüber eine Verantwortung und sandten Barnabas dorthin, um an dem segensreichen Wirken des Geistes Gottes teilzunehmen. Als dieser dorthin kam und die Wunder der Gnade Gottes sah, ermahnte er alle, mit Herzensentschluß bei dem Herrn zu verharren. Bald aber sah er, daß es zuviel Arbeit gab - das Netz so voller Fische war, daß er zum Ziehen desselben einen Gehilfen brauchte.
Wie wir bereits in Apg 9,27 sahen, war Barnabas von der Bekehrungsgeschichte des Paulus genau unterrichtet, und sicher war ihm auch das Wort des HErrn, daß er Ihm ein auserwähltes Gefäß sein sollte, welches Er weit weg zu den Nationen senden wolle, bekannt (Apg 9,15; 22,21; 26,16). Wie dem auch sei, zweifellos ging er, vom Geiste Gottes an Paulus erinnert und von Ihm geleitet, nach Tarsus, um Paulus zu suchen und ihn in die Arbeit unter den Nationen einzuführen. Wie wunderbar sind die Wege des Herrn in der Berufung Seiner Knechte! Er weist auf Seinem Erntefelde jedem Arbeiter den Platz an, auf dem Er ihn haben will.
Köstlich ist es auch, sowohl in Paulus als auch in Barnabas die demütige Gesinnung, die einen Arbeiter im Werke des Herrn ziert und den Herrn ehrt, zu sehen. Das auserwählte Gefäß des Herrn drängt sich nicht in die Arbeit. Still arbeitet Paulus so in der Verborgenheit für seinen Herrn, daß, als Gott ihn für größere Aufgaben brauchen will, er erst von Barnabas gesucht werden muß. Ebenso ist es auch mit Barnabas. Wäre die Gesinnung seines Herzens weniger lauter und demütig gewesen - hätte er sich und seine eigene Ehre gesucht, sich groß machen wollen -, so hätte er sicher Paulus, den höher Begnadigten und Begabten nicht in die Arbeit nach Antiochien gerufen und ihm den Vorrang eingeräumt. Können wir, die wir begnadigt sind, im Werke des Herrn zu arbeiten, von diesen beiden Brüdern nicht etwas lernen? (Apg 11,25)
Ein ganzes Jahr blieben beide zusammen in Antiochien und belehrten die jungen Gläubigen dort, die infolge ihres treuen Wandels als Nachfolger Christi zum ersten Male von der Welt mit dem köstlichen Namen „Christen“ bezeichnet wurden.
Als der Geist eine große Hungersnot in Judäa anzeigte (Apg 11,27ff)., da regte sich die Liebe in den Herzen der Gläubigen in Antiochien, und die angezeigte Hungersnot wurde so ein Mittel, das Band der Einheit und der Liebe unter den Gläubigen zu befestigen. Beide, Barnabas und Saulus, wurden nun die Boten der Gemeinde in Antiochien, die gesammelte Hilfsleistung den Gläubigen in Judäa zu überbringen. Wie köstlich ist dieser gegenseitige Dienst der Liebe! Die Gläubigen in Judäa hatten ihnen ihre Liebesgemeinschaft bewiesen in der Sendung des Barnabas. Nun erwiderten die Gläubigen in Antiochien diese Liebe in einer Sendung für ihre Bedürfnisse. Die einen hatten ihnen gedient im Geistlichen, und sie dienten diesen wieder im Leiblichen. Antiochien empfing einen Segen von Jerusalem, und Jerusalem wurde ein Segen von Antiochien gebracht. So verwirklichten schon diese Gläubigen das Wort, welches Paulus später als einen bleibenden göttlichen Grundsatz den Galatern schrieb: „Wer in dem Worte unterwiesen wird, teile aber von allerlei Gutem dem mit, der ihn unterweist.“ (Gal 6,6) Hierzu vergleiche man auch Röm 15,26.27.
Es ist nicht unsere Aufgabe, die Missionsreisen des Barnabas und Paulus zu verfolgen, so lehrreich es auch sein würde, sondern wir wollen nur kurz einige der wichtigsten Punkte im Leben des Barnabas betrachten.
Ein solcher Punkt ist zunächst die klare Bestätigung seines gemeinsamen Dienstes mit Paulus durch den Heiligen Geist, welcher sprach: „Sondert Mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werke aus, zu welchem Ich sie berufen habe.“ (Apg 13,2) Welche Freude und Gewißheit muß es sowohl für Barnabas als auch für Paulus sein, sich so durch den Heiligen Geist zur gemeinsamen Arbeit bestimmt zu sehen! Und wie mochte Barnabas jetzt den Segen empfinden, seinen Grundbesitz verkauft zu haben! Er konnte nicht mehr beunruhigt werden durch den Gedanken an vielleicht ungepflegte Weinberge, Feigenbäume, Ackerarbeiten usw. Welch reichen Ersatz hatte der Herr ihm für das gegeben, was nach Ansicht der Welt ein großes Opfer war. Aber so ist es, wenn wir das, was uns Gewinn und wertvoll (nicht das, was wertlos) ist, um Christi willen aufgeben - der Herr bleibt nie unser Schuldner.
Als der König von Sodom Abraham eine reiche Siegesbeute anbot,
antwortete dieser: “... Nichts für mich!“, dann aber trat Gott an ihn
heran und sprach. „... Ich bin ... dein sehr großer Lohn.“ (
Wohl war der Weg, den Barnabas jetzt ging, ein Weg der Mühe und des Kampfes, aber auch des Segens, der Freude und der Kraft. Wieviel Freude und Liebe er auf diesem Wege in seiner Seele genoß, können wir aus dem Briefe entnehmen, den er mit anderen Brüdern von Jerusalem nach Antiochien zu bringen hatte. Wir lesen Apg 15,25: „Es deuchte uns gut, Männer auszuwählen und sie mit unseren Geliebten, Barnabas und Paulus, zu euch zu senden, mit Männern, die ihr Leben hingegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus.“ Wieviel Liebe drückt sich in diesen Worten aus! Sie nannten sie „ihre Geliebten“. Und warum empfingen sie diese Liebe? Weil sie für den Namen des Herrn Jesus Christus ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten. Was haben wir hingegeben - aufs Spiel gesetzt für den Namen unseres Herrn Jesus Christus?
So finden wir diese beiden Brüder ungefähr acht Jahre in treuer Liebe und Einmütigkeit in der Arbeit im Werke des Herrn vereint. Überall, wohin der Herr sie führte, verkündigten sie das Evangelium, belehrten, befestigten die Jungbekehrten, ermahnten, im Glauben auszuharren, und verhehlten nicht, daß alle durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müßten. (Apg 14,21.22)
Aus der Geschichte des Barnabas lernen wir aber auch, daß es ernster Prüfung bedarf, mit wem wir uns verbinden, ganz besonders, wenn es sich um die Arbeit im Werke des Herrn handelt.
Ein warnendes Beispiel finden wir in der Geschichte Josaphats. Er war ein aufrichtiger, treuherziger Mann, der Jehova fürchtete. Aber die natürlichen Neigungen seines großen und gutmütigen Herzens, mit den Menschen auf gutem Fuße zu stehen, führten ihn sogar zu einer vertrauten Verbindung mit dem gottlosen Ahab, durch welche er in eine solche Lage kam, daß, wenn nicht die mächtige Hand Gottes eingegriffen, er sein Leben verloren hätte (2Chr 18). Überhaupt sollte jede Verbindung mit ungläubigen von Kindern Gottes aufs Wachsamste vermieden werden!
Barnabas Geschichte aber belehrt uns auch, daß für eine gemeinsame Arbeit im Werke des Herrn nicht jeder Bruder geschickt und fähig ist. Wer würde denken, daß das, was mit dem kurzen Satze: „Sie nahmen auch Johannes mit, der Markus zubenannt war“, (12,12.25) ausgesprochen wird, soviel Leid und Schatten in späteren Tagen über Barnabas bringen würde! Und doch war es so.
Es war so natürlich und sicher auch eine Freude für Barnabas, die Begleitung des jungen Neffen zu haben. Und auch für den Neffen, der die Gemeinschaft der Heiligen im Hause seiner Mutter in Jerusalem genossen hatte, war es gewiß ein angenehmer Gedanke, in die Fußtapfen seines Onkels zu treten und ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Aber auch diese Lektion mußte gelernt werden, daß für solche Dienste nur erfahrene und im Kampf bewährte Streiter Christi geeignet sind, die bereits in der verborgenen Treue gleich David die Schafe des Vaters weideten und Löwen und Bären erschlugen, ehe sie auf offenem Felde dem Riesen Goliath entgegentraten.
Markus war ohne Zweifel ein begabter junger Mann mit einem warmen Herzen für den Herrn und ein treues, tätiges Glied in der Gemeinde in Jerusalem. Wir können gut verstehen, daß er von der lieblichen Arbeit der heimischen Versammlung aus den Reisedienst seines Onkels draußen in den schönsten Farben sah, als er aber selbst seine Hand an diesen Pflug legte, da erfuhr er gar bald, daß er der Belastung dieses Weges nicht gewachsen war. Die Schrift berichtet kurz: „Als aber Paulus und seine Begleiter von Paphos abgefahren waren, kamen sie nach Perge in Pamphilien. Johannes (Markus) aber sonderte sich von ihnen ab und kehrte nach Jerusalem zurück.“ (Apg 13,13) Die Proben, die diese Arbeit an ihn stellten, zeigten, daß er für solche Aufgaben noch nicht reif war. Mutlos und enttäuscht verließ er das Werk und die Arbeiter und kehrte unter das Dach der Gemeinde in Jerusalem zurück.
(Schluß folgt, s. G. w).