Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
1Joh 1,9 – Sünden bekennen1Joh 1,9 – Sünden bekennen
Unsere Sünden vor Gott und, wo nötig, auch vor Menschen zu bekennen fällt unserem natürlichen Menschen schwer. Und doch ist es nötig, denn soll begangenes Unrecht vergeben werden, so muß es zuvor schonungslos gerichtet sein.
Bevor wir Sünden „bekennen“ können, müssen wir sie natürlich „erkannt“ haben. Und ehe wir sie erkannt haben, sind wir „überführt“ worden. Wir werden überführt durch das Wort Gottes und durch den Heiligen Geist, durch unser Gewissen, durch Brüder, irgendwelche Menschen oder auch Umstände, die Gott benutzt.
Daß uns das Bekennen - besonders vor Menschen - so schwer fällt, liegt wohl daran, daß wir dabei unsere eigene Person verleugnen, unsere eigene Ehre mehr oder weniger darangeben müssen. Die „Ichliebe“ ist ein großes Hindernis. Sie gilt's zu „überwinden“. Es kann vorkommen, daß wir begangene Sünden jahrelang mit uns herumtragen, ohne sie vor Gott und Menschen zu bekennen. Das bedeutet aber nichts anderes als Ungehorsam gegen Gottes Wort. Ungehorsam aber bringt uns keinen Segen, wohl aber vielleicht Züchtigung. Unbekannte Sünden können wie ein Bann auf unserem Leben liegen und ein Hindernis sein, um im Segen anderen dienen zu können. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ (1Joh 1,9).
Das Sündenbekennen nimmt mit der Bekehrung seinen gründlichen Anfang und währt, solange wir hienieden sind. Denn: „Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst.“ (1Joh 1,8).
Es gibt Sünden, die nur gegen den heiligen Gott gerichtet sind, und es gibt solche, die an Menschen geschehen sind. Es gibt auch Sünden am eigenen Leibe und andere. Jede Sünde, die an Menschen oder an unserem Leibe und dergleichen geschah, geschah auch zugleich gegen Gott, weil sie gegen Gottes heiligen Willen war. Als David durch Nathan von seiner Sünde überfuhrt wurde, da kam als erstes über seine Lippen: „Ich habe gegen Jehova gesündigt.“ (2Sam 12,13). Und im 51. Psalm bekennt er die gleiche Sünde vor seinem Gott mit den Worten: „Gegen Dich, gegen Dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in Deinen Augen.“ (V. 4) Er hatte gegen Menschen gesündigt und damit auch gegen Gott.
Die Heilige Schrift spricht vom Sündenbekennen gegenüber Gott und auch gegenüber Menschen.
Da „jede“ Art Sünde auch gegen Gott geschehen ist und da die ewige Vergebung nur Gott allein schenkt, so ist aufs erste das Bekenntnis vor Gott nötig. Die ewige Vergebung kann uns von keinem Menschen gegeben werden. Der Heiligen Schrift nach hat kein Mensch die Befugnis, ewige Sündenvergebung kraft seines Amtes oder im Namen Jesu zu erteilen. Kein Apostel hat solches getan. Sie haben nur Sünden vergeben bzw. behalten im Blick auf Gemeindezucht. Die ewige Vergebung erteilt nur Gott. Und Er tut es in Verbindung mit unserem Glauben an das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes (Röm 3,25). Da unser Herr Jesus Christus Gott ist und die Macht hat, Sünden zu vergeben, so dürfen wir auch zu Ihm kommen mit unseren Sünden. Er ist unser Hoherpriester und Sachwalter bei dem Vater. „Er ist die Sühnung für unsere Sünden.“ (1Joh 2,2).
Es kann sein, daß trotz aufrichtigem, schmerzerfülltem Bekenntnis unser Glaube zu schwach ist, die Vergebung hinzunehmen. Unsere Sünde erscheint uns vielleicht zu groß. Da wollen wir nicht vergessen, daß der für uns unermeßliche Wert des kostbaren Blutes unseres Herrn „jede“ Sündenschuld tilgt. „Das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“ (1Joh 1,7). Das Wort, das der Herr jenem sündigen Weibe sagte, dürfen wir auch für uns persönlich im Glauben hinnehmen: „Deine Sünden sind vergeben ... geh hin in Frieden.“ (Lk 7,49.50). Er hat Frieden gemacht durch das Blut Seines Kreuzes, und diesen Frieden dürfen wir durch Glauben ins Herz aufnehmen. Deshalb wollen wir nicht durch Unglauben den Herrn betrüben.
Etwas, wovor wir uns sehr hüten müssen, ist ein leichtfertiges Bekennen. Jedes Bekennen von Sünden bedeutet eine tiefe Beschämung für uns vor dem Herrn, denn es erinnert immer von neuem daran, daß die Tilgung unserer für uns unbezahlbaren Schuld den Sohn Gottes den Kreuzestod gekostet hat. Durch jede neue Sünde betrüben und beleidigen wir zudem den heiligen Gott, der in Christus Jesus unser Vater geworden ist. In den Fällen, wo wir gegen unsere Brüder oder andere Menschen gesündigt haben, haben wir diesen wehe getan, sie vielleicht gekränkt, ihrer Gesundheit geschadet oder auch ihr Glaubensleben geschädigt. Die Liebe und die Wahrhaftigkeit leitet uns an, auch vor ihnen zu bekennen.
Das Bekennen von Sünden Menschen gegenüber fällt uns oft schwerer als das Bekennen vor dem Herrn. Vor dem Herrn sind wir allezeit offenbar. Vor Menschen aber müssen wir uns erst durch das Bekenntnis offenbar machen. Wenn nun Menschen hoch von uns dachten, so werden sie, meinen wir, nun infolge unseres Bekenntnisses geringer von uns denken. Das stimmt aber nicht immer. Oft dient ein Bekenntnis dazu, daß wir als Christen höher eingeschätzt werden als zuvor. Aber mag das Bekennen Folgen haben, welche es will, wichtig ist, daß wir gehorsam sind. Die Gnade unseres Gottes wird dabei gewiß nicht fehlen. Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Im Bekennen vor Menschen ist uns Zachäus ein Vorbild. Nachdem er das Heil erfahren in Dem, der sein Haus mit Seiner Gegenwart beehrt hatte, tat er sofort seine Bereitwilligkeit kund, zu bekennen und Widergutzumachen. Wir lesen von ihm: „Zachäus aber stand und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und wenn ich von jemand etwas durch falsche Anklage genommen habe, so erstatte ich es vierfältig.“ (Lk 19,8). Wenn er das unrechte Gut vierfältig zurückerstattete, so tat er das nach dem Gesetz, unter dem er gestanden hatte (Vgl. 2Mo 22,1b). Wir stehen nicht unter Gesetz. Aber wir sollten uns unter die Leitung des Geistes stellen betreffs der Weise, wie wir eine Verfehlung gutzumachen haben.
In der Apostelgeschichte (Kap. 19,18-20) finden wir auch ein schönes Beispiel von Jungbekehrten, wie sie ihre Sünden vor Menschen bekannten. Es heißt da: „Viele aber von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und verkündigten ihre Taten“. Viele verbrannten sogar öffentlich die schlechten Bücher. Die Folge dieser Bekenntnisse war, daß das Wort des Herrn mächtig wuchs und überhandnahm. Nicht jedes öffentliche Bekenntnis ist zu empfehlen. Es bedarf hierbei der Leitung vom Herrn. Denn das öffentliche Bekenntnis soll das Werk des Herrn fördern und nicht etwa schädigen.
Auch im Apostel Paulus haben wir ein Vorbild im Bekennen. Er bekannte vor der Gemeinde der Korinther: „Ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Versammlung Gottes verfolgt habe.“ (1Kor 15,9). Und dieses Bekenntnis legte er ab in demselben Briefe, in welchem er die Korinther so ernst zurechtzubringen suchte. Er war nicht ängstlich besorgt um seine eigene Ehre und sein Ansehen vor der Gemeinde. Gott aber segnete seinen Dienst dennoch sehr reichlich.
Die genannten Bekenntnisse waren freiwillige Bekenntnisse. Wir finden im Neuen Testament auch kein unmittelbares Gebot: Geh hin zu dem betreffenden Menschen, bekenne und mache wieder gut! Dennoch „leiten uns“ Worte wie Beispiele in der Heiligen Schrift dazu an. Auch die Wahrhaftigkeit und die Liebe treiben uns dazu, ebenso auch das Gewissen. In vielen Fällen ist das Bekennen vor Menschen nicht mehr möglich. Manche Menschen sind nicht mehr erreichbar. Manche sind inzwischen gestorben. Auch dem Übeltäter am Kreuz war das Bekennen und Wiedergutmachen gegenüber denen, an welchen er sich versündigt hatte, nicht mehr möglich (Er bekannte aber sein böses Tun vor dem Herrn und den anwesenden Menschen). Gar mancher Sohn und manche Tochter möchten vielleicht vor Vater und Mutter begangene Sünden bekennen, aber sie können es nicht mehr. Das wird dann unter Umständen zu einer schweren, lebenslänglichen Last. Doch was wir nicht zu tun vermögen, das erwartet Gott auch nicht von uns. - Wir wollen auch nicht vergessen: Nicht das Bekenntnis ist die Grundlage der ewigen Vergebung, sondern das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes. Dieses Sein kostbares Blut ist auch der Grund unseres Friedens mit Gott.
In Jak 5,14-16 finden wir ein Gebot besonderer Art in bezug auf das Bekennen. Dort handelt es sich um Kranksein von Gläubigen, dessen Ursache Sünden sein können. In solchem Fall gebietet das Wort: „Bekennet denn einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.“ Dem gegenseitigen Bekenntnis soll das Gebet folgen. Es ist hier von einem gegenseitigen priesterlichen Dienst die Rede, der vielleicht zu wenig Beachtung findet. Doch auch bei der Wahl dessen, vor dem man ein Bekenntnis ablegen will, ist Vorsicht am Platz. Nicht jeder ist dazu geeignet. Älteste der Gemeinde sollen es sein, die das Zeugnis seitens der Versammlung haben, daß sie geistliche Männer sind. Denn nur geistliche Brüder vermögen in priesterlicher Weise zu dienen.
Alle Bekenntnisse von Sünden sind ernste und heilige Angelegenheiten. Mögen sie nun vor unseren Herrn gebracht werden oder vor Brüder und Menschen, gegen die wir gesündigt haben, oder vor Vorsteher der Gemeinde, - immer sollten wir bedenken: Wir stehen hier auf dem heiligen Boden des Wortes unseres Gottes.
O. D.