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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 21 - Jahrgang 1936
Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte
2Kor 6,9a - Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte (3)2Kor 6,9a - Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte (3)
Wie in der ersten mit Baruk, dem Schreiber des Jeremia, so beschäftigten wir uns in der zweiten Lieferung mit Tertius, dem Schreiber des Paulus. - Heute nun wende ich mich in der Schilderung unbekannterer Menschen der Schrift wieder zum Alten Testament. Ehe ich aber zur Besprechung übergehe, möchte ich einige Hinweise geben. Es gibt nämlich manche Personen, die wohl unter mein Thema fallen dürften, die aber schon bei anderen Gelegenheiten oder in selbständigen Aufsätzen eingehende Würdigung in den „Handreichungen“ gefunden haben und darum im Rahmen unseres Themas nicht Erwähnung finden sollen. Solche Personen sind u. a.: Jabez (1Chr 4) in Jahrb. 11; Pinehas (4. Mose 25) in Jahrb. 9; Ebedmelech (Jer 38f). in Jahrb. 5; Ittai (2Sam 15) in Jahrb. 8; Schobi, Makir und Barsillai (2Sam 17) in Jahrb. 9 (S. 92ff). Und über den Schwestersohn des Paulus (Apg 23) handelt Frage 12 im Jahrb. 13. - Ich denke, mit diesen kurzen Hinweisen etlichen Lesern und Besitzern der älteren Jahrbücher einen kleinen Dienst zu tun!
Ich gehe nun über zur Betrachtung zweier Männer im Buche Nehemia (Kap. 1 u. 7):
Hanani und Hananja.
Wie in dem Grußkapitel Rom. 16, von dem ich in letzter Lief. sprach, viele Namen vorkommen, die durch besondere Bemerkungen des Apostels ausgezeichnet sind, so enthalten die Bücher Esra und Nehemia viele Namen, die rühmend erwähnt werden (z. B. Neh 3), ohne daß man sie alle in dem engen Rahmen eines gedruckten Aufsatzes aufführen könnte. Aber die beiden Obengenannten nehmen doch noch einen besonderen Platz ein und finden doch (bei der Fülle der Ereignisse und Personen) vielleicht nicht die ihnen gebührende Beachtung. Darum seien sie hier genannt!
Nun müssen wir uns zunächst darüber klarwerden, welche Männer gemeint sind, denn die Namen sind nicht selten im A. T.! Der erstere ist im Buche Nehemia zweimal vertreten - d. h, an drei Stellen, doch ist sicher an zwei Stellen (wenn nicht an allen) der gleiche Mann gemeint, eben der, den ich uns hier zeichnen will: Hanani, der Bruder Nehemias, Kap. 1,2 und 7,2 (12,36). Doch kommt der Name noch mehrfach im A. T. vor. Vor allem in 2Chr 16,7, und dieser Hanani, dieser mutige Mann, verdiente auch, besonders erwähnt und besprochen zu werden. Vielleicht komme ich später in Verbindung mit einem anderen Manne noch auf ihn zurück (s. G. w.)!. - Aber der Name Hananja kommt noch
öfter vor, wenigstens 14mal im ganzen A. T., wovon wohI 6mal allein in Nehemia, doch glaube ich, daß der von Kap. 7,2 und der von 12,12 derselbe ist, und eben von diesem soll hier die Rede sein. Jedoch die zwei von Kap. 3,8 u. 30 sollen nicht vergessen sein, denn Gott läßt sie rühmend nennen (als am Mauerbau beteiligt), und den von 12,41. Doch, wie gesagt, auch sonst ist der Name häufig, aber nur einer dieses Namens sei noch genannt, den Schriftforschern „wohlbekannt“. Hananja, der erste der 3 Gefährten Daniels in Dan 1,6, somit einer der drei herrlichen Glaubensmänner im Feuerofen, Dan 3!
Nicht wahr, immer wieder sagen wir Gläubigen es in tiefer Freude und Ehrfurcht: Das Wort Gottes ist köstlich, reich an Belehrung, Kraft und Wirksamkeit in allen seinen Teilen, Abschnitten und Verbindungen, auch in seinen Namensanführungen, wozu noch kommt, daß viele der Namen eine oft typische, vielfach sehr bezeichnende Bedeutung haben, die zu dem jeweiligen Namensinhaber meistens in besonderer Beziehung steht. Unsere zur Besprechung kommenden Namen z. B. bedeuten „der Gütige“ und „Güte Jehovas“. Gott sei gepriesen für Sein wundervolles Wort!
Hanani und Hananja, in Kap. 7,2 zusammengenannt, waren Männer, wie jeder Führer sie sich wünscht, Männer, die Sinn hatten für die Sache, auf die es ankam, Männer, die mit ihrer ganzen Person sich einzusetzen bereit waren, wo es galt. Man denke nur nicht, daß solche Männer reichlich vorhanden seien, nie wird man das finden! Es gibt Zeiten, da sie reichlicher da zu sein scheinen - so auf allen Gebieten, auch dem des öffentlichen Lebens -, aber dann gibt's auch wieder Zeiten, die an solchen Männern arm sind. Das ist fast wie ein Grundsatz.
Wer war Hanani? Sowohl in 1,2 wie in 7,2 wird er „ein Bruder des Nehemia“ genannt, besonders die Fassung des Ausdrucks in 7,2 verbietet an nur einen, neutestamentlich gesagt, geistlichen Bruder oder volklichen Bruder zu denken. Ich glaube vielmehr aus dem Wort 7,2 geht ganz klar hervor, daß es sich wirklich um einen leiblichen Bruder Nehennas handelte. Denn, wenn man in 1,2 denken könnte, es könne ebensogut sich um einen Bruder des gleichen Volkes gehandelt haben, der Nehemia in dessen heidnischen Abgeschlossenheit besucht habe, was auf diesen einen so besonderen Eindruck gemacht habe, so könnte das doch nicht mehr auf 7,2 zutreffen, da inzwischen Nehemia jahrelang bei seinem Volke zugebracht hatte und nun nicht mehr einen einzelnen Volksgenossen mit dem Wort „Bruder“ auszeichnen konnte. Nein, er war Bruder des Nehemia und als solcher von gleichartig guter Gesinnung wie sein an Bedeutung größerer Bruder. Nehemia hatte nach 1,2 mehrere Brüder, und sie waren in Jerusalem - vielleicht bei früherer Gelegenheit - angesiedelt worden vorn persischen König. Das ist gut denkbar, zumal Hanani bei seinem Bericht nicht von „wir“ spricht, sondern von anderen, den „Übriggebliebenen“, sich also offensichtlich von letzteren unterscheidet. Das aber nur nebenbei!
Die Brüder also kommen zusammen, Begleiter Hananis, gleichsam Zeugen der Gespräche sind dabei. Der Inhalt etwaiger vorheriger Gespräche ist gleichgültig, die Schrift erwähnt nichts von solchen. Aber Nehemia fragt dann nach den der Gefangenschaft „Entronnenen“ und nach Jerusalem.
Meine lieben Leser, die Dinge und Worte sind ja sehr einfach, und doch! - wäre Hanani ein anderer gewesen, als er war, dann hätten's einige belanglose Worte auch getan! Wäre Hanani ein genußliebender Mensch gewesen - „deren Gott der Bauch, ... die auf das Irdische sinnen“ (Phil 3,19) -, dann hätte er wohl etwas anderes getan, als hier seinem Bruder das Herz schwer gemacht; dann hätte er vielmehr vor allem daran gedacht, mit seinen Genossen einmal auf Kosten seines vornehmen Bruders einige vergnügliche Wochen in der persischen Reichshauptstadt zu verleben. Die Gelegenheit war doch günstig, man muß doch das Gute nehmen, wenn sich’s einem so leicht bietet!! Meine Freunde, die Schrift zeigt stets Parallelen eigener Art. Wenn Elieser von Damaskus nicht der gewesen wäre, als den Abraham seinen Knecht (Haushofmeister) kannte, dann hätte er das Anerbieten Labans wohl angenommen, noch „ein wenig“ dort zu bleiben mit der Braut Isaaks (1. Mose 24,54.55, und man vgl. dazu Ri 19,3ff.)!. Aber nein, Elieser sagt: „Haltet mich nicht auf, da Jehova Glück zu meiner Reise gegeben hat; entlasset mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe!“ (V. 56) Also ohne Verzug sofortige Abreise mit Rebekka! Das ist eines treuen Knechtes würdig! - Und hier ebenso:
Hanani ist kein Mann des Genießens, kein Knecht der Lüste des Fleisches, kein schlaffer Lebemann, dem die Reise an den Hof goldene Genüsse vorgaukeln konnte! Nein, er ist ein Mann heiliger Einseitigkeit! Brüder, Schwestern, das sind die echten „Menschen Gottes“! Denen nachzueifern ist eine gesegnete Sache.
Hören wir kurz seinen Tatsachenbericht, einen Bericht, wie er nüchterner, aber auch, weil er den Stempel der Wahrheit trägt, ergreifender gar nicht sein kann. Und der „Erfolg“? Solche Berichte haben stets „Erfolg“ bei Menschen wie Nehemia, oder es gibt keine „Erfolge“ mehr auf diesem Gebiet (Man vgl. die „Erfolge“ des Berichts über Korinth seitens der Hausgenossen der Chloe auf den Apostel Paulus! 1Kor 1). - Der Bericht ist also höchst nüchtern und läßt an Deutlichkeit gar nichts, aber auch rein gar nichts, zu wünschen übrig:
1. Die Übriggebliebenen (3mal dies Wort in V. 2 und 3, Hinweis auf den Überrest)! sind a) in großem Unglück, b) in Schmach; und
2. die Mauer von Jerusalem ist niedergegerissen; und
3. seine Tore sind mit Feuer verbrannt!
Wenn man vergleicht, wie die Sache später läuft, was unter der gottgemäßen Tatkraft des glaubensstarken, aber auch sehr energischen Nehemia später aus den Übriggebliebenen, aus Jerusalems Mauer und seinen Toren wird, dann kann man nur staunend anbeten den „Gott, der aus Finsternis Licht leuchten läßt“ (2Kor 4,6), aber daß Gott das tat - denn Er will, daß die Seinen handeln, daß sie tun, was sie können, Müßiggängern hilft Er nicht! -, das ist dem zu danken, daß Männer da waren (vgl. Deboras Triumphgesang, Ri 5,2: „Weil Führer führten usw.“, vgl. V.9)!.
Hanani, der Unbekannte, hatte ein Herz für das arme zertretene Volk, das aber nicht nur zertreten war von seinen Feinden, sondern das sich selber weggeworfen hatte: „Unglück und Schmach“! Wie oft gibt es so etwas in der Weltgeschichte der Völker (die Parallelen liegen hier sehr nahe, aber die „Handreichungen“ haben es nicht mit solchen zu tun)!. Gewiß, Hanani, du hast ganz recht, das Unglück war groß, es läßt sich nicht verkleinern! Aber daß das Volk (das
Volk Gottes)! sich selber wegwarf, daß es vor den Augen der Welt das elende Schauspiel der Zerrissenheit, Uneinigkeit, Feigheit und Genußsucht bot, das war Schmach, und zwar eine nicht nötig gewesene! 90 Jahre waren vergangen seit der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft unter Serubabel, 70 seit Erbauung des Tempels, und - noch lag die Stadt offen dem Zugriff der Feinde preisgegeben, die Mauer ein einziger verlängerter Schutthaufen (2,13-16)!, die Tore gähnende Löcher, ja, das war eine Schmach! Brüder, Schwestern, empfinden wir so wie Hanani, dieser edle, treue Mann? Empfinden wir die selbstverschuldete Schmach der Spaltung unter dem Volke Gottes - oder leiden wir nur unter dem „großen Unglück“ des „Satans Macht hat sie zerstöret“? Wir werden nie dem Feinde wirksam entgegentreten können, wenn wir unsere Schuld nicht sehen und empfinden, noch darüber Buße tun (wie Nehemia, wie Daniel)!.
Die Schmach des Volkes war groß, das sehen wir nachher an den Bemerkungen der Feinde des Volkes Gottes, der religiösen Leute Sanballat und Konsorten (Sanballat, Tobija und Geschem)! in 2,10 und 4,1-3. Aber sie mußten bald anderer Ansicht werden, die neuen Tatsachen zwangen sich ihnen auf, und mit Nehemia war nicht zu spaßen!
Daß aber Nehemia diesen gewaltigen Mauerbau in Angriff nehmen konnte, ja, daß er überhaupt an dies Glaubenswerk ging und so Großes leistete, das alles ist dem Zeugnis des „Unbekannten und doch Wohlbekannten“, dem Hanani, zu danken, der ein Herz für Gottes Volk und für Gottes Sache hatte, der wußte, wo es fehlte, und der den Mut hatte, die Dinge beim rechten Namen zu nennen! Er war ein Mann nicht des Jammerns über „die Tage des Verfalls“, wie man das in Wort und Schrift so oft hört, daß es einem über wird, zumal von seiten solcher, die dergleichen stets im Munde führen, so wie so gut wie nichts getan wird, was irgendwie mit den Worten eines Hanani und dem Tun eines Nehemia Ähnlichkeit hätte - eher das Gegenteil! -, sondern er war ein Mann, dem die Beseitigung des „großen Unglücks“ und der „Schmach“ am Herzen lag und der darum ganz sichtlich nur auf die Frage seines Bruders wartete, um dann zu sagen, was gesagt werden mußte. Er allein konnte die Dinge nicht ändern, aber er konnte vom Herrn gebraucht werden, um den, welcher eine Änderung bewirken konnte, auf den Plan zu bringen! Wahrlich, es ist ein gesegneter Dienst, den du tatest, Hanani, wir wollen lernen von dir! Er war nicht ein Mann, der tatenlos die Hände faltete und über die Dinge, wie sie „nun einmal geworden“ waren, die Augen zum Himmel hob und sich selbstbewußt brüstete, er sei ja an dem allen nicht schuld, die Schuldigen säßen anderswo - „in den Denominationen und Sekten!“ -; nein, er griff gern zu, wo zu helfen war, er war „Lückenbüßer“, wo Not am Mann war; und darum, meine Brüder, darum geschah etwas, was noch heute uns immer zu neuer Bewunderung reißt und uns hoffen läßt, daß auch heute noch Mauerbau, Toreeinsetzung und Dankchor nicht unbekannte Dinge bleiben müssen.
Wo sind Männer wie Hanani?
Daß da die Belohnung nicht ausbleiben kann, ist selbstverständlich. Daß Nehemia, der Führer, seinen Bruder später an einen der hervorragendsten? - ja, aber vor allem verantwortungsreichsten Posten stellt (7,2), wer könnte das tadeln?! Sein Bruder hatte sich bewährt, als noch nichts von dem Kommenden zu sehen war; er hatte als „unbekannt“ sich die Wertschätzung, zu den „Wohlbekannten“ bei Gott und bei den Männern Gottes gezählt zu werden, erworben durch „Wahrheit in der Liebe“ (vgl. Eph 4), Tatkraft, Treue und Hingabe - er wird auch in nunmehr nötig und wichtig gewordenen Diensten seinen Mann stellen (vgl. Mt 25,21 und Lk 19,16.17!; das ist auch ein Grundsatz Gottes)!. Und so wird er dann mit Hananja zusammengetan - zwei Männer, die einander würdig waren! -, und da mögen sie nun handeln dem Willen und der Ehre Gottes gemäß zum Besten Seines Volkes!
Wenn der Herr will, werden wir in der nächsten Lieferung das Wirken dieser beiden (weiter) betrachten. „Handelt, bis daß Ich komme!“ sagt der Herr auch uns (Lk 19,13). Laßt uns lernen von dem unbekannten, uns nun aber wohlbekannten Hanani, und laßt uns nie vergessen, was steht in Off 22,12! Der Herr segne uns Sein Wort!
(Forts. folgt, s. G. w.)!
F. K.