Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
Dem Herrn nützlichDem Herrn nützlich
In den gegenwärtigen Tagen hören wir viel von der Arbeit für den Herrn und ebenso von den Arbeitern im Werke des Herrn sprechen, und die Frage vieler scheint zu sein: Was kann ich für den Herrn tun? und nicht: „Was willst Du, Herr , daß ich tun soll?“ (Apg 9,6 Luth.; 22,10).
Ich glaube, wir sollten nicht bloß sagen: Was kann ich für den Herrn tun?, denn es gibt viele Dinge, die ich wohl tun kann und auch tun möchte, die aber vielleicht der Herr gar nicht von mir getan haben will.
Paulus z. B. hätte sagen können: „Ich kann dem Herrn gut in meinem Handwerk in Tarsus dienen und kann der Welt zeigen, was es heißt, ein gläubiger Zeltmacher zu sein.“ Ohne Zweifel hätte er so tun können. Aber das war es nicht, was der Herr von ihm getan zu haben wünschte. Im Gegenteil, der Herr wollte, daß er Seinen Namen tragen sollte „sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels“ (Apg 9,15).
Ein Geschäftsmann mag sagen: „In meinem Geschäft kann ich dem Herrn nicht dienen, ich will das Evangelium predigen“, und er ist vielleicht „nicht gesandt“ (Röm 10,15). Oder eine gläubige Frau möchte vielleicht sagen: „Ich kann predigen, ich muß gehen und es tun, um dem Herrn nützlich zu sein, und übersieht dabei völlig, was in 1Tim 2,12 und Tit 2,5 gesagt ist.
Jeder im Hause Gottes ist dazu bestimmt, dem Herrn ein nützliches Gefäß zu sein, für Ihn bereit, wie Er es gebrauchen will, sei es, einen Dienst zu tun oder eine Lücke auszufüllen usw. Daher müssen wir fragen: „Herr , was willst Du, daß ich tun soll?“
Wenn der Herr ein Gefäß für Seinen Gebrauch in die Hand nimmt, so wird es zuerst entleert und dann gefüllt. Gereinigte Gefäße sind es, die geheiligt und nützlich dem Hausherrn zu jedem guten Werk bereitet sind.
Andererseits müssen wir auch unterscheiden, daß Er für die Ausführung Seines Willens vielerlei Instrumente gebraucht. Ich sage absichtlich „Instrumente“, denn nicht von allen kann man als von „Gefäßen“ reden. Sogar der Teufel wird von Ihm als Instrument benutzt, wie wir es in der Geschichte von Hiob und auch von Paulus sehen (Hiob 1 u. 2; 2Kor 12,7). Es ist also wichtig, zu beachten, daß daraus, weil Gott irgend jemand als Werkzeug gebraucht, noch keineswegs gefolgert werden muß, daß dieses von Ihm benutzte Werkzeug Sein Lob oder Seine Billigung habe (Spr 20,7-12).
In Phil 3,4-8 können wir sehen, wovon ein auserwähltes Gefäß entleert wurde.
Paulus war ein Mann, erfüllt von Selbstgerechtigkeit, der wie vielleicht kein zweiter Vertrauen auf Fleisch hatte. Hiervon mußte er entleert werden, damit Christus ihn erfüllen konnte. In Apg 26,13 finden wir seinen eigenen Bericht: „Ich sah mitten am Tage auf dem Wege, o König, vom Himmel her ein Licht, das den Glanz der Sonne übertraf usw.“ Bis zu diesem Augenblick hatte Paulus keinen besseren Menschen als sich gesehen, aber von dieser Stunde an kannte er keinen, der schlechter und verworfener war als er.
Der Anblick Christi in Herrlichkeit, das Anschauen des Menschen, den Gott erhöht hatte (wie es in Phil 2 beschrieben wird), machte Paulus leer von sich und von allem, was ihm bisher Gewinn war.
Einst brüstete er sich mit seiner Religion, die er von den Vätern ererbt hatte (und wie gefährlich ist Religion ohne Christus)!, seiner Geburt (welch ein Hindernis ist Stolz auf die Geburt)!, seines Eifers (und welch ein Verderben ist fleischlicher Eifer für die Gemeinde)!, seines Charakters (in welchem sich das Fleisch verherrlicht). Jetzt aber waren diese Dinge ihm Verlust anstatt Gewinn. Sie waren ihm gleich Dreck geworden, um Christum zu gewinnen und in Ihm, dem Menschen der Herrlichkeit, erfunden zu werden.
Laß mich dich fragen, lieber Leser: Ist Christus in Herrlichkeit dein Ziel? Hat das Licht, das heller als die Sonne strahlt, so in dein Herz geleuchtet, daß alle äußeren Religionen, aller Geburtsstolz usw. ihren Wert für dich verloren haben? Kannst du mit Paulus sagen: „Was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet“? Und mehr noch: Kannst du jetzt sagen: „Ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn“? (Phil 3,7.8).
Nun, nachdem wir gesehen haben, wie das Gefäß entleert wird, laßt uns sehen, wie das Gefäß gefüllt wird.
In Eph 3,14-21 bittet der Apostel, die Gläubigen möchten in einem Zustande sein, auf daß sie erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes. Auch wir prüfen ein Gefäß, ehe wir es füllen, ob es ganz, ob es in dem rechten Zustande ist, das aufnehmen zu können, womit wir es füllen wollen. Was wir vor allem brauchen ist, daß Christus durch den Glauben in unserem Herzen wohne. Jeder Gläubige hat Christus in sich (Röm 8,10), d. h. wohnend im Herzen. Wenn unser Herz aber nicht wirklich für den Herrn schlägt, so können wir den Ratschluß Gottes nicht darin aufnehmen, obgleich wir in Gottes Ratschluß eingeschlossen sind.
In diesem Briefe (Epheser) finden wir die Breite und Länge und Tiefe und Höhe des Ratschlusses Gottes entfaltet. Die Breite (Kap. 3,1-10): 1. „die geschaffenen Dinge“ (sie sind die Plattform); 2. „Fürstentümer und Gewalten in den himmlischen Örtern“ (sie sind die Zuschauer); 3. „die Gemeinde“ (Sie ist der Organismus für die Entfaltung der gar mannigfaltigen Weisheit Gottes). Die Länge (Vers 11-21): diese zeigt uns: 1. „den ewigen Vorsatz Gottes“; 2. „Seine Herrlichkeit in der Gemeinde in Christo Jesu auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin“. Die Tiefe: „tot in Sünden“ (Kap. 2,5) und die Höhen (Kap. 1,19-23): „welche Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.“
Aber der Ratschluß Gottes, so wundervoll und gesegnet er auch ist, ist allein nicht genug, das Gefäß zu füllen. Wir sollen auch die alle Erkenntnis übersteigende Liebe Christi erkennen, auf daß wir erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes. Mit Christo vereint sollen wir die Liebe kennen, die in diesem Band der Einheit mit Ihm unser Teil ist. Dies wird uns in Eph 5,22-32 entfaltet.
Bis jetzt haben wir uns mit dem Gefäß als auserwählt, geleert und gefüllt beschäftigt. Wir betrachten nun noch, wie es geheiligt und gebraucht wird.
Laßt uns 2Tim 2,15-22 lesen! Im ersten Briefe an Timotheus wird von der Gemeinde als dem Pfeiler und der Grundfeste der Wahrheit gesprochen. Die Gemeinde ist dafür verantwortlich, dieses zu sein. Als das Haus Gottes ist sie die einzige Stätte, wo die Wahrheit gefunden werden kann und soll. Im zweiten Briefe wird (in der obigen Stelle) von „einem großen Hause“ geredet, einer Stätte, wo sowohl Irrtum wie Wahrheit gefunden wird. Und was finden wir heute in dem Bekenntnis der uns umgebenden Christenheit? Ist es nicht jede Art von Irrlehre? Einige lehren, daß es überhaupt keinen Gott gibt; andere sagen, die Bibel ist nicht das Wort Gottes; wieder andere, daß Christus nicht die Selbstoffenbarung Gottes im Fleisch ist, sondern nur ein guter Mensch oder der Erzengel Michael. Sie sind zu kurzsichtig, zu sehen, daß, wenn Christus nicht Gott war, Er auch nicht ein guter Mensch sein konnte, denn
Er nahm dem Worte zufolge den Platz ein, der Gott allein gehört. Die Dinge, die uns heute umgeben, sind so, wie sie der Herr fand, als Er in den Tempel ging und sagte: „Mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht“ (Lk 19,46). Und so wird es bleiben, bis Christus kommt und das, was zu einer Räuberhöhle gemacht ist, aus Seinem Munde ausspeit (Off 3,15.16). „In einem großen Hause aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre und die anderen zur Unehre“ (V. 20). Ein Gefäß mag aus Gold sein, damit ist nicht gesagt, daß es nicht ein Gefäß zur Unehre sein könnte. Auch eine hochbegabte und hervorragende Persönlichkeit kann Irrtümer lehren.
Was haben wir nun bei diesem Zustand der Dinge zu tun? Hier handelt es sich nicht um die Frage, ob jemand ein Eigentum des Herrn ist oder nicht - „der Herr kennt, die Sein sind“ (V. 19) -, sondern darum, ob jemand ein Gefäß zur Unehre ist. In diesem Falle habe ich mich von ihm und seiner Gefolgschaft abzusondern. Wir haben die Verpflichtung, uns selbst „von diesem hinweg zu reinigen oder abzusondern, um so ein Gefäß zur Ehre zu sein, geheiligt, nützlich, dem Hausherrn zu jedem guten Werk bereitet“ (V. 21). Es mag jemand sagen: „Da hätte ich mich von vielen abzusondern und auszuschließen! Wie könnte ich dann noch dienen? Ich würde ja allein stehen! Ich bin großzügig und liebe das Große.“ Gut, das mögen deine Gedanken sein, aber die Schrift sagt: „Wenn ein Mensch sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt und nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.“ Könnte etwas noch großzügiger sein? Und welch größeres Gebiet von Nützlichkeit könnte sich jemand noch wünschen? „Zubereitet für des Herrn Gebrauch“ und „zu jedem guten Werke“ ist doch wahrlich „großzügig“ genug!
Im 22. Verse wird uns gesagt, mit welchen Personen wir Gemeinschaft ausdrücken sollen. Sie soll mit denen sein, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen und mit denen ich der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe und dem Frieden ungehindert nachstreben kann.
Im 2Kor 4,6-11 finden wir, wie das Gefäß gebraucht wird. Ein Christ ist jemand, von dem es wahr ist, daß er in Christo und Christus in ihm ist. Er offenbart
Christus in seinem Leben und nur Christus. Das ist der normale Zustand eines Christen nach der Schrift (1Joh 2,6). Wir können das Leben Jesu nur offenbaren, indem wir das Sterben Jesu beständig am Leibe umhertragen. Wir sind mit Christus gestorben, und diese Wahrheit wird alsdann praktisch in unserem täglichen Leben gesehen. Nicht nur der böse, auch der vermeinte gute Mensch, nicht nur das schlechte, auch das fromme Fleisch hat am Kreuze Christi Sein Ende gefunden. Immer muß es mir bewußt sein, daß ich als ein Mensch im Fleische mit Christo gekreuzigt bin. Der Mensch mit dem guten und freundlichen Temperament muß ebenso das Sterben Jesu allezeit an seinem Leibe umhertragen wie der Mensch mit dem schlechten Temperament. Wie steht es mit uns? Offenbaren wir das Leben Jesu? Hier ist der Prüfstein für unsere Nützlichkeit, und hier finden wir, was Gott an uns sehen will: Das Leben Jesu. Dies ist für Sein Auge und Sein Herz wertvoller als alle Gaben, als Beredsamkeit und alle Mildtätigkeit (vgl. 1Kor 12,31 mit Kap. 13). Liebe ist die göttliche Natur, und Liebe war und ist das Leben Jesu.
Wenn an dem Platze, wo Gott dich hinstellt hat, Jesu Leben an deinem Leibe offenbar wird, so kannst du sicher sein, daß Gott das Gebiet, auf dem du Ihm ein Gefäß sein sollst, vergrößern wird und daß Er einst auch zu dir sagen wird: „Ei, du guter und treuer Knecht, über weniges warst du treu, über vieles werde Ich dich setzen. Gehe ein in die Freude deines Herrn!“ (Mt 25,23). „Siehe, Gehorchen ist besser als Opfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder“ (1Sam 15,22).
Wollen wir uns nicht prüfen, ob wir auf dem Pfade des Gehorsams wandeln, auf dem wir Gefäße sind „nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet“?
N. M. (A. v. d. K).