Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 10 -Jahrgang 1925
Lk 9,51 - „Einige schlichte Gedanken“Lk 9,51 - „Einige schlichte Gedanken“
Was wohl das Herz des Lukas bewegen mochte, als er unter der Inspiration des Geistes dieses Wort schreiben mußte?! Können wir etwas davon nachempfinden? Ja, vielmehr: können wir, die wir „Christi Sinn“ haben (1Kor 2,16), uns ein wenig in die Seele unseres geliebten Herrn hineinversenken, wie Ihm zumute gewesen sein mochte, als „Er Sein Angesicht feststellte, nach Jerusalem zu gehen“, indem Er wohl wußte, was Seiner dort wartete? (Vgl. Mk 10,32-34 u. a.)! Dennoch kein Zagen, kein - menschlich-verständliches - Zurückschrecken, kein Gedanke, sich dem Kommenden zu entziehen! Nein, stracks, geradenwegs aufs Ziel zu, „Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“!
Aber in diesem schlichten Eingangssatz seines Leidensweges (nach Lukas) liegt doch noch viel mehr als nur die unbedingte Entschlossenheit zu diesem Wege: „die Tage Seiner Aufnahme erfüllten sich“, sagt der Evangelist. Was heißt das? Dieses Wort zeigt uns, was die Seele des Herrn erfüllte, während Er Sein Angesicht feststellte, nach der Blutstadt Jerusalem (vgl. Lk 13,33.34), in den Tod am Fluchholz zu gehen. Dies Wort ist ähnlich dem von Heb 12,2. Der Herr sah über den Tod hinaus, über das unnennbare Leid, das Ihm werden sollte, hinüber auf den unendlich seligen Tag Seines „Aufgenommenwerdens in Herrlichkeit“ (vgl. 1Tim 3,16, wo für „ist aufgenommen“ im griechischen Grundtext das Zeitwort steht, das dem in unserer Stelle vom Heiligen Geist gewählten Hauptworte „Aufnahme“ im Griechischen entspricht! ebenso in Mk 16,19; Apg 1,2.11.22). Das war etwas von der vor Ihm liegenden Freude von Heb 12,2!
Es sollte uns, den durch Sein Blut von ihren Sünden gewaschenen und von der Macht des Todes durch Seinen Tod erlösten Seinigen stets aufs neue köstlich sein, Ihn zu „betrachten“ (Heb 12,3), wie Er Seinen Leidensweg begann und vollendete! Unsere Herzenszuneigungen sollten sich mit der Tiefe Seiner Leiden anbetend beschäftigen, und wir sollten Ihn im Rückblick auf dieselben stets wieder und wieder unser Mitgefühl schmecken und genießen lassen, - sehnte Er Sich doch danach (vgl. Mt 26,40 u. a)., wie es auch in Seinem Wunsche bei der Einsetzung Seines Gedächtnismahles, daß wir Seiner in Seinem Tode gedenken möchten, zum Ausdruck kam (Lk 22,14-20). Aber wenn wir uns hineinversenken in das Wort Lk 9,51, das, wie gesagt, nach Lukas des Herrn Jesu Leidensweg nach Jerusalem hin einleitet, so müssen und dürfen wir bewundernd schauen, wie unser teurer Heiland - ich rede menschlich, aber in tiefer Ehrfurcht! - Sich sehnte nach Seiner Aufnahme, d. h. danach, wieder heim zu gelangen ins Haus Seines Vaters, heraus zu dürfen aus dieser kalten, sündigen, Ihn, ihren ständigen Wohltäter ständig mißachtenden, hassenden Welt, in der Er nie gelacht, sehr oft aber geweint hatte! „Jesus vergoß Tränen“ (Joh 11,35 u. a)., wie spricht das zu unserem Herzen! Wir dürfen anbetend schauen, wie Er in Seiner freiwilligen Selbsterniedrigung als Mensch gelitten hat, in Seiner Selbstentäußerung entbehrt hat, in jenen 33 Jahren an allem, was Ihm zukam, gedarbt hat, und wie Er demgemäß ein „sehnliches Verlangen“ trug (so wie später Sein Apostel Paulus nach Phil 1,23 wörtlich)! nach Seiner Verherrlichung, mit der dann das schwere Werk, dessentwegen Er Mensch ward, für immerdar vollendet sein würde. Wir dürfen nie vergessen, daß Er - obwohl stets „der eingeborene Sohn in des Vaters Schoß“ (Joh 1,18), stets Gott von Ewigkeit her (Joh 1,1) - doch völlig Mensch war, „versucht wie wir, ausgenommen die Sünde“ (Heb 4,15), und im Besitz menschlicher Empfindungen und Gefühle wie wir und daß Er - darum - Sich sehnen konnte wie wir, nur (weil keinerlei Trübung durch Sünde und Unvollkommenheit vorhanden war) unendlich reiner und heiliger. Wenn wir dies bedenken, so lernen wir, diese kostbare Stelle ein wenig mitzuempfinden, lernen auch, uns im Rückblick mit Ihm zu freuen und zu triumphieren, daß der heiß ersehnte Zeitpunkt nicht mehr fern war, nur noch einige Monate, und daß der Blick hinaus in die Herrlichkeit Ihm, dem Geliebten, den Gedanken an das vor Ihm liegende Leiden und Sterben versüßen mußte (vgl. auch Phil 2,5-11). Nicht mehr lange - und Er würde als der verherrlichte Mensch „zur Rechten der Majestät in der Höhe“ den Ihm gebührenden
Platz „mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt“ einnehmen (Heb 2,9) - das war wohl Ursache genug für Ihn, für den „ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes Erniedrigten“ (Heb 2,7), sich zu freuen, daß sich „die Tage Seiner Aufnahme erfüllten“.
Über dies „sich Erfüllen“ ließe sich auch noch manches sagen (vgl. Lukas 9,31; Gal 4,4 u. v. a. St).; ebenso darüber, daß nach dem Lukas-Evang., in dem die Ereignisse nach inneren Gesichtspunkten zusammengestellt sind, der besprochenen Stelle die Verklärungsgeschichte Jesu kurz vorangeht (9,28-36), woraus sich für den Schriftforscher tiefe Zusammenhänge ergeben; aber ich muß hier abbrechen.
Möchten diese wenigen schlichten Gedanken über Lk 9,51 den Lesern als Anregung dienen, sich mit dieser oft nicht genügend ins Auge gefaßten Darstellung des Beginnes von des Herrn Jesu Leidensweg nach Jerusalem mehr zu beschäftigen! Sicherlich - solche Beschäftigung wird unserem geliebten Herrn Freude bereiten und den Seinen bleibenden Segen bringen!
F. K.
Erstellt: 02.04.2024 15:41, bearbeitet: 13.10.2024 21:13
Quelle: www.clv.de