Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 5 -Jahrgang 1917
1Sam 4,12-22 - „ Diese Bibelstelle und wir“1Sam 4,12-22 - „ Diese Bibelstelle und wir“
Als ich kürzlich eine stille Nachtkrankenwache im Lazarett zu halten hatte, wurde mein Herz beim Lesen des teuren Wortes Gottes auf obiges Kapitel gelenkt und ich wurde tief bewegt beim Betrachten des Schlusses desselben. Ich legte mir die Fragen vor: was ist mir, was ist uns heute die „Lade Gottes“ bezw. das, was uns in ihr vorbildlich gezeigt wird? Haben wir solche Sorge, solche heilige Angst und Fürsorge für dieselbe, wie Eli und seine eine Schwiegertochter, das Weib seines gottlosen, lästernden Sohnes Pinehas?9 Möchten wir das Verhalten dieser beiden Menschen Gottes nicht gering einschätzen, des Eli nicht, indem wir etwa sagen, er hätte nur lieber auf sein Haus achten sollen, daß seine Söhne nicht Jehova so verlästerten - des Weibes Pinehas nicht, indem wir sagen, sie hätte wohl mehr um ihren Mann getrauert. Nein, nicht also! Wohl hat Eli unendlich viel versäumt, indem er seinem Hause nicht „wohl vorstand“ (vgl. 1Tim 3,3), und darum dem jungen Samuel Platz machen mußte, aber im Grunde war er ein Mann, dem die Sorge für Jehovas Sache wohl am Herzen lag, der aber nicht Herr wurde seiner Schwäche. Wenn ihm Jehova aber nicht doch die Hauptsache gewesen wäre, nicht hätte er dann das von Ihm über ihn ausgesprochene Gericht so demütig hingenommen und sich darunter gebeugt (Kap. 3)!. Wie anders später der arme Saul (Kap. 28 und 31)! Nein, Eli war ein Priester Jehovas, besorgt um Seine Sache! Und nun siehe seine Sorge um die Lade Gottes (V. 13), die von dem damals nur äußerlich mit Recht Gottes Volk heißenden Israel mit in den Krieg mit den Philistern genommen war, ähnlich wie heute die christus- und gottlose Welt Gott auf ihrer Seite zu haben meint, wenn sie äußerlich „mit Gott“ sagt! Elis Sorge war nur allzu berechtigt angesichts dieses Volkes und seiner Oberflächlichkeit, Sünde und Gottentfremdung. Und dann müssen wir sehen, wie sein Tod in Verbindung mit dem Verlust der Lade Gottes steht (V. 18), und es ist mir köstlich, daß der Geist Gottes gerade diesen Ausdruck gebraucht, um die Ursache des Todes Elis festzustellen, nicht etwa denselben als unmittelbare Folge der Nachricht von dem Tode seiner Söhne uns kündet. Und wenn Psalm 116,15 uns sagt, daß „der Tod Seiner Frommen in den Augen Jehovas kostbar ist“, so ist auch Elis von Jehova in Verbindung mit dem Verlust der Lade Gottes zugelassener Tod Ihm Selbst kostbar, und des Priesters Elis Sorge um Gottes Sache wird ihren Lohn finden an Seinem Tage.
Aber köstlicher noch ist das Ende seiner Schwiegertochter, des Weibes des „Belialssohns“ (2,12) Pinehas. Sie war äußerlich in einer für „Hiobsbotschaften“ gefährlichen Lage (V. 19) und sie war wohl eine einsame Frau, trotzdem sie verheiratet war, ich möchte meinen, sie ging ihren Weg innerlich getrennt von ihrem Gatten, dessen böses Tun sie nicht billigte, sie liebte Jehova, Er war ihr geheimer Schatz (vgl. Lk 12,34)!. Sie zeigte in ihrer ergreifenden Todesstunde etwas von der Aufgabe einer echten Mutter, die ihrem Kinde etwas Ewiges, Göttliches, Segenbringendes mit ins Leben geben will, auch wenn sie selbst dies göttliche Samenkörnlein nicht mehr pflegen kann noch es aufgehen sehen darf. Sie gab ihrem Kinde einen Namen, der, solange die Bibel gelesen werden wird, ihrer Person, deren Namen der Geist Gottes uns vorzuenthalten für gut befunden hat, ein „Gedächtnis“ bewahrt, das, wenn es auch von dem „Gedächtnis“ übertroffen wird, das uns Mt 26,13 berichtet, dennoch auf der gleichen Linie liegt: vom Herrn anerkannt und also der Nachwelt überliefert! Welch ein Erbteil auf den Weg bekam der kleine Jkabod (d. i.: „Nichtherrlichkeit“)! Wird er nicht später, als die Lade längst wieder in Israel weilte, noch erinnert worden sein und andere durch seinen Namen erinnert haben an jene Zeit traurigster Erniedrigung des Volkes Gottes, da die Bundeslade in Feindeshand gelassen werden mußte, und zwar durch des gottentfremdeten Volkes Schuld?! Welche Predigt für ihn und das Volk war sein Name! Und kann man nicht von dort aus die Linie ziehen bis in die „erfüllte Zeit“, da Gott Seinen Sohn sandte, geboren von einem Weibe, den, der „Immanuel“ - „Gott mit uns“ heißt, und in dem die Herrlichkeit den Seinen auf dieser Erde erschien? „Wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut ...“ (Joh 1,14). - Wann aber wird kommen die Zeit, da die Herrlichkeit Jehovas inmitten des erneuerten, zurückgebrachten alten Bundesvolkes Israel thronen wird, wie in Jesaja 60 verheißen? Sie wird kommen, ja, Amen!
Und nun überlege in deinem Herzen noch V. 22!
Dieses Wort, vom Heiligen Geist uns überliefert, läßt uns ganz deutlich erkennen, daß es nicht der Verlust ihres Schwiegervaters und ihres Mannes (beachte: von ihrem Manne ist an zweiter Stelle geredet, ihr Schwiegervater stand ihr innerlich näher)! ist, der die Hauptursache ihres Todes ist, sondern der Verlust der Herrlichkeit durch den Verlust der Lade Gottes! Geschwister, steht uns die Sache des Herrn also im Vordergrund? Ist Er, der für Paulus das Leben war, um Derentwillen er alles für Schaden und Dreck erachtete (Phil 1,21; 3,8), für uns auch so die Hauptsache, die erste Person, unser Schatz, unsere Kraft, Freude, Friede, ja alles in allem, wie wir es hier vorbildlich in diesem vielleicht von der Welt, auch der religiösen Welt damals wenig geachteten Weibe des Pinehas sehen? Wenn anders „wir Christi Geist haben“, so verstehen wir leicht, daß die Bundeslade, die den „Gnadenstuhl“ oder „Sühndeckel“ trug (vgl. 3. Mose 16,14 mit Röm 3,25), ein Vorbild von Christo ist, wie denn auch ihr Inhalt (die Tafeln des Gesetzes, der Krug mit dem Manna, [vgl. Off 2,17 und dazu Frg. 6 dieses Jahrbuches!] und der Stab Aarons, Heb 9,4.5) uns insgesamt und einzeln Christus zeigen oder Züge Seines Wesens, Seiner Schönheit und Seines Werkes und Wirkens. Darüber mehr nachzusinnen, als es gemeinhin wohl unter uns Gläubigen geschieht, ist ein gesegnetes Tun, durch das uns die Person und das Werk Christi herrlicher wird, als wenn wir etwa die Schrift hauptsächlich nur unter dem Gesichtspunkt lesen: was haben wir darin, wie bekommen wir am besten (und bequemsten) Trost und Stärkung für den Weg durch dies Jammertal, besonders jetzt im Kriege?! Ihn suchen in den Schriften (Joh 5,37) und darin finden und in Ihm „volles Genüge“ haben, „Leben im Überfluß“, „einen gedeckten Tisch angesichts der Feinde“, einen vollen Becher (Joh 10,10b;
Ps 23) - das ist Herrlichkeit schon hienieden im Tränental, so daß wir es vermöge Seines Geistes (Joh 7,37ff). „zu einem Quellenort“ machen können (Ps 84,6). - Also in der Lade Gottes sehen wir ein wunderbares Abbild, Vorbild auf Christus Jesus, unseren herrlichen Heiland und Herrn, die Wonne des Vaters (Spr 8), an dem der Vater allezeit Sein Wohlgefallen hatte, auch als Er auf Erden mitten unter den Feinden weilte, wie einst die Lade Gottes.
Und darum zum Schluß die Frage des Anfangs: Was ist Er uns? Möchten wir von Eli und noch mehr von dem Weibe des Pinehas lernen, in der rechten Weise von Ihm, von dem die Lade Gottes nur „der Schatten“ ist, zu denken und zu reden in dieser Welt und ihr gegenüber, und nicht nur dies, sondern Ihn überhaupt richtig zu werten, einzuschätzen, so daß Er unser Alles, unser Schatz ist, wo unser Herz zu Hause ist! Wie leicht hört man unter Gläubigen nicht geziemend von Christo reden, wie oft hört man sogar im Gebet einen Mißbrauch Seines Namens, sei es, daß der Ihm zukommende Titel „HErr“ einfach ausgelassen wird, als wenn er gleichgültig wäre (so auch in vielen sonst schönen Liedern)! sei es, daß Sein Name schier ungezählte Male genannt wird, fast wie ein Flickwort! Laßt uns heilig umgehen mit dem Heiligen (Lk 1,35, Mt 7,6, vgl. Frg. 16 ds. Js)., besonders auch, wenn wir vor den Ohren der unheiligen Welt von Ihm oder über Ihn reden und bei solchen Gelegenheiten dann die unwissende und Ihn als Sohn Gottes ablehnende Welt in oft von uns nicht wiederzugebenden, häßlichen, in satanischem Geist gesprochenen Worten von Ihm, unserem Herrlichen, spricht! Laßt uns vorsichtig bemüht sein, Seine Ehre zu vertreten, aber ohne auch nur in oberflächlichen Worten und ähnlichem Wesen, wie jene, zu reden und zu zeugen von Ihm! Bedenken wir Joh 8,49.50.54! Aber auch, wenn wir mit solchen reden dürfen, die nahe davor sind, Ihm sich zu Füßen zu legen, oder zu Jungbekehrten, daß wir dann doch stets mit der geziemenden Ehrfurcht von Ihm, über Ihn, zu Ihm reden möchten, um Seine Ehre nicht anzutasten und um den anderen ein göttliches Beispiel zu geben, wie Seine heilige Person anzusehen ist. Viel ließe sich über diesen Punkt noch sagen, aber dies genüge, um dem Leser in dieser Hinsicht unsere Verantwortung für „das Heilige“ zu zeigen.10
Und von Ihm Selbst zu Seiner Gemeinde, zu Seinen Heiligen, Seiner „kostbaren Perle“ (Mt 7,6) ist nur ein kleiner Schritt (vgl. Eph 5,22-33)!. Seine Gemeinde, die Sein Leib ist (Eph 2,23), Sein Haus (1Tim 2,15), Seine Herde, Sein Tempel - das alles sind Dinge, die mit unserer Stelle in Verbindung gesehen werden können. Haben wir für dieselben eine solche heilige Sorge wie hier Eli und jenes Weib für die Lade Gottes? Eine solche Besorgnis, daß sie uns wichtiger sind als die Fragen, die uns persönlich betreffen, wie unsere „persönliche Erbauung“, (d. h. losgelöst von der Gemeinde), „Sorgen der Nahrung“, Dinge dieser Welt? Die Gemeinde ist Christi vornehmstes Interesse in der gegenwärtigen Weltzeit, wie uns z. B. Paulus zeigt, der fast nichts an Belehrung uns gibt, losgelöst von der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Gemeinde (vgl. z. B. 1Kor 10,32 und 2Kor 11,28)! - was ist sie uns? Was Ihm, dem Herrn und unserem Haupt köstlich ist - darf und kann uns dies mehr oder weniger gleichgültig sein?
Möchten durch den Geist Gottes uns diese Gedanken, die mir wichtig genug waren, sie weiterzugeben, uns an unsere Vorrechte und Verantwortung, als „treue Haushalter“ zu handeln, mahnen, indem wir das Tun jener beiden Menschen, des Eli und seiner Schwiegertochter, auf uns wirken lassen! Möchte uns „die Herrlichkeit Gottes in Christo“, ja Er Selbst und Sein Werk, Sein Wirken heute: Seine Gemeinde, über alles gehen, „indem wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare“ (2Kor 4,18) und wissen: „Er kommt bald, und Sein Lohn mit Ihm, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird!“ (Off 22,12.20).
Amen, komm, Herr Jesu!
F. K.
(z. Zt. b. Militär).
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9 Nicht zu verwechseln mit dem Pinehas aus 4. Mose 25 und Psalm 106,30!↩︎
10 Über eine höchst wichtige Frage des persönlichen heiligen Wesens des Herrn Jesu vgl. das auf der letzten Umschlagseite angezeigte Büchlein „War Jesus versuchlich?“!↩︎