Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 16 - Jahrgang 1931
1Kön 10; 2Chr 9; Apg 8 - Die Königin von Scheba und der Kämmerer aus Äthiopien1Kön 10; 2Chr 9; Apg 8 - Die Königin von Scheba und der Kämmerer aus Äthiopien
In der Königin und in dem Kämmerer finden wir ein Bild von solchen Menschen, die da fühlen, daß ihnen das Höchste und Beste noch fehlt. Beide unternahmen eine weite und mühevolle Reise, um das zu erlangen, wonach ihr suchendes Herz sich sehnte.
Die Königin von Scheba war die Beherrscherin des damals glücklichsten Landes der Welt. Was diese Welt ihr an Macht und Ehre, Reichtum und Glück geben konnte, besaß sie, aber ihr Herz blieb leer. Da hörte sie „den Ruf Salomos wegen des Namens Jehovas“. Salomo war ein Vorbild auf Christus, wie wir dieses aus den Worten des Herrn Jesus (Mt 12,42; Lk 11,31) wissen. Das Verlangen der Königin war, Salomos „Weisheit“ zu hören, die sich auf die Erkenntnis und Furcht Gottes gründete. So kam sie von den „Enden der Erde“ nach Jerusalem, um Salomo ihr ganzes Herz zu öffnen, und fand bei ihm mehr, als sie je erwartet hatte. Alle ihre Fragen wurden gelöst, all ihr Verlangen gestillt. Sie schaute Salomos Herrlichkeit, und ihr Herz wurde überströmend mit Friede und Freude erfüllt.
Und wie mit der Königin von Scheba, so war es auch mit dem Kämmerer aus dem Mohrenlande. Seine Seele war leer. Die Götzen seines Landes hatte er von sich geworfen. Nun war er nach Jerusalem gekommen, um dem Gott Israels seine Anbetung zu bringen. Aber in Jerusalem hatte er nicht gefunden, wonach seine Seele dürstete. Warum fand er in Jerusalem nicht das, was die Königin von Scheba gefunden hatte? Als sie kam, war Salomo dort, als er aber kam, war Christus nicht dort. Jerusalem war nicht mehr die Stadt, wo ein Abglanz der Herrlichkeit des Herrn in einem Vorbilde geschaut werden konnte. Er, der Herr Selbst, war dort gewesen, und man hatte Ihn verworfen. Religion war noch dort, aber nicht Christus; Satzungen, herrliche Gebräuche, äußere Gottesdienste konnte man noch finden, aber nicht mehr die Gegenwart des Gesalbten Gottes. Welch ein Unterschied! Dieser Unterschied läßt uns verstehen, warum der Anbeter aus Äthiopien aus demselben Jerusalem, wo die Königin mit überströmender Freude erfüllt wurde, mit unbefriedigtem Herzen hinwegging.
Sein Verlangen aber sollte aus derselben Quelle, die Christus ist, gestillt werden, jedoch nicht wie einst durch
Salomo, sondern jetzt durch die Worte des Propheten Jesaja. Auf ödem Wege wird ihm auf seiner Rückreise Philippus, der Diener und Zeuge Jesu, durch den Engel des Herrn zugeführt. Das Verlangen seiner Seele beherrschte ihn so, daß er gar nicht daran dachte, wie seltsam es sei, in der Wüste einem Fremden zu begegnen und von diesem angeredet zu werden. Mit der inneren Begierde nach Errettung seiner Seele und unter der vorbereitenden Wirksamkeit des Geistes Gottes hatte er den Propheten Jesaja gelesen, und nun führte ihm der Geist den Mann zu, der ihm Christus offenbaren sollte. „Philippus aber tat seinen Mund auf, und anfangend von dieser Schrift, verkündigte er ihm das Evangelium von Jesu.“ Da frohlockte in der Tat die Einöde, und das durstige Land wurde zu Wasserquellen. Der Sucher aus fernem Lande, nachdem er das Evangelium gehört und angenommen, „zog seinen Weg mit Freuden“. Die Freude im Herrn übte jetzt auf ihn dieselbe Wirkung aus wie einst auf die Königin von Scheba. Auch ihr Herz hatte nach der wahren Weisheit verlangt, die sie höher achtete als Gold und Silber und köstliche Steine, so daß sie, als sie dieselbe fand, willig den Reichtum ihres Landes dafür hingab. Und nun konnte, als Philippus von dem Kämmerer schied, auch der Äthiopier mit Freuden in sein Land zurückkehren.
Welche Einblicke dürfen wir hier in das Herz unseres Gottes tun, der den Menschen auf ihren verschiedenen Wegen in Seiner Gnade so ganz verschiedenartig begegnet! Die Welt mit all ihrem Glanz und Reichtum hatte das Herz der Königin arm gelassen. Und all die Religiosität, die der Kämmerer in der Stadt und in dem Tempel Jehovas geschaut hatte, hatte ihn nicht glücklich zu machen vermocht. Ja, ohne Jesum, wie arm und dürre bleibt die Seele!
Auf einen Unterschied in diesen beiden Geschehnissen möchte ich noch aufmerksam machen. In dem ersteren tritt uns Christus besonders in Seiner Herrlichkeit entgegen; in dem anderen wird uns Christus mehr in Seiner Erniedrigung und Gnade geoffenbart. In Salomo schaute die Königin von Scheba die Person Christi als den König der Könige in Seiner Herrlichkeit. Jesaja dagegen redete von dem geschlachteten Lamme Gottes. So groß der Unterschied auch war, fanden doch beide in der einen gleichen Person ihr Heil.
In der gegenwärtigen Haushaltung der Gnade findet der Sünder seine Ruhe und alles, dessen er bedarf, in Christo, dem geschlachteten Gotteslamm. Und an dem Tage der Offenbarung der Herrlichkeit Seines Reiches werden die Nationen des kommenden Zeitalters ihre Befriedigung und Wonne gleichfalls in Ihm finden. Christus bleibt immer die alleinige Antwort auf alles Suchen und Fragen der Seele, ob als Lamm Gottes auf dem Altar oder als König der Herrlichkeit auf Seinem Thron. Der Sünder zieht fröhlich seine Straße, nachdem er vom Lamm Gottes gehört hat. Und die ganze Schöpfung Gottes wird einst frohlocken in Ihm, von dem geschrieben steht: „Majestät und Pracht sind vor Seinem Angesicht. Stärke und Freude in Seiner Wohnstätte.“ (1Chr 16,27) Alle Gebiete der Schöpfung werden die Segnungen jenes Tages spüren, die Tochter Zion und die Nationen mit ihren Königen, Tiere des Gefildes, die Wälder und Wasserfluten. die Berge, die Täler, alle werden auf ihre verschiedene Weise an der allgemeinen Freude teilnehmen und den Frieden genießen, in welchem alles Geschaffene dann ruhen wird. (Ps 96-98; 148)
Und noch einen anderen Unterschied finden wir. Jetzt am Tage der Gnade ist es der Heiland, der den Sünder sucht. Ein Gewaltiger der Kandace, der Königin der Äthiopier, wurde durch den Diener des Heilandes gesucht und gefunden. - Am Tage der Herrlichkeit muß der König aufgesucht werden. Die Königin von Scheba kam, um dem König in Zion zu huldigen. Ihr Besuch bei Salomo ist auch eine geschichtliche Weissagung auf das Friedensreich Christi. In den prophetischen Schilderungen des messianischen Friedensreiches hieß es: „Die Könige von Scheba und Seba werden Abgaben darbringen. Und alle Könige werden vor Ihm niederfallen, alle Nationen Ihm dienen.“ (Ps 72,10.11) „Allesamt werden sie aus Scheba kommen, Gold und Weihrauch bringen, und sie werden das Lob Jehovas fröhlich verkündigen.“ (Jes 60,6)
Wie köstlich ist dies alles! In welch passendem und genauem Zusammenhang steht es miteinander, und welch einen Einblick empfangen wir in die Vollkommenheit der Wege dessen, mit dem wir es zu tun haben! (Heb 4,13)
J. G. B. - A. v. d. K.