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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 7 -Jahrgang 1920
1Kön 20,28 - „Der Gott der Täler“1Kön 20,28 - „Der Gott der Täler“
„Jehova ist ein Gott der Berge, und Er ist nicht ein Gott der Täler.“ 1Kön 20,28.
Berge und Täler wechseln in der Wallfahrt unseres Lebens. Wir bewegen uns nicht immer auf den Höhen der geistlichen Freuden und im Genusse der schattenlosen Liebe unseres Gottes. Das Leben eines Kindes Gottes geht durch Tiefen sowohl wie über Höhen, durch Täler wie über lichte Bergeshöhen.
Wenn wir so von „Bergen“ und „Tälern“ reden, denken wir nicht an Stimmungen und Erfahrungen der Gläubigen. Es gibt Kinder Gottes, die sich einmal glücklich fühlen und voll Lob und Preis sind und das nächste Mal unglücklich, weil ihnen alles verkehrt zu gehen scheint. Sie seufzen über Niederlagen im Kampfe mit den Listen des Feindes oder machen neue Entdeckungen von der Verdorbenheit ihres Herzens. Durch das ständige Auf und Nieder in ihrer Seele fangen sie an zu zweifeln, sowohl an Gottes Liebe als auch an der Sicherheit ihrer Errettung. Solche bedürfen der Einführung in die Wahrheit der Errettung, um zu der Befreiung zu gelangen, die das Teil der Kinder Gottes ist.
Von solchen Tälern und Höhen möchten wir hier nicht reden, sondern vielmehr auf das allgemeine Leben der Kinder Gottes eingehen.
In Israel gab es (allgemein geredet) zwei Klassen. Die eine, die mit den heiligen Dingen, die andere, die mit den irdischen Dingen beschäftigt war. Es gab Priester, und deren Vorrecht war es, in den heiligen Dingen zu dienen. Sie und die Leviten waren für den Dienst Jehovas abgesondert. Im Gegensatz zu diesen wird das „Volk des Landes“ genannt (3Mo 4,27). Das „Volk“ ging den täglichen Arbeiten und Beschäftigungen nach. Bei den Kindern Gottes der heutigen Haushaltung sind die Funktionen der beiden Klassen vereint. Jeder Gläubige ist ein Priester (Off 1,6) und darf als solcher mit Freimütigkeit ins Heiligtum eintreten (Heb 10,19); aber zugleich ist er auch einer vom „Volke“, und als solcher hat er mit den „irdischen“ Dingen zu tun, als unterschieden von den Dingen im Dienste des Herrn.
Der Leser wird verstehen, was wir meinen. Da sind Stunden, wo wir die Beschäftigungen des irdischen Lebens zurücklassen und uns ganz dem Herrn und Seiner Arbeit widmen, wo wir uns versenken in die Liebe Christi und Gottes. O wie ruft da Sein Geist in unserem Herzen das „Abba, Vater“ hervor. Wir freuen uns der Liebe Dessen, der uns zu Seinen Kindern gemacht hat und uns liebt mit einer Liebe, die nur gemessen werden kann nach Seiner Liebe zu Jesus, Seinem Sohne (Joh 17,23). In der Freude dieses gesegneten Verbundenseins nahen wir Ihm mit Lob und Dank und ersehnen den Augenblick, da wir „dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig“ sein werden (Röm 8,29).
Das sind sonnige Höhen, Bergesspitzen voll Licht, wo unsere Seelen mit Freuden weilen. Aber es sind auch andere Stunden da. Die täglichen Aufgaben sind zu verrichten. Das Brot ist zu erwerben, sei es im Geschäft, in der Fabrik oder auf dem Felde; und es gibt Pflichten zu erfüllen im Hause und in der Familie und tausend andere Dinge, die unsere Aufmerksamkeit und Arbeit erfordern.
Als Gottes „Priester“ beschäftigen wir uns mit den Dingen der Bergeshöhen, gehen in das Heiligtum und wirken in Seinem Werke. Als „Volk“ haben wir unsere irdischen Lebensaufgaben, und von diesen möchten wir zunächst reden als von den Tälern in des Christen Wallfahrt.
Nun kommt.die ernste und wichtige Frage: Ist unser Gott ein Gott der Täler ebensowohl als auch der Berge? Die Syrer - 900 Jahre vor Christo - sagten: Er ist es nicht. Und der Feind von 1920 sagt gleichfalls: Er ist es nicht. Es wird uns gesagt: Geschäft ist Geschäft, und Christentum ist Christentum. Damit will man uns sagen, diese beiden müssen getrennt gehalten werden; als ob wir unsere Reise in zwei Wagenabteilen zu machen hätten und als ob der Gott, den wir kennen und dessen Liebe wir uns erfreuen, nichts zu tun hätte mit unserem Geschäft noch mit der Art, wie wir es führen.
Ist dies so? Unsere Schriftstelle am Eingang unserer Betrachtung sagt uns, daß die Israeliten einen großen Sieg über die Syrer gewonnen hatten. Die Syrer konnten nicht verstehen, wie es möglich war, daß sie bei ihrer großen Übermacht eine solche Niederlage erleiden konnten. Die einzige Erklärung, die sie finden konnten, war, daß der Gott Israels ein Gott der Berge sei. Und sie sagten: „Wir wollen in der Talebene wider sie streiten“, dann, meinten sie, würden sie siegen. (1Kön 20,23-25).
Gewiß ist es wahr: Unser Gott ist ein Gott der Berge, und Er hat uns manchen Sieg als solcher gegeben. Eine der Absichten Satans ist, uns den Genuß der Berge, der himmlischen Segnungen zu rauben, indem er das Herz mit irdischen Dingen erfüllt. Und wirklich, manche Kinder Gottes scheinen wenig Gott als den „Gott der Berge“ zu kennen. Wohl kennen sie etwas von Seiner Güte und Sorge in den irdischen Dingen ihres Lebens, aber von Seiner Liebe, von Seinen ewigen Ratschlüssen wissen sie kaum etwas zu sagen. Diese Bergeshöhen sind ihnen fremde Gebiete. Der Feind hat sie für das Beste und Höchste blind gemacht, und so haben sie noch nie einen Sieg über die Syrer auf den Höhen davongetragen.
Doch es sind auch solche, die durch Gottes Gnade über den Feind auf den Höhen siegten. Sie nahmen in der Kraft des Glaubens das himmlische Land in Besitz, und sie suchen Gnade, in der ganzen Waffenrüstung zu stehen (Eph 6,13-17), um nicht der Früchte des Sieges beraubt zu werden.
Wenn es dem Feinde nicht gelungen ist, den Sieg über uns auf dem „Berge“, d. h. in den heiligen Dingen Gottes, zu erlangen, so kommt er wieder und versucht uns in der Talebene anzutasten, in dem „Tale“ der täglichen Geschäfte und Arbeiten. „Jehova ist ein Gott der Berge, und Er ist nicht ein Gott der Täler“, sagt er nach 1Kön 20,28. Und ach, es ist wahr, hier und da sind Gläubige seinem Betruge zum Opfer gefallen und haben seine Lüge an andere als Wahrheit weitergegeben.
Sie haben sich von ihm überzeugen lassen, daß Gott aus dem Geschäftsleben herausgelassen werden müsse. Geschäft ist Geschäft. Gewiß. Aber ist das Geschäft für einen Christen dasselbe, was das Geschäft für einen Weltmenschen ist? Sind seine Ziele dieselben? Handelt er nach gleichen Grundsätzen? Wird seine Geschäftsführung nicht von Christus beeinflußt? Weil es im Geschäft „allgemein“ so gehandhabt wird, tut ein Kind Gottes es ebenso? Weil gewisse bedenkliche Geschäftsgebräuche üblich sind, macht ein Christ sie mit? Wie tief muß der geistliche Stand eines Kindes Gottes sein, wenn es auch nur einen Augenblick zögert, auf solche Fragen mit einem entschiedenen „Nein!“ zu antworten.
Es kann sein, daß ein Kind Gottes sich scheinbar auf den sonnigen Höhen der Ratschlüsse Gottes bewegt und davon redet und zugleich den Mangel an wahrer Reinheit in seinem Geschäft damit entschuldigt, daß es eben „Geschäft“ sei. Solches ist aber nichts anderes als eine Anerkennung des alten Syrerwortes: „Gott ist nicht ein Gott der Täler“.
Aber Er ist ein Gott der Täler und Er erwartet, daß wir Ihn als solchen anerkennen und unsere Geschäfte in Seiner Furcht führen. Er will auch im Tale unseres täglichen Lebens verherrlicht werden, indem wir nach anderen Zielen und Grundsätzen handeln als die Welt, so daß Er Sein Auge mit Wohlgefallen auch auf unserem Geschäftsleben ruhen lassen kann.
Unsere Schriftstelle zeigt uns, mit welchem Ernst Gott wider die handelt, die Ihn nicht als den Gott der Täler achten. Er sagt: „Weil“ sie sagten, Er sei nicht ein Gott der Täler, „so will ich diesen ganzen großen Haufen in deine Hand geben“, und Israel sollte daran lernen, daß Er Jehova sei, der das Tun der Menschen sieht und zu Seiner Zeit richtet.
Auf den Bergeshöhen hatten die Syrer Seine Kraft erfahren, aber was in den Tälern vorging, darum (glaubten sie) werde Er Sich nicht kümmern. Hier, meinten sie, brauchten sie nicht mit Seinem Arm zu rechnen und würden sie mit ihrer Kraft und ihrem großen Haufen durchkommen, aber sie mußten die Schwere ihres Irrtums bitter fühlen: an einem Tage verloren sie 100000 Mann.
Ist dieses nicht die Geschichte manches Kindes Gottes? Sie ließen sich vom Feind betören und glaubten, Gott aus dem Tale der irdischen Beschäftigungen herauslassen zu können; sie vertrauten auf ihre Geschicklichkeit, auf ihre Mittel und handelten nach den Überlegungen ihres Herzens, ohne zu fragen, ob des Herrn Name damit zu verbinden sei. Gott aber sieht es und sagt: „Weil ..., so will ich usw.“ Und es kam ein Tag, da sie ihren Irrtum bitter fühlen mußten.
Gott hatte acht auf das, was die Syrer redeten und taten, und Er sieht auch, was du tust, und kennt die Gedanken deines Herzens. Was auch dein Beruf im Tale des irdischen Lebens ist - ob Arbeiter, Knecht oder Herr -, Sein Name ist mit dir verbunden, und Er will auch im Tale der irdischen Beschäftigungen durch dich verherrlicht werden.
Und welch ein Trost ist es, zu wissen, daß Gott nicht nur ein Gott der Höhen, sondern auch der Täler ist, daß wir nicht bloß über die himmlischen Dinge mit Ihm reden können, sondern auch über die kleinen Dinge des Lebens, des Berufes und Erwerbes. Ja, welch ein Trost ist es, und welche Erleichterung, sich von Ihm in den mancherlei Schwierigkeiten beraten zu lassen. Ja, wenn die Last scheint größer zu sein, als wir sie tragen können, so können wir zu Ihm gehen und alles Seinen weisen und liebenden Händen übergeben. O, welchen Verlust haben doch die, welche Gott nicht kennen als den Gott der Täler! Wieviel Segen geht doch denen verloren, die im Tale des Lebens nicht mit Ihm wandeln!
Aber es gibt noch tiefere und dunklere Täler als die des beruflichen Lebens.
Da ist das Tal der mangelnden Gesundheit. Dinge, die einst mit Leichtigkeit getan wurden, sind uns jetzt eine schwere Last. Wie langsam schleichen die Stunden des Tages hin, um dann von Stunden der Nacht, der Schmerzen und Schlaflosigkeit abgelöst zu werden. Kann Gott auch in solchen Tälern den Sieg geben? Er kann! Ja, Er kann es! Spürbar vermag Er uns mit den Armen Seiner Liebe aus den Umständen so herauszuheben, daß sich Stunden der Schlaflosigkeit und Leiden im Genusse Seiner Gegenwart zu Stunden unaussprechlichen Glückes verwandeln. Wie eine Mutter ihr Kind mit süßen Tönen der Liebe zur Ruhe bringt, so stillt Er auch unseren unruhigen, ach oft murrenden Geist, indem Er Worte Seiner Liebe voll Trost in unser Herz senkt. Auch in dem Tale der Leiden reicht Er Gnade dar, nicht bloß sie zu ertragen, sondern Ihn darin zu verherrlichen.
Wie aber ist es im Tale der Verluste und der Todesschatten? Kann Er auch dieses dunkle Tal mit dem Lichte Seiner Liebe erhellen? Ja, auch in diesem Tale vermag Er uns so an Sein Herz zu ziehen, daß unser geängstigter Geist sich in dem Schoße Seiner Liebe birgt und wir still Ihm vertrauen, daß Seine mächtigen Hände für uns und über uns walten.
Wie tief ist dieses Tal für die, welche Gott nicht als den Gott der Täler kennen. Solche Zeiten des Verlustes und des Kummers benutzt dann der Feind, um Mißtrauen an Gottes Liebe und Auflehnung gegen Ihn ins Herz zu säen. Der Tod hat ihnen die, die sie so innig liebten, aus den Armen genommen, und einsam und allein stehen sie in ihrem Kummer, ohne Trost. Keine Kenntnis Seiner göttlichen Liebe hebt sie aus ihrer Sorge heraus, keine Gnade hilft ihnen tragen - sie kennen nicht den Gott der Täler.
Möge es, lieber Leser, unser Teil sein, nicht nur mit Gott auf den Höhen der himmlischen Dinge zu wandeln, sondern auch in den Tälern der irdischen Aufgaben und Nöte, wie es einst Habakuk tat (Siehe Habakuk 3,17-19). Viele der größten Siege, von denen die Schrift berichtet, waren Siege, die in den Tälern erstritten wurden. Im Tale Ajalon siegte Josua über die fünf Könige der Amoriter (Josua 10,11.12). Im Terebinthental triumphierte David über den Riesen Goliath (1Sam 17). Und in den Tälern unseres Lebens können wir die herrlichsten Siege feiern. Lassen wir aber Gott aus, so wird es uns gehen wie Lot, der die Talebene Sodoms wählte und seine gerechte Seele quälte. Und selbst als Gott das Gericht über Sodom bringen wollte, konnte er sich noch nicht entschließen, das „Tal“ zu verlassen und auf das „Gebirge“ zu gehen. So war seine Seele an das Tal gebunden, daß er bat, in der Ebene, in Zoar, bleiben zu können. Gott will uns den Sieg geben, um durch uns verherrlicht zu werden, sowohl als der Gott der Berge wie der Täler.
B. (v. d. K).