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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 11 -Jahrgang 1926
Gal 4,4 - „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“
Gal 4,4 - „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“ (2)Gal 4,4 - „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“ (2)
Ist es für uns Menschen selbstverständlich, „vom Weiber geboren zu sein, so für den Juden, daß er „unter Gesetz“ geboren ist. Ja, auch für den Heiden gab es Gesetze. - Grundsätze, unter denen er geboren war, so daß wir schlechthin sagen können: es ist selbstverständlich für uns Menschen, „unter Gesetz“ zu sein - warum das betonen? Aber bei Ihm, dem Herrn Jesus, war es das Unselbstverständlichste, was sich denken läßt. Er war frei vom Gesetz! Wenn Er den Seinen schon sagt: „die Söhne sind frei“ (Mt 17,24-27.26)! - wieviel mehr Er, der Sohn! Und Er ist nicht nur Sohn - auch nicht nur „Davids Sohn“, sondern auch „Davids Herr“ (Mt 22,41-46). - Er ist „der Herr der Herrlichkeit“ (1Kor 2,8), „der Herr, reich über alle, die Ihn anrufen“ (Röm 10,12), ja, Er ist „aller Herr“ (Apg 10,36) - wie konnte Er je unter Gesetz geboren werden? Nein nimmermehr, wenn Er selber es nicht so wollte, wenn Er Selber Sich nicht freiwillig unter Gesetz stellte, freiwillig zum Knecht machte, freiwillig „in Gleichheit des Fleisches der Sünde“ (Röm 8,3) erschien! Und das tat Er, gepriesen sei Sein Name! Er, der Seinen Jüngern nicht nur sagte, sondern mit der Tat bewies: „Ich bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,27), Er hatte freiwillig Knechtsgestalt angenommen (Phil 2,7) und damit auch freiwillig das Gesetz, ja, Grundsätze dieses Zeitlaufs über Sich anerkannt und Sich darunter gebeugt. Welche Gnade, welche Herrlichkeit! „Es geschah aber in jenen Tagen, daß eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. Die Einschreibung selbst geschah erst, als Cyrenius Landpfleger in Syrien war“, d. h. sie geschah erst ca. zehn Jahre später. Gleichwohl veranstaltete Herodes „der Große“, der - sehr ehrgeizig - keine Gelegenheit vorbei gehen ließ, sich bei den Römern in Gunst zu setzen, eine (Steuer-) Voreinschätzung in Palästina, und das ist die Einschreibung, die, nach jüdischem Gebrauch vollzogen, jeden Juden veranlaßte, in seine Heimatstadt zu ziehen, um sich dort einschreiben zu lassen, und die es mit sich brachte, daß „Joseph mit Maria, seinem verlobten Weibe,“ nach Bethlehem zog (Lk 2,1-5). Es mußte somit die römische gesetzliche Verordnung des zeitweiligen Herrschers des vierten Weltreichs, Augustus, und die jüdische Sitte, zum Zweck einer Steuereinschätzung „in die eigene Stadt“ zu gehen, zusammentreffen, um Ihn, der Sich freiwillig zum Knecht gemacht hatte, „als die Zeit erfüllet war“, in Seiner prophetisch bestimmten Geburtsstadt Bethlehem (Micha 5,1) in die Welt eintreten zu lassen. Heidnisches und jüdisches Gesetz mußten sich verbinden, um Ihn, den Sohn, sich nach göttlichem Ratschluß in bestimmter Zeit freiwillig unter Gesetz stellen lassen zu können - ein mir köstlicher Gedanke! Er nahm in allem unseren Platz ein, und da wir des Gesetzes in allem schuldig sind und restlos den Tod verdient haben, so trat Er von Anfang an an unsere Stelle „unter Gesetz“, um uns loszukaufen und uns die Sohnschaft zuteil werden zu lassen (Gal 4,5; vgl. Mt 3,15; Lk 12,50 im Blick aufs Kreuz)!.
So war Sein ganzes Leben eine Kette des freiwilligen Gehorsams gegen das Gesetz. Nicht nur stellte Er Sich unter die Satzungen des göttlichen Gesetzes, das Er vollkommen erfüllt hat, und zwar so, wie Gott es verstand (Mt 5-7), sondern auch Sein irdisches Leben zeigte die freiwillige Abhängigkeit des Sohnes von all den gesetzlichen Gebundenheiten, denen ja der Mensch durch seine Menschheit unterworfen ist. - So vollkommen, wie Er z B. Seinen (irdischen) Eltern untertan war (Lk 2,51), womit Er das göttliche „Gesetz in Satzungen“ erfüllte, ebenso vollkommen wurde Sein Leib hungrig, durstig, müde, wenn Er in Seinem unermüdlichen Dienst gearbeitet hatte wie nur irgendeiner (Joh 4,6)!. So gut, wie Er Sich freiwillig unter das göttliche Gesetz der Beschneidung stellte (Lk 2,21), so bereitwillig unterwarf Er Sich dem Lebensgesetz, das in Seiner Knechtsgestalt begründet lag; ein langes 33jähriges Leben - ein menschliches Durchschnittsleben - hindurch in Seinem täglichen Leben zu verwirklichen, daß „aus Abend und Morgen ein Tag“ wird und daß der Tag zur Arbeit und die Nacht im allgemeinen zum Schlafen da ist! Denken wir doch daran, Geliebte, 33½ Jahre, das sind über 12000 Tage, hat unser hochgelobter Herr hienieden unter dem Gesetz des Menschseins zugebracht, täglich hat Er es erlebt, daß „ein jeder Tag seine eigene Plage“ hat (Mt 6,34)!, täglich hat Er Tausende von Schritten gemacht wie du und ich, Schritte, deren jeder Ihn - den Sohn, den Herrn der Herrlichkeit! - praktisch erleben ließ, was es heißt, ein Mensch zu sein, d. h. ein Kämpfer, der sich Tag für Tag durch den zähen Staub dieser Erde den Weg bahnen muß, Schritte, deren jeder einzelne Ihn - und wer ist Er! - wie uns haften ließ an dieser armen fluchbeladenen Erde, ohne Sich über sie erheben zu können - weil Er freiwillig Knecht war! Bruder, Schwester, denke daran - für uns ist es selbstverständlich, daß wir durch das Gesetz dieser Erde, z. B. durch die Schwerkraft, an die Erde gekettet sind, wir erheben bei jedem Schritt unseren Fuß wenige Zentimeter über den Boden, aber wir müssen wieder herunter in den Staub, den Schmutz und, wenn wir fliegen wollten, im Flugzeug höher und immer höher, wir müßten doch wieder herunter, das Gesetz der Erde hält uns Staubgeborene fest, und Er, der Ewige, der Sohn, der Umwandelbare, der Herr aller, „der starke Gott“, der „Vater der Ewigkeit“ (Jes 9,6), Er hat Sich freiwillig dem Gesetz unterworfen, und in vielen Millionen von Schritten hienieden verwirklichte Er Seine freiwillige und doch sündlose Abhängigkeit von unserer armen Erde und zeigt uns zugleich, wie ein gotthingegebener Mensch auch das schwerste irdische Leben in ungetrübtem Gehorsam und tiefinnerster Abhängigkeit von seinem Gott und Vater tragen kann (1Pet 2,21-23).
Wie wunderbar und anbetungswürdig groß ist es, Ihn, den Sohn Gottes und Sohn des Menschen durch den Staub dieser Erde wandeln zu sehen! Wahrlich, was uns selbstverständlich ist, das war es nicht für Ihn! Aber Er hat diese unreine Erde wahrhaft kennen und uns verstehen, mit uns fühlen gelernt. Gerade weil Er der Reine, Sündlose, „das Heilige“ (Lk 1,35), immer der „Sohn“ (Heb 1,1ff.; 5,8) war, - wie muß Er es da besonders empfunden haben, über diese staub-, elend- und leidenbedeckte Erde zu wandeln als „der mit Leiden Vertraute“ (Jes 53,3)!. Wunderbarer Heiland, Dir sei ewig Dank und Anbetung, daß Du nicht zurückschrecktest vor diesem Pfad, daß Du ihn vielmehr gingest und vollendetest bis zum äußersten! „Geboren unter Gesetz“ - ja, das göttliche und menschliche Gesetz bestimmte Seinen freiwilligen Gehorsamsweg von der Krippe bis zum Kreuz. Als „der Mensch“ und als „Jude“ (Joh 4,9) stand Er unter Gesetz und erwies sich in allem als vollkommen. Auch wo die Strahlen Seiner göttlichen Herrlichkeit hier und da Sein Knechtsgestalts-Leben durchbrachen, wie z. B. in Mk 4,39 oder „auf dem Berge“ (Mt 17,1-8) oder bei Seiner Gefangennahme (Joh 18,6) usw. - nie gab Er Seine freiwillige Unterordnung unter das Gesetz, dessen Gewalt und Autorität Er anerkannte, auf. Er ging - Preis sei Ihm! - den Weg bis zum Ende, „Er war gehorsam bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuz“ (Phil 2,8).
F. K. (Schluß folgt, s. G. w).