verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 10 -Jahrgang 1925
Einige schlichte Bemerkungen zum TitusbriefEinige schlichte Bemerkungen zum Titusbrief
In diesem kurzen und doch so überaus inhaltreichen Schreiben des Paulus wird, soweit ich verstehe, die praktische Bewährung des einzelnen Gläubigen, und zwar auf Grund der „gesunden Lehre“, behandelt, aber nicht losgelöst von der Gemeinde, sondern im Gegenteil gerade in Verbindung mit der gottgewollten Ordnung in derselben und abhängig von derselben. Gott steht gleichsam in diesem Briefe vor uns als Gott - nicht der Unordnung (vgl. 1Kor 14,33), sondern der im Leben der Gemeinde Sich bewährenden Ordnung. Und zwar zeigt dieser Brief Ihn uns unter dem Charakter des „Heiland-Gottes“ (vgl. 1,3.4; 2,10.13; 3,4.7), woraus wir ersehen, daß Er diesen
Charakter nicht nur dann offenbart, wenn es auf die Rettung von Sündern ankommt, sondern - der ganze Brief redet davon! - wenn es sich um göttliche Ordnung in der Gemeinde als dem Hause Gottes (wenn dieser Ausdruck aus 1Tim 3,15 auch hier fehlt) handelt. Mit anderen Worten, dieser Brief zeigt uns, daß es auch in der Gemeinde kein Übel, keinen Schaden geben kann, wofür Gott, unser Retter, nicht in diesem Charakter in Anspruch genommen werden dürfte und sollte. Und andererseits ist kein Schade, kein Riß in Seinem Hause so geringfügig, daß wir ohne Ihn, den Heiland- oder Rettergott, damit fertig zu werden vermöchten! Ist zur Rettung des Sünders ein Retterheiland nötig (3,4.5) - für die Zucht und Ordnung Seiner Gemeinde nicht minder! Und Seine Gnade, die den Sünder rettet, unterweist und belehrt die Seinen in diesen Ihm so wichtigen Dingen der Ordnung, sowohl in der Gemeinde wie des gottgemäßen Betragens zu allen Zeiten aller derer, die als Sein „Eigentumsvolk“ (2,14) zu Seiner Gemeinde gehören, selbst wenn es sich um Menschen handelt, die als Ungläubige so wenig Vertrauen verdienten wie die Kreter in damaligen Zeiten (und später auch)! (1,12ff.)!. Mochten sie als Gläubige sich bewähren!
Sicherlich ist es dem Leser dieses Briefes schon aufgefallen, wie oft in diesem Briefe bestimmte Worte wiederkehren, so z. B. das gleichsam zum Thema des Briefes gehörende Wort „gesund“ (siehe 1,9.14; 2,1.2.8; vgl. 1Tim 1,10; 6,3; 2Tim 1.13; 4,2); dann auch das Wort „besonnen“ (1,8; 2,2.7.12). Darauf weiter einzugehen erübrigt sich hier. Aber auf die Gegenüberstellung von zwei Ausdrücken möchte ich noch besonders hinweisen, nämlich die von „Werken“ und „guten Werken“. Wir Gläubigen wissen, daß der Mensch kein Werk tun kann, wodurch er errettet werden könnte, und daß alle Werke des Menschen im Fleisch die Errettung des Sünders nur aufhalten statt fördern. Welches Werk könnte der Mensch wohl tun zu seiner Rettung, wenn nur ein Werk, das des Herrn Jesus Christus, ihn zu retten vermag? Wie kann Gott Werke des ersten Menschen annehmen, wenn vor Ihm nur das Werk des zweiten Menschen, des Menschen Christus Jesus, Wert hat?! Aber anders ist es, wenn Menschen in Christo vor Ihm stehen, wenn wir - einst Sünder - Kinder Gottes, „Auserwählte“ nach 1,2 geworden sind, wenn wir „Sein Werk sind, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Er zuvorbereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen“ (Eph 2,10). Dann erwartet Gott, wie uns diese letztere Stelle schon mahnt, Werke von uns, „gute Werke“, natürlich nicht, damit wir durch dieselben errettet werden - wir sind ja errettet durch das Werk Christi - sondern als praktischen Erweis unseres Glaubens (vgl. Jak 2,14-26). Und das zeigt uns in ganz besonders eindringlicher Weise der Titusbrief in seiner Gegenüberstellung von „Werken“ und „guten Werken“. Zwei Stellen - gleichsam „zweier Zeugen Mund“ (Joh 8,17) - bringen das Wort „Werke“ in nicht mißzuverstehender Weise: die erste Stelle in klarer Gegenüberstellung zu „guten Werken“, die zweite Stelle im Gegensatz zu dem Werke Christi, wenn der Ausdruck „Werk Christi“ auch nicht vorkommt. Diese zwei Stellen sind 1,16 und 3,5! Dagegen ist sechsmal (gleichsam dreimal „zweier Zeugen Mund“) der Ausdruck „gute Werke“ gebraucht, und zwar in 1,16; 2,7 u. 14; 3,1.8.14, und noch viel öfter ist von der Tatsache guter Werke die Rede. Die angeführten Stellen reden wohl für sich selbst; darum nur einige Winke! Titus wird ermahnt, „sich selbst in allem als Vorbild guter Werke darzustellen“ (2,7). Welch ernste Mahnung! Sie gilt uns allen, die wir nicht vorgeben, Gott zu kennen, wie die Personen von 1,15, sondern die Ihn wirklich kennen und somit zu jedem guten Werke bewahrt sind (1,16)!; sie gilt aber nach 2,6.7 ganz besonders denen, die den Jünglingen vorangehen! Jedoch wenn wir der unendlichen Gnade teilhaftig geworden sind, zu Seinem Eigentum zu gehören dadurch, daß Er uns für Sich Selbst gereinigt hat, dann sind wir es darum, daß wir „eifrig seien in guten Werken“ (2,14). Worauf, Geschwister, erstreckt sich unser Eifer, auf einen gottgeheiligten Wandel? Oder leben wir für uns selbst? - In Kapitel 3 ist uns gleich zu Anfang gezeigt, daß wir den obrigkeitlichen Gewalten unterworfen sein sollen und Gehorsam zu leisten haben, und in Verbindung damit werden wir erinnert, zu jedem guten Werke, das zu den obrigkeitlichen Verordnungen in Beziehung steht, bereit zu sein. Dies kann sich nicht auf Dinge beziehen, in denen wir einfach zu gehorchen haben (wie im Steuerzahlen u. a. nach Röm 13), sondern auch da, wo die Obrigkeit nicht direkt befiehlt noch zum Befehlen ein Recht hat, sollten die Angehörigen des erlösten, gereinigten Eigentumsvolkes bereit sein, so zu handeln, daß sie die Obrigkeit gleichsam in ihrem Bemühen um Ordnung und Zucht unterstützen, insbesondere durch ein Verhalten nach Vers 2 (im Gegensatz zu Vers 3)!. In Vers 8 wird die Ermahnung wieder aufgenommen und Titus aufgetragen, darauf zu dringen, daß die wahrhaft Gläubigen sich sorgfältig bemühen, gute Werke zu tun. Schließlich wird in Vers 14 (nach Vers 13)! sehr ernstlich betont, daß „die Unsrigen“ lernen müssen, für die notwendigen Bedürfnisse (in der Gemeinde) in der Weise gute Werke zu betreiben, daß denen, die ihnen am Wort dienen, nichts mangele; sonst seien jene unfruchtbar. Ernste, wichtige Ermahnungen, die sicher allen Gläubigen auch heute etwas zu sagen haben. Möchten wir alle uns darunter beugen! Was für den einzelnen die seitens Gottes von ihnen erwarteten „guten Werke“ sind, das ist in dem Brief deutlich gezeigt in den Einzelermahnungen, sowohl in denen, welche die Ältesten in der Gemeinde nach Kapitel 1 empfangen, als auch in denen, die jedem bürgerlichen und Berufsstand gelten: den alten Männern, den alten Frauen, den jungen Frauen, den Jünglingen, den Knechten und jedem, der durch die Gnade unterwiesen ist (vgl. Kapitel 2). Jeder, der, wenn auch nicht im bürgerlichen Leben ein Knecht, eine Magd, sich doch als Knecht Gottes (wie Paulus: Knecht Christi 1,1) verantwortlich weiß, „die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zu zieren in allem“ (2,10), jeder, der nach dieser Stelle an seinem bescheidenen Teile der kostbaren Lehre (die ihren Wert behält, selbst wenn keiner nach ihr leben würde) durch seine guten Werke, seinen treuen Wandel sozusagen Schmuckstücke, gottgemäße Kleinodien und Juwelen hinzufügen will - jeder wird durch die Gnade unterwiesen und befähigt, nach 2,12f. zu handeln und sich zu bewähren als ein auf die glückselige Erscheinung des Herrn Wartender.
Möchte unser aller praktisches Leben auch in diesem neuen Jahr ein solches sein, durch das Christus, unser wunderbarer Gott und Heiland, der Sich Selbst für uns gab, verherrlicht wird! „Die Gnade sei mit euch (uns) allen!“ (3,15b).
F. K.