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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
Mancherlei kleine Winke für Schriftforscher
Mancherlei kleine Winke für Schriftforscher (1)Mancherlei kleine Winke für Schriftforscher (1)
Der Beginn eines neuen Jahrbuches der „Handreichungen“ veranlaßt mich, einen Gedanken näher ins Auge zu fassen, den ich schon einige Zeit in meinem Herzen bewegte: fortlaufend, vielleicht durch mehrere Lieferungen hindurch, denen „kleine Winke“ für ihre Schriftforschung zu geben, die bis jetzt noch nicht dahin gelangt sind, die Schrift nach Gesichtspunkten systematisch zu lesen, um ihnen dadurch Mut zu machen, sich in der Weise mit ihrer Bibel zu beschäftigen, daß sie bestimmte
Gegenstände, Gesichtspunkte, Ausdrücke, Worte usw. im besonderen betrachten. Es mag sein, daß ich vorgeschritteneren Lesern nicht viel Neues zu bieten haben werde; wenn aber dem einen oder anderen nicht soweit vorgeschrittenen durch solche schlichten Winke seine Bibel köstlicher wird, sodaß er lernt, mehr auf das Kleine, (in den Augen der Menschen) Unscheinbare und angeblich weniger Wichtige zu achten, dann ist einer der Zwecke dieser „Winke“ erfüllt, die zwanglos gegeben werden sollen, wie der Herr sie gibt. Wollten wir alle lernen durch diese Betrachtungsweise, „treu zu sein im Kleinen“, indem wir gleichsam „die übrigen Brocken sammeln“ und uns nähren von dem, was der treue Herr uns in „jedem Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Mt 4,4), zur Speise darreicht! Er ist der liebreiche Geber, seien wir die glückseligen Empfangenden! - Ich beginne meine „kleinen Winke“ mit einer Reihe von Betrachtungen über die Bedeutung des so-und-so-oft-Vorkommens einzelner Ausdrücke oder Worte in bestimmten Schriftzusammenhängen. Ich lege erst in zweiter Linie, aber doch auch, den Ton auf das zahlenmäßige Vorkommen gewisser Worte und möchte zuerst vor allem die Wichtigkeit derselben zu zeigen versuchen, die darin liegt, daß der Heilige Geist, der den heiligen Schreibern die Worte eingehaucht hat („gotteingehaucht“ 2Tim 3,16), solche besonderen Worte und Ausdrücke wieder und wieder gebraucht in den verschiedenartigsten Satzzusammenhängen. Als wir noch in die höhere Schule gingen, wurden wir im Deutschen Unterricht dazu angehalten, recht oft mit den Ausdrücken zu wechseln, es durfte ein- und dasselbe Wort in einem selbst längeren Satz nicht zweimal vorkommen usw. Die Schrift redet ganz anders, sie häuft mitunter die gleichen Worte derart, daß Staunen unser Herz erfüllt. Und nie tut sie es ohne Grund! Oftmals kommt auch beim Zählen eine bestimmte sinnbildlich zu wertende Zahl heraus, und wir entdecken dadurch etwas von der Absicht des Heiligen Geistes. Denn nicht nur die ziffernmäßige Zahl hat eine Bedeutung in der Schrift, sondern auch die nicht durch Ziffern angegebene, sondern durch Zählen sich ergebende! Nichts ist gleichgültig in der Schrift, wenn auch törichte oder superkluge Menschen manchmal sagen: „Ach, auf solche Kleinigkeiten und ‚Spielereien‘ legst du Wert? Darauf kommt es nicht an!“ Geliebte, wir werden nie eindringen in die Gedanken Gottes, wenn wir den angeblichen Kleinigkeiten im Worte Gottes keine Bedeutung beimessen oder sie gar Spielerei nennen! Ist es, um hier ein paar Beispiele zu nennen, etwa gleichgültig, wenn der Herr Jesus in Joh 15 sechsmal - 6 ist die Zahl der Menschen (vergl. die Steigerung 666 in Off 13,18)! - das Wort „Welt“ nennt, aber diese sechs Male in den Raum von zwei Versen zusammendrängt? (V. 18.19). Ist es minder wichtig, daß in dem Evangelium, das uns den Herrn als Den zeigt, der Er wirklich ist (Joh 4,10), als das ewige „Wort“, „den eingeborenen Sohn, der in des Vaters Schoß ist“ u. a. - daß in diesem Evangelium in der Leidensgeschichte das Wort „König“ viel häufiger vorkommt, vor allem sogar als in dem Matthäus-Evangelium, das uns Ihn als den König Seines Königreiches zeigt: Zwölfmal wird in Joh 18,28 - 19,22 das Wort „König“ genannt! Liegt darin nichts? Oder ist es einerlei, daß in der Belehrung, die Paulus uns über das Abendmahl gibt (1Kor 11,20-34), siebenmal - in der kostbaren Zahl der Vollkommenheit in Gottes Gedanken mit uns - das Wort „Herr “ genannt ist, wovon das drittemal: „der Herr Jesus“? oder daß im Galaterbrief, jener großen Auseinandersetzung zwischen Gesetz und Glauben, das Wort „Gesetz“ zweiunddreißigmal vorkommt (aber erst von Kap. 2,16 ab)!? oder daß in den Evangelien zwölfmal der Ausdruck „Innerlich-bewegtsein“ (zumeist bezüglich des Herrn ) gesagt ist? oder daß in der „Königsrede“ Samuels, wie ich sie kurz nennen möchte, in 1Sam 12,6-25, also in 20 Versen dreißigmal das Wort „Jehova“ gesagt ist (3 x 10, das ist die Zahl der Dreieinheit Gottes multipliziert mit der Zahl der menschlichen Verantwortlichkeit Gott gegenüber)!? oder daß in Off 22,6-21, dem Schlußteil der Offenbarung, der Herr siebenmal „Ich“ sagt, wovon das mittelstemal „Ich Jesus“ (V. 16)? usw.? Ich könnte so fortfahren mit Beispielen, die mir nach und nach wichtig geworden sind! Wem diese Dinge „gleichgültig“ oder „zu trocken“ sind, der bedenke, daß es sich um das Wort Gottes handelt, und der beuge sich wegen seiner Oberflächlichkeit! - Ich möchte für diesmal noch ein besonderes Beispiel für diese gesegnete Betrachtungsweise der Schrift - neben manchen anderen natürlich! wir haben bei der Fülle, die uns geschenkt ist, keinen Grund, uns auf eine Weise zu beschränken! - anführen und ein wenig näher darauf eingehen, hoffentlich zum Segen für viele!
Wir haben das sogenannte „Weihnachten“ hinter uns, eine Zeit, in der viele Gläubige die Kindheitsgeschichte des Herrn
Jesus besonders gern betrachten. Ist es uns dabei schon einmal aufgefallen, wie oft von dem Herrn als „Kindlein“ die Rede ist? Wenn wir die beiden Kapitel, wo es der Fall ist, zusammenstellen: Mt 2 und Lk 2, so finden wir zwölfmal das Wort „Kindlein“, nämlich Mt 2,8.9.11.13 (zweimal).14.20 (zweimal).21; Lk 2,17.27.40 = zwölfmal; fünfmal von diesen zwölf Malen heißt es „das Kindlein und seine Mutter“ (wohlgemerkt: nicht umgekehrt! das Kindlein ist die Hauptperson)!, nämlich Mt 2,11.13.14.20.21 (also sämtlich in Matthäus)!. Einmal von den zwölf Malen heißt es „das Kindlein Jesus“ (Lk 2,27). Welch köstlicher Ausdruck! Sei gepriesen, teurer Herr , für dies liebliche Wort! Wie spricht dies zu unserem Herzen!
Aber steht nicht in Lk 2 noch dreimal das Wort „Kind“, nämlich V. 12.16 und 48? Ja gewiß, jedoch in ganz anderer Bedeutung dem Grundtext nach! In den beiden ersteren Stellen steht das Wort „Säugling“ - o, anbetungswürdiges Geheimnis! -, und in letzterer (V. 48) hat das Wort ganz den Umständen entsprechend die Bedeutung von einem größeren Kinde. Wie genau ist doch die Heilige Schrift! - Dazu kommt zur Vervollständigung des Kindheitsbildes unseres teuren Herrn Jesus noch der überaus feine Ausdruck „der Knabe Jesus“ in Lk 2,43. Während in Matthäus nur von dem „Kindlein“ die Rede ist, stehen in Lukas, dem Evangelium, das uns den Herrn ganz besonders als den Menschen schildert (das Geschlechtsregister geht bis auf Adam [und Gott] zurück! 3,38), alle diese verschiedenen Ausdrücke: „Säugling“, „Kindlein“, „das Kindlein Jesus“, „der Knabe Jesus“, „Kind“! Somit haben wir, zusammenfassend, alle möglichen Ausdrücke, welche die menschliche Kindheit unseres geliebten Herrn , des Sohnes Gottes, bezeichnen, an den Augen unseres Herzens vorüberziehen lassen und müssen sagen: Wie wichtig muß es doch dem Heiligen Geist, der uns den Herrn Jesus stets verklärt (Joh 16), sein, daß wir in nichts im unklaren gelassen werden über die vollkommene Menschheit des Sohnes, der nach Lk 1,35 „das Heilige“ ist, der hienieden „Sohn Gottes“ genannt werden sollte! Er, das ewige Wort, Selbst Gott von Ewigkeit (Joh 1,1.2) - Er, stets der Sohn, der von Gott in Heb 1,8 mit „Gott“ angeredet wird - Er, den der Heilige Geist durch die Feder des Paulus in Tit 2,13 „unseren großen Gott und Heiland Jesus Christus“ nennen läßt - Er war so vollendet „Mensch“, Er erschien in solcher Niedrigkeit, daß von Ihm als „Kindlein“ wieder und wieder geredet wird, ja, daß die Schrift selbst nicht vor dem Worte „Säugling“ Halt macht! Was muß es für die himmlischen Heerscharen gewesen sein, dieses den staunenden Hirten als „Zeichen“ kundgeben zu müssen: „Ihr werdet einen Säugling finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend“! (Lk 2,12). Es war ihr Herr und Gebieter, von dem sie dies verkündeten! Welche wunderbare Herrlichkeit!
Also 16 Ausdrücke der Tatsache, die wie fast keine andere die Menschwerdung des Sohnes beweist! 16, das ist 4 x 4! 4 ist die Zahl der Vollständigkeit der äußeren Welt (vier Winde, vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten, viererlei Boden auf dem Acker der Welt, vier Weltreiche usw).; welche Bedeutung haben doch diese 4 x 4 Ausdrücke: Die nach jeder Seite hin vollkommene Menschheit des Herrn zeigen sie an! Aber auch die anderen Zahlen des Vorkommens der Ausdrücke sind nicht ohne Bedeutung! Darüber hier nur Andeutungen: zwölfmal „das Kindlein“! 12 ist wohl die Zahl der göttlichen Vollkommenheit in den Wegen Seines Waltens und Seiner Verwaltung. Fünfmal „das Kindlein und seine Mutter“: 5 ist nach der Meinung mancher Forscher die Zahl der Gnade in Christo oder auch die Zahl des Herrn in Seiner Vereinigung von Gottheit und Menschheit! Zweimal „Säugling“: 2 ist die Zahl (der geringsten Gemeinschaft [„zwei und drei im Namen Jesu versammelt“ Mt 18,20] sowie die) der Bestätigung durch zwei oder drei Zeugen (vergl. u. a. Joh 8,17.18); letzteres hat Bedeutung für den Ausdruck „Säugling“, gleichsam als vollwertige Bezeugung, daß der Sohn „geboren von einem Weibe“ ist (Gal 4,4). Je einmal kommen die Ausdrücke vor „das Kindlein Jesus“, „der Knabe Jesus“, das „Kind“; die 1 ist aber die Zahl der absoluten Vollkommenheit, z. B. bezüglich des Wesens Gottes. Der Herr Jesus war in jeder Phase Seiner menschlichen Entwickelung absolut vollkommen in dem, was von Ihm gesagt wird! Wie anbetungswürdig ist dieses doch!
Nun zum Schluß noch eins: Damit wir keinen Augenblick im Zweifel seien darüber, von wem, von welcher herrlichen Person in diesen Kindheitsausdrücken die Rede ist, so ist der Heilige Geist bemüht, uns möglichst viele der Namen und Bezeichnungen zu nennen, unter denen wir den Herrn , den Sohn sonst kennen! Man sehe einmal die beiden Kapitel daraufhin an: Mt 2,2: „Der König der Juden“; V. 4: „der
Christus“; V. 15: „Mein Sohn“; V. 23: „der Nazarener“ - dies der Schluß des Kapitels, das mit „Jesus“ beginnt! Ebenso kommt dies in Lk 2 zum Ausdruck: V. 7: (ihr) „erstgeborener Sohn“; V. 11: „ein Heiland“ (Retter) ... „Christus, der Herr “ (vergl. V. 26); V. 21: „Jesus“ (V. 52); V. 29-32: „Heil“, „Licht“ usw.; V. 49!! - Wie kostbar ist dies alles! Möchte es uns anregen, treuer zu „forschen in der Schrift, die ja von Ihm zeugt“! (Joh 5,39). Nur schlichte Winke wollte ich dazu geben, die jeder leicht versteht, und aus denen jeder leicht weiterbauen kann. Möchten wir diese Dinge beachten zur Ehre unseres hochgelobten Herrn !
Und damit bin ich für diesmal zu Ende! Ich hoffe, so der Herr Gnade gibt, noch andere Beispiele in ähnlicher Weise betrachten zu dürfen. „Dein Wort ist Leuchte meinem Fuß und Licht für meinen Pfad!“ (Ps 119,105).
F. K.