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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
Wie die Arbeit des Herrn früher und heute ausgeübt wird
Wie die Arbeit im Werke des Herrn einst ausgeübt wurde, und wie sie heute ausgeübt wird (1)Wie die Arbeit im Werke des Herrn einst ausgeübt wurde, und wie sie heute ausgeübt wird (1)
Das Neue Testament ist der Schluß des Alten Testamentes. Es trägt den Charakter der Vollkommenheit in sich selbst und hat nie eine Änderung nötig, um in dem wechselnden Laufe der Zeit den veränderten Dingen und Bedürfnissen zu entsprechen.
Eine bessere Offenbarung Jesu Christi, als wir sie in den Evangelien haben, und bessere Unterweisungen und Belehrungen als in den Briefen gibt es nicht.
Die Apoistelgeschichte berichtet uns die früheste Geschichte der Gemeinde. Ihr Wert für uns besteht aber nicht darin, gleichsam eine Altertumsurkunde von der Gemeinde zu haben, sondern vielmehr in ihr das unveränderlich bleibende Ur- und Musterbild der Gemeinde zu besitzen. Sie ist gleichsam das Nachschlagebuch, das Buch der Beispiele und Muster zu unserem Gebrauch in der Gemeinde, solange sie in dieser Welt ist.
Eine Abweichung von dem neutestamentlichen Ur- und Vorbilde, sei es in der Gründung oder dem Aufbau der Gemeinde oder in der Ausbreitung des Evangeliums, kann nicht ohne schädliche und traurige Folgen bleiben. Alle wahren Neubelebungen waren immer die Frucht des Zurückkehrens zu den Grundlehren der Schrift.
Der Plan des Musterbuches.
Die Apostelgeschichte kann man in fünf Abschnitte teilen.
Erster Abschnitt: Kap. 1-7. Die Himmelfahrt des Herrn Jesus Christus und das Herabkommen des Heiligen Geistes.
Zweiter Abschnitt: Kap. 8-12. Eine Offenbarung des Herrn vom Himmel, in welcher Er das Einssein Christi und Seiner Gemeinde in den Worten verkündigt: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apg 9,5). - Und die weitere Offenbarung des Herrn vom Himmel, daß das Versöhnungswerk Christi in seiner Anwendung allumfassend ist und folglich das Evangelium allen Menschen gepredigt werden soll. Dies liegt in den Worten: „Was Gott gereinigt hat, mache du nicht gemein!“ (Apg 10,15).
Dritter Abschnitt: Kap. 13-15. Der Heilige Geist offenbart den Ältesten einer Gemeinde, daß sie bestimmte Männer aus ihrer Mitte absondern sollten. Diese Männer wurden alsdann von der Gemeinde entlassen zu dem Werke, zu welchen sie von dem Heiligen Geiste ausgesandt wurden. (Apg 13,2-4).
Vierter Abschnitt: Kap. 16-20. Das Gründen von Gemeinden.
Fünfter Abschnitt: Kap. 21-28. Die Reise nach Jerusalem und von dort nach Rom. Diese letzte Abteilung hat einen besonderen vorbildlichen Wert.
Der erste Abschnitt zeigt uns, daß der Heilige Geist die durch keine Organisation zu ersetzende Kraft ist, sowohl für die Bekehrung der Sünder als auch für die Errichtung der Gemeinden.
Der zweite Abschnitt läßt uns im Keim alles das sehen, was in den Briefen von dem Einssein Christi und der Gemeinde gelehrt wird; sodann auch einen Ansporn zur Ausbreitung des Evangeliums, welches für alle Menschen bestimmt ist und welches der größte Teil der Menschheit noch nicht gehört hat.
Während dieser zweite von der einen (allgemeinen, großen) Gemeinde spricht, die sich über die ganze Erde erstreckt und deren größter Teil bereits im Himmel ist, dieser großen Gesamt-Gemeinde, die weder gesehen werden noch reden, noch handeln kann, spricht der dritte Abschnitt von einer örtlichen Gemeinde Gottes, einer Gemeinde, die zu einer bestimmten Zeit und an einem besonderen Orte ist. Diese örtliche Gemeinde wird in ihrer direkten Verbindung mit dem Heiligen Geist und in ihrer Verantwortlichkeit, die Befehle des Herrn auszuführen, uns vor Augen gestellt. Eine solche örtliche Gemeinde ist jede Versammlung solcher Gläubigen, die in dem Namen des Herrn Jesus Christus zusammenkommen. Sie steht in direkter Bezirhung zu Ihm. Sie wird von Ihm gelobt, getadelt und ermahnt. Alle ihre Quellen findet sie in Ihm, und Ihm ist sie unmittelbar verantwortlich. Keine Organisation, keine Zentrale, keine Autorität hat das Recht, sich zwischen den Herrn und Seine Gemeinde zu stellen. In ihr werden die Gaben des Heiligen Geistes entfaltet und geoffenbart. Die Gemeinschaft mit anderen örtlichen Gemeinden wird weitgehend durch die Besuche der Brüder, welche am Worte dienen, aufrechterhalten. Diese unorganisierte Einheit hat sich als ein gewaltiger Faktor besonders in den Zeiten der Verfolgung bewiesen. Die Gemeinde hat kein irdisches Oberhaupt, welches beiseite gesetzt - und somit der ganze Körper gelähmt werden könnte. Ihr Haupt ist im Himmel, und es ist für die
Gewalten auf Erden und in der Hölle eine zu schwere Aufgabe gewesen, diese Gemeinden auszurotten.
Das Musterbild der Arbeit.
Der vierte Abschnitt der Apostelgeschichte zeigt uns die Art, in welcher die Apostel das Werk betrieben. Die Predigt des Evangeliums, ein schlichtes Erzählen des Todes und der Auferstehung Jesu Christi, des Sohnes Gottes, und der Ruf zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus ging mit dem Gründen der Gemeinden Hand in Hand. Die Gemeinden zu Philippi, Thessalonich, Korinth und Ephesus werden als Beispiele aufgeführt.
Von Anfang an wurden die Gemeinden über ihre direkte und absolute Abhängigkeit von Gott belehrt. Die Apostel oder die Evangelisten blieben nur eine verhältnismäßig kurze Zeit bei ihnen, um sie zu unterweisen.
Der Heilige Geist setzte aus ihrer eigenen Mitte einige als Aufseher oder Älteste ein und gab Evangelisten, Hirten und Lehrer und andere Gaben nach Seinem Willen, so daß z. B. ein Brief an „alle Heiligen in Christo Jesu, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern“ gerichtet werden konnte (Phil 1,1). Und Paulus dankt Gott: „für ihre Teilnahme an dem Evangelium vom ersten Tage an“ (Phil 1,5).
So war jede Gemeinde vom Anfang an ein Mittelpunkt, von welchem das Zeugnis wieder weiter ausging, und die Diener am Worte waren völlig frei und in dem Vordringen zu neuen Arbeitsfeldern nur von dem Herrn abhängig.
In unseren Tagen hat sich ein gewisses System, das Werk zu betreiben, gebildet, welches zum großen Teil darin besteht, einerseits Missions-Gesellschaften und andererseits Missions-Stationen zu gründen. Eine Missionsgesellschaft hält die Verbindung zwischen ihren Unterhaltern und ihren Missionaren, welche zum Teil in andere Länder hinausgegangen sind, aufrecht. Sie empfängt und verteilt die Gelder und ist in gewissem Grade zur Prüfung oder Auswahl der Missionare und der Leitung derselben im Werk ermächtigt.
Die Missions-Station besteht aus dem Missionar oder den Missionaren bezw. mit ihren Familien, und in einigen Fällen ist auch Schul- und ärztliche Arbeit darin eingeschlossen und ebenso Eingeborene des Landes, die bekehrt worden sind. Die nötigen Wonhäuser, Versammlungsräume und andere Baulichkeiten sind oft durch die Missionsgesellschaft errichtet worden, welche die Personen und Gelder dafür sendet.
Die Missionsgeschichte weist eine Anzahl der herrlichsten und begeisterndsten Lebensgeschichten und Ereignisse auf, die die Welt kennt. Sie ist unübertroffen in ihren Berichten von Hingabe, Geduld und Eifer und von unberechenbarem Segen, der über alle Teile der Welt gebracht ist.
Eine brennende Frage von heute.
Doch trotz alledem bleibt es eine notwendige und wichtige Frage, ob bei der Entwicklung dieses Systems nicht das neutestamentliche Muster aufgegeben worden ist, und wenn das der Fall ist, wie eine Rückkehr zu jenem Muster bewirkt werden kann, ohne daß das, was gut ist, zerstört wird, die Hindernisse aber beseitigt und in Segen umgewandelt, zur Neubelebung und Ausbreitung des Werkes dienen können. Die im Neuen Testament gezeigten Grundsätze haben eine immerwährende Anwendung und dürfen niemals vernachlässigt oder beiseitegesetzt werden. Ein Abweichen von ihnen bringt stets ein Element der Schwäche hinein, wogegen die Rückkehr zu ihnen von Neubelebung begleitet ist.
In der Schrift finden wir keine Erwähnung irgend einer Missionsgesellschaft oder einer Zentralkasse zur Unterstützung für die Bedürfnisse der Missionen und Missionare oder in gewisser Weise eine Leitung ihrer Tätigkeit. Daraus soll nicht gefolgert werden, daß eine Sache, die in der Schrift nicht erwähnt ist, deswegen unbedingt in jedem Falle schriftwidrig sei. Die Schrift versieht uns aber für eine schriftgemäße Arbeit mit Grundsätzen und sicheren Beispielen, und diese leiten und zeigen uns, wie wir in jeder an uns herantretenden Sache oder Frage zu handeln haben.
Eine Gefahr in den Missions-Organisationen, vor der man sich hüten muß, ist, daß sie sich die Funktionen und Verantwortlichkeiten aneignen, die von rechtswegen einzig mit der Gemeinde verbunden sind.
Wenn es eine Missionsgesellschaft ist, welche die volle Verantwortung für die Wahl der Missionare, ihren Lebensunterhalt sowie auch den der Missionen und die Leitung ihrer Tätigkeit übernimmt, so mag es eine machtvolle und erfolgreiche Organisation sein, aber sie schiebt die Gemeinde beiseite, welche nun nicht mehr (wie jene zu Antiochien) direkt unter der Leitung des Heiligen Geistes die Männer aussendet noch in direkter Verbindung mit diesen handelt.
Wenn es nun keine solche Missions-Gesellschaft (wie soeben beschrieben) ist, sondern wenn es so ist, daß die Gemeinden ihre Verantwortlichkeit aufgeben, indem sie ihre Gelder Brüdern zur Verwaltung und zur Verteilung anvertrauen, so wählen diese zwar nicht selber Missionare, sondern erkennen jene an, die von der Gemeinde empfohlen werden. Die Gefahr ist nun, daß Gemeinden auch Personen von zweifelhafter Befähigung empfehlen, weil sie gar nicht die ernste Absicht damit verbinden, diese zu unterhalten, sondern sich für deren Unterhalt vielmehr auf die allgemeinen Beiträge verlassen, welche durch die Verwalter zu diesem Zweck versandt werden. So wird die Verantwortlichkeit der Gemeinden für die Unterhaltung wie auch für die Empfehlung der Arbeiter geschwächt und wenigen Brüdern überlassen.
Wenn auch die Verteiler des Geldes in der Furcht, das Glaubensleben des Missionars in der Abhängigkeit von Gott zu beeinträchtigen, mit Recht eine Verantwortlichkeit in bezug auf Unterstützung oder Leitung ablehnen, so werden doch die Arbeiter im Weinberge des Herrn enweder die feste mitverantwortliche Teilnahme einer Gemeinde an dem Werk vermissen oder die Kontrolle einer solchen Verwaltung, die in Gefahr ist, in unabhängiger Weise zu handeln und nicht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Wohl des Werkes, zu ertragen haben.
Gedruckte Listen der Arbeiter.
Eine solche Organisation fordert ganz natürlich die Anlegung einer Liste mit den Namen ihrer Arbeiter. Eine solche Liste, die gewiß dafür gut ist, alle Geber zu erinnern, die Namen der Arbeiter im Gebet vor den Herrn zu bringen, hat aber ihre ernsten Schattenseiten. Diejenigen, welche diese Listen aufstellen, haben natürlich nebst den Gemeinden die Verantwortlichkeit für das Entragen oder Auslassen der Namen. Ihnen wird eine Verantwortung übergeben, welche eigentlich die Gemeinde tragen sollte, von der ein Arbeiter ausgeht.
Eine solche Missionsarbeiterliste begünstigt die Bildung eines „geistlichen Standes“ - eines gewissen „Lehrbrüder“-Standes und verdunkelt die Wahrheit und Tatsache, daß alle Heiligen an dem Zeugnis des Evangeliums teilnehmen sollen. Gewiß, es ist wahr, daß einige berufen sind, in besonderer Weise sich „dem Wrke“ zu widmen; aber in der neutestamentlichen Zeit waren selbst Apostel bereit, wenn es nötig oder angemessen war, mit ihren Händen zu arbeiten. Der Hauptanteil an der Ausbreitung des Evangeliums und dem Wachsen der Gemeinde in früheren Zeiten ist dem Arbeiten derer zuzuschreiben, die ihrer beruflichen Tätigkeit auch weiterhin nachgingen.
Eine Rückkehr zum Vorbild.
Es liegt auf der Hand, daß die Gemeinden der Gläubigen sich ernstlich bemühen sollten, zu der Ordnung und Einfachheit zurückzukehren, die uns als Muster im Neuen Testament gegeben sind. Auch diejenigen, welche mit Missionsgeldern oder Missionsorganisationen betraut werden, sollten bei diesem Dienst die Gemeinden beständig zur Rückkehr zu den Linien der Schrift ermuntern, anstatt sie in der Teilnahme an diesem wichtigen Werke zu schwächen, und sollten bereit sein, ihre Missionsmethoden zu ändern, selbst dann, wenn es auch so scheinen möchte, daß das Ergebnis eine Abschwächung hervorbringen würde. Auch würde es gut sein, diejenigen, welche um des Evangeliums willen bereit sind, in arme Gemeinden zu gehen, dringend zu ermutigen, dort, wenn nötig, ihr Brot selbst zu verdienen und Christum zu verkündigen.
Das Werk in anderen Ländern.
Wenn wir uns nun von den Ländern, in welchen die Missionsgesellschaften ihren Sitz haben, weg- und zu denen hinwenden, wo die Missionsstationen sind, so ist es wichtig, zwischen Missions-Stationen und -Gemeinden zu unterscheiden. Beide sind eng verbunden, aber dennoch verschieden. Eine Missionsstation könnte man gewissermaßen als eine Ausstellung einiger der schönen Früchte des Evangeliums betrachten, in einer Gegend, wo diese sonst nicht oder nur wenig bekannt sind. Ob nun die Missionsstation nur das Heim eines Missionars ist mit seinem glücklichen christlichen Familienleben und seiner großherzigen Gastfreundschaft oder ob es ein Hospital oder eine Schule oder irgend eine andere Einrichtung zur Hilfe für die Umwohnenden ist - sie empfiehlt das Evangelium und ist ein Mittelpunkt, von dem aus das Evangelium meistens über weite Bezirke hinaus bekannt gemacht wird. Viele Gebiete sind für den Anfang nur durch solche Stationen zu erreichen und bieten ein weites Feld für die Ausdehnung der Arbeit.
Wenn indessen eine solche Station als Gemeinde oder als Mittelpunkt der Gemeinde angesehen wird, so kann sie ein ernstliches Hindernis für die Entwicklung der Gemeinde werden und damit auch für die Ausbreitung des Evangeliums. Christus ist der Mittelpunkt jeder Gemeinde. Seine Jünger versammeln sich in Seinem Namen, rechnen mit Seiner verheißenen Gegenwart und erkennen allein Seine Herrschaft und Autorität an. Irgend etwas anderes, und sei es noch so gut, an Seine Stelle zu setzen wäre ein großer Verlust!
Eine ausländische Station, welche durch Gelder vom Auslande unterhalten und von Fremden geleitet wird, erregt nicht nur Argwohn und Mißtrauen (als hätte sie politische Beweggründe), sondern sie gibt auch Anlaß zu der Annahme, daß unter den verschiedenen Nationen ein Unterschied in der Anschauung über Gott und die Erlösung und die innewohnende Kraft des Heiligen Geistes bestehe.
Vor allem besteht unter den Leuten, welche in der westlichen Zivilisation weniger vorgeschritten sind, eine starke Neigung, sich mehr auf den Mann zu stützen, der zu ihnen gekommen und ihnen so viel gebracht hat, als auf den Herrn , den er als Heiland predigt und der ihnen alles gegeben hat. Der Missionar wird damit unentbehrlich, mit Arbeit überhäuft, und je ausgebreiteter das Werk, um so stärker ist auch die Inanspruchnahme des Landes, welches Leute und Geld dafür aussendet.
(Schluß folgt, s. G. w).
E. H. Br. (A. v. d. K).