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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 20 - Jahrgang 1935
Mt 18,20 - Da bin Ich in ihrer MitteMt 18,20 - Da bin Ich in ihrer Mitte
Es ist das herrliche Teil der Kinder Gottes, im Glauben des Herrn Wort zu verwirklichen: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“ (Mt 18,20) Dies ist ein großes Vorrecht. Es ist das Vorrecht der Gemeinde Gottes auf Erden. Wenn heute auch Tausende hinweggehen über die von Gott geoffenbarte Wahrheit über Seine Gemeinde und an ihre Stelle menschliche Einrichtungen gesetzt haben, ist es doch noch immer das Vorrecht selbst der kleinsten Zahl, sich in Seinem Namen und im Bewußtsein Seiner Gegenwart zu versammeln.
Als der Apostel Paulus die Korinther über die Zusammenkünfte der Gläubigen belehrte (1Kor 11-14), stellte er das Zusammenkommen der Gemeinde zur Feier des Abendmahles an die erste Stelle. Und kann es etwas Köstlicheres geben als das Zusammenkommen zum Gedächtnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus? Der ausdrückliche Wunsch des HErrn: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ muß das Herz eines jeden Gläubigen tief berühren und das Verlangen wecken, Ihm die Antwort der Liebe in dem Zusammenkommen zur Feier Seines Mahles zu geben. Ist dieser Zug des Herzens nicht mehr vorhanden, dann ist auch das Köstlichste aller Zusammenkünfte nur eine Form ohne den Geist, ein Schatten ohne das Wesen, eine Schale ohne den Kern. „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“ Wunderbare Zusage! Der Herr der Herrlichkeit ist da. Sind wir in Seinem Namen versammelt (Sein Name drückt alles aus, was Er ist), so können wir auf Seine Gegenwart rechnen. Ist die Tatsache Seiner Gegenwart durch Glauben eine Wirklichkeit für unser Herz, so wird sich alles in unserer Mitte demgemäß ordnen und vollziehen. Dies wird in einer besonders deutlichen Weise in dem vorhin erwähnten köstlichsten aller Zusammenkünfte der Gläubigen, in der Feier Seines Mahles, sichtbar werden. Wenn unsere Herzen in dem Bewußtsein Seiner Gegenwart und unter der Macht Seiner Liebe sind, so werden wir Sein in Wahrheit gedenken, und die Stimme des Lobes und der Anbetung wird in unserer Mitte gehört werden. Wenn der Herr gegenwärtig ist, will Er inmitten der Gemeinde den Lobgesang anstimmen (Heb 2,12). Er will uns den kostbaren Vaternamen kundtun und unsere Herzen mit Lob und Anbetung füllen. Er will dies tun. Und was Er durch Seine Gegenwart tun will, dürfen wir uns nicht anmaßen, in eigener Kraft durch Anreizungen von Gefühlen, Stimmungen usw. tun zu wollen. Er ist in der Mitte und ist Er da, dann muß auch Leitung und Kraft allein von Ihm ausgehen.
Die Gemeinde ist kein Ort, wo der Mensch Vorschriften und Anordnungen machen darf. Der Herr ist dort. Die Frage ist nur, ob wir geistlich genug sind, Seine Gegenwart zu verwirklichen und uns Seinem Worte zu unterstellen. Ein Mangel dieses geistlichen Zustandes läßt sich durch nichts ersetzen. Und gehen wir, ohne zur Erkenntnis dieses Mangels zu kommen, darüber hinweg, so wird, geistlich gesprochen, der Tod in die Gemeinde einziehen.
Wir können der Erkenntnis nach mit den höchsten Wahrheiten vertraut sein, können uns auch in jeder Weise schriftgemäß ausdrücken, ja selbst im Gebet Worte der Anbetung finden, und unser Herz kann fern davon sein. Wie furchtbar ist es, Gott mit Worten der Anbetung anzureden und ungerichtete Dinge im Herzen zu haben! Wir singen gewisse
Lieder, passend für die Zusammenkunft, aber das Singen, auch der schönste Gesang, ist noch keine Anbetung. Die Anbetung des wahrhaftigen Anbeters kennzeichnet der Herr dadurch, daß sie in Geist und Wahrheit geschieht. „Und der Vater sucht solche als Seine Anbeter.“ (Joh 4)
Jedem Zusammenkommen, in welchem der Herr der Mittelpunkt und allein der Mittelpunkt ist, sollte eine Selbstprüfung in Seinem Lichte vorausgehen, und ganz besonders, wenn wir uns zu Seinem Mahle zusammenfinden. „Ein jeder aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche.“ Äußerlich mag scheinbar alles in Ordnung sein, fehlt aber die Selbstprüfung, wie kann dann Gott Wohlgefallen an uns haben? O wie nötig ist es, in Selbstgericht zum Herrn zu kommen! Der niedrige Zustand in vielen Gemeinden Gottes liegt in diesem Mangel an Selbstgericht, in dem Mangel an der treuen Wachsamkeit über uns selbst im Lichte der Gegenwart Gottes. Was wir nötig haben, ist nicht höhere Erkenntnis, sondern geistliche Gesinnung und ein aufrichtiges und demütiges Wandeln in dem Lichte, welches der Herr uns gegeben hat. Wir müssen uns selbst erniedrigt haben, ehe uns Gott erhöhen kann. „Auf diesen will Ich blicken: auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist, und der da zittert vor Meinem Worte.“ (Jes 66,2)
Selbstgericht ist ein bewußtes Geschehen in unserer Seele, ein Vorgang in unserem Herzen, der durch keine Erkenntnis ersetzt werden kann. Die Gemeinde ist Gottes Haus, Seine Wohnung, wo Seine Ehre und Herrlichkeit gesehen werden soll. Darf da noch Raum sein für Weltliebe - Eifersucht - Ehrgeiz - übles Nachreden - Verdächtigungen - Verleumdungen - Habsucht - Betrug - Gleichgültigkeit und Trägheit im Werke des Herrn - ein Betragen, welches nicht würdig ist der Gemeinde, in der der Herr wohnt? Wenn solche Dinge in der Gemeinde, wo die Stimme der Anbetung gehört und das Gedächtnis des Herrn gefeiert wird, Raum haben, Dinge, die so laut zum Selbstgericht und Bekenntnis mahnen, wie kann der Herr da gegenwärtig sein und verherrlicht werden? Meinen wir, daß der Herr über diese Dinge hinwegsieht? Wie groß wird der Verlust an jenem Tage sein, wenn der Herr kommt und Sein Lohn mit Ihm!
Es ist nicht der Mangel an Licht oder an Erkenntnis, daß solche traurigen Dinge in den Gemeinden der Heiligen gefunden werden, sondern, wir wiederholen es: der Mangel an Selbstgericht! Mit wahrem Selbstgericht aber ist vereint ein wahres Bloßlegen unserer Sünden vor Gott und, wenn nötig, auch vor Menschen. Wenn ich mich übler Nachrede oder eines ungeziemenden Betragens oder gar Verdächtigungen oder Verleumdungen gegen meinen Bruder schuldig gemacht habe, was geziemt sich dann mehr als ein offenes Bekenntnis dem, gegen den ich gefehlt habe?! Geschieht dieses nicht, so mag ich mit Engelzungen reden, ich bin doch nur ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel (1Kor 13,1). „Bekennet denn einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.“ (Jak 5,16) Dies ist ein wichtiges Wort!
Ungerichtete Dinge beeinflussen den Zustand einer Versammlung mehr, als wir denken. Ja, scheinbar kleine Dinge wie Argwohn, böse Vermutungen, Verdächtigungen, übles Nachreden können wie die Pest ganze Versammlungen verseuchen und zugrunde richten. Falls solche betrübenden Dinge vorhanden sind, dann ist Flehen und Gebet wichtiger, als Anbetung bringen zu wollen, wofür die Bedingungen nicht vorhanden sind. Vor allen Dingen sollten wir wahr sein vor Gott, vor uns selbst und untereinander. Gott will Wahrheit und Wirklichkeit. Und wenn wir im Laufe der Woche dem Herrn nicht treu waren, können wir Ihm am Sonntag in der Versammlung wohlgefallen? Wenn wir in der Woche böse Nachreden geführt haben, wie können wir Ihn dann in der Versammlung im Geist und in der Wahrheit anbeten wollen?
Den Zusammenkünften der Heiligen, sei es zum Brechen des Brotes oder zum Gebet usw., sollte stets ernstes Selbstgericht vorausgehen. Ohne dieses gibt es keine wahre Gedächtnisfeier unseres Herrn noch eine Anbetung des Vaters. Unsere Vorrechte sind groß, aber sie erfordern unumgänglich die Erfüllung gewisser Bedingungen, ehe wir uns unserer Segnungen erfreuen können. Und eine dieser Bedingungen ist das Selbstgericht. Lassen wir diese unbeachtet und maßen uns doch an, Ihm mit unseren Lippen Anbetung zu bringen und Sein Mahl zu feiern, so können wir Seine züchtigende Hand über uns bringen. Das Verharren in einem ungerichteten Herzenszustand muß jedes geistliche Leben zugrunde richten; und ach, manche befinden sich auf diesem Wege.
Das Wort ermahnt uns: „Habe acht auf dich selbst!“ (1Tim 4,16) „Ebne die Bahn deines Fußes, und alle deine Wege seien gerade.“ (Spr 4,26) „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen. Aber wenn wir uns selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden.“ (1Kor 11,30-32)
Laßt uns dankbar sein für alles, was der Herr uns gegeben hat; aber laßt uns auch um Gnade bitten, treu zu sein in der Erfüllung der Bedingungen, die für den Empfang der Segnungen nötig sind, und nicht versuchen, solche durch ein äußeres Mitmachen erlangen zu wollen, ohne die Bedingungen dafür zu erfüllen. „Wer also irgend das Brot ißt und den Kelch des Herrn trinkt unwürdiglich, wird des Leibes und Blutes des Herrn schuldig sein. Ein jeder aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche.“ (1Kor 11,27.28)
E. A. - A. v. d. K.