verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
2Pet 1,1-11 (4)2Pet 1,1-11 (4)
In Vers 11 spricht der Apostel von dem Reich Gottes. Wir sind dessen eingedenk, daß im Reich Gottes die Gedanken und Gesetze und Grundsätze Gottes maßgebend sind. Wenn wir mit ihnen in Übereinstimmung sind, so haben wir teil am Reiche Gottes. Treue und Hingabe den Grundsätzen Gottes gemäß wie Untreue und Nachlässigkeit werden sich in Früchten auswirken (Mt 7,20). Wenn wir uns Dinge erlauben, die dem Reiche Gottes nicht entsprechen, wenn wir träge sind, dann betrüben wir den Heiligen Geist. Dann haben wir ein böses Gewissen, dann kann unmöglich unser Herz mit den Dingen Gottes beschäftigt sein. Dann wird aber das Herz auch von Befürchtungen beherrscht und von Zweifeln umgetrieben, ob man wirklich einen Eingang ins Reich Gottes hat. Ist jedoch unser Herz mit Gott verbunden, unser Wandel rein, unser Gewissen unbelastet und in Übereinstimmung mit der Herrlichkeit des Reiches Gottes, so liegt der Weg offen vor uns. Wir sehen in die Ferne, und nichts hindert uns, voranzuschreiten. Dann hat Gott keinen Tadel für uns. Dann ist uns der Eingang in Sein Reich weit geöffnet.
Wenn wir die beiden Briefe des Apostels Petrus betrachten, so werden wir finden, daß er die Gläubigen nicht wie Paulus als mit Christo auferstanden und ins himmlische Wesen (in die himmlischen Örter) versetzt ansieht (Röm 6,4-11; Eph 2,5.6), sondern er redet sie an als Fremdlinge auf dieser Erde (1Pet 1,1; 2,11), die wiedergezeugt sind zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten - zu einem unverweslichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln für sie aufbewahrt ist - und die nun auf den Herrn warten, damit Er sie in den Vollgenuß der verheißenen Segnungen einführe (1Pet 1,3-5). Als solche Fremdlinge sind sie verantwortlich für ihren Wandel und werden deshalb ermahnt, mit umgürteten Lenden ihrer Gesinnung (V. 13) völlig auf die Gnade zu hoffen, die ihnen bei der Offenbarung Jesu Christi gebracht werden wird. Sie werden aufgefordert (2Pet 1,5-7), alle die kostbaren Tugenden darzureichen, die die himmlischen Fremdlinge hienieden zieren sollen. Wenn sie das tun, so werden sie sowohl ihre Berufung und Erwählung festmachen als auch auf dem Wege zu der verheißenen Herrlichkeit vor Straucheln und Fallen bewahrt bleiben. Weil auf diese Weise Herz und Gewissen des Christen31 (vgl. 1Pet 4,16) unbeschwert sind, liegt nicht nur der Weg, sondern auch der Eingang in das ewige Reich des Herrn, dessen Miterben sie geworden sind (2Pet 1,11), offen vor ihnen. Er wird ihnen dargereicht, und zwar reichlich dargereicht. Die zukünftige Herrlichkeit wirft ihre Strahlen schon voraus auf den Weg, macht die Seele glücklich und erhebt sie über all das gegenwärtige Leid. Zugleich läßt sie den Christen den wahren Charakter alles dessen erkennen, womit der Fürst dieser Welt das geistliche Auge blenden und das Herz ablenken will.
Petrus redet in seinen Briefen nicht von der Hoffnung der Christen, nach welcher das verherrlichte Haupt Seine Glieder durch gebietenden Zuruf und die Stimme eines Erzengels und die Posaune Gottes (1Thes 4,16) zu Sich rufen wird, damit sie allezeit mit Ihm vereinigt sind, sondern er redet von dem Tag, an welchem der Herr als König in Macht und Herrlichkeit herniederkommen wird, um Sein Reich aufzurichten. Dabei denkt Er zunächst an die Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches. Aber der Ausdruck „ewiges Reich“ weist über das Zeitliche hinaus und lenkt unseren Blick auf die Ewigkeit als auf das, was unvergänglich und unveränderlich ist, auf den Zustand, der Off 22,3-5 geschildert wird, wo „Seine Knechte Ihm dienen, Sein Angesicht sehen und herrschen werden in die Zeitalter der Zeitalter“, und auf das unerschütterliche Reich, von dem wir in Heb 12,27.28 lesen, wo von der „Erschütterung und Verwandlung“ alles Erschaffenen geredet wird: „Auf daß die Dinge, welche nicht erschüttert werden, bleiben“, und wo wir ermahnt werden: „Da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht.“
Wichtig ist noch der Zusammenhang, in dem die sieben Stücke miteinander stehen. Hierbei ist das Wörtchen „in“ bei jedem bedeutsam. Jedes nachfolgende Stück ist in dem vorhergehenden eingeschlossen und enthält selber wieder das nächste, was anzeigt, daß keines als selbständige Frucht ohne die anderen sich wirksam erweisen kann, sowie, daß vom ersten bis zum siebenten ein stufenmäßiger Fortschritt stattfindet.
Der Zusammenhang kann in verschiedenen Bildern betrachtet werden:
1. Es ist, wie wenn eine kräftige Stimme ein herrliches Lied anstimmte, und sechsmal fällt eine neue Stimme mit der ihr eigenen Klangfarbe ein, bis endlich ein voller und mächtiger Chor in himmlischer Harmonie ertönt zur Verherrlichung Gottes.
2. Wie in Gal 5,22 neue Einzeltugenden als eine Gesamtfrucht des Heiligen Geistes betrachtet werden, so bilden die in unserem Abschnitt 2Pet 1,5.6 genannten ebenfalls ein untrennbares Ganzes.
3. In Kol 3,12-17 wird eine ganze Anzahl geistlicher Perlen an eine Schnur gefaßt, die die Heiligen, Geliebten und Auserwählten Gottes anziehen und tragen sollen. Die in unserem Abschnitt aufgeführten Tugenden bilden auch eine Perlenkette, die den Gläubigen ziert und dem Herrn Jesus gefällt.
4. Die Darreichung in 2Pet 1,5.6 gleicht einem Schmuckkästchen, das eigentlich aus sieben Einzelkästen besteht, die geheimnisvoll ineinander gefügt sind. Bei der Offnung eines jeden zeigt sich ein neues Kästchen mit einer neuen Kostbarkeit, bis im letzten die Herrlichste zum Vorschein kommt, die zugleich dem Ganzen den Zusammenhalt und höchsten Wert verleiht. Das erste umschließt alle anderen. Erst nach Darreichung der Entschiedenheit kann sich die Kenntnis entfalten und mehren; erst nachdem wir das in der Erkenntnis Gewonnene in die Praxis umgesetzt haben, werden wir imstande sein, Selbstbeherrschung zu offenbaren. Erst in der Selbstbeherrschung findet das Ausharren sein Übungs- und Bewährungsfeld. Und erst im Ausharren wird der Gläubige wahre Gottseligkeit empfinden. Nachdem so stufenmäßig fünf Dinge gereift sind, die den inneren Menschen charakterisieren, zeigt die Bruderliebe die Kraft der Gotteskindschaft nach außen. Und endlich erglänzt das Köstlichste, die Liebe, deren Wesen und Quelle Gott Selbst ist. Sie erweist sich als Trieb- und Durchdringungskraft aller geistlichen Lebenstätigkeiten und aller Beziehungen zu Brüdern, zu anderen Menschen, ja, sogar zu Feinden. Dadurch werden wir zu Nachahmern Gottes. (Mt 5,43-48)
Unser Herr Jesus hat alle sieben Stücke aufs vollkommenste dargestellt. Wenn wir aufgefordert werden, sie ebenfalls darzustellen, so wird es uns nur gelingen, wenn wir auf Ihn blicken, bei Ihm die Kraft holen und in Seine Fußtapfen treten. Das allein wird uns durch Seine Gnade vorwärtsbringen bis zum Ziel Seiner Herrlichkeit.
B.
31 Der Name „Christ“ in Apg 11,26; 26,28, von anderen den Gläubigen beigelegt, wird hier vom Heiligen Geist gebraucht und anerkannt.↩︎