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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 16 - Jahrgang 1931
1Sam 27,29.30 - David im Lande des Philister!1Sam 27,29.30 - David im Lande des Philister!
Wenn die Schrift das Leben einzelner Männer beschreibt, so zeichnet sie uns ihr Bild treu und wahr. Wenn Menschen die Lebensgeschichte anderer schreiben, so berichten sie wohl deren Vortrefflichkeit, ihre schwachen Seiten und Fehler aber berühren sie kaum. Der Heilige Geist tut solches nicht. Er berichtet, selbst von den hervorragendsten Männern, gleich wahr sowohl das Gute als auch die Verfehlungen in ihrem Leben. Gott teilt uns beides mit, das eine zu unsere Unterweisung, das andere uns zur Warnung.
Wenn wir uns nun zu dem Abschnitt des Lebens Davids wenden, der uns in den letzten Kapiteln des ersten Buches Samuels beschrieben wird, so lesen wir in Kapitel 27,1: „Und David sprach in seinem Herzen: Nun werde ich eines Tages durch die Hand Sauls umkommen.“ Vielleicht sagte er dies nicht mit seinen Lippen, aber diese Gedanken bewegten sein Herz und machten es verzagt. Sein Vertrauen zu Gott schwand, und sein Glaube wurde wankend. Wenn man an die großen und wunderbaren Errettungen denkt, die David durch Gottes Hand erfahren hatte, so möchte man sich darüber wundern, denn unmöglich konnte er sie vergessen haben. Erinnerungen an erlebte Gnadenerweisungen nützen uns aber nicht, wenn für den gegenwärtigen Tag und Weg kein Glaube vorhanden ist. Wohl können sie uns, wenn Glaube im Herzen wirkt, in unserem Vertrauen zu Gott stärken und ermutigen, aber nicht, wenn derselbe aufgegeben ist.
David gab den Glauben auf, als er der Verzagtheit und dem Unglauben in seinem Herzen Raum machte.
Es ist kein Zweifel, Gott, der sein Fels, seine Burg und sein Retter war, als er von Saul wie ein Rebhuhn in den Bergen gejagt wurde (1Sam 26,20), konnte ihn sicher auch weiterhin schützen und retten. Aber David rechnete jetzt nicht mehr allein mit seinem Gott. Die Sprache seines Herzens war: „Ich werde eines Tages durch die Hand Sauls umkommen.“ Und mit diesem Unglaubensgedanken nahm er seine Sache aus Gottes Hand heraus und begann für sich selbst Pläne zu machen. Er sagte sich: „Mir ist nichts besser, als daß ich eilends in das Land der Philister entrinne, und Saul wird von mir ablassen, mich ferner zu suchen in allen Grenzen Israels. Und ich werde aus seiner Hand entrinnen.“ (1Sam 27,1) So entschloß er sich, in das Land der Philister zu entfliehen und trat mit 600 Mann zu Achis, dem König von Gath über. Und dieser mit seiner Berechnung durchdachte Weg schien ihm auch zu gelingen. Es wurde Saul berichtet, „daß David nach Gath geflohen wäre, und er suchte ihn fortan nicht mehr“ (V. 4).
Der Weg wurde nun leichter für David. Er schwebte nicht mehr in ständiger Lebensgefahr und hatte nicht mehr nötig, fortwährend auf der Hut zu sein. Die aufreibenden Nachtwachen waren vorüber, und er wurde nicht mehr von den beständigen Unruhen, Sorgen und Ängsten gequält. Alles dieses stand auf der Gewinnseite. Was aber kam auf die Verlustseite? Während der sechzehn Monate, die er im Lande der Philister war, trieb ihn kaum etwas noch zu ernstem Gebet und vertrautem Umgang mit Gott. Die Glaubensübungen des wachsamen Herzens hörten auf. Er erlebte keine neuen Erfahrungen der rettenden Gnade Gottes und der Macht Seines Armes, den er nie zu kurz gefunden hatte, jeder Not begegnen zu können, so groß und so verschieden sie auch sein mochte. Kein triumphierender Psalm wurde in dieser Zeit von seiner Hand geschrieben, Gottes Geist sprach nicht mehr durch ihn, noch war Sein Wort auf seiner Zunge. Es war eine Zeit der Dürre. Alles lag verstummt in der Ruhe des geistlichen Todes. Dies und noch mehr war der Verlust - und gewiß ein sehr schmerzlicher Verlust.
Und so ist es immer. Die Geschichte mancher Knechte Gottes in der Schrift sagt uns das Gleiche und ebenso auch das Leben vieler, vieler Kinder Gottes, obschon es nicht mit Tinte und Feder geschrieben sein mag. Der Unglaube mit seiner Klugheit bewirkt immer einen inneren Verfall und endet mit Enttäuschung und Unglück. Der Gerechte wird durch Glauben leben. Der Unglaube aber wird uns immer auf den Pfad des menschlichen Verstandes und der Klugheit zu locken suchen. Er stellt uns tausend Gefahren vor Augen und findet tausend Ursachen, alle einleuchtend genug, um Wege der Erleichterung zu suchen. Unglaube treibt uns zur Flucht in das Land der Philister, läßt uns göttliche Grundsätze aufgeben und einen leichteren Weg wählen; er führt uns zu Achis, um uns unter seinen Schutz zu stellen und ihn um ein Ziklag - um einen Platz für uns zum Niederlassen zu bitten, wo wir nach Streit und Kampf ruhen können. Dies war es, was David tat, und was darauf folgte, das haben wir gesehen. Wie es aber endete, das werden wir jetzt betrachten.
Wir kommen zum 29. Kapitel. Hier wird uns berichtet, daß die Philister ihre Heere zum Kriege wider Israel versammelten, und David und seine Männer waren mit ihnen. Welch eine Stellungnahme! Wer hätte gedacht, daß der Sieger über Goliath jemals so tief sinken könnte, auf der Seite der Philister zu stehen! Aber Unglaube hatte ihn so umgarnt und in sein Netz gezogen, daß er mit den Feinden des Volkes Gottes verbunden war. Nur allein die erbarmende Hand Gottes konnte ihn aus dieser demütigenden Verbindung befreien. David und seine 600 Männer werden mit Verachtung weggeschickt und kehren nach Ziklag zurück. Der Unglaube, der ihn in das Land der Philister gebracht hatte, trägt ihm nun eine weitere schmerzliche Frucht. Er muß jetzt ernten, was er gesät hat. Ziklag war während seiner Abwesenheit mit Feuer verbrannt, und seine Weiber und seine Söhne und seine Töchter waren von den Amalekitern gefangen genommen. Alles dies waren die Folgen seines Unglaubensweges, seine Stadt - ein Trümmerhaufen, die teuren Personen seiner und der Liebe derer, die mit ihm waren - weggeführt, und niemand wußte, wohin. Kein Wunder, daß David und das Volk, das bei ihm war, ihre Stimme erhoben und weinten. Auf diesem Wege des Unglaubens, auf dem sie Ruhe und Schutz vor Gefahr zu finden meinten, verloren sie alles.
Es blieb aber für David nicht allein bei dem Verlust, große Angst überfiel ihn, „denn das Volk sprach davon, ihn zu steinigen“. Durch ihn waren sie alle in diese schwere Lage gebracht, sie hatten ihm vertraut und waren seiner Führung gefolgt, und dies war nun das Resultat. Ihr erster Gedanke war, sich an ihm zu rächen. Gott aber hielt ihre Hand zurück. Wenn David allein der Verlustträger gewesen wäre, so würde sein Kummer weniger groß gewesen sein, aber 600 Mann wurden in seinen Unglaubensweg mit hineingezogen, und dies vergrößerte seine Bedrängnis und Not sechshundertfältig. Finstere Nacht umgab ihn.
Endlich bricht die erste Morgenröte eines neuen Tages an. Die Hügel beginnen sich zu vergolden, „David stärkte sich in Jehova seinem Gott“. Was liegt darin eingeschlossen?! Sicherlich die von seiner Seele tiefempfundene Erkenntnis seines sündigen Unglaubens und seines verkehrten Weges, der so verunehrend für Gott und so unheilvoll für ihn selbst und andere war. David nahm jetzt in Demut und Beugung den rechten Platz vor Gott ein. Er lag im Staub. Er sucht nun Rat bei Gott. Und welche Gnade, Gott antwortet ihm. Er ermutigt David, gibt ihm Rat und versichert ihm, daß er alles zurückerhalten werde. Seine Seele ist wieder aufgerichtet und die gestörte Gemeinschaft mit Gott wieder hergestellt; Ziklag wurde aufgegeben, und David und die Seinigen befinden sich wieder im Lande Israel. Wahrhaftig, Gottes Treue und Gnade sind unwandelbar und unerschöpflich!
Und auch wir werden es so finden, wenn Zeiten in unserem Leben diesem Abschnitt im Leben Davids gleichen. Wie unglücklich und dunkel die Umstände auch sein mögen, in welche Unglaube und eigener Wille uns gebracht haben, laßt uns wie David uns stärken in unserem Herrn und Gott! Aber dies schließt auch bei uns unbedingt das Bekenntnis unserer Sünde und Torheit und die Anerkennung dessen, was als gerechte Folge über uns gekommen ist, ein. Wir werden uns verurteilen und Gott rechtfertigen. Dies ist immer der Weg und die Weise wahrer Buße. An dem Tage, an welchem wir diesen Platz vor Gott einnehmen, wird Er mit uns sein, uns Kraft geben und uns segnen.
Es mag sein, daß wir nicht von allen Folgen unseres Unglaubensweges befreit werden. Er wird uns aber darin durch Seine Kraft aufrechthalten und unsere Herzen mit Seinem Frieden erfüllen.
Sollten wir je versucht werden, der Schwierigkeiten wegen den Pfad des Glaubens zu verlassen, dann laßt uns an dies Beispiel aus dem Leben Davids denken! Es ist zu unserer Ermahnung geschrieben worden. Besser, unendlich viel besser ist es, auf den rauhesten Wegen mit Gott zu wandeln als auf angenehmen Pfaden, wo Er nicht ist. In jeder Lage, in jeder Not, ist Er fähig zu helfen. Nur laßt uns Ihm mit ganzem Herzen vertrauen! Je mehr wir dieses tun, desto mehr werden wir entdecken, wie würdig Er unseres Vertrauens ist. Ein Leben des Glaubens wird immer durch Proben gehen; aber es ist reich an Erfahrungen Seiner Treue. Und in dem Maße, wie wir in der Erkenntnis Gottes wachsen, werden wir Ihm immer völliger vertrauen, so wie der Psalmist spricht: „Auf Dich werden vertrauen, die Deinen Namen kennen, denn Du hast nicht verlassen, die Dich suchen.“ (Ps 9,10)
S. T. - A. v. d. K.