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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 21 - Jahrgang 1936
3Mo 5,15-16 - Das Fünftel3Mo 5,15-16 - Das Fünftel
Im dritten Buche Mose (5,16) finden wir die merkwürdige Verordnung des Fünftels. Um die Kraft des Wortes Gottes selbst auf unsere Herzen wirken zu lassen, führen wir die Schriftstellen nicht nur an, sondern schreiben sie hier nieder, damit sie auch tatsächlich gelesen werden, denn wie oft geschieht es, daß angeführte Schriftstellen einfach überschlagen werden. Wir wissen ja schon so viel!
Wir lesen 3. Mose 5,15.16 (Menge-Bibel): „Wenn jemand eine Veruntreuung begeht und sich unvorsätzlich an Dingen vergreift, die dem Herrn geheiligt sind, so soll er dem Herrn als seine Buße einen fehlerlosen Widder von seinem Kleinvieh ... als Schuldopfer darbringen. Außerdem soll er den Betrag, um den er das Heiligtum geschädigt hat, erstatten und noch ein Fünftel des Betrages dazulegen und es dem Priester übergeben. Wenn der Priester ihm dann durch den als Schuldopfer dargebrachten Widder Sühne erwirkt hat, wird ihm die Vergebung zuteil werden.“
Weiter unten im nächsten Teil des Kapitels, Vers 24, finden wir wieder das Fünftel. Wir führen auch diese Schriftstelle hier buchstäblich an: „Wenn sich jemand vergeht und sich eine Veruntreuung gegen den Herrn zuschulden kommen läßt, indem er seinem Nächsten gegenüber etwas Anvertrautes oder Hinterlegtes oder Endwendetes ableugnet oder einen Nächsten um etwas übervorteilt oder etwas Verlorenes gefunden hat und es ableugnet, oder wenn er falsch schwört in bezug auf irgendeine Handlung, durch die sich jemand versündigen kann ..., und zwar soll er es nach seinem vollen Wert erstatten und noch ein Fünftel des Betrages dazulegen.“
Es liegen hier zwei ganz verschiedene Fälle vor, und es ist merkwürdig, wie der Heilige Geist bei der Einführung dieses zweiten Falles Worte gebraucht, die Er bei dem ersten Fall nicht gebraucht hat. Unseres Erachtens scheint der erste Fall schwerwiegender als der zweite zu sein. Hier aber wird das Vergehen als gegen den Herrn Selbst angesehen. Es heißt Vers 21: „Wenn sich jemand vergeht und sich eine Veruntreuung gegen den Herrn zuschulden kommen läßt ...“ Die Worte, die dann weiter folgen, wollen wir doch recht auf unser Gewissen fallen lassen. Wir stehen ja hier inmitten des praktischen Lebens, wo auch unter uns, den Kindern Gottes, an ihrem geistlichen Wohlergehen so manches Traurige nagt. Es ist schon eine bittere und beschämende Tatsache, daß unter den Gläubigen Sünden gegeneinander vorkommen. Diese betrübende Tatsache ist sehr demütigend. Noch schlimmer ist es, wenn wir, obwohl unser Gewissen (wenn wir gewöhnt sind, damit vor dem Herrn zu stehen) uns beschuldigt, uns darüber hinwegsetzen. Dann wird das Gewissen zum Schweigen gebracht, und es kann dahin kommen, daß es nicht mehr zu uns redet, und so bleibt die Sünde unanerkannt mit all den unglücklichen und traurigen Folgen, die ein solches Versäumnis nach sich zieht. Möchten wir besser verstehen lernen, daß Sünden gegen unsere Nächsten (ob gläubig oder nicht, das macht keinen Unterschied) an erster Stelle Sünden gegen den Herrn sind!
Gewiß, in Seiner wunderbaren Gnade hat Gott durch die Anordnung des Schuldopfers für die Not, die durch unsere Sünde entstanden ist, eine Abhilfe getroffen. Aber wir dürfen nicht übersehen, daß das Opfer erst dann seine Anwendung fand und vom Herrn angenommen wurde, wenn die Sache mit dem Nächsten in Ordnung gebracht und das Fünftel hinzugefügt war. Sicher hat diese Anordnung einen tieferen und herrlicheren Sinn in bezug auf das Opfer unseres Herrn. Aber wir möchten uns heute nur mit der ganz praktischen Seite in bezug auf unser Leben beschäftigen.
Wir schreiben für Gläubige, für Brüder und Schwestern. Wir wollen ja auch lernen als Gläubige. Ist es nicht betrübend, daß wir als Gläubige der Ermahnung von Kol 3,9 bedürfen: „Belügt euch nicht gegenseitig!“? Welche Sünde war es, die bei Ananias und Sapphira mit einer sofortigen Todesstrafe gerichtet wurde? Petrus sagt es uns in Apg 5,3: „daß du den Heiligen Geist belogen hast“. Die Lüge den Brüdern gegenüber war eine Lüge wider den Heiligen Geist. Und „als Ananias diese Worte hörte, fiel er nieder und gab seinen Geist auf.“ Ein gleiches Los traf die Sapphira! Wie furchtbar ernst!
Ja, liebe Geschwister, wir haben es zu tun mit einem heiligen Gott! Bedenken wir es wohl! Und wenn nun beim Lesen dieser Zeilen unser Gewissen uns Dinge vor unser Herz bringt, Dinge, die vielleicht schon in ferner Vergangenheit liegen, so möge der Heilige Geist uns dahin bringen, auch tatsächlich nach dem Grundsatz, den Er Selbst uns gezeigt hat, zu handeln.
Man verstehe mich wohl, ich hege nicht im geringsten den Gedanken, daß eine nicht anerkannte Lüge oder irgendwelche Sünde einem Kinde Gottes die Seligkeit droben verlustig machen könnte. Diese hat ja ihren Grund voll und ganz in dem am Kreuz vollbrachten Werke unseres Herrn. Ich glaube auch nicht, daß Ananias und Sapphira verloren sind.
Die Korinther, an welche der Heilige Geist durch Paulus schrieb, waren Gläubige. Gerade deshalb, weil sie Gläubige waren, erging über sie ein so ernstes Gericht. Wie werden sie gestaunt haben, als sie erfuhren: „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen.“ (1Kor 11,30)
Es ist herzerquickend, zu sehen, wie diese ernsten Worte einen reichen Segen gewirkt haben. Im zweiten Briefe heißt es, Kapitel 7,11: „Denn siehe, eben dieses, daß ihr Gott gemäß betrübt worden seid, wieviel Fleiß (Ernst) hat es bei euch bewirkt! sogar Verantwortung, sogar Unwillen, sogar Furcht, sogar Sehnsucht, sogar Eifer, sogar Vergeltung.“
Es sei gestattet, hier auf einen oft vorkommenden Fehler den Finger zu legen. Manche Gläubige meinen, es genüge, wenn sie betreffs ihrer Sünden, ihres Vergehens dem Nächsten gegenüber, den Herrn um Vergebung bitten. Hier liegt aber ein doppelter Irrtum vor. Erstens heißt es nirgends, daß Gott unsere Sünde vergibt, wenn wir um Vergebung bitten. In 1Joh 1,9 heißt es nicht: Wenn wir um Vergebung bitten, sondern: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ Wir fühlen sehr gut, wieviel tiefer dies geht als das vielfach oberflächliche Um-Vergebung-bitten.
Hier ist auch eine ernste Lehre für Eltern ihren Kindern gegenüber. Manche Eltern sagen ihrem Kinde, wenn es etwas Böses verübt hat: „Du sollst erst um Vergebung bitten.“ Dazu sind die Kinder gar bald bereit. Aber frage dann mal dein Kind: „Nun, was soll ich dir denn vergeben?“ Da wird man dann erfahren, wieviel schwerer es ist, die Sünde zu nennen, zu bekennen.
Ein ernstes und schönes Beispiel gibt uns die Geschichte Davids. Er hatte nach 1Chr 21 den Befehl gegeben, das Volk zu zählen. Darauf folgte das furchtbare Strafgericht Gottes. Als David aber zur Erkenntnis seiner Sünde kam, da hören wir nicht ein Flehen um Vergebung, sondern ein vollständiges Bekenntnis des Bösen, das er verübt hatte. „Und David sprach zu Gott: Bin ich es nicht, der gesagt hat, das Volk zu zählen? Und ich bin es, der gesündigt und sehr übel gehandelt hat.“ Und sofort nach Davids Bekenntnis seiner Sünde war die Vergebung des Herrn da. -
Wie traurig ist es, daß Streitigkeiten unter Geschwistern oft lange, ja, das Leben hindurch fortbestehen, die sich doch als Gottes Kinder wissen! Wie ernst ermahnt uns Gottes Geist in 1Kor 6,7: „Es ist nun schon überhaupt ein Fehler an euch, daß ihr Rechtshändel miteinander habt. Warum laßt ihr euch nicht lieber unrecht tun? Warum laßt ihr euch nicht lieber übervorteilen? Aber ihr tut unrecht und übervorteilet, und das Brüder!“
Im Gegenteil dazu steht die Sache mit dem Fünftel. Nach Gottes Gedanken bin ich berufen, meinem Nächsten gegenüber so zu handeln, daß er nicht nur durch meine Sünde, meine Untreue keinen Schaden leidet, sondern ich soll es so machen, daß er Gewinn dabei hat. Ja, aber wie soll ich das machen? Wenn es sich um stoffliche Dinge handelt, werden die Schwierigkeiten oft nicht so groß sein. Aber wenn es sich um Verleumdungen, üble Nachreden handelt, wie bringe ich hier das Fünftel?
Darf ich fragen: Bist du schon dahin gekommen, deine Sünde deinem Bruder oder Schwester gegenüber offen und ganz zu benennen? Oder versteckst du dich vielleicht hinter Menschen, während dein Gewissen dir sagt, daß es vor Gott nicht gilt? Vielleicht findest du, daß auf der anderen Seite die schwerste Schuld liegt. Laß solches fahren! Verstecke dich nicht hinter Feigenblättern! Tritt mit deiner eigenen Schuld hervor und nenne sie offen mit Namen: „Ich habe so und so gesündigt.“ Wenn du dazu kommst, dann wirst du auch erfahren, wie der Herr Gnade gibt, das Fünftel hinzuzufügen.
M. J. Sch.