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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Erbarmungen und Ermahnungen GottesErbarmungen und Ermahnungen Gottes
(Gedanken über Römer 12 als Nachklang zum geschwisterlichen
Beisammensein in Oberlungwitz am 11. Juli 1937).
Der Römerbrief zeigt uns in seinem bis zum 11. Kapitel gehenden ersten Teil, daß der Mensch ins Verderben kam, weil er Gott nicht die Ihm gebührende Ehre gab und Seine Heiligkeit nicht anerkannte, daß er jetzt aber durch die Gerechtigkeit aus Glauben zur wahren Gottesanbetung befähigt wird.
Der zweite Teil des Briefes aber macht uns klar, daß der Beruf des Christen darin besteht, die erfahrene Erlösung in einem Gott wohlgefälligen Verhalten auszuleben, und zwar:
1. als Glieder des Leibes Christi (12,3-8),
2. in allen unseren Lebensbeziehungen (12,9-21),
3. gegenüber der Obrigkeit (13,1-6),
4. gegen die Welt, sowohl in der Anerkennung ihrer Rechte (13,7-10) als auch in der Ablehnung des Bösen (13,11-14),
5. gegen die „Schwachen im Glauben“ (14,1 - 15,4),
6. in der Gleichgesinntheit und Einmütigkeit (15,5-13).
Weil unser altes Ich sich immer wieder geltend macht und unser neues Leben sich dadurch nicht normal entwickeln kann, bedürfen wir der Ermahnungen Gottes. Wer diese nicht ertragen kann und sich gegen sie sträubt, beweist, daß er kein demütiges, sondern ein hoffärtiges Herz hat. Junge Christen, die der Ermahnungen nicht achten, können später keine Hirtendienste tun, können anderen keine Hilfe werden.
Es ist immer ein Zeichen von Aufrichtigkeit, wenn wir uns gern von Gott ermahnen lassen. Und dies wird uns um so leichter fallen, je mehr wir uns der erfahrenen Erbarmungen Gottes erinnern. Darum ermahnt der Apostel Paulus „durch die Erbarmungen Gottes“ (12,1). Sobald wir uns darauf besinnen - und das können wir nicht oft genug tun -, daß Sein Erbarmen uns aus der Gebundenheit und Verderbtheit der Sünde zur Freiheit der Gotteskindschaft gebracht hat, werden wir für all Seine Ermahnungen dankbar sein.
So, wie die Erbarmungen Gottes, die unsere Vergangenheit geordnet haben, uns Beweggrund zum Gehorsam sein sollen, so werden Seine Erbarmungen, die sich immer wieder neu an uns erweisen, für uns auch die Triebkraft zum Befolgen Seines Willens sein.
Gehen wir bereitwillig auf die Gedanken Gottes ein, dann werden wir Seine „Güte“ schmecken; sind aber in uns Widerstände, um gehorsam zu sein, muß Gott „Strenge“ walten lassen (11,22); aber immer werden Seine Erziehungswege mit uns Erbarmungen bleiben, so, wie es auch Seine Retterwege waren.
Wahre Bereitwilligkeit und aufrichtigen Ernst, auf Seine Ermahnungen gehorsam einzugehen, können wir beweisen, indem wir unsere Leiber darstellen „als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“ (12,1). Das heißt nicht nur - obwohl das Grundbedingung ist -, keine Vorsorge für das Fleisch zur Erfüllung seiner Lüste zu treffen (13,14b), sondern in völliger Hingebung und ununterbrochener Bereitschaft Gott zur Verfügung zu stehen, ohne dabei sich selbst zu schonen.
Keineswegs ist es aber so, als könnten wir nun frommen Gefühlen folgen oder uns gar von religiösen Schwärmereien leiten lassen; wahres Christentum zeigt sich vielmehr darin, daß wir nüchterne Sinne haben und mit Hilfe des Verstandes, den Gott uns gegeben hat, prüfen, „was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (2b). Freilich müssen wir „durch die Erneuerung unseres Sinnes“ (2a) in einen der Heiligkeit Gottes gemäßen Zustand verwandelt werden und dabei unseren Verstand, wo und wie er sich irgend über oder gegen die Gedanken Gottes zu stellen wagt, „gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus“ (2Kor 10,5). Junge Menschen, die so ihr Leben unter die Kontrolle des Wortes Gottes stellen, reifen frühe zu gefestigten Charakteren heran und können einmal Felsen und Säulen in der Gemeinde der Gläubigen werden.
Ist aber unsere innerste Herzensstellung eine geordnete und Gott wohlgefällige geworden, dann werden wir uns auch gegenseitig als Glieder voneinander nach dem Maße unseres Glaubens dienen. (3-8)
Voraussetzung zum gesegneten Dienst ist die, daß wir nicht höher von uns denken, als sich gebührt, daß wir aber auch entsprechend dem Maße des Glaubens, das Gott uns zugeteilt hat, und gemäß der empfangenen Gnadengabe unsere Aufgabe erkennen und bereit sind, ihr gerecht zu werden. Halten wir einerseits zu viel von uns, so sind wir in Anmaßung gefallen und dadurch für die anderen Glieder zum Hindernis geworden; erkennen wir aber andererseits nicht unsere von Gott verliehene Gnade und die von Ihm empfangene Gabe, dann können wir nicht nach Seinem Willen dienen und enthalten damit der Gemeinde Gottes den Segen vor, den Gott durch uns ihr irgendwie schenken möchte. Beides wäre ein großes Unrecht gegen den Herrn, der uns zu Gliedern Seines Leibes gemacht hat, und gegen die Gläubigen, mit denen wir doch den gleichen Glaubenspfad wandeln.
Ebenso gehört es zu unserer Bestimmung als Glieder am Leibe Jesu Christi, daß wir 1. selbst am inneren Menschen wachsen, 2. uns von den anderen Gliedern willig dienen und ergänzen lassen und 3. ihnen wiederum in selbstloser und opferbereiter Weise dienen.
So dürfen und können wir alle unser bescheidenes, aber von Gott bestimmtes Teil zur Auferbauung des Leibes Jesu Christi beitragen. Er will uns dabei durch Seine Erbarmungen zu Hilfe kommen und durch Seine Ermahnungen zum rechten Dienst befähigen. Wollen wir uns ganz von Ihm gebrauchen lassen?
H. Metzger.
Erstellt: 24.05.2024 23:14