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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
2Thes 2 – Der Mensch der Sünde2Thes 2 – Der Mensch der Sünde
Zwei Dinge werden in diesem Kapitel erwähnt, die dem Tage des Herrn vorangehen, nämlich der Abfall und der Mensch der Sünde. Die Thessalonicher waren durch die Verfolgungen und Drangsale, die sie zu erdulden hatten, beunruhigt worden, daß diese Leiden schon ein Teil des Tages des Herrn seien. Das war aber nicht der Fall, sondern ihre Leiden waren um des Reiches Gottes willen (2Thes 1,4.5). Gott hatte sie Seines Reiches würdig erachtet, um dessentwillen sie jetzt litten. An dem Tage des Herrn Jesus aber würde ihnen gerechterweise Ruhe zuteil werden, während diejenigen, die sie jetzt verfolgten, Trübsal und Vergeltung empfangen würden.
Der Apostel bittet sie deshalb, sich nicht erschrecken zu lassen, als ob der Tag des Herrn schon da sei. Er bittet sie um der Wahrheit der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus willen und ihres Hinauf-versammelt-werdens zu Ihm hin durch angebliche Geistesoffenbarung usw., sich nicht erschüttern zu lassen, als sei der Tag des Herrn mit den Trübsalsgerichten schon angebrochen. Der Apostel hatte sie ja selbst darüber belehrt (in seinem ersten Briefe), daß, wenn der Herr komme, die erste Tat Seiner Macht die sein werde, die ganze Schar der Seinigen - die auferweckten Entschlafenen und die verwandelten Lebenden - zu Sich hinauf zu versammeln in die Luft.
Nach dieser Entrückung wird eine kurze Spanne Zeit sein, in welcher der Mensch völlig zeigen wird, wozu er in seiner Gottentfremdung fähig ist. Solange die Gemeinde als Gottes Wohnung noch auf Erden ist, hält sie gleich einem Hindernis die Menschen auf, ihre Gottlosigkeit zu entfalten. Sobald aber die Gläubigen zum Herrn hinauf versammelt sind, ist das Hindernis fort. Und dann wird der offene Abfall zutage treten, der es dem Antichristen, dem Menschen der Sünde, ermöglicht, zu erscheinen. Alsdann wird die Gesetzlosigkeit und die Bosheit ihren Höhepunkt erreichen. Das Gericht über den Antichristen geht der Aufrichtung des Reiches unseres Herrn Jesus Christus voran.
Der Mensch nach dem Fleische kann sich nicht verändern. Er ist derselbe, wie am Anfang, so am Ende. Im Anfang verführte der Satan den Menschen mit der Versuchung: „Ihr werdet sein wie Gott.“ - Und am Ende wird der Mensch sich in den Tempel Gottes setzen, sich als Gott darstellen und göttliche Verehrung annehmen.
Während der Menschheitsgeschichte hat es manche Vorläufer dieser Endzeit gegeben, hier aber spricht der Apostel von dem tatsächlichen Auftreten „des“ Antichristen, des Menschen der Sünde, des Sohnes des Verderbens15. Johannes spricht schon in seinem ersten Briefe davon, daß viele Antichristen geworden seien (1Joh 2,18), hier aber lesen wir: „Schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam.“ Diese Worte zeigen uns, daß alle Elemente der Endzeit schon vorhanden sind. Aber da ist das, „was zurückhält“, und „der, welcher zurückhält“, wodurch das Erscheinen „des“ Antichristen gehindert wird. Solange der Heilige Geist hier auf der Erde in Seiner Gemeinde wohnt, ist ein Damm da, den die Flut der satanischen Macht nicht zu durchbrechen vermag. Auch die Obrigkeit ist ein Hemmnis wider die Bosheit, sich zu entfalten. Laßt uns Gott dafür danken!
Der Abfall - die offene Verwerfung des Christentums wird kommen. Dem Grundsatz nach zeigt sich der Abfall schon jetzt. Paulus schreibt schon Timotheus, daß der Geist ausdrücklich sagt, daß in den späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen werden, indem sie achten auf betrügerische Geister und Lehren der Dämonen, die in Heuchelei Lügen reden und betreffs des eigenen Gewissens wie mit einem Brenneisen gehärtet sind. Die wesentlichen Grundlagen des Christentums sind in der Welt schon längst aufgegeben, sogar von Männern, die äußerlich das Bekenntnis des Christentums aufrechterhalten; und manche, die für Stützen des Christentums gehalten werden, sind oft die größten Feinde des christlichen Glaubens.
Das Böse, das in unserer Schriftstelle besonders gekennzeichnet ist, ist die Gesetzlosigkeit - die Behauptung des menschlichen Willens, der keine Einschränkung duldet. Jetzt geschieht dieses noch nicht offenkundig, es wird noch eine gewisse Unterwerfung und eine gewisse Achtung vor der Heiligen Schrift und den göttlichen Dingen äußerlich zur Schau getragen. Der starke Zug geht jedoch dahin, daß der Wille des Menschen allein herrschen und alles dem Urteil und Willen des Menschen unterworfen sein soll.
Sobald aber „der, welcher zurückhält, aus dem Wege ist“, wird der christliche Glaube und auch der äußere Schein der Unterwerfung unter Gott aufgegeben wenden. Das, was sich vorübergehend vor bald 150 Jahren in der französischen Revolution zeigte, nämlich daß Gott von der Welt ausgeschlossen wurde, das wird dann tatsächlich geschehen. Die Gesetzlosigkeit, die solange im Verborgenen wirkte, wird sich dann in einer Person, in dem Antichristen, der hier der Gesetzlose - der Mensch der Sünde - der Sohn des Verderbens genannt wird, verkörpern. Er wird göttliche Verehrung beanspruchen und wird seine Ansprüche durch übernatürliche Kräfte rechtfertigen, die nach der Wirksamkeit des Satans sind, „in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge“. Die Furcht Gottes ist dann aufgegeben und die Vergötterung des Menschen an ihre Stelle getreten. Man ist entzückt über alles, was an Wunder grenzt, ohne nach seinem Ursprung zu fragen.
Gottes Gericht aber steht dahinter. In gerechter Vergeltung Seiner Verwerfung wird Gott einen starken Irrwahn senden, daß diese der Lüge glauben, auf daß alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit. Gott wird dann den Menschen die Freiheit geben, zu zeigen und zu erweisen, was sie wirklich sind. Gottes Wahrheit ist mächtig, die Seele, die sie liebt, von den dämonischen Einflüssen zu befreien. Die Menschen wollen sie aber nicht annehmen, denn ihre Herzen haben Wohlgefallen an dem Bösen gefunden, und Gott erlaubt es ihnen, ihr Herz zu offenbaren.
Der Mensch der Sünde ist nicht der erste, der den Namen „Sohn des Verderbens“ trägt. Der Herr bezeichnete schon damals Judas Iskariot, als Er von Seinen Jüngern sagte, daß Er sie behütet und keiner von ihnen verloren sei als nur der Sohn des Verderbens (Joh 17,12). In Judas sehen wir den eigenwilligen Menschen, der seiner Begierde und Lust nachgeht und sein wahres Gesicht so vollkommen zu verbergen wußte, daß er der kleinen Gruppe, die den Herrn hier auf Erden umgab, angehören konnte. Seine Gegenwart brachte das zerstörende Element in den kleinen Kreis hinein; aber es vernichtete den, der es hineintrug. Durch ihn und durch seinen Verrat, der zu dem Tode des Herrn beitrug, wurde die Auflösung jenes begnadeten Kreises herbeigeführt, aber das Verderben kam über ihn selbst. In der gleichen Weise wird in 1Kor 3,17 von dem Verderber des Tempels Gottes gesagt, daß Gott ihn verderben wird. Und so wird auch der Herr Jesus den Sohn des Verderbens verzehren durch den Hauch Seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung Seiner Ankunft.
Welche Erleichterung, sich von diesem dunklen Gemälde des Abfalles, der Bosheit und des Gerichtes wegwenden zu können und mit dem Apostel Gott zu danken, der uns „von Anfang erwählt hat zur Seligkeit in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit“ (V. 13). „Er Selbst aber, unser Herr Jesus Christus, und unser Gott und Vater, Der uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben hat durch die Gnade, tröste eure Herzen und befestige euch in jedem guten Werke und Wort.“ (2Thes 2,16.17)
A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.
15 Nach Dan 11,36.37 wird „der Antichrist“ ein abgefallener Jude sein, der „auf den Gott seiner Väter“ nicht achtet.
A. v. d. K.↩︎