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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 15 - Jahrgang 1930
Die verschiedenen Berichte in den Evangelien über die Auferstehung des Herrn (2)Die verschiedenen Berichte in den Evangelien über die Auferstehung des Herrn (2)
(Fortsetzung).
Lukas.
Lk 23,50-56: erfordert nur die eine Bemerkung zu Vers 55 und 56: nicht nur die Maria Magdalena und die andere Maria (des Jakobus und Joses Mutter) sahen zu, wie Joseph von Arimathia den Leib Jesu ins Grab legte (Mk 15,47), sondern allgemein „die Weiber,“ die Ihm von Galiläa nachgefolgt waren. Nur waren die beiden Erstgenannten beharrlicher als die andern; denn nach Mt 27,61 setzten sie sich hin.
Lk 24,1-12: erscheinen, genau besehen, nur als Einleitung zu der ins Einzelne gehenden Schilderung der Begegnung Jesu mit den zwei Wanderern nach Emmaus. Nicht Geschichte will er geben, in der ein Ereignis nach dem andern deutlich zu unterscheiden wäre, sondern eine kurz zusammengefaßte Darstellung der Wirkung, welche die Mitteilung der Auferstehung auf die Weiber und Jünger ausübte. Beweis: „die Weiber“ zweimal: 23,49 und 55. Dann immer, von den Weibern gesagt: „sie“: 23,56 - 24,9: elfmal. Erst Vers 10 werden drei mit Namen genannt, aber auch nur mit der Hinzufügung: und die übrigen (Weiber) mit ihnen. Wer will da eine Scheidung machen? Ebenso Vers 9: sie verkündigten dies alles den Elfen und den übrigen allen. Wie einzelnes trennen? Und wer waren die „alle“? Siehe Vers 33 und Apg 1,15. Desgleichen ist das zur Gruft Gehen des Petrus, Vers 12, nicht an einen speziell erkennbaren Punkt zu setzen. Siehe auch in Vers 22-24 den Charakter der Allgemeindarstellung.
Lk 24,33 = Mk 16,13: Luk.: „die Elfe und die mit ihnen waren“. Mark. nur: „den übrigen“.
Lk 24,36ff. = Mk 16,14ff.: Luk.: „während sie aber dieses redeten“; also zu den Elfen und den übrigen. Mark. nur: „Nachher“; und hebt nur die Elfe hervor. Und doch zeigt in Mark. das „als sie zu Tische lagen“ (V. 14) und in Luk. das „sie reichten Ihm ein Stück gebratenen Fisch und von einer Honigscheibe“ (V. 42), daß es sich um ein und dasselbe Ereignis handelt. Auch wird der Auftrag des Herrn an die Jünger bei dieser Gelegenheit gegeben; in Matth. dagegen später, in Galiläa. Woraus hervorgeht: Wie Er zur Zeit Seines Dienstes unter dem Volke mehrfach über ein und denselben Gegenstand geredet haben wird, so redet Er mehr als einmal nach Seiner Auferstehung mit den Jüngern über den Auftrag, den sie nun ausführen sollten, wobei nicht nur die Elfe in Frage kommen, obwohl sie eine Sonderstellung einnahmen. Siehe Apg 1,1-9: „Vierzig Tage hindurch wurde Er von ihnen gesehen und redete über die Dinge, welche das Reich Gottes betreffen.“ Gehörte zu diesen Dingen nicht in erster Linie der Auftrag? Ist es verwunderlich, daß die paar Worte darüber in den Evangelien verschiedenen Inhalts sind, weil sie sich dem Charakter eines jeden derselben anpassen mußten, Gott sie also so und so und nicht anders gegeben wissen wollte, weil sie stereotypierte (festgelegte) „Schrift“ werden sollten, was durchaus nicht alles werden sollte, was Jesus redete, sowohl vor als auch nach Seiner Auferstehung? Siehe Joh 21,25! Behebt diese natürliche Erwägung nicht auch die Schwierigkeit, die sich aus Matthäus ergibt, wenn gefragt und gesagt wird: daß die Elfe dem Auftrag, zu allen Nationen zu gehen und sie zu Jüngern zu machen, doch nicht nachgekommen seien, weil sie in Jerusalem geblieben seien, als andere gingen, Apg 8,1, und weil die Schrift überhaupt nichts von ihrem Gehen zu den Nationen erwähne!? Denn nicht um Anlaß zu dieser sehr müßigen Frage zu geben, mußte Matthäus seine Formulierung niederschreiben, sondern um der Darstellung, die er von dem Leben, dem Wirken, dem Tode und der Auferstehung des Messias, des Königs geben sollte, den allein dazu passenden Abschluß zu geben. Wir haben das ja kurz skizziert. Wir glaubten auch sehen zu können, daß nicht nur die Elfe in Frage kommen, was die Kritik an ihnen nur noch weniger statthaft erscheinen läßt.
Bei Lukas ist der Auftrag desgleichen in die Form gegossen, die eine Krönung seiner Darstellung des Menschensohnes ist. Seine Darstellung (24,47) ist ja besonders darauf zugeschnitten, Ihn den verlangenden Menschenherzen lieb und wert, Seinen Namen denselben kostbar zu machen. Sündenvergebung auf Grund Seines Namens ist das hervorstechende Merkmal, und zwar für alle Menschen, zu allererst für die schuldige Stadt Jerusalem. Die Buße ist freilich eine unerläßliche Vorbedingung und wird darum vorangesetzt. Wie einzig passend für das Evangelium Lukas, daß „der Mensch Christus Jesus, der Sich Selbst gab für alle zur Erlösung“, nachdem Er als Auferstandener vor ihnen gegessen und getrunken und diesen Auftrag gegeben hatte, ihnen Kraft aus der Höhe zum Zeugendienst verhieß, segnend vor ihren Augen gen Himmel fuhr, und daß sie, unter dem Eindruck dieses Geschehnisses, Ihm huldigten!
Johannes.
Joh 20,1: als es noch finster war. Das war also der früheste Besuch beim Grabe am ersten Wochentage.
Joh 20,2: Maria Magdalena sagt: „wir wissen nicht“: war sie schon mit andern Weibern zusammengetroffen, während sie zurückkehrte, um den beiden Jüngern Petrus und Johannes die Mitteilung vom leeren Grab zu machen? Geht sie dann wieder zurück zum Grabe und ist mit den andern Frauen wieder dort; oder waren die in der Zwischenzeit schon dort gewesen?
Joh 20,3-10: Wann gingen die beiden Jünger zum Grabe? Gleich jetzt oder nachdem die andern Weiber ihren Auftrag von den Engeln und von Jesus Selber ausgerichtet hatten? Sicher scheint zu sein, daß mehr als ein Besuch von Weibern beim Grabe stattfand, so daß einmal von einem Engel die Rede sein kann, in Matth. und Mark., ein andermal von zweien, in Luk. und hier in Joh 20,12, und daß die zwei Jünger dazwischenhinein auch kamen auf das Wort der Maria Magdalena hin, dann wieder bei den andern waren, nach Lk 24,9 und Joh 20,10.
Joh 20,11-18 = Mk 16,9.10: „zuerst“ setzt dies vor Mt 28,9.
Joh 20,17: „rühre Mich nicht an“: weil Er, der als Sohn vom Vater auf die Erde kam, fortan nur als zum Vater Zurückgekehrter in Seinem Einssein mit diesem von den Seinen gekannt sein will (nicht wie in Matth. als Messias auf Erden, der bleibt), wie auch sie, Menschen, die der
Vater Ihm aus der Welt gegeben hat, ihr Einssein in Ihm und dem Vater als Seine Brüder kennen sollen (Kap. 17). Wem besser als dieser Maria Magdalena, die Ihn so liebte (V. 11.13.15)., konnte Er dies sagen?
Joh 20,19-23: Den Frieden, den „Er gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes“ (Kol 1,20), bringt Er ihnen. Dieser Friede ist der Ausgangspunkt ihrer Aussendung. Wohin sendet Er sie? Sie wußten es schon; Er brauchte es ihnen nicht erst zu sagen; sie hatten zugehört, als Er zum Vater sagte (17,18): „Gleichwie Du Mich in die Welt gesandt hast, sende auch Ich sie in die Welt.“ Sie gehen an Seiner Statt (2Kor 5,20); daher haucht Er in sie Sein Auferstehungsleben (vergl. 1. Mose 2,7 und 1Kor 15,45) vor der offiziellen Herniederkunft des Heiligen Geistes (Lk 24,49). Frieden und Leben tragen sie überall hin in die ruhelose gottentfremdete Welt Kraft der Autorität Dessen, der sie sendet. Doch verlangt solch wertvolle, heilige Spende weises und autoritatives Umgehen mit derselben. Er belehnt sie mit dieser Autorität, indem Er sagt: „Welchen irgend ihr die Sünden vergebet, denen sind sie vergeben, welchen irgend ihr sie behaltet, sind sie behalten“. Nicht mir nichts dir nichts sprangen sie mit dem Vergeben der Sünden um, d. h. mit dem Angebot und der Zusicherung der Sündenvergebung durch Gott, sondern sie knüpften notwendige Voraussetzungen daran. Siehe Apg 2,22-38; 3,12-19.26; 4,5-12; 5,29-32; 8,13.18-23; 13,6-12. Nicht handelt es sich hier um die Zucht in der Versammlung, sondern um den Auftrag dessen, der Sein Leben hingab, um der Welt das Leben geben zu können, wie in Seinen Reden in Johannes immer wieder zu lesen ist. Leben im Sohne ist das Thema in den Schriften des Johannes, nicht Buße, nicht Taufe, nicht Vergebung, so wichtig diese Dinge an ihrem Platze sind. Nur hier dies eine Mal ist im Evangelium Johannes von „Sünden vergeben“ die Rede, und zwar in dem angegebenen Sinne. Die Anwendung von „Sünden behalten“ auf Ungläubige im Wortlaut selbst ist in verneinendem Sinne in Apg 7,60 in Luthers Übersetzung zu sehen. Also auch hier entspricht der Auftrag genau dem Charakter des Evangeliums. Diese Seite allein aus dieser ersten Zusammenkunft mit allen Jüngern sollte von Johannes festgehalten und überliefert werden.
Joh 20,27: „reiche ... her und sieh“, „reiche ... her und lege“: so wie in der Begegnung des auferstandenen Herrn mit der Maria Magdalena und in Seinen Worten zu ihr die Stellung und das Verhältnis zu Ihm und zu Gott zu sehen ist, in welche die Jünger nach Seiner Himmelfahrt und seither sich übergeführt sahen und sehen als Christen, so ist in Thomas die Stellung und das Verhältnis zu sehen, in welche die Jünger aus den Juden sich versetzt sehen werden, wenn die Gemeinde aufgenommen sein wird. Daß der treue Überrest jener kommenden Tage auch „Meine Jünger“ genannt wird, ist in Jes 8,16 zu lesen. Die werden, obwohl sie an Ihn glauben und Ihn lieben wie Thomas (Joh 11,16), erst überzeugt, wenn sie Ihn sehen.
Wenn nun so deutlich in jedem der Evangelien zu sehen ist, daß die und die Einzelheiten an der Gesamtheit der Begebenheiten ausgewählt und jedesmal zu einem ganz besonderen Bilde zusammengestellt werden, ist es dann eigentlich nicht ein Mangel an Ehrfurcht, wenn man das, was der Heilige Geist viermal je in eine vollständige Figur zusammengesetzt hat, zusammenwirft, um etwas anderes daraus zusammensetzen, sogenannte Evangelienharmonien? Macht Gott nicht von vornherein solch Bemühen zuschanden eben dadurch, daß es absolut nicht gelingen will, das Neue lückenlos zusammenzubringen? Ist es bei der Auferstehung mit Gewißheit auszumachen, ob die einzelnen Besuche beim Grabe nacheinander oder nebeneinander geschahen? Konnten nicht die einen auf einem Wege hingehen, während die andern auf einem andern Wege zurückkehrten; oder sie konnten auf ein und demselben Wege sich begegnen? So konnte es sein, daß zu einer Partie Weiber ein Engel redete (Matth. und Mark)., zur andern zwei (Luk)., zu Maria Magdalena auch zwei (Joh)..
Am meisten für sich hat folgende Zusammenstellung:
Matth. Mark. Luk. Joh.
Freitag.
Der Leib des Herrn wird vom Kreuz genommen und ins Grab gelegt. Weiber sehen zu. Mt 27,59 Mk 15,46 Lk 23,53 Joh 19,40
Die Weiber bereiten Spezereien. 23,56
Matth. Mark. Luk. Joh.
Der Sabbat.
Der Leib des Herrn ist im Grabe. Die Weiber ruhen. Lk 23,56
Samstagabend.
Maria Magdalena und die andere Maria kommen zum Grabe. Mt 28,1
Sie gehen heim und vollenden die Zurüstung. Mk 16,1
Sonntag.
Auferstehung. Erdbeben. Stein weggewälzt. Mt 28,2
Es ist noch finster. Maria Magdalena kommt zum Grabe. Joh 20,1
Sie kehrt um und sagt dem Petrus und dem Johannes, daß der Stein weggewälzt ist. Joh 20,2
Sehr früh. Andere Weiber kommen zum Grabe. Mk 16,2 Lk 24,1
Engel sagen ihnen, daß Jesus auferstanden ist. Mt 28,6 Mk 16,6 Lk 24,6
Sie gehen und sagen es den Jüngern. Mt 28,8 Mk 16,7 Lk 24,9
Sie sagen niemandem etwas unterwegs. Mk 16,8
Petrus und Johannes gehen zum Grabe. Lk 24,12 Joh 20,3
Maria folgt ihnen. Joh 20,11
Petrus und Johannes gehen wieder heim. Joh 20,10
Maria bleibt. Engel reden mit ihr. Joh 20,13
Sie wendet sich um. Jesus redet mit ihr. Mk 16,9 Joh 20,15
Er sagt ihr, sie soll Ihn nicht anrühren. Joh 20,17
Er sendet sie zu den Jüngern. Mk 16,10 Joh 20,17
Jesus begegnet den Weibern; sie umfassen Seine Füße. Mt 28,9
Jesus offenbart sich dem Petrus, 1Kor 15,5.24,34
Jesus offenbart Sich den zwei Wanderern nach Emmaus. Mk 16,12 Lk 24,13
Matth. Mark. Luk. Joh.
Jesus erscheint den Elfen am selben Abend. Mk 16,14 Lk 24,36 Joh 20,19
Zweiter Sonntag.
Jesus erscheint den Jüngern wiederum. Thomas. Joh 20,26
Jesus erscheint am See von Tiberias den Jüngern zum dritten Male. Joh 21,1.14
Er erscheint 500 Brüdern auf einmal, 1Kor 15,6.
Er erscheint dem Jakobus, 1Kor 15,7.
Er erscheint den Aposteln allen, 1Kor 15,7.28,16
Die Himmelfahrt zu Bethanien, Apg 1,4.9. Mk 16,19 Lk 24,50
Dem Fragesteller macht es (seinem Briefe zufolge, der mir seitens der „Handr.“-Schriftl. zur Einsichtnahme vorgelegt war) Schwierigkeit, daß nach Markus die drei Frauen mit Spezereien kamen, „um Ihn zu salben“, „während nach Matthäus und Lukas der Leichnam Jesu schon nach der jüdischen Sitte eingewickelt und bestattet worden, also keine weitere Behandlung mehr nötig noch möglich gewesen sei.“ - Der Frager übersieht, daß in Markus in bezug auf „einwickeln und in die Gruft legen“ dasselbe steht (15,46) wie in Matthäus und Lukas; er übersieht, daß Johannes sogar sagt, daß Nikodemus 100 Pfund Myrrhe und Aloe brachte und gemeinschaftlich mit Joseph den eingewickelten Leib mit den Spezereien ins Grab legte. Das will alles nur sagen, daß der Leib vorläufig in Linnen gewickelt zu weiterer Behandlung in die Gruft gelegt wurde. Darum reden Matth., Mark. und Luk. nur vom „den Leib in reine, feine Leinwand wickeln und ins Grab legen.“ Die eigentliche Behandlung des Leichnams, das „Einbalsamieren nach der Sitte der Juden“, würde nachher folgen. „Salben“, wie's von den Weibern heißt Mk 16,1, und „zum Begräbnis zubereiten“ nach Joh 19,40 meint dasselbe. „Zu Meinem Begräbnis“ in Joh 12,7 ist auch dasselbe. Die Fußnote dort der Elberfelder Übersetzung sagt: „oder: Einbalsamierung“. Es ist dasselbe griechische Wort wie in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments 1. Mose 50,2. Die jüdische Sitte des Einbatsamierens brauchte nicht wie die durch Ärzte ausgeführte ägyptische 40 Tage in Anspruch zu nehmen. Das aber leuchtet ein, daß 100 römische Pfund, das sind ca. 32 Kilo, Einbalsamierungsspezereien nicht in der kurzen Zeit bis Sabbatanfang, d. i. 6 Uhr, an dem Körper verarbeitet werden konnten. Ferner: nach Mk 15,47 sahen Maria Magdalena und die andere Maria zu, „wo Er hingelegt wurde“, nach Lk 23,55 „besahen sie die Gruft und wie Sein Leib hingelegt wurde.“ Sie wußten also Bescheid. Wenn die Bestattung eine endgültige gewesen wäre, hatten sie dann nicht auch noch selber Spezereien gekauft und zubereitet!
(Schluß folgt, s. G. w).
F Kpp.