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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
Pred 5,2 – Über das GebetPred 5,2 – Über das Gebet
Das Zusammenkommen zum Gebet ist ein rechter Prüfstein für den geistlichen Zustand einer Gemeinde. Ein gefüllter Raum am Tage des Herrn und leere Bänke in den Stunden, die für das Zusammenkommen im Gebet bestimmt sind, zeigen, daß in dem geistlichen Leben der Gläubigen ein ernster Mangel besteht.
Zweifellos hängt viel davon ab, in welcher Herzensverfassung wir in die Gebetsstunde gehen. Gehen wir dorthin mit einem glücklichen Herzen über das hohe Vorrecht, das uns Gott gegeben hat, gemeinschaftlich mit den Seinigen vor Ihn hinzutreten und unsere Anliegen im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Ihm kundwerden zu lassen, so werden wir nicht leer zurückkommen. Dann wird auch das Gebet in einer solchen Stunde nicht zwei oder drei Brüdern überlassen bleiben, sondern wir werden wirklich im Heiligen Geiste beten.
Nicht selten hört man Brüder so lange und für so verschiedene Dinge beten, daß man fühlt, es ist nicht der Heilige Geist, der sie antreibt. Welchen Wert hat ein solches Gebet vor Gott? Beten wir im Heiligen Geist, so werden wir nie zu lang sein und über das hinausgehen, was Er in unsere Herzen gelegt hat, und wenn unser Gebet auch nur eine Minute währte.
Ermüdend ist es oft und gewiß nicht durch den Heiligen Geist gewirkt, wenn ein Gebet aus einer wortreichen Aufzählung einer Reihe an und für sich kostbarer und gesegneter Wahrheiten besteht und man den Eindruck bekommt, als wolle der Betende der Versammlung oder gar Gott einen Vortrag halten. Die Fälle, daß solche Gebete gesprochen werden, sind nicht so selten, wie man denken sollte. Es bedarf aber keines großen geistlichen Verständnisses, um zu erkennen, daß ein solches Gebet seinen wahren Charakter ganz und gar verloren hat; es ist eigentlich kein Gebet mehr. So wohlgefällig es vor Gott ist und Sein Vaterherz erfreut, wenn wir Ihm aus dankbarem Herzen unser Lob darbringen und die empfangenen Wohltaten mit Namen nennen, so verwerflich muß es vor Ihm sein, wenn wir mehr unser Wissen und unsere Erkenntnis als Ihn und Seine Güte zum Gegenstand unseres Gebets machen.
Wenn ein Gebet beendet ist, dann laßt uns darüber wachen, daß unsere Herzen sich weiter mit dem Herrn beschäftigen und nicht damit, welcher Bruder jetzt wohl beten werde. „Diese stillen Augenblicke zwischen den Gebeten sind“, wie jemand gesagt hat, „genau das, was wir aus ihnen machen“, und sie können, wenn wir auf den Herrn warten, Augenblicke reichen Segens für uns sein.
Ist keine Kraft mehr zum Gebet vorhanden, so laßt uns schließen und nicht versuchen, die Stunde „auszufüllen“. Gebete, die nur die Zeit ausfüllen sollen, sind nicht nur wertlos, sondern sind für den Betenden und für die ganze Versammlung ein Unsegen und eine Verunehrung des lebendigen Gottes.
Gerade in den Gebetszusammenkünften sollten wir uns oft der ernsten Worte des Predigers erinnern: „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst; und nahen, um zu hören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben; denn sie haben keine Erkenntnis, so daß sie Böses tun. - Sei nicht vorschnell mit deinem Munde, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde; darum seien deiner Worte wenige.“ (Pred 5,1.2). So wahr es ist, daß wir mit aller Freimütigkeit und kindlicher Zuversicht dem Vater nahen dürfen, so sollte doch stets der Gedanke in unserem Herzen leben, daß Der, den wir als Vater anrufen, der lebendige und heilige Gott ist, den die Himmel nicht zu fassen vermögen.
Aus Botschafter des Heils“ 1887
Erstellt: 25.05.2024 15:42, bearbeitet: 09.10.2024 03:04