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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 8 -Jahrgang 1921/22
„Die Knechtschaft des Christus“„Die Knechtschaft des Christus“
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus!“ In diesem bekannten Gruß des Apostels tritt uns grundlegend unser Verhältnis zu Gott und zu Seinem Sohne entgegen. Gott unser Vater und Christus unser Herr. Das eine ist mit dem anderen so untrennbar verbunden, daß es selbstverständlich sein sollte, daß jedes Kind Gottes auch ein Knecht Christi ist. Und wie sieht es in Wirklichkeit aus?
Wenn ein Mensch in Erkenntnis seines sündigen Zustandes die ihm in Christus angebotene Errettung ergreift, an Jesum als Herrn glaubt (Apg 16,31), übergibt er in der Stunde seiner Bekehrung seinen ganzen Willen, ohne jede Einschränkung, rückhaltlos dem Herrn. Würde der Mensch mit dem kleinsten, nichtigsten Vorbehalt zum Heiland kommen, könnte er nicht Sein Jünger sein (Lk 9,57-62; 14,33). Gott könnte nicht das Siegel Seines Geistes auf jene Stunde drücken, der Mensch hätte eine Erweckung, aber keine Wiedergeburt erlebt. Wer sich aber aufrichtigen Willens in die Knechtschaft des Christus begab, dem gab Er das Recht, ein Kind Gottes zu werden.
Was geschieht nun? Sein Geist gibt Zeugnis unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind (Röm 8,16). Ein Wiedergeborener erlebt jene volle Gnade, jene Herrlichkeit, ein Kind Gottes zu sein. Über diesem Bewußtsein beachtet er aber oft nicht, daß er zugleich ein Sklave Jesu Christi ist, daß er gebunden ist an Ihn.
Haben wir es nicht alle erlebt, wie wir zuerst in dem Gedanken der Gotteskindschaft diese Knechtesstellung außer acht ließen? Sieht man nicht heule viele Kinder Gottes, die sich ihrer kostbaren Kindesstellung freuen und gar nicht daran denken, daß sie in Christus ihren Herrn haben? Daß sie, obgleich nicht unter dem Gesetz als Knechte (Gal 4), dennoch dem Christus gesetzmäßig unterworfen sind? (1Kor 9,21).
So sehen wir es als traurige Tatsache, wie Kinder Gottes, richtige Kinder Gottes, es fertig bringen, die Gedanken Gottes, die uns Sein Wort doch so klar und einfach mitteilt, zu korrigieren, solche Korrekturen (z. B. über die Gemeinde Gottes, die Taufe, das Brechen des Brotes, die Ordnung des Gottesdienstes) als zu Recht bestehend anzuerkennen und mitzumachen, und die sich nicht scheuen, zu den Korrekturen noch Ergänzungen (Konfirmation, Beichten u. a. m). hinzufügen, als ob Gottes Wort so unvollkommen oder so unmodern und unpraktisch wäre, daß sie es verbessern müßten.
Oder: Kinder Gottes bleiben ruhig in ungöttlichen Verbindungen, sie halten am „Geschichtlichgewordenen“ fest, sie mögen sich von ihren religiösen Gefühlen, Gewohnheiten, Überlieferungen nicht trennen. Ja, sie verachten ihre Brüder, die es genauer nehmen mit Gottes Wort, sie nennen sie engherzig, gesetzlich, Sektierer, warnen andere vor solchen und lassen Geschwister lieber ohne Gemeinschaft, lieber in die Welt zurückgehen, als zu den freistehenden Brüdern.
Das alles bekommen Kinder Gottes fertig! Ganz abgesehen von den schweren Folgen, die das Beharren im Ungehorsam nach sich zieht. Ganz gewiß sind das noch Kinder Gottes, noch unsere Brüder und Schwestern, die wir in Liebe tragen sollen, aber es sind keine Knechte Christi mehr.
Ein Knecht des Herrn ist gebunden wie Paulus, gebunden an seinen Herrn und die kostbaren Gedanken Seines Wortes. Er hat Römer 7 erlebt, weiß, daß er ein elender Mensch ist, unfähig, etwas für seinen Herrn aus eigener Kraft zu tun. Er gründet keine Vereine und wähnt nicht, auf Grund seiner Kenntnisse (oder gar Studiums) und Fähigkeiten irgend eine Arbeit tun zu können. Sein Herr kann ihn nur in Schwachheit benutzen, aber Er benutzt ihn, wenn er sich in Demut beugt unter Seine Gedanken. Er ist ein unbedingter Knecht des Herrn Jesus. Aber er kann kein Menschenknecht mehr sein, er steht frei da gegenüber der Welt, frei von Religion und jedem eigenwilligen Gottesdienst. Er kann nicht anders, als die klaren Befehle des Herrn auszuführen, und er steht, angetan mit der ganzen Waffenrüstung Gottes (Eph 6,10-20).
Sag' an, lieber Bruder, liebe Schwester, bist du wirklich ein Knecht Jesu Christi? Trägst du Seine Schmach, Sein Kreuz, folgst du Ihm auf dem schmalen Wege? Oder ist dein Pfad noch etwas breiter, hast du vergessen, daß du Jesu deinen ganzen Willen übergeben hast? Wie willst du dann vor Gott bestehen? Als einer, der das Holz, Heu, Stroh (1Kor 3,12) der eigenen Gedanken und Werke auf dem gelegten Baugrund ausführte, oder als der, welcher in Treue und im Gehorsam Gold, Silber und Edelsteine baute, die im Feuer sich bewähren?
Paulus war ein Knecht Christi. Er hatte in Schwachheit und törichter Predigt mehr gearbeitet als irgend ein anderer Apostel und wußte doch, daß sein ganzer Lauf vergeblich gewesen wäre und die weitere treueste Arbeit wertlos sein müßte, wenn er sich eines Ungehorsams schuldig gemacht hätte (Gal 2,2). Vielleicht war es kein leichter Schritt für den Apostel, nach Jerusalem zu gehen, vielleicht hätte er Ungehorsam vor sich selber mit der dringenden Arbeit unter den Nationen entschuldigen können, aber rückblickend erkennt er, daß der eine Ungehorsam in einem scheinbar so gleichgültigen, äußeren Punkt ihn um seinen ganzen Lohn gebracht haben würde.
Welch ein furchtbarer Ernst in einem Verse! Wie riesengroß die Verantwortung des einzelnen, welche Mahnung zum Gehorsam!
Wenn also ein Gotteskind in einem erkannten Punkte untreu ist, nicht die Konsequenzen zieht, baut es Holz, Heu, Stroh und wird Schaden nehmen, ganz gleich, ob der Herr ihn auch in dieser in Ungehorsam getanen Arbeit in Seiner Liebe zu den Verlorenen gesegnet hat oder das Werk zugrunde gehen ließ. Reden nicht auch die Bilder Mose, Saul und des „Alten Propheten“ (1Kön 13) eine deutliche Sprache?
David hatte auch gesündigt, aber David demütigte sich über seine Sünde und tat Buße. Kinder Gottes sind oft untreu, aber wenn sie umkehren und ihre Schuld bekennen, vergibt der Herr (1Joh 1,9). Wenn du, lieber Bruder, bisher auf dem Wege des geheimen Ungehorsams beharrtest, willst du dich nicht beugen und Buße tun, daß völliger Friede einziehe in deinem Herzen?
Nichts macht ein Gotteskind glücklicher, als ein Knecht seines geliebten Herrn sein zu dürfen. Außerhalb des Lagers Seine Schmach tragend, schreitet es aufwärts auf dem engen Pfade, gehaßt von der Welt, besonders von der religiösen Welt, ausgestoßen, verleumdet und verachtet. Was am meisten schmerzt, ist die Befeindung von seiten der Brüder. Ein Knecht ist nicht über seinem Herrn. Auch Er wurde verworfen, und Seine Apostel waren ein Schauspiel den Engeln und den Menschen (1Kor 4,9).
Aber der Herr Selbst hat Seinen treuen Knechten herrliche Verheißungen gegeben (z. B. Lk 12,37; Off 22,3.4). Sie wissen, daß sie Ihm einst dienen werden in Ewigkeit, daß sie Sein Angesicht sehen werden und daß Sein Name an ihren Stirnen sein wird.
P. B.