Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
2Mo 15,26 – „Krankheit“2Mo 15,26 – „Krankheit“
„Wenn du fleißig auf die Stimme Jehovas, deines Gottes, hören wirst ... so werde Ich keine der Krankheiten auf dich legen, die Ich auf Ägypten gelegt habe; denn Ich bin Jehova, der dich heilt.“ (2Mo 15,26).
Gleich nach dem Sündenfalle kommen wir auf die erste Spur von Krankheit, denn Jehova redete zu dem verführten Weibe von „Schmerzen“, und Schmerz ist, wie ein jeder weiß, ein Hauptsymptom der Krankheit. Darum dürfen wir sagen, daß Krankheit eine der schweren Folgen der Sünde ist. Wenn keine Sünde da wäre, so würden auch nicht Krankheit und Tod sein. Gerade wie wir auf den ersten Blättern der Schrift den Anfang von Schmerzen finden, so finden wir auf den letzten Blättern das Ende derselben: „Noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen.“ (Off 21,4).
Die völlige Beseitigung von Schmerz und Krankheit ist nur durch unseren Herrn Selbst zustande gebracht, denn „Er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf Sich geladen“ (Jes 53,4), oder wie diese bedeutungsvolle Stelle im Neuen Testament angeführt wird: „Er Selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.“ (Mt 8,17). Ja, Er wurde zu dem gemacht, was Krankheit verursacht hatte, zur Sünde, also steht es geschrieben: „Durch Seine Striemen ist uns Heilung geworden.“ (Jes 53,5).
Erst bei der Ankunft des Herrn werden Krankheit und Tod für die Gläubigen hinweggetan, denn bis dahin hat jeder noch einen sterblichen Leib, und dieser sterbliche Leib kann krank sein. Doch an dem Tage wird dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen (1Kor 15,53), und dann wird das Wort erfüllt: „Verschlungen ist der Tod im Siege.“ (Jes 25,8). Ja, an dem Tage „wird Er unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit“. (Phil 3,21). Dieser himmlische, unsterbliche und umgestaltete Leib wird keiner Krankheit mehr auf ewig ausgesetzt sein. So wundern wir uns nicht, daß Paulus schreibt: „In diesem freilich seufzen wir, uns sehnend, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden.“ (2Kor 5,2). Wie oft seufzen wir in diesem Leibe, insonderheit wenn dieses oder jenes Glied wehe tut! Aber in dem neuen Jerusalem wird kein Geschrei mehr sein!
Die Schrift stellt keine bestimmte Regel über Krankheit auf. Menschen in ihrer Unwissenheit und Einbildung tun das wohl, indem sie behaupten, daß jede Krankheit ein Werk des Teufels sei und man nur aus Mangel an Glauben oder der „Taufe des Geistes“ nicht gleich und plötzlich gesund werde, oder man sagt salbungsvoll, daß jede Krankheit eine Züchtigung Gottes für Sünde sei! Doch wenn man so etwas behauptet, so offenbaren solche Worte nur die eigene Unreife und Schriftunkundigkeit: „Der erste in seiner Streitsache hat recht, doch sein Nächster kommt und forscht ihn aus.“ (Spr 18,17).
Der Herr handelt mit den Seinigen auf mannigfaltige Art und Weise, Er ist nicht nur an eine gebunden, denn „unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar sind Seine Wege.“ (Röm 11,33). Elia fuhr wohl im Sturmwinde auf gen Himmel (2Kön 2,11), Elisa aber erkrankte an seiner Krankheit, an welcher er starb (2Kön 13,14). Im Lichte solcher Tatsachen können wir mit jenen Verallgemeinerungen nichts anfangen, denn unsere Theorien werden zuschanden. Ja, es ist eine kindische, unbiblische Theorie, zu behaupten, jede Krankheit sei ein Werk des Teufels. Wieviel Unheil und sogar Zersplitterung ist unter Gläubigen durch solche oberftächlichen und sogar grausamen Phrasen hervorgerufen worden!
In jedem einzelnen Falle ist die wunderbare Handlungsweise Gottes anders, und man braucht Weisheit von oben, um zu verstehen, was Gott durch die Zulassung irgend einer Krankheit beabsichtigt. Als Lazarus zu Bethanien krank war, sagte der Herr nicht etwa: „Diese Krankheit ist eine Strafe Gottes für eine Sünde oder ein Werk des Teufels“, nein, Er sprach: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen, auf daß der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werde.“ (Joh 11,4). Gott ließ ihm die Krankheit zu, um einen bestimmten herrlichen Zweck zu erfüllen.
Als der liebe Epaphroditus in Rom krank und dem Tode nahe war, schrieb Paulus nicht, daß dies eine Züchtigung Gottes oder ein Werk des Teufels sei, sondern „um des Werkes willen ist er dem Tode nahe gekommen, indem er sein Leben wagte, auf daß er den Mangel in eurem Dienst gegen mich ausfüllte.“ (Phil 2,30). Warum Paulus ihm nicht die Hände auflegte und ihn heilte, steht nicht geschrieben, doch wäre es sicher ein ewiger Verlust für ihn, wenn es der Apostel getan hätte. Hätte Paulus ihn schnell geheilt, um Bewunderung im Hause des Kaisers zu erregen, so wäre Epaphroditus verkürzt in den Leiden, die seinem Dienst vielen Wert zufügten!
Timotheus war häufig unwohl (1Tim 5,23). Hat Paulus ihn deswegen scheel angeschaut, als ob die sogenannte „Taufe des Geistes“ ihm fehlte? Einseitige moderne Brüder würden wohl gesagt haben, daß er aus Mangel an Glauben nicht völlig gesund sei, doch der Heilige Geist führte Paulus dazu, ihm zu raten, kein Wasser mehr zu trinken, sondern ein wenig Wein.
Den Bruder Trophimus aus Ephesus ließ Paulus in Milet krank zurück. (2Tim 4,20). Warum denn hat Paulus ihn nicht geheilt? Sollen wir den Apostel verurteilen? Brüder mit überspannten menschlichen Theorien würden sicher den Apostel deswegen anklagen. So sehen wir immer wieder, daß Theorien über Krankheiten nicht stichhaltig sind, wenn Gottes Wort zu seinem Rechte kommt.
Wohl können Krankheit und Tod Züchtigungen Gottes sein, denn der Apostel schrieb, daß viele in Korinth schwach und krank waren und ein gut Teil entschlafen, weil sie unwürdiglich aßen und tranken beim Abendmahl des Herrn (1Kor 11,27-32). Sicher, der Herr hat oft Krankheit als Züchtigungsmittel gebraucht. Der König Asa ist ein Beispiel. Spät in seinem Leben wandte er sich vom Herrn ab und erkrankte an seinen Füßen, so daß er überaus krank war, doch die Züchtigung brachte bei ihm nicht die göttliche Frucht der Reue hervor, und also starb er. (2Chr 16,12).
Unter Davids Führung versündigte sich das Volk Israel, und Gott ließ eine Pest kommen, welche 70000 hinwegraffte (2Sam 24,15). Wie schnell fiel das Gericht Gottes auf Ananias und Saphira, als sie den Heiligen Geist belogen! (Apg 5,1-11).
Bei jedem Kranksein sollten wir uns vor dem Herrn prüfen, ob etwas in unserem Leben oder Wandel nicht in Ordnung und die Krankheit eine Züchtigung des Herrn sei.
Der Herr kann bei irgend einem Seiner Knechte eine Krankheit zulassen, um dem Betreffenden etwas Besonderes zu sagen. Man darf vielleicht annehmen, daß es Hiob bei all seinen Tugenden an Geduld und Licht über sich fehlte, und der Herr gestattete dem Satan, ihn mit bösen Geschwüren zu schlagen, denn sicher - Satan darf ein Kind Gottes nicht antasten ohne die Bewilligung Gottes (Hiob 2,5.10). Hiob bestand diese schwere Prüfung, und im Neuen Testament wird er als Beispiel des Ausharrens hingestellt (Jak 5,11), denn „Trübsal bewirkt das Ausharren“. (Röm 5,3).
Krankheit kann auch zugelassen werden, um etwas, z. B. irgend eine Untugend, zu verhindern. Sogar Paulus stand in Gefahr, sich zu überheben wegen der Überschwenglichkeit der ihm gewährten geistlichen Offenbarungen. So wurde ihm ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, und der Herr nahm den Dorn nicht weg, obwohl Paulus dreimal darum flehte, sondern Er schenkte ihm genügend Gnade, dies zu tragen. (2Kor 12,7-10). Krankheit kann also das Herz der Gotteskinder vor dem Stolze bewahren. Wenn aber behauptet wird, man dürfe nicht krank sein, jede Krankheit sei ein Werk des Teufels, und sei man krank, so sei im geistlichen Leben etwas nicht in Ordnung, und der Herr müsse nun durch ein Wunder der Heilung verherrlicht werden, so wird man in vielen Fällen die tiefen Wege der Weisheit und Erziehung des Herrn durchkreuzen, und das würde ein großer Verlust sein.
Unser ungeübtes, törichtes Menschenherz verlangt nach äußeren Zeichen und Wundern, aber nicht nach den stillen und geraden Wegen des Gottes aller Geduld und alles Trostes. Der König Hiskia sträubte sich, als ihm in seiner Krankheit der Wille des Herrn kund wurde, daß er sterben sollte. Auf sein heißes Gebet fügte Jehova 15 Jahre seinem Leben hinzu, und ein merkwürdiges Zeichen geschah an dem Sonnenzeiger Ahas, wovon man sogar in Babylon erfuhr. Doch wäre es nicht besser gewesen, wenn er zu dem geoffenbarten Willen Gottes einfach „Amen“ gesagt hätte? Denn während der 15 hinzugefügten Jahre seines Lebens wurde sein Sohn Manasse geboren, der so viel tat, um Jehova zu reizen, denn er verleitete Juda und die Bewohner von Jerusalem, mehr Böses zu tun als die Nationen, welche Jehova vor den Kindern Israel vertilgt hatte. (Jes 38; 2Chr 33).
Unter den guten Werken, die das Wohlgefallen und die Anerkennung des Königs an Seinem Tage finden werden, wird auch das Besuchen der Kranken erwähnt. Unter anderem wird Er sagen: „Ich war krank und ihr besuchtet Mich“, und dann das aufmunternde Wort hinzufügen: „Insofern ihr es einem der Geringsten dieser Meiner Brüder getan habt, habt ihr es Mir getan.“ (Mt 25,31-46). Die Krankheit unserer Brüder und Schwestern gibt uns somit eine schöne Gelegenheit, ihnen unsere Liebe zu erweisen, indem wir sie besuchen und ihnen verschiedene Liebeserweisungen entgegenbringen. Der Herr bemerkt das und betrachtet es, als ob wir das Ihm getan hätten.
Mit einem oberflächlichen und leichtfertigen Schlagwort kann man nicht jedes Kranksein in dieselbe Kategorie tun, denn unser Gott handelt nicht schablonenmäßig, und wenn man es doch tut, so verursacht man viel Verwirrungen und Zerwürfnisse unter Gläubigen. Mittel zur Linderung und Heilung finden wir in der Schrift. Öl kommt vor in Jes 1,6. Der gute Samariter verwendete Öl und Wein. Jesaja befahl einen Feigenkuchen als Pflaster, Jakobus schrieb von einer Salbung mit Öl, vielleicht des ganzen Leibes, mit Gebet. Der Herr Selbst wendete einmal einen Kot aus Speichel und Lehm als Salbe an (Joh 9,6). Und wie wir schon gefunden haben, Paulus riet Timotheus, ein wenig Wein zu nehmen. Alles das ist so einfach und ungekünstelt.
Im Ps 41,1-3 ist eine gar schöne Verheißung, nämlich, daß Jehova den auf dem Siechbette stützen und dessen Lager in seiner Krankheit umwandeln wird, der auf den Armen acht hat! Hier kommt der wunderbare göttliche Grundsatz zum Ausdruck, daß man ernten wird in leiblichen Sachen, was man gesät hat. Hat man gefühllos und lieblos die Armen behandelt, so kann man nicht Liebe, wenn man krank ist, erwarten. Hat man niemals die Armen, die unter uns sind, unterstützt, so kann man nicht erwarten, daß Jehova einen auf dem Siechbette stützen wird. Aber würde wohl der Herr eins Seiner Kinder auf dem Siechbette stützen, wenn die Krankheit ein Werk des Teufels wäre? Diese Frage bedarf keiner Antwort.
Was ärzttiche Hilfe anbelangt, so sagte unser Herr Selbst, daß die Starken keines Arztes bedürfen, sondern die Kranken (Mt 9,12). Also hat Er ärztliche Hilfe weder verurteilt noch verworfen. Paulus nannte Lukas den geliebten Arzt (Kol 4,14), und er allein blieb bei dem Apostel, als er in Rom im Gefängnis lag (2Tim 4,11). Sicher verschmähte er nicht irgend welchen ärztlichen Dienst, den Lukas ihm leisten konnte.
Es läßt sich noch vieles über dieses belangreiche Thema sagen, doch wir haben genug geschrieben, um zu zeigen, in wie weiten Zügen die Schrift die Frage des Krankseins behandelt.
Gott wollte ein gesundes Volk haben, nämlich das Volk Israel, und wäre das Volk gehorsam gewesen, so hätte Er keine schwere Krankheit auf dasselbe gelegt. Jehova gab auch im Gesetz gute Regeln der Gesundheit, woran das Volk sich halten sollte. Leider sind viele - auch Gläubige - ungesund, und nur, weil sie die vernünftigen Gesetze der Natur verletzen, z. B. man hält den Körper nicht rein, man überbürdet den Magen mit schwer zu verdauenden Speisen, man wohnt und schläft in schlecht gelüfteten Gemächern usw., und der arme übel behandelte Körper wird krank. Von solchen Krankheiten kann man nicht sagen, daß sie ein Werk des Teufels sind, denn sie sind die natürlichen Folgen der Unwissenheit und des Unverstandes. Wohl bringen die Kinder dieser Welt viele Krankheiten auf sich durch ein ausschweifendes Leben; aber die Kinder des Lichtes sollen ihrem Herrn Ehre machen, indem sie rein, keusch und enthaltsam leben. Jede Leidenschaft sollte man völlig meiden, ob sie Alkohol, Tabak oder sonst was sei. „Verherrlicht nun Gott in eurem Leibe.“ (1Kor 6,20). „Euer ganzer Geist und Seele und Leib werde tadellos bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“ (1Thes 5,23).
F. Btch.