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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 21 - Jahrgang 1936
Mal 1,8 - Schriftgemäße Stellung und geistlicher ZustandMal 1,8 - Schriftgemäße Stellung und geistlicher Zustand
„Und wenn ihr Blindes darbringet, um es zu opfern, so ist es nichts Böses; und wenn ihr Lahmes und Krankes darbringet, so ist es nichts Böses.“ (Mal 1,8)
Das Volk Israel befand sich nicht mehr in der babylonischen Gefangenschaft, wo es an den Flüssen saß und weinte - wo es die Lauten an die Weiden hing, weil es Zions Lieder nicht singen konnte, wo es bedrückt und traurig fern von der Heimat war. Wie hätte es auch ein Lied Jehovas auf fremder Erde singen können?! (Ps 137,1-6) Nein, es war wieder durch die Gnade Jehovas, der die Gebete einiger treuer Männer, die sich demütigten und die Sünden bekannten, erhört hatte, in dem alten, heiß geliebten Heimatlande. Wie groß war die Freude, wieder in Jerusalem zu sein, obwohl die Stadt bei der Rückkehr nur ein Trümmerhaufen war! Der Altar war wieder an seiner richtigen Stelle aufgerichtet, der Tempel unter großem Kampf, trotz Feindschaft und Widerwärtigkeiten auf der alten Grundlage aufgebaut und der gesetzmäßige Gottesdienst mit den rechten Priestern wieder eingeführt. Auch die Mauern hatte man später unter der mutigen Führung des treuen Nehemia um die Stadt gebaut. Zu diesem allen hatte der Herr Freudigkeit und Gelingen gegeben.
Ja, das Volk war wieder auf dem richtigen Platze in dem Gelobten Lande. Aber der geistliche Zustand des Volkes ließ viel zu wünschen übrig. Das Herz war trotzig geworden und geneigt, dem Herrn zu widersprechen. Äußerlich ging es nicht gut im Lande, weil die züchtigende Hand des Herrn auf demselben lag. Der Fresser verdarb die Frucht des Bodens, der Weinstock auf dem Felde trug fehl (Mal 3,11), und die äußeren Verhältnisse im Lande waren weder günstig noch gedeihlich. Das alles kam daher, weil der geistliche Zustand nicht so war, wie er hätte sein sollen. Man brachte dem Herrn das Schlechte der Herde als Opfergabe; man sagte, daß der Tisch des Herrn verächtlich sei, man brachte unreines Brot auf den Altar. Deshalb mußte der Herr sagen: „Ich habe keine Lust an euch, spricht Jehova der Heerscharen, und eine Opfergabe nehme Ich nicht wohlgefällig aus eurer Hand an.“ (Mal 1,10) Die Priester waren leider die Führer in diesen Gott entehrenden Sachen, und Gott ließ ihnen sagen: „Ihr aber seid abgewichen von dem Wege, habt viele straucheln gemacht im Gesetz ... So habe auch Ich euch bei dem ganzen Volkes verächtlich und niedrig gemacht, in demselben Maße wie ihr Meine Wege nicht bewahret und die Person ansehet beim Gesetz.“ (Mal 2,8.9)
Ja, groß war die Anklage Gottes wider das ins Gelobte Land zurückgekehrte Volk, und ernste Warnungen über ein schnell hereinbrechendes Gericht wurden gegeben. „Ich werde euch nahen zum Gericht ...“ (Mal 3,5) Dies alles ist ernst und lehrreich für uns; denn dies sagt uns, daß es möglich ist, sich an dem richtigen, von Gott bestimmten Platze zu befinden, wie damals Israel (5. Mose 16,6; 1Chr 22,1), und doch in einem geistlich traurigen Zustand zu sein. Mit dem Volke Israel kam es dann so weit, daß es sogar den Herrn der Herrlichkeit, seinen Messias, gerade an dem von Jehova erwählten Orte, Seinen Namen daselbst wohnen zu lassen, zum Tode verurteilte und kreuzigen ließ!! Danach ließ der Herr die Römer kommen, die Stadt zugrunde richten und das Volk in alle Welt zerstreuen. (Mt 22,7)
Auch wir wollen gewiß durch Gottes Gnade an dem Orte sein, den Er erwählt hat, d. h. wir wollen die schriftgemäße Stellung einnehmen und nicht in Babel bleiben. Gerade wie Ägypten die Welt vorbildlich darstellt, in welcher wir uns in unseren unbekehrten Tagen befanden, so bedeutet Babel die religiöse Welt, in welcher leider viele Gotteskinder noch bleiben. Sie entschuldigen sich mit der Ausrede, daß viele, die in Babel blieben, ein heiligeres Leben führen als solche, die herausgingen. Leider ist das oft wahr, allein diese
Ausrede wird an jenem Tage vor dem Herrn nicht stichhaltig sein. Der Herr fordert in Seinem Worte die Absonderung des Gläubigen von den Ungläubigen und ihren religiösen Systemen und Organisationen. Das kann und muß aber im Geist der Demut und des kindlichen Vertrauens auf den Herrn geschehen. (2Kor 6,14-18)
Wenn wir durch die Gnade Gottes nur den einfachen biblischen Grund einnehmen, indem wir die Anordnung der Schrift betreffs Anbetung, Dienst des Wortes usw. befolgen, so müssen wir desto mehr acht auf unseren geistlichen Zustand geben, sonst kommen wir in Gefahr, dem Volke Israel nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft ähnlich zu werden; und wie schlecht es mit Israel stand, finden wir besonders in dem Buche Maleachi. Das Herz des Volkes stand nicht recht zu seinem Gott, und das offenbarte sich in dem ganzen Wesen und Wandel desselben; darum mußte der Herr klagen: „Eure Worte sind trotzig gegen Mich gewesen.“ (Mal 3,13) Das brachte schließlich das Gericht über das Volk; „denn die Zeit ist gekommen, daß das Gericht anfange bei dem Hause Gottes“ (1. Petrus 4,17). Wenn nun unser geistlicher Zustand auf einem niedrigen Niveau ist und wir uns darum nicht kümmern, sondern stolz auf unsere schriftgemäße Stellung sind, „indem wir sprechen: Der Tempel Jehovas, der Tempel Jehovas, der Tempel Jehovas ist dies!“ (Jer 7,4), so wird Gericht auf uns kommen, wie der Herr das der Gemeinde zu Laodizäa ankündigte: „So werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde.“ (Off 3,16)
Paulus schrieb über die Juden: „Denn der Name Gottes wird eurethalben unter den Nationen gelästert.“ (Röm 2,24; siehe auch Hes 36,20-23; Jes 52,5) Sie wollten das besondere Volk Gottes sein und den ganzen Gottesdienst genau nach dem vorgeschriebenen Gesetz an dem von Gott erwählten Orte ausüben, und doch waren sie in einem traurigen, geistlichen Zustand! Der Herr bezeugt dies in den ernsten Worten: „Ihr übergehet das Gericht und die Liebe Gottes; diese Dinge hättet ihr tun und jene nicht lassen sollen.“ (Lk 11,42)
Wie kann nun der oft niedrige geistliche Zustand wieder gehoben werden? Sicher nur durch Selbstgericht und die
Lebensgemeinschaft mit dem Herrn. Von Ihm lernen wir, was Er von uns verlangt und fordert (Mt 11,29.30; Joh 13,14-17). Wenn wir das Herz unseres Herrn erfreuen wollen, müssen wir ein wachsames Herz über unseren eigenen geistlichen Zustand haben, damit die wahre Frucht des Geistes und die liebliche Frucht der Gerechtigkeit mehr und mehr an uns offenbar werde. Eine äußere schriftgemäße Stellung ohne den entsprechenden inneren geistlichen Zustand ist dem Herrn ein Greuel und bringt das Gericht über uns.
F. Btch.