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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
1Thes 5,19-21 - „Den Geist dämpfet nicht“1Thes 5,19-21 - „Den Geist dämpfet nicht“
Wir können den Heiligen Geist betrüben, wenn wir Dinge tun oder erlauben, die Seiner heiligen Natur entgegen sind, und wenn wir auf Seine Stimme nicht achten. In dem obigen Schriftwort handelt es Sich um etwas anderes, nicht um das Betrüben, sondern um das
Dämpfen des Geistes in Seiner Wirksamkeit, sei es in uns selbst oder in anderen - ein Dämpfen, wie man ein Feuer dämpft, um es nicht aufkommen zu lassen.
Als der Heilige Geist am Pfingsttage in „jedem einzelnen“ der Jünger Wohnung machte, wurde dieses sichtbar an dem Erscheinen der Zungen wie von Feuer, und bald finden wir dann die Jünger in heiliger Geisteskraft, die großen Taten Gottes bezeugend in allen Zungen der Menschen. Apg 2,3-11.
So wie damals, so wirkt der Heilige Geist auch heute noch in den Herzen derer, in denen Er Wohnung gemacht hat. Da ist nicht ein einziges Glied am Leibe, welches Er nicht gebrauchen will zum Nutzen anderer; und wie mannigfaltig sind die Gaben und Dienste, die Er in Seiner Kraft zur VerHerrlichung Gottes gebrauchen will. So wie Petrus schreibt: „Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet einander damit als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes“ (1Pet 4,10). Wo der Geist Gottes Sich offenbart und ein Feuer anzündet, da sollen wir uns hüten, es zu dämpfen und zu unterdrücken.
In einer besonderen Weise finden wir den Heiligen Geist wirken in der Gemeinde Gottes, wenn sie zusammenkommt. Wie sollten wir da wachsam sein, Ihn nicht zu dämpfen! Alles, was in der Gemeinde geschieht, wenn sie versammelt ist, muß zur Erbauung und von Ihm gewirkt sein. Wir können das 12. und 14. Kapitel des ersten Korintherbriefes gar nicht lesen, ohne den Nachdruck zu fühlen, den der Apostel darauf legt, daß Er Seine Gefäße und Werkzeuge wählt, so wie Er will (1Kor 12,11.18). Und möchten wir fragen: „Tut Er solches heute noch?“ Sicher, wenn wir Ihm in Seinem Wirken nicht hindernd in den Weg treten! Er wählt aber Seine Werkzeuge nach anderen Gesichtspunkten als der Mensch. Er sieht das Herz an und nicht, was vor Augen ist.
Schon in den Tagen der Apostel ging die Neigung der Gläubigen dahin, nach menschlicher Weisheit und Beredsamkeit zu trachten, so daß Er dieselben ermahnen mußte: „Den Geist dämpfet nicht. Weissagungen verachtet nicht“. Man verlangte nach schwungvollen, formvollendeten Reden - und nach Diensten, die mit äußeren Würden und Titeln geschmückt sein sollten. Das, was in jenen Tagen Neigung war, ist heute aber allgemeiner Brauch geworden. Gaben, die nicht in einer dem Fleische gefallenden Form dargeboten werden, sagen nicht mehr zu, und den Diensten hat man eine dem Fleische gefallende Gestalt gegeben.
Das, was der Heilige Geist tun will, Seine Gefäße zu wählen und die Lippen zu bewegen, wie Er will, das hat der Mensch in seine Hand genommen. Er hat die verschiedenen Gaben und Dienste gewissen Personen übertragen und solche, deren Rede nicht korrekt und grammatikalisch tadellos ist, lehnt er ab und verweigert ihren Dienst. Solche Einrichtungen und Anordnungen setzen Gottes Ordnung völlig beiseite und sind ein tatsächliches Auslöschen der Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Damit, daß solche Eingriffe in die Rechte des Heiligen Geistes heute eine Gewohnheit und sogar eine allgemeine Ordnung geworden sind, damit haben sie nicht aufgehört, Böses zu sein.
In dem Hause Gottes, Seiner Gemeinde, will der Heilige Geist volle Freiheit haben, zu gebrauchen, wen Er will. Der Apostel schließt deshalb die Ermahnung daran: „Weissagung verachtet nicht“. Wenn Er den einfachsten Bruder gebrauchen will, ein Wort der Erbauung, Tröstung oder Ermahnung zu reden, so sollen wir dasselbe durch hartes Kritisieren nicht verachten.
Mit dem Worte „Weissagung“ ist hier natürlich nicht das Voraussagen zukünftiger Dinge gemeint (wie wir auch solches in der Schrift finden), sondern das Reden in Aussprüchen Gottes, die Gott Selbst durch
Seinen Heiligen Geist dem Betreffenden darreicht zu Seiner VerHerrlichung. „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht.“ Solches ist nicht das, was wir nach der Schrift eine „Gabe“ nennen, sondern ein Mitteilen der Dinge und Erleuchtungen, die wir in der Vertrautheit unserer Seele mit Ihm, von Ihm empfangen. Es mag sein, daß ein solcher durch den Heiligen Geist eine Schriftstelle liest oder „fünf Worte“ redet, die Herz und Gewissen berühren, und jeder in der Versammlung spürt, daß es ein Wort, vom Heiligen Geiste gewirkt, war. Selbst auf einen Ungläubigen vermag ein solches von Gott gegebenes Wort so zu wirken, daß er auf sein Angesicht fällt und verkünden muß, daß Gott in der Mitte Seiner Gemeinde ist (1Kor 14,24.25). Der Apostel wünscht deshalb, daß alle weissagen und danach „eifern“ möchten (1Kor 14,5.31.39).4
Der Ermahnung „den Geist dämpfet nicht“ fügt der Apostel noch hinzu: „Prüfet aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). Er will uns damit sagen, daß wir immer im Auge behalten sollen, von einem listigen Feinde umgeben zu sein, der die geraden Wege des Herrn verkehrt (Apg 13,10) und uns Fleischeswesen als Geisteswirkungen vorzutäuschen sucht. Dem uns von Gott gegebenen Guten mag durch unsere Untreue Böses beigemengt worden sein. Wir sollen dann nicht das uns von Gott gegebene Gute mit dem Bösen zugleich aufgeben, sondern das Böse ausscheiden und das Gute festhalten. Wie leicht finden sich durch den Betrug Satans fleisch liche Elemente in der Gemeinde Gottes, die sich selbst für geistlich halten und die die Ordnung, die Gott für den Dienst im Heiligen Geiste gegeben hat, für sich und ihre fleischlische Gesinnung und Art in Anspruch nehmen wollen. Solche möchten die Gemeinde Gottes zu einer Stätte der
Redefreiheit für jeden machen. Die Gemeinde Gottes ist aber nicht ein Platz, wo jedes Glied Freiheit hat zum Reden, wann es will, sondern ist der Ort, wo der Heilige Geist Freiheit hat, zu gebrauchen, wen Er will. Er aber kann eben, weil Er der Heilige Geist ist, nur „Geistliche“, aber nicht „Fleischliche“ für Seinen Dienst gebrauchen. Welche Personen auch immer der Heilige Geist Sich zu Seinem Gebrauch erwählen mag, immer werden es Seinem Wesen entsprechende Gefäße sein, deren Leben in Übereinstimmung mit dem Worte und deren Benehmen, Verhalten und Reden die Kennzeichen des Heiligen Geistes tragen. Solche, die Redefreiheit fordern, zeigen damit schon, daß sie nicht solche sind, die der Heilige Geist zu Seinem Munde machen kann. Die Gegenwart Christi wie auch die des Heiligen Geistes in der Gemeinde legt jedem Gliede den Zügel an und stellt jedes Glied unter Kontrolle. Das Wort Gottes und der Heilige Geist sind der Prüfstein für jedes Reden und für jeden Dienst. Nie aber ist die Gemeinde Gottes eine Tummelstätte für jeden Geist und für zügellose Schwätzer. So wie wir von dem Herrn lesen, daß Er den Sadduzäern den Mund stopfte, so wurde Titus ermahnt, auch den Schwätzern in der Gemeinde den Mund zu stopfen (Tit 1,11). Wie traurig ist es, wenn in der Versammlung leere Worte geredet werden, die weder Herz noch Gewissen berühren. „Alles geschehe zur Erbauung“, das ist der Grundton des 14. Kap. im 1. Kor. (V. 26). Jedes Reden in der Gemeinde steht unter dem Urteil dieses Wortes. Dient das Reden eines Bruders nicht zur Erbauung, so hat er kein Recht zum Reden.
Eine andere Seite und Gefahr ist diese, daß wir in dem Verlangen nach Redegewandtheit lieblose Kritik an Brüdern üben, die in wahrer Liebe zum Herrn und Selbstverleugnung angesichts des Fehlens von „Gaben“ nach dem ihnen zugeteilten Maße in aller Demut und Schwachheit den Heiligen zu dienen suchen. Solche lieblose und harte Kritik ist eine betrübend ernste Sache. Sie zeigt uns nicht nur den traurigen Herzenszustand dessen, der sie ausübt, sie ist auch eine böse Saat, aus der Murren, Unfrieden und Verderben hervorwächst und durch welche das Wohl und Gedeihen einer ganzen Versammlung untergraben und zerstört werden kann. Wie wichtig ist auch hier die Ermahnung, „den Geist nicht zu dämpfen und die Weissagungen nicht zu verachten“.
Ständige Wachsamkeit und Achthaben auf sich selbst ist nötig für jeden, der einen Dienst in der Gemeinde Gottes ausübt. Ehe Paulus dem Timotheus sagt, auf die Lehre acht zu haben, sagt er ihm: „Habe acht auf dich Selbst“. Brüder, die ein kleines Maß der Gabe von dem Herrn empfangen haben, werden leicht vom Feinde versucht, es denen, die ein größeres Maß empfangen haben, gleichzutun. Hier heißt es, acht auf sich Selbst zu haben. Wie leicht sind wir da in Gefahr, aus fünf Worten, die der Herr uns zur Auferbauung der Gemeinde und zur Unterweisung anderer gegeben hat, zehntausend zu machen (1Kor 14,19). Wenn du das, was du vom Herrn empfangen hast, in fünf, zehn oder fünfzehn Minuten sagen kannst, so dehne es nicht aus auf eine Stunde, damit du nicht im Geiste anfängst und im Fleische vollendest. Wenn du mehr geben willst, als du vom Herrn empfangen hast, so wirst du durch dein Hinzufügen nur den Segen verderben, und du brauchst dich nicht zu wundern, wenn du bei denen, die dich hören, keine Aufmerksamkeit findest. Wie manches Seufzen geht durch die Versammlung, wenn die empfangene Erbauung durch ein nachfolgendes langes und leeres Gerede wieder weggenommen wird. Ein Blick auf die Hörer würde manchmal genügen, dem Redenden zu sagen, daß er über das Maß des ihm Gegebenen hinausgegangen ist. Zuweilen sind die Gedanken, die der Herr gegeben hat, dem Redenden so köstlich geworden, daß er in dem Eifer, sie zur noch tieferen Erbauung der Gemeinde weiterzugeben, nicht weiß, sie breit genug zu machen, und die Folge ist, daß er ihnen durch solche Breite die Kraft nimmt. Alles das sind Dinge des Fleisches, durch welche wir oft in der besten Meinung den Geist dämpfen.
Wie die Gemeinde der Tempel des Heiligen Geistes ist, so wird auch von unserem Leibe gesagt, daß er ein Tempel des Heiligen Geistes ist. Aus unserem Leibe sollen Ströme lebendigen Wassers fließen (Dies sagte der Herr im Hinblick auf den Geist, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten [Joh 7,38.39]). Geschieht dieses nicht, so sind auch in uns persönlich dämpfende Hindernisse vorhanden, und wir sollten uns ernstlich prüfen, diese zu sehen und abzulegen.
Welche Verluste haben wir persönlich und welche Verluste die Gemeinde, wenn der Heilige Geist gedämpft wird! Welche Ströme von Segen, vom Herrn gegeben, würden fließen, wenn in den Zusammenkünften der Heiligen die Dinge und Kräfte hinweggetan sein würden, die den Heiligen Geist hindern. Laßt uns darum mit Sorgfalt die Ermahnung beachten: „Den Geist dämpfet nicht“. v. d. K.
4 Wir sehen darin den Unterschied zwischen einer „Gabe“ und dem, was der Apostel mit „weissagen“ meint. Wenn alle „weissagen“ konnten und danach eifern sollten, so kann dieses „Weissagen“ nicht als „Gabe“ gemeint sein, weil damit dann die Verschiedenheit der „Gaben“ Austeilung aufgehoben sein würde, denn gerade die Verschiedenheit in der Austeilung der „Gaben“ machte den Dienst aller Gaben notwendig, „Gabe“ ist eben eine Gabe, die wir uns nicht durch unseren „Eifer“ erwerben können. Dadurch, daß wir uns Kenntnisse durch ein Studium erwerben, werden wir niemals „Evangelisten“, „Hirten“ oder „Lehrer“ in dem Sinne von Eph 4,11. Wohl aber können wir, wenn wir eine solche „Gabe“ empfangen haben, diese „vernachlässigen“ (1Tim 4,14), wie wir sie auch durch den Gebrauch und durch Fleiß und Kenntnisse anfachen und stärken können.↩︎