verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 12 -Jahrgang 1927
Jud 3 - „Genötigt ... zu ermahnen“Jud 3 - „Genötigt ... zu ermahnen“
Judas, der Knecht Jesu Christi, beabsichtigte, den Heiligen über das gemeinsame Heil zu schreiben. Dies bewegte augenscheinlich sein Herz. Und es würde sicher für uns alle ein Gewinn gewesen sein, etwas über diesen Gegenstand aus der Feder des gesegneten Knechtes Jesu Christi gehört zu haben. Aber Gefahren waren im Anzuge, welche Worte der Warnung, der Ermunterung und des Trostes erforderten. So wurde er, statt über das „gemeinsame Heil“ zu schreiben, geleitet, „den in Gott, dem Vater, geliebten und in Jesu Christo bewahrten Berufenen“ die gegenwärtigen und zukünftigen Gefahren zu schreiben, welche diesen drohten.
Das Verderben, welches sich langsam durch die Jahrhunderte entwickelt hat, nahm seinen Ausgang von dem wohlbegründeten Bau der Gemeinde Gottes. In dem vierten Verse weist Judas auf „gewisse Menschen“ hin, die sich durch Betrug in die Gemeinde eingeschlichen hatten, um von innen heraus Grundlagen des Glaubens, wie wir solche in der „Gnade unseres Gottes“ und in dem „alleinigen Gebieter und Herrn“ Jesus Christus besitzen, zu „verkehren“ und zu „verleugnen“. Diese Menschen waren zielbewußt an der Arbeit, auf diesen sicheren Grundlagen ein falsches Bekenntnis aufzubauen.
Wenn der Satan für sein Werk Grundlagen braucht, auf welche er seine verderbenbringende Arbeit errichten kann, wieviel mehr sind dann für die Heiligen die Grundlagen wichtig, um sich selbst aufzuerbauen auf ihren allerheiligsten Glauben. (V. 20).
Der Apostel spricht hier nicht von dem Glauben, durch welchen wir das Evangelium für unsere Errettung annehmen, sondern von dem Gegenstand des Glaubens, von der Glaubenslehre, dem Glaubensbekenntnis, dem Glauben, der den Heiligen überliefert wurde und für den sie zu kämpfen hatten.
Judas berührt nun drei große Grundlagen des Glaubens, nämlich: 1. „Den Heiligen Geist“, 2. „die Liebe Gottes“ und 3. „die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus“ (V. 21). Diese drei wichtigen Wahrheiten verbindet er alsdann mit drei höchst notwendigen Herzensübungen: 1. „Mit dem Beten im Heiligen Geiste“, 2. mit „sich selbst Erhalten in der Liebe Gottes“ und 3. mit dem „Erwarten der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus“. Sicher wurde Judas in der Anführung dieser drei wichtigen Wahrheiten göttlich geleitet, und diese drei Dinge waren zweifellos besonders nötig und passend für die Zeit, von der er sprach.
Der Heilige Geist, der vom Himmel herabgekommen, jetzt auf Erden gegenwärtig ist, wird zuerst erwähnt. In diesen Tagen der Prüfungen und Versuchungen ist Seine Gegenwart für das Volk Gottes als die Quelle ihrer Kraft von größter Bedeutung. Diese Seine Kraft wird in besonderer Weise in uns wirksam durch das Gebet. Wenn wir den listigen oder auch den gewalttätigen Angriffen des Satans siegreich begegnen wollen, so müssen wir, sei es persönlich oder gemeinsam, in dem Bewußtsein unserer eigenen Kraftlosigkeit die Kraft in Anspruch nehmen, durch welche wir allein fähig sind, den Anläufen der Finsternis zu begegnen.
Alsdann ermahnt Judas: „Erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes“. Diese Liebe ist in ihrer unendlichen Größe am Kreuz offenbar geworden. Das Werk der
Erlösung auf Golgatha zieht unsere Herzen in besonderer Weise zu der Liebe Gottes hin. Es handelt sich hier weniger um ein Verlangen nach der Liebe Gottes als vielmehr um ein beständiges Bleiben in der Liebe Gottes. Unsere Seele soll ständig in dem Bewußtsein der Liebe, die Gott zu uns hat, verharren. Die Gewißheit, daß Gottes Liebe uns umgibt, ist eine gewaltige Kraft in unserer Seele. Ruhen unsere Herzen in Seiner Liebe, so haben die listigen Einflüsterungen des Bösen und seine Angriffe auf uns ihre Kraft verloren. Unsere Herzen sind dann vielmehr besorgt, diese Liebe Gottes, die unsere Seele genießt, nicht durch Fehltritte zu betrüben.
Als Letztes ermahnt der Apostel: „Erwartend die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben“. Mit der Barmherzigkeit, auf welche hier Bezug genommen wird, dürfte die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus gemeint sein, jene köstliche Hoffnung, die das Herz jedes Gläubigen wie auch die ganze Gemeinde belebt und erfreut.
Die Entrückung Henochs, bevor das Maß der Ungerechtigkeit der damaligen Welt voll war, die Errettung Noahs und die Befreiung Lots beweisen uns, daß der Herr die Gottseligen aus der Versuchung zu retten weiß (2. Petrus 2,9). Und in der Verheißung an Philadelphia hat der Herr uns einen bleibenden Trost gegeben; sie lautet: „Weil du das Wort Meines Ausharrens bewahrt hast, so werde auch Ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, welche auf der Erde wohnen.“ (Off 3,10). Die Erwartung der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus richtet unseren Blick hin auf den Tag der Erlösung, wo wir diese arge Welt mit all ihren Versuchungen und Leiden verlassen und von dem Herrn Selbst in die Heimstätte ewigen Lebens eingeführt werden.
Wie wundervoll, wie gesegnet ist die Sorge des Herrn für die Seinigen! Wie Er die Seinigen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebt Er sie bis ans Ende (Joh 13,1). Je dunkler die Zustände, um so größer erweist Sich Seine Liebe zu ihrem Wohle. In Seinem Dienst als Hoherpriester ist uns ein Thron der Gnade errichtet, dem wir in unserer Schwachheit uns nahen dürfen, um Barmherzigkeit, Gnade und Hilfe zu empfangen. Er Selbst bemüht Sich, uns zu bewahren. In Seiner Sorge laßt Er uns den Ausgang des sich ständig vergrößernden Abfallens sehen und erhellt in der immer tiefer werdenden Dunkelheit den Pfad des Gläubigen durch das Licht Seines Wortes.
Laßt uns aber wohl beachten, daß alle diese Vorsorge von unserer Seite ein geöffnetes und verständiges Herz fordert! Auf unserer Seite muß das Gebet im Heiligen Geiste, das Sich-erhalten in der Liebe Gottes und das Erwarten der Barmherzigkeit vorhanden sein. Wenn diese Dinge bei uns vernachlässigt werden, so werden wir mehr oder weniger von dem uns umgebenden Strome der Welt fortgerissen werden.
Drei Dinge, die mit der Welt verbunden sind, stehen in düsterem Gegensatz zu den erwähnten dreifachen göttlichen Grundlagen, auf denen der Christ sich auferbauen soll: 1. wird uns gesagt, daß diese, die sich absondern, natürliche Menschen, den Geist nicht haben (V. 19); 2. daß sie, im Gegensatz zu denen, die sich in der Liebe Gottes erhalten, die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung verkehren (V. 4) und 3. daß statt unserer Erwartung der Barmherzigkeit in dem Kommen des Herrn ihnen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist. (V. 13).
Judas zeigt uns nun gewisse Menschen, die, durch den Betrug des Feindes von Gott und Seinem Worte hinweggerissen, ein Opfer der Finsternis geworden sind und die in ihrer Lage besonderer Sorge bedürfen. „Und die einen, welche streiten, weise zurecht.“ (V. 22). Dies mögen unwissende, durch die Werkzeuge der Finsternis irregeleitete Seelen sein; arme Menschen, die von den Werkzeugen und Lehren der Teufel gebunden gehalten werden. Wir sehen, wie in diesen letzten Zeiten ganz besonders der Feind darauf ausgeht, Menschen unter seine Macht zu bringen und unter dem Einfluß dämonischer Lehren gefangen zu halten.
Alsdann gibt es andere, deren Kleid durch die Verführung von dem Fleisch befleckt wurde (V. 23). Diese bedürfen, herausgerissen zu werden aus dem sie verschlingenden Feuer; sie müssen unterschieden werden von jenen, die Judas als „Wolken ohne Wasser“, als „wilde Meereswogen“ und als „Irrsterne“ beschreibt, deren Urteil unabänderlich besiegelt ist. (V. 12.13).
Der Schluß seines Briefes (V. 24.25) klingt in einem Lobpreis Gottes aus. Ein solcher Lobpreis mag uns in einem Briefe, der sich mit den finstersten Zuständen befaßt, seltsam erscheinen, aber er kommt hervor aus einem Glauben, der die über alles Böse triumphierende Macht und Oberhoheit Gottes kennt, daß Er in Seiner Macht und Gnade Sein Volk ohne Straucheln zu bewahren und vor Seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, einem Frohlocken, welches dem Erlöser gilt, der es aus der Dunkelheit, den Gefahren und den Versuchungen herausgerettet hat.
Der letzte Vers gleicht dem Jauchzen, welches nach erfochtenem Siege dem Sieger dargebracht wird. Es ist die Huldigung Dessen, der immerdar bleibt und dem Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Zeitalter gebührt.
M. C. G. (v. d. K).