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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Apg 8,39 – Er zog seinen Weg mit Freuden.Apg 8,39 – Er zog seinen Weg mit Freuden.
Wie ist es, lieber Leser, ziehst du deinen Weg mit Freuden? Kinder Gottes sollen glückliche Menschen in dieser Welt sein, und ein glücklicher Mensch zieht seine Straße mit Freuden, unabhängig von den Verhältnissen und Umständen, in denen er sich befindet.
Von dem Herrn Jesus lesen wir, daß Er in einer Stunde, da Er verworfen wurde, im Geiste frohlockte und sprach: „Ich preise Dich, Vater!“ (Lk 10,21) So, wie Er frohlockte und Seinen Vater pries in der bitteren Stunde Seiner Verwerfung, ebenso können auch wir, die wir Ihm angehören, frohlocken und unseren Weg mit Freuden ziehen.
Der Kämmerer tat es. Er war jungbekehrt, aber er zog seinen Weg mit Freuden. Der Geist des Herrn hatte Philippus von seiner Seite hinweggenommen und ihn allein gelassen. Er reiste in ein Land, wo er vielleicht nicht einen fand, der dem Herrn angehörte. Und doch zog er seinen Weg dorthin mit Freuden. Und warum sollte er seinen Weg nicht mit Freuden ziehen? Gott hatte seine Seele vom Verderben erlöst und sein Auge von den Tränen. Kämpfe und Versuchungen mochten dort seiner warten, aber er hatte Frieden mit Gott durch den Herrn Jesus Christus, den er im Glauben angenommen hatte. Jetzt war Gott ihm Sonne und Schild, und kein Gutes konnte ihm fehlen. Wohl hatte er wie wir alle auf dem Wege viel zu lernen, sind wir doch in uns selbst schwach und sündig und tragen ein Gesetz der Sünde in unseren Gliedern, das uns in Gefangenschaft bringen will (Röm 7,23); aber wir lernen auch den Erretter kennen, der uns in die Befreiung führt.
Der Kämmerer zog seinen Weg mit Freuden. Und wohin führt dieser Weg der Freude? Er führt zu dem Tage, an dem wir eingehen in die Freude unseres Herrn. Der Weg mag durch das Tal der Todesschatten gehen oder auch uns zu der Stunde führen, da der Herr Jesus mit gebietendem Zuruf kommt und die Seinigen von dieser Erde entrückt, um allezeit bei Ihm zu sein.
Dorthin führt der Weg, lieber Leser, den der Kämmerer mit Freuden zog, und dieser Weg ist auch unser Weg. Können wir ihn nicht auch mit Freuden ziehen?
Was machte sein Herz so glücklich, daß er seinen Weg mit Freuden zog? War es sein hoher Rang und Stand, den er in der Welt einnahm? Manche streben nach einer hohen Stellung und meinen, wenn sie eine solche erreichten, wären sie glücklich. Der Kämmerer hatte sie, aber sie machte ihn nicht glücklich; er sehnte sich nach der wahren Glückseligkeit. Deshalb machte er die weite Reise von Äthiopien nach Jerusalem, um sie dort im Tempel zu finden. Und wenn du, lieber Leser, danach trachtest, eine hohe Stellung zu erringen, so wirst du die gleiche Erfahrung des Kämmerers machen, daß sie dein Herz nicht befriedigen kann. Und selbst wenn du dein Ziel erreichtest und dich daran erfreutest, wie lange würde deine Freude währen? Wie lange hatten Alexander und Napoleon ihren hohen Rang? Waren sie glückliche Menschen? Weißt du, wie sie starben? Wo ist alles das geblieben, was sie errangen? Und wenn sie eine kurze Zeit daran Freude hatten, ihre Freude währte nicht lange. Die Freude aber, die der Herr uns gibt, bleibt in Ewigkeit. Der Herr sagt: „Euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch.“ (Joh 16,22)
Oder denkst du, daß Reichtum glücklich macht? Möchtest du reich sein? Suchst du Gold und Silber anzusammeln und Besitztümer dieser Welt zu erwerben? Höre, was Gott zu dem Manne sagte, der seine Scheunen gefüllt hatte: „Du Tor! in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; was du aber bereitet hast, für wen wird es sein?“ (Lk 12,20) „Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, welcher nachtrachtend etliche von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben.“ (1Tim 6,10) Reichtum und Besitz machen nicht glücklich. Der Kämmerer war nicht nur „ein Gewaltiger“, er war auch gesetzt über den ganzen Schatz der Königin der Äthiopier, aber glücklich war er nicht. Jage nicht den Dingen nach, die nicht glücklich zu machen vermögen, die dich aber mit vielen Schmerzen durchbohren können! Laß dich warnen vor der Habsucht; sie ist Götzendienst, und um ihretwillen kommt das Zorngericht Gottes über die Söhne des Ungehorsams. (Kol 3,5.6) Sei nicht unter ihnen!
Auch Religion und Frömmigkeit können dem Herzen nicht Ruhe und Frieden geben. Der Kämmerer war ein religiöser und frommer Mann. Er reiste eigens von Äthiopien nach Jerusalem, um dort an geheiligter Stätte anzubeten. In diesem hehren Tempel hoffte er das verborgene Sehnen seiner Seele nach Frieden mit Gott zu stillen. Fand er, was er suchte? Nein! Frömmigkeit, religiöse Gebräuche, Gottesdienste sah er dort. Aber auch diese konnten ihm keinen Frieden geben. Dies kann nur einer - Er, der den Frieden gemacht hat. Über Diesen aber hatten sie gerufen: „Kreuzige, kreuzige Ihn!“ (Lk 23,21-23) und Ihn alsdann durch die Hand der Gesetzlosen ans Kreuz geheftet und umgebracht (Apg 2,23). Was blieb ihnen noch? Ein herrlicher Bau, pompöse Gottesdienste und Zeremonien. Diese aber können den verworfenen Sohn Gottes, den Heiland der Sünder, nicht ersetzen. Den heiligen Tempel, bei dem sie ihre Schwüre abgaben, den hatten sie zu einem Kaufhause und zu einer Räuberhöhle gemacht. Ist es deshalb zu verwundern, daß der Kämmerer unbefriedigt und mit leerem Herzen in sein Land zurückkehrte?
Wenn du, lieber Leser, geheiligte Stätten und Gottesdienste aufsuchst, um darin den Frieden für dein Herz zu finden, so wirst du die Erfahrung des Kämmerers machen und leeren Herzens bleiben. Hohe Worte und feierliche Zeremonien mögen dich begeistern, liebliche Gesänge und herrliche Musik dich entzücken, deine Gefühle berauschen, dich beseligen und erbauen; dieses alles kannst du haben ohne Christus. Die glückselige Gewißheit der Vergebung, die Freude der Erlösung und des Friedens mit Gott aber kannst du nie auf diesem Wege erlangen.
Sieh' den Kämmerer! Er suchte Frieden. Auf welcher Grundlage wollte er ihn finden? Er wollte Gott Anbetung darbringen, aber ohne den Mittler und ohne mit Gott versöhnt zu sein. Er erwartete die Versöhnung und den Frieden mit Gott als eine Antwort auf seine Anbetung und seine frommen Übungen.
Tausende gleichen hierin heute noch dem Kämmerer. Sie erwarten ihre Errettung und Seligkeit durch ihr Gehen in die Gottesdienste und durch die frommen Dinge und Übungen, die sie tun. Christus aber hat das Werk zur Sühnung unserer Sünden vollbracht durch das ein für allemal geschehene Opfer Seines Leibes (Heb 10,10). Mit unseren Werken und unserer Frömmigkeit uns mit Gott versöhnen zu wollen ist nichts anderes als ein Beiseitesetzen des Werkes Christi. Frieden mit Gott kann nicht durch Werke, sondern nur auf Grund des Glaubens an Den erlangt werden, Der Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes. (Röm 5,1f.; Kol 1,20)
Die Geschichte des Kämmerers zeigt uns somit, daß ein hoher Stand, Reichtum und Religion die Not der Seele nicht stillen können. Laßt uns nun sehen, wie dieser Mann den Frieden fand, der ihn so glücklich machte, daß er nun seine Straße mit Freuden zog.
Er ist auf der Rückkehr; niemand hatte ihm den Weg zum Frieden zeigen können. Nur blinde Blindenleiter hatte er gefunden. Den, den er nicht im Tempel fand, den fand er jetzt auf dem Weg, der „öde“ ist.
Er suchte aufrichtigen Herzens. Apg 8,21 lesen wir von einem Manne, dessen Herz nicht aufrichtig war vor Gott und deshalb weder Teil noch Los an dem Werke und Wirken Gottes hatte und in der Finsternis blieb. Gott aber, gnädig, barmherzig und gerecht, läßt dem Aufrichtigen das Licht in der Finsternis aufgehen (Ps 112,4). Er fügte es, daß der Kämmerer in den Besitz einer Abschrift des Propheten Jesaja gelangte. Es ist dem Kämmerer nicht genug, die Heilige Schrift zu besitzen; er liest sie auch. Er ist allein mit dem Worte seines Gottes, und das, was er in Jerusalem nicht gefunden hat, das sucht er jetzt weiter in der Schrift des Propheten. Er kennt den Weg des Heils nicht und weiß nichts von Jesus, dem Sohne Gottes, dem einzigen Heiland; aber er ringt nach Licht.
Gott sieht sein Verlangen und kommt ihm zu Hilfe. Ein Engel des Herrn, einer der Diener derer, die die Seligkeit ererben sollen, beauftragt Philippus, den „öden“ Weg nach Gaza zu gehen. Gott führt die beiden zusammen - den, der den Weg kennt, mit dem, der den Weg sucht. Wunderbar sind Gottes
Wege! Manche unserer teuren Leser könnten sicher auch von wunderbaren Gottesführungen erzählen, wie Gott auch ihnen in den Dunkelheiten und den Fragen ihres Herzens einen Philippus sandte. Der Kämmerer las das Wort nicht nur still für sich; er las es laut. Er versteht die Worte des Propheten nicht; vielleicht suchte er durch lautes Lesen dieselben leichter zu verstehen. Wie müht er sich, das Wort des Propheten zu erfassen! Plötzlich vernimmt er neben seinem Wagen die Worte: „Verstehst du, was du liesest?“ Ein Fußgänger, ein Fremdling, ruft ihm diese Worte zu. Ehrlich und einfach antwortet er: „Wie könnte ich, wenn nicht jemand mich anleitet.“
Hier zeichnet uns der Heilige Geist das Bild einer aufrichtigen und ernstlich suchenden Seele. Er ist durch diese Frage nicht beleidigt; er fühlt seine Unwissenheit, und aufrichtig bekennt er sie. Die Frage des Philippus läßt ihn vermuten, daß der Fremdling ihm helfen könne, und er bittet ihn, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. Er fragt nicht, wer Philippus ist; er wünscht nur, Licht zu haben, durch wen es auch sei. Dies zeigt uns den Ernst, mit dem er sucht.
Nun findet auf dem Wagen gleichsam eine Bibelstunde und Evangeliumsverkündigung statt. Von dieser Jesajastelle anfangend, verkündigt ihm Philippus nun das Evangelium von Jesus. Welche Freude ist es für Philippus und für jeden Gläubigen, zu einer nach Frieden dürstenden Seele von dem Heiland zu reden. Und wunderbar ist das Walten der unsichtbaren Hand Gottes - der Kämmerer muß das 53. Kapitel des Propheten Jesaja lesen: „Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt ...“ Sehen wir hierin nicht den Zug des Vaters zum Sohn? Diese Schriftstelle war es gerade, die für ihn paßte. Daß sein Blick gerade auf diese Stelle gerichtet wurde, zeigt uns, wohin der Sünder sein Auge wenden soll. Golgatha ist der Ort, wo der Grund zur Rettung des Sünders gelegt wurde.
Der Kämmerer fragt: „Von wem sagt der Prophet dieses?“ Er kann nicht begreifen, wie ein Mensch sich stumm zur Schlachtung führen lassen kann. Von dieser Stelle anfangend, verkündigt Philippus ihm das Evangelium von Jesu. Er spricht zu ihm von Jesu, dem Sohne Gottes, der auf diese Erde kam, um für verlorene Sünder zu sterben und Sein Volk zu erretten von ihren Sünden (Mt 1,21), aber von den Menschen verworfen und gekreuzigt wurde. Sein Leben wurde von der Erde hinweggenommen, da Er als das Weizenkorn in die Erde gelegt wurde. Sein Geschlecht wird nicht mit dem auf der Erde lebenden, sondern mit dem aus den Toten auferstandenen und verherrlichten Christus jetzt gefunden. Seine Nachkommenschaft sind die an Ihn Glaubenden, und in ihnen wird Er jetzt gesehen.
Das lebendige Wort Gottes wirkt in seinem Herzen, und himmlisches Licht der Liebe Gottes erfüllt seine Seele. Er sieht, daß das, was der Prophet geschrieben, auch ihm gilt, daß Christus Jesus auch für seine Sünden starb, und sein Glauben verbindet sich mit Dem, der auf Golgatha die Strafe zu seinem Frieden trug. Alles, was er brauchte, findet er in dem Herrn Jesus, dem kostbaren Namen, der den Menschen gegeben ist, in welchem sie errettet werden müssen! (Apg 4,12) In Ihm findet er sein Heil und den Frieden, nach dem sich seine Seelen solange gesehnt hat.
Auf ihrer Fahrt kommen sie an ein gewisses Wasser. Der Kämmerer spricht: „Siehe, da ist Wasser, was hindert mich, getauft zu werden.“ Ohne Zweifel hatte Philippus von dem letzten Befehl des Herrn auf dieser Erde zu ihm gesprochen: „Gehet hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden.“ (Mk 16,15.16)
Sein Glaube hatte Den angenommen, dessen Leben auf Golgatha von der Erde weggenommen war. Hatte Er, der für ihn starb, die Welt des Fleisches verlassen, so geziemte es sich auch für ihn, sie zu verlassen und in dem Sinnbilde der Taufe sein Einsgemachtsein mit dem Kreuze und dem Grabe seines Herrn und Heilandes zu bekennen. Hier in der Taufe wurde sozusagen der schwarze Mann begraben, um fortan in der Neuheit des Lebens zu wandeln (Röm 6,4). Nicht nur seine Sünden mußten weggetan werden, auch er selbst als ein Mensch im Fleische mußte hinweggetan - begraben werden.
Der Geist des Herrn entrückt den Philippus. Philippus verläßt ihn, aber der Herr bleibt ihm. Das irdische Gefäß und
Werkzeug wird von ihm genommen, aber die Quelle alles Lebens - Christus - bleibt, und Er ist genug für ihn. Er zieht seine Straße mit Freuden. Er hatte seinen Heiland gefunden, Jesus, den Sohn Gottes, der ihn geliebt und Sich Selbst für ihn hingegeben hat.
Die Freude, mit der er seinen Weg zog, war keine zukünftige, sondern eine gegenwärtige, die er jetzt auf seinem Wege genoß. Kennen wir diese Freude? Genießen wir sie? Wir erlangen sie nicht durch unsere Anstrengung; diese Freude liegt in der Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus. Möchten wir in dieser Freude unsere Straße ziehen!
Alb. v. d. Kammer.