Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
Gal 5,22 – Treue, Sanftmut, EnthaltsamkeitGal 5,22 – Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit
„Die Frucht des Geistes ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“ Gal 5,22)
Treue. Gott Selbst ist treu. „Deine Treue ist groß“, lesen wir in Klagelieder 3,23. Treu ist Gott auch dann, wenn Sein Volk untreu ist. „Wenn wir untreu sind - Er bleibt treu, denn Er kann Sich Selbst nicht verleugnen.“ (2Tim 2,13). Er ist treu in bezug auf unsere Befestigung und Bewahrung. Er läßt nicht zu, daß wir über unser Vermögen versucht werden (1Kor 10,13). Er ist treu in der Versorgung mit allem Guten für den inneren und äußeren Menschen, „denn Er hat gesagt: Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.“ Er bleibt Sich aber auch Selbst treu, was Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit angeht, und handelt dementsprechend.
Der Herr Jesus ist uns selbst das Vorbild. In Off 1,5 und 3,14 wird Er der „treue Zeuge“ und der „treue und wahrhaftige Zeuge“ genannt. Er war treu im Zeugnis und in allem Dienst und Wandel. Ob wir Ihn als den König oder den Diener oder den vollkommenen Menschen oder den Sohn Gottes betrachten, immer strahlt uns Seine Treue entgegen. Um Seines treuen Zeugnisses willen wurde Er zum Tode verurteilt. „Betrachtet ... Jesum, der treu ist Dem, der Ihn bestellt hat, wie es auch Moses war in seinem ganzen Hause.“ (Heb 3,1.2) Jetzt ist Er unser barmherziger und treuer Hoherpriester.
Vorbildliche Treue sehen wir auch bei vielen Knechten Gottes, von denen uns das Wort berichtet. Sie blieben fest in guten und in schweren Zeiten - obgleich sie nicht frei waren von Mängeln. Denken wir an die Treue des Abraham, des Moses, des Daniel, der Propheten und der Apostel und an die christlichen Märtyrer der früheren und der jetzigen Zeit.
Wir sehen aber auch warnende Beispiele von Untreue. Demas gewann den Zeitlauf der Welt wieder lieb. Die Gemeinde zu Ephesus verließ ihre erste Liebe, andere bewahrten sich nicht vor Irrlehre und vor Freundschaft und Verbindung mit der Welt. Jakobus mußte klagen: „Ihr Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft wider Gott ist?“
Ach, auch wir selbst, Schreiber wie Leser, müssen uns wohl alle mehr oder weniger mancher Untreue anklagen, Gott gegenüber und Menschen gegenüber. Fragen wir uns prüfend: Sind wir treu im Gebetsleben, im Hören und Lesen und Ausleben des Wortes unseres Gottes? Sind wir treu in der Gemeinschaft zueinander, treu im Dienst füreinander und im Werke des HErrn? Sind wir treu im Beruf und in der Verwaltung unseres Geldes und Gutes?
Gott hat uns Geld und Gut anvertraut. Er will, daß wir dieses treu verwalten. Wir dürfen davon Ihm zurücklegen für Sein Werk und für Arme. Wir dürfen für unsere Bedürfnisse davon nehmen. Doch leicht geschieht es, daß wir für uns selbst recht unbescheiden sind, während wir Ihn verkürzen. Ernstes Anliegen sollte es uns sein, unsere Angehörigen recht zu versorgen, unsere Verpflichtungen an Miete, Steuern und dergleichen sorgfältig zu erfüllen und keinerlei Schulden zu haben. - Das erste, was wir lernen müssen, ist, daß wir den Mammon treu verwalten. „Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu.“ (Lk 16,9-11). „Ein treuer Mann hat viel Segen.“ Der Geist will in uns allen die Treue wirken; möchten auch wir wollen mit ganzem Herzen.
Sanftmut. Wiederum ist unser Herr Jesus das vollkommene Vorbild. Er konnte deshalb sagen: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig ...“ (Mt 11,29). Seine geistliche Energie war mit Sanftmut gepaart.
Sanftmütig war Er zu den Kranken und Elenden, die Hilfe bei Ihm suchten. Er machte ihnen keine harten Vorwürfe, wenn die Krankheit durch deren eigene Schuld gekommen war. „... Sündige nicht mehr, auf daß dir nichts Ärgeres widerfahre“, so sprach Er im Ernst und in Sanftmut zu dem Geheilten vom Teich Bethesda. In Sanftmut belehrte Er den Pharisäer, dem die Anwesenheit des bußfertigen Weibes mißfiel. Er belehrte ihn darüber, daß wohl die Schuld der Menschen vor Gott verschieden groß ist, daß aber weder der große noch der kleine Schuldner bezahlen kann, sondern daß beide der Gnade bedürfen. - In Sanftmut wies Er die Sadduzäer zurecht, die die Auferstehung leugneten: „Ihr irret, indem ihr die Schriften nicht kennt.“ -
Als die Jünger darüber stritten, wer von ihnen der Größte sei, da stellte der Herr ein Kind in ihre Mitte und unterwies sie in Sanftmut über die wahre Größe, die vor Gott gilt. Auch zu uns ist der Herr noch heute sanftmütig. Wie sind Seine Unterweisungen, ja, Überführungen von Sünden oft so zart, aber dennoch sehr ernst. Auch will Er uns sanft leiten, wie ein Hirt seine Schafe leitet, auf dem Wege, den wir wandeln sollen. - Selbst das Joch und die Last des Dienstes für unseren Herrn ist sanft und leicht. „Lernet von Mir!“ Im Anschauen der Herrlichkeit des Herrn will der Geist auch in uns diese Frucht der Sanftmut hervorbringen. Sie ist sehr kostbar vor Gott. Unserer Natur liegt die Sanftmut nicht. Auch wird sie in unserer Zeit nicht hoch bewertet. Und doch verbreitet sie viel Segen; sie ist wie Balsam dem wunden Herzen und wie Öl dem erregten Gemüt. Umgekehrt richtet ein verletzendes Wort viel Schaden an. Wieviel Uneinigkeit, Streit und Zank ist schon durch ein einziges Wort angerichtet worden, sogar unter Kindern Gottes.
Gewiß ist es nicht leicht, auf ein hartes Wort in Sanftmut zu antworten. Nur zu leicht antworten wir wieder hart. Die Folge davon ist Unfriede. Die Schrift sagt aber: „Eine gelinde Antwort zerbricht Knochen“, und: „Überwinde das Böse mit Gutem.“ Die Kraft dazu ist aber nicht in uns, sondern sie wird uns durch den Geist zuteil.
Hirtendienst, d. i. Seelsorge, erfordert vor allem Sanftmut. In bezug auf den gefallenen Bruder sagt das Wort: „Bringet ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geiste der Sanftmut.“ (Gal 6,1). Sanftmut ist eine Folge wahrer, zarter Liebe. Vom Herrn heißt es: „Ein geknicktes Rohr wird Er nicht zerbrechen, und einen glimmenden Docht wird Er nicht auslöschen.“ (Mt 12,20).
Sanftmut ist nicht Weichlichkeit. Das sehen wir bei dem Herrn Jesus. So sanftmütig Er war, so vollkommen war Seine geistliche Entschiedenheit. Durch Sanftmut kann viel erreicht werden. „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.“
Enthaltsamkeit. Enthalten heißt, mäßig sein oder auch auf eine Sache ganz verzichten, weil es Besseres gibt.
Auch in diesem Stück ist uns der Herr Selbst das vollkommene Vorbild. Wenn Er von Sich sprach: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege“ (Mt 8,20), so ist das freilich mehr als Enthaltsamkeit. Vielleicht darf das Wort aber doch hier angezogen werden, weil es von dem größten Verzicht redet, der sich denken läßt. Unseres Herrn ganzes Leben war ein Verzichten. Er enthielt Sich jedes irdischen Besitzes, auch der Ehre und des Königtums aus Menschenhand. Als Ihn das Volk zum König machen wollte, entwich Er. Während der Versuchung in der Wüste enthielt Er Sich der Speise und des Trankes. Er blieb darin auch fest, als der Versucher Ihn veranlassen wollte, von Seiner Macht Gebrauch zu machen und die Steine in Brot zu verwandeln.
Der Apostel Paulus ist uns auch vorbildlich in der Enthaltsamkeit. Er war enthaltsam gleich den Kämpfern, die um eine irdische
Krone kämpften. Er hütete sich sehr, daß er nicht, nachdem er anderen gepredigt hatte, selbst verwerflich wurde (1Kor 9,24-27). Er war auch enthaltsam darin, sich selbst zu rühmen. (2Kor 12,6).
Zwei warnende Beispiele von Unenthaltsamkeit haben wir bei Noah und
Lot. Noah betrank sich selbst, und Lot ließ sich betrunken machen. Die
Folgen dieser Unenthaltsamkeit waren sehr schwer (Vgl.
Gott erwartet von uns Enthaltsamkeit. Der Heilige Geist will sie in uns wirken. Die Enthaltsamkeit bezieht sich auf viele Dinge: auf Essen und Trinken, auf unsere Kleidung - sie soll einfach sein -, auf Wohnungseinrichtung und Wohnung, auf Genüsse und Erholungen u. a. m. Selbst in unseren Worten können wir enthaltsam sein.
Betreffs der fleischlichen Lüste haben wir in 1Pet 2,11 eine wichtige Ermahnung: „Geliebte, ich ermahne euch, ... daß ihr euch enthaltet von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten.“ Dieses Wort gilt für jedermann, für Verheiratete so gut wie für Unverheiratete. Im Blick auf die christliche Ehe ist es ratsam, sowohl 1Kor 7,5 als auch 1Thes 4,1-8 zu beachten.
Natürlich kann ich nicht dieselbe Enthaltsamkeit von meinem Bruder erwarten, die ich vielleicht begnadigt werde, persönlich, im Glauben vor dem Herrn, auszuüben. Ein jeder steht oder fällt seinem eigenen Herrn. Die Enthaltsamkeit ist Frucht des Geistes, nicht gesetzliches Tun!
Alle Frucht für Gott kommt aus der Lebens- und Liebesgemeinschaft mit unserem Herrn Jesus hervor. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in Mir bleibt und Ich in ihm, dieser bringt viel Frucht, denn außer Mir könnt ihr nichts tun.“ (Joh 15,5).
O. D.