Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
1Kor 12,10 – „Das Prüfen der Geister“1Kor 12,10 – „Das Prüfen der Geister“
„Einem anderen aber ... wird gegeben durch den Geist ... Unterscheidungen der Geister.“ (1Kor 12,10)
Eine ernste Ermahnung des Apostels Johannes lautet: „Glaubet nicht jedem Geiste, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1Joh 4,1). Diese Ermahnung gewinnt um so mehr an Wichtigkeit, als der Sand der Zeit verrinnt und die Morgenröte der nahen Ankunft des Herrn fast schon sichtbar ist. In dieser letzten Zeit entwickeln diese Geister, die nicht aus Gott sind, eine staunenerregende, verführerische Tätigkeit, die besonders dadurch gekennzeichnet ist, daß ihre Wirkungen denen des Heiligen Geistes täuschend ähnlich sind. Deshalb werden sie auch in der Schrift „betrügerische Geister“ genannt (1Tim 4,1), weil sie die echten Wirkungen des Heiligen Geistes so täuschend nachahmen, daß diese für echt gehalten werden können. Ernste eifrige Seelen werden dadurch betrogen und in einer ihnen unmerkbaren Weise auf einen Abweg geleitet. Die Folge ist, daß solche dann im Dienste des Herrn unbrauchbar oder gar dem Schiffbruch zugeführt werden, wodurch alsdann der Name des Herrn verunehrt, Mitgläubige geschädigt und das Zeugnis in der Welt verdorben wird.
Das Wort sagt, daß viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen sind. Solche wollen die Gotteskinder unterrichten und erbauen. Dies ist gewiß nach 1Kor 14,1 ein begehrenswerter Dienst. In diesen falschen Propheten wirkt aber ein Geist, der nicht aus Gott ist. Sein Ziel ist, den schriftgemäßen wichtigen Dienst zunächst unwirksam zu machen und dann, wie Petrus schreibt, „verderbliche Sekten (Parteiungen) nebeneinzuführen“ usw (2Pet 2,1). Soviel wir wissen, gibt die Schrift uns keine Auskunft darüber, warum Gott in Seiner wunderbaren Weisheit solchen Geistern erlaubt, diese verführerische Arbeit zu tun. Wir dürfen aber annehmen, daß das alles zum Glaubenskampf gehört. Den „Jünglingen“ schreibt Johannes, daß sie Gottes Wort bleibend in sich und auch den Bösen überwunden haben (1Joh 2,14). Und weiter schreibt der Apostel, daß viele Antichristen geworden sind. Diese mochten einst als Lehrer oder Propheten in der Gemeinde gestanden haben, sie hatten sich aber von einem nicht aus Gott stammenden Geiste betrügen lassen und waren „Verführer“ geworden (1Joh 2,18.19.26). In seinem zweiten Brief schreibt Johannes, daß es viele gibt, „die nicht Jesum Christum im Fleische gekommen bekennen“ und die nicht in der Lehre des Christus bleiben. Solche soll man weder ins Haus aufnehmen noch grüßen, denn wer einen solchen grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken. (2Joh 7-11)
Der Apostel Paulus schreibt, daß der Geist ausdrücklich sagt, daß in den letzten Zeiten etliche von dem Glauben abfallen und auf betrügerische oder verführerische Geister und auf Lehren der Dämonen achten werden. Schon in dem Achten auf solche Lehren, daß man ihnen das Ohr lieh, lag schon der Anfang des Abfallens vom Glauben. (1Tim 4,1) Sogar in den apostolischen Tagen war die Gefahr bei jungen Gläubigen vorhanden, betrogen zu werden, denn Paulus schrieb der Gemeinde in Thessalonich, „nicht schnell in der Gesinnung erschüttert zu werden, weder durch Geist“ usw (2Thes 2,2). In Thessalonich offenbarte sich z. B. ein solcher verführerischer oder betrügerischer Geist darin, daß er durch einen Bruder lehrte, daß der Tag des Herrn schon da wäre.
Die Engel Gottes werden in der Schrift als „Geister“ bezeichnet. Von
ihnen wird uns gesagt, daß sie als dienstbare Geister ausgesandt sind
zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen (
Die verführerischen Geister aber leisten nicht solche Dienste wie die Engel Gottes, sie wollen - wenn möglich - Besitz von Gläubigen ergreifen und in ihnen wohnen, etwa wie der Heilige Geist, und leider, leider prüfen Gläubige diese Geister nicht, sondern tun ihnen sogar die Türe auf! Diese betrügerischen Geister vermögen die Seele eines Menschen mit großer Freude und Frieden und beseligenden Gefühlen zu berauschen, so daß ein solcher in dieser gehobenen Stimmung wunderbar betet, spricht, in anderen Zungen redet, ja mit besonderer Betonung in diesem Zustande Seelen auffordert, Buße zu tun, Sünden zu bekennen oder Gott anzubeten. Und doch ist es alles unecht, seelisch und nicht die nüchterne Wirkung des Heiligen Geistes. Da ist das Zeugnis solcher bestätigt, die es an sich selbst erlebt haben und durch Gottes Erbarmungen von diesem betrügerischen Geiste befreit wurden. Der Betrug dieser verführerischen Geister ist tatsächlich gewaltig. Und doch darf man sich darüber nicht wundern, denn er kommt von dem Vater der Lüge, der selbst die Gestalt eines Engels des Lichtes annimmt (2Kor 11,14). Besonders in Erweckungszeiten entwickelt der Feind diese verführerische Tätigkeit, um irgend eine Erweckung ins betrügerische falsche Fahrwasser zu lenken.
Der Apostel Paulus schrieb den Korinthern: „Ich fürchte aber, daß etwa, wie die Schlange Eva verführte durch ihre List, also auch euer Sinn verderbt und abgewandt werde von der Einfalt gegen den Christus. Denn wenn der, welcher kommt, einen anderen Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen anderen Geist empfanget, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, daß ihr nicht angenommen habt, so ertrüget ihr es gut.“ (2Kor 11,3.4) Daraus ersehen wir, wie geneigt die Gläubigen in Korinth waren, einen Geist nicht aus Gott zu empfangen und auf ihn zu hören. Das kam daher, daß sie, wie wir aus 1Kor 14 ersehen, wohl bestrebt waren, eine Gabe wie das Zungenreden zu erlangen, aber weniger danach eiferten, „zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung“ zu reden. Ein Eifern danach, in Sprachen zu reden, finden wir in der Schrift nicht, und wenn dieser Eifer unsere Seele erfüllt, dann sind wir in Gefahr, dem fremden Truggeist die Tür aufzumachen und dem falschen Schluß beizustimmen, daß „in Sprachen reden“ ein Zeichen von der Geistestaufe sei, und schon hat man sich von dem geraden Weg des Herrn entfernt.
Wie kann man nun die Geister prüfen? Gewiß nur an der Schrift. Zunächst bemerken wir, was die Schrift nicht sagt; sie sagt nicht, daß irgend ein Geist, der ein glückseliges Gefühl verleiht oder uns seelisch emporhebt, aus Gott sei; sie sagt nicht, daß ein Geist, der Menschen befähigt, Wunder zu tun, aus Gott sei, denn Satan kann auch Zeichen und Wunder der Lüge vollbringen (2Thes 2,9); Er, der die Macht hat, Hiob mit bösen Geschwüren zu schlagen, kann solche auch heilen; die Schrift sagt auch nicht, daß jeder Geist, der „in verschiedenen Sprachen redet“, aus Gott sei. Der Herr Selbst sagt uns, daß Menschen angeblich in Seinem Namen weissagen, Dämonen austreiben und viele Wunderwerke tun können, und doch hat Er solche niemals gekannt; sie waren Übeltäter (Mt 7,22.23), denn sie hatten diese imponierenden Taten in der Macht eines Truggeistes getan!
Wiederum fragen wir, wie kann man denn diese Geister prüfen? Die Schrift sagt: „Jeder Geist, der Jesum Christum im Fleische gekommen bekennt, ist aus Gott, und jeder Geist, der nicht Jesum Christum im Fleische gekommen bekennt, ist nicht aus Gott.“ (1Joh 4,2.3) Bedeutet das etwa, daß man einen verdächtigen Geist fragen soll, ob er bekennt, daß Jesus Christus im Fleische gekommen ist? Wir denken nicht, daß die Stelle das bedeutet, denn ein Truggeist kann alles sagen oder bekennen. Eher ist die Sache so, daß man genau nach dem Worte darauf achtet, ob die Lehre, die der Geist bringt, nach der Schrift sei. Wir können nicht die Geister sehen, aber wir sehen und hören sie in den Personen, durch die sie reden. Selbst Brüder mögen ihrem Truge zum Opfer fallen. Jesus Christus im Fleische gekommen, ist das Zentrum der Wahrheit; es ist „das große Geheimnis der Gottseligkeit, Gott geoffenbart im Fleisch“, oder das Wort, welches bei Gott und Gott war, Fleisch geworden ist und unter uns wohnte. Im zweiten Johannesbrief wird der Ausdruck „Jesus Christus im Fleische gekommen“ wieder gebraucht, und von solchen, die Ihn nicht so bekennen, schreibt der Apostel: „Dies ist der Verführer und der Antichrist.“ Und in Verbindung damit gebraucht Johannes das Wort: „Die Lehre des Christus.“
Ein Geist nicht aus Gott weicht von dem Mittelpunkt allmählich ab, aber so fein wird das gemacht, daß junge und unerfahrene Gläubige es nicht einmal bemerken. Darum soll das Prüfen der Geister, wenn möglich, gemeinschaftlich geschehen, und die Gemeinde soll ihre Errettung aus dieser Gefahr mit Furcht und Zittern bewirken. Wenn man Gelegenheit hat, ältere, bewährte Brüder zu Rate zu ziehen, so ist es gewiß gut. Ein richtiges Prüfen kann nur an dem Worte geschehen, niemals an unseren Empfindungen, auch nicht an den äußeren Zeichen.
Johannes schreibt den Jünglingen, weil „sie stark waren und das Wort Gottes in ihnen blieb, hatten sie den Bösen überwunden.“ (1Joh 2,14) In dem Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus sagte der HErr: „Du hast die geprüft, welche sich Apostel nennen und sind es nicht, und hast sie als Lügner erfunden.“ (Off 2,2) Viele Gläubige sind leider, man möchte sagen, unfähig zu prüfen; denn dazu muß man feste Speise, welche für Erwachsene ist, genossen haben, um „vermöge der Gewohnheit geübte Sinne zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen zu haben.“ (Heb 5,14) Als vor 100 Jahren in England ein Geist viele ernste Gläubige befähigte, zu weissagen und auch in Zungen zu reden, kamen bald schreckliche Irrtümer zum Vorschein, und die heutige sogenannte Katholisch-Apostolische Gemeinde ist das traurige Resultat, welches daraus hervorging!
Ein Geist nicht aus Gott redet viel vom Heiligen Geist und weniger von dem Herrn Jesus; man pflegt einen Kultus des Geistes, man räumt dem Geiste den höchsten Platz ein, der dem Herrn Jesus gehört. Der wahrhaftige Heilige Geist aus Gott nimmt niemals den dem Herrn gebührenden Platz ein, denn von dem Heiligen Geist sagte der Herr Selbst: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird Er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn Er wird nicht aus (oder von) Sich Selbst reden, sondern was irgend Er hören wird, wird Er reden, und das Kommende wird Er euch verkündigen. Er wird Mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird Er empfangen und euch verkündigen.“ (Joh 16,13.14) Also wird Er Jesum Christum im Fleische gekommen bekennen; Er Selbst bleibt im Hintergrund; Er will nicht den Thron des Herrn einnehmen.
Ein verführerischer Geist aber tut dieses gern. Er schiebt den Herrn beiseite, denn er will ja, daß Menschen ihm huldigen. Ist dieser Geist nicht der Geist dieser Welt? Wie groß ist sein Triumph, wenn er Gläubige so überlisten kann, daß sie ihm, den sie nicht in seiner wahren Gestalt erkannt haben, Huldigung darbringen! Auf seine
Weise hat er sich zuerst eingeschlichen; in dem herrlichen und frommen Gewand eines Engels des Lichtes ist er gekommen, und man hat ihm die Türe aufgemacht. Darum benötigen wir die ganze Waffenrüstung Gottes, damit wir zu bestehen vermögen wider die Listen des Teufels. (Eph 6,11) Der Teufel ist ein geistiger Betrüger, darum müssen wir das Schwert des Geistes, welches Gottes Wort ist, nehmen und anwenden.
Ein starker und moderner Betrug des Feindes ist es, Gläubige zu befähigen, in Zungen zu reden, und man glaubt, daß das ein Zeichen des Heiligen Geistes sein müsse. Gar manche schreien und ringen um die Gabe des Zungenredens, obwohl die Schrift nirgends Gläubige auffordert, so etwas zu tun, und fallen so nach großer Mühe in des Teufels Nachahmung. Die Erfahrung hat oft gelehrt, daß gewöhnlich zuerst irgend eine seelisch überspannte Schwester mit dem vermeinten Zungenreden begann; andere riefen alsdann: „Halleluja!“ Wir haben aber in der Schrift keinen einzigen Fall, wo eine Schwester in Zungen redete! In der Apostelgeschichte waren es immer Männer, denn dort handelte es sich um die echte Gabe6: Petrus mit den Elfen (Apg 2,14), Kornelius und die Männer mit ihm (Apg 10, Schluß und 11,15), und die zwölf Männer in Ephesus (Apg 19,7). Wohl „weissagten“ Weiber (Apg 21,9), doch nur mit bedecktem Haupt und nicht in der Gemeinde. Da redet vielleicht eine seelisch veranlagte und überreizte Schwester im Zustande der Entzückung in Zungen in der Gemeinde Gottes, und sofort heißt es, sie sei vom Heiligen Geiste dazu befähigt und habe nun die Geistestaufe erlangt und sei nun eine „kluge Jungfrau“ geworden! Das Schwert des Geistes aber sagt: „Weiber sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt, zu reden ... denn es ist schändlich (Aus dem Buch „Der Heilige Geist usw.“ von Alb. v. d. Kammer) für ein Weib, in der Versammlung zu reden ... es ist ein Gebot des Herrn .“ (1Kor 14,34-37) Soweit also ist es schon gekommen, daß der Heilige Geist eine Seele leiten soll, dem Worte des Geistes ungehorsam zu sein, und anwesende Brüder, die schon von dem Truggeist verführt sind, schreien dabei unaufhörlich: „Lobe den Herrn ! Halleluja!“ Das ist in Wahrheit die Sünde Sauls, durch welche er sein Königreich verlor und von dem Herrn verworfen worden ist. Samuel mußte ihm sagen: „Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder.“ (1Sam 15,22.23)
Einem Geiste, der zum Ungehorsam leitet, glaube nie und nimmermehr, der ist offenkundig nicht aus Gott! Wir widerstehen ihm mit unserem ganzen Herzen bis zum letzten Atemzug; wir verabscheuen ihn mit all seinen unechten Werken, und mit dem Worte Gottes reißen wir ihm das Gewand des Engels des Lichtes fort, daß er gesehen werden möge als „der Vater der Lüge“, „die alte Schlange“, „der Verkläger der Brüder“. „Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen ... und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden in die Zeitalter der Zeitalter.“ (Off 20,10)
F. Btch.
6 In jenen Tagen, als das „in-Sprachen-reden“ in der Gemeinde noch vorhanden war, trug diese Gabe so greifbar deutlich den Stempel des Heiligen Geistes, daß bezüglich ihrer Echtheit keinem Kinde Gottes auch nur ein Zweifel kommen konnte, während das vermeinte „Sprachenreden“ unserer Tage davon nichts aufweisen hat; ja, die Vertreter derselben sogar in vielen Fällen genötigt waren, selbst die Unechtheit der „Zungen“ zuzugeben.
Übrigens sagt die Schrift, daß das Zungenreden „aufhören“ wird, und zwar (wenn wir 1Kor 13,8ff. genau beachten) nicht erst dann, wenn „das Vollkommene gekommen sein wird.“ (Luth.-Übers. unrichtig! F. K).↩︎