Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
Joh 1,19 – „Ein Vorbild der Demut“Joh 1,19 – „Ein Vorbild der Demut“
Johannes war nach seinem einfachen Selbstzeugnis nur die Stimme eines Rufenden in der Wüste; und doch erscholl sein Wort über das ganze jüdische Land und blieb auch in Jerusalem nicht ungehört. Gott hatte ihm eine Botschaft anvertraut, und mit Kraft richtete er sie aus. Man konnte über diesen Mann nicht zur Tagesordnung übergehen, überall wurde sein Name genannt. Als der Wegbereiter des Herrn brachte er das ganze Volk in Bewegung, so daß es in Scharen zu ihm hinausströmte. Es konnte deshalb nicht ausbleiben, daß sich auch die Schriftgelehrten und Pharisäer mit ihm befassen mußten.
Eine Abordnung von Priestern und Leviten wurde zu ihm gesandt, um ihm sehr versuchliche Fragen über seine Person zu stellen; er aber ließ sich durch solche nicht beeinflussen; klar und bestimmt bekannte er, daß er weder Christus noch Elias, noch der Prophet sei. Den Fragestellern aber genügte diese Antwort nicht, sie wollten für sein ungewöhnliches Auftreten auch eine besondere Würde in seiner Person haben, mit der er sein Auftreten rechtfertigen könne. Aber er dachte über sich und über die Meinung der Priester anders. Frei von aller Selbsterhebung hielt er sich in aller Demut an das Wort der Weissagungen, und in dieses Wort führte er seine Fragesteller ein.
Mit welchem Ernst und mit welcher Demut wachte er darüber, daß niemand eine falsche oder hohe Meinung von ihm haben könnte. Wie hoch dagegen stellte er den Herrn über sich, dem er nicht würdig sei, den Riemen Seiner Sandalen zu lösen; wie suchte er damit seine Fragesteller zu der heilwirkenden Erkenntnis der Person des Herrn zu führen.
Auch wir sind berufen, inmitten der Wüste dieser Welt die Stimme des Zeugnisses für den Herrn zu sein. Jedes Kind Gottes ist in seinem Charakter, in seinem zuvor bestimmten Weg und in der ihm verliehenen Aufgabe wohl gleich wie Johannes eine Eigenart, aber doch nichts mehr als ein Werkzeug in des Herrn Hand, und deshalb ist es uns auch nicht gestattet, uns irgendwie besonders hervorzuheben. Unsere ernste Pflicht ist vielmehr, die Herrlichkeit unseres Herrn und Seines Werkes in den Vordergrund zu stellen und von uns nur zu reden, wenn es gilt, die Gnade Gottes zu preisen, welche uns Sünder mit dem Heiland zusammenbrachte. Johannes wollte tatsächlich nur als eine „Stimme“ gelten und empfand es als Seligkeit, als eine solche gebraucht zu werden. Sein Herz war ausgefüllt von dem, dessen Gegenwart er kurz nachher so freudig bezeugte.
Wenn wir Zeugen Gottes werden wollen, müssen wir auch solche Demut besitzen, wie wir sie bei Johannes in so vorbildlicher Weise sehen, die nicht uns, sondern den Herrn erhebt. Nur was wir in Demut reden und tun, kann zum Preise des Herrn gereichen. Die Verherrlichung Seines wunderbaren Namens ist der Boden, auf welchem wir allein Gott wohlgefällig sein können. Seine Person, Sein Werk füllte so sein Herz und Leben aus, daß er die Gedanken der Fragesteller ganz von sich weg und auf den Herrn hinleitete. Ach, daß wir das besser verständen, uns nur mit dem zu bezeichnen, was der Herr von uns sagt, und Ihn zu verherrlichen, der uns in die Gnadenstellung von Kindern Gottes brachte.
Johannes sagte zuerst, was er nicht sei, er lehnte alle hohen Namen ab. Wieviel mehr Kraft würde unser Zeugnis haben, wenn wir es ebenso machten und alles, was unser Ich betrifft, beiseite setzten. Jedes Zögern nach dieser Seite hin hindert unsere Umgebung, den zu erkennen, der in Seinem Wesen und in Seinem Werk uns so weit überstrahlt. Unser innigster Wunsch muß es sein, daß der Herr Jesus wächst, wir aber immer kleiner werden, weil uns nur auf diesem Wege Gnade gegeben werden kann. Johannes setzte den Herrn voran und bezeichnet Sein Wachsen als naturnotwendig, und erst hinterher nennt er seine Person, welche abnehmen muß. (Joh 3,30)
Johannes nannte sich selbst die Stimme eines Rufenden. Diese Bezeichnung entnahm er der Weissagung, welche seine Lebensaufgabe und sein Bild, wie es Gott bestimmt hatte, enthielt. Es war bei ihm keine gesuchte Bescheidenheit, sondern ein völliges und ganzes Eingehen in die ihm von Gott zugeteilte Aufgabe. Er bekennt sozusagen, daß seine Aufgaben und sein Werk von oben stammten und er seinen Lebensberuf nicht selbst gewählt, sondern daß derselbe ihm vom Herrn bestimmt und von den Propheten Jahrhunderte zuvor aufgezeichnet sei. Nichts anderes will er sein, nur Stimme, und nicht mehr. In diesem geht er auf, und mit der Botschaft will er geachtet oder mit ihr verachtet werden. Würdevoll und doch demütig spricht er gleichsam: „Ihr irrt euch, aber nur in der Person; ich bin nicht Christus, aber Christus ist mitten unter euch; noch kennet ihr Ihn nicht; aber bald werdet ihr Ihn kennen, den, der vor mir gewesen ist, dessen Schuhriemen aufzulösen ich nicht wert bin.
So einfach und klar, wie Johannes alles ablehnte, was er nicht war, so einfach und klar sagt er ihnen auch, wer der Herr Jesus ist. Er erkannte Ihn als das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt. Wohl erstreckte sich seine Erkenntnis noch nicht im einzelnen über Jesu Leiden und Verherrlichung, aber doch umfaßte sie schon den ganzen Umfang des Werkes Christi, welches er für uns am Stamme des Kreuzes vollbracht hat.
Wenn nun ein Mann wie Johannes, der das ganze jüdische Land in Bewegung setzte, an den die Juden eine besondere und ehrenvolle Gesandtschaft sandten und von dem der Herr Jesus selbst sagt, daß er der Größte unter den Propheten gewesen, in einer so demütigen Stellung sich vor dem Herrn beugt, dann wollen auch wir lernen, in aller Einfachheit, Wahrheit und Demut Den zu preisen, der uns Anlaß zum ewigen Heile wurde. Berufen, Seinen Namen zu bezeugen, laßt uns in Demut als Geliebte Gottes unerschrocken für Gottes Ehre eintreten und unsere Lebensaufgabe mit aller Demut in der Kraft des Herrn erfüllen!
Ed. v. d. K., H.
Erstellt: 06.04.2024 11:08, bearbeitet: 15.11.2024 17:27
Quelle: www.clv.de