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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
1Kor 11,16 - Ein trauriges Gutdünken!1Kor 11,16 - Ein trauriges Gutdünken!
Gibt es das auch in den heutigen örtlichen Gemeinden des Herrn, daß es „jemanden gut dünkt, streitsüchtig zu sein“? Schon traurig genug, daß es in der reichbegnadeten Gemeinde zu Korinth (1,5-7) wie in so manchen Punkten auch in dieser Hinsicht Mängel gab - da sollten wir Heutigen doch aus diesem Tadel des Paulus lernen, wie wir's nicht machen sollen! Aber es scheint leider so zu sein, daß einmal begangene Fehler sich immer wieder zeigen müssen, damit Salomos Wort, daß es „nichts Neues unter der Sonne“ gäbe, sich immer wieder erfülle (Pred 1,9)! Die Menschheit verändert sich nicht, und auch wir Gläubigen offenbaren nur zu leicht wieder und wieder unsere alte Natur, obwohl wir wissen, daß unser alter Mensch mit Christo gekreuzigt ist (Röm 6,6). Aber das Wissen allein tut's nicht - „der Glaube ist eine Verwirklichung“! (Heb 11,1)
Die Stelle, die diesem kleinen Aufsatz zugrunde liegt, ist in den verschiedenen Bibelübersetzungen so unterschiedlich wiedergegeben, daß die Anführung einiger Übertragungen schon Auslegung genug gibt - als wenn es derselben bedürfte! Man urteile selbst! Die Miniaturbibel sagt: „Will aber jemand rechthaberisch sein“; Menge: „Will jemand aber durchaus auf seiner abweichenden Ansicht bestehen“; Wiese: „Wenn aber jemand meint, er dürfe streitsüchtig sein“; Allioli: „Wenn aber jemand scheint, streiten zu müssen“; van Eß: „Sollte übrigens jemand Lust haben zu streiten“; und Luther sagt so: „... Lust zu zanken“! Da haben wir also zusammen eine kleine Auswahl von sieben Übersetzungen, und wir mögen uns fragen, ob eine auf uns selber Anwendung finden könnte. Sind wir vielleicht solche „Jemands“, die - und darauf kommt es dem ganzen Zusammenhang nach an! - bei einer klaren apostolischen Schriftlehre etwa streiten zu müssen meinen, zum Zanken Lust haben, ihre Rechthaberei glauben festhalten zu dürfen, durchaus auf ihrer abweichenden Ansicht bestehen wollen - wir armen Tröpfe! was bedeutet denn unsere „Ansicht“, wenn sie von der des Apostels oder des Herrn abweicht?! - oder denen es „ gutdünkt, streitsüchtig zu sein“?
Welch ein trauriges elendes „Gutdünken“! Wieviel Leid hat solch „Gutdünken“, solche Rechthaberei, solche Zanklust schon über örtliche Gemeinden des Herrn gebracht! Es ist zum Weinen! Und meistens haben solche streitsüchtigen „Quertreiber“ nicht die gleiche „Lust“ wie zum Streiten auch zum Sichbeugen, und so laufen sie lieber auf und davon, lassen die Gemeinde im Stich, versäumen das (biblische) Zusammenkommen der Gemeinde (Heb 10,25), bleiben lange fort, treiben sich hier und da herum, wo sie meinen, eher „ihr Recht“ in der von ihnen zu einer „Streitsache“ gemachten Angelegenheit zu bekommen, und kehren oft erst zurück, wenn sie auch in anderen Kreisen oder Benennungen tüchtig Staub aufgewirbelt haben. Arme Leute! Und wenn sie nur dann sich endlich beugen würden! Aber meist weit gefehlt! Jetzt meinen sie auf dem Boden ihrer erstmaligen Streiterei neue Lorbeeren einheimsen zu können; nach kurzer Zeit, in der man hofft, sie hätten sich geändert, geht die alte Geschichte wieder an. Aber inzwischen hat die betreffende örtliche Gemeinde vielleicht auch gelernt, und man handelt mit solchen nach Tit 3,10 (vgl. 1,10)!, oder man macht sie aufmerksam - mit Ruhe und Sachlichkeit! - auf die zweite Hälfte unseres Verses 1Kor 11,16 in Verbindung mit 14,33! Zum Streiten gehören im Grunde ja stets wenigstens zwei! Wenn nun die kluggewordene Gemeinde (falls sie beim erstenmal sich törichterweise auf Streiten einließ)! merkt, was jener will, dann bricht sie den Streit im Keime ab, ohne dem Betreffenden Gelegenheit zur Fortsetzung seines bösen „Gutdünkens“ zu geben. In den Sprüchen Kap. 17 steht in V. 14 ein wichtiges Wort: „Der Anfang eines Zankes ist, wie wenn einer Wasser entfesselt; so laß den Streit, ehe er heftig wird!“- Ja, aber wie es machen? Mein teurer Bruder, meine liebe Schwester, eins der besten Mittel, es nie zu einem heftigen Streit kommen zu lassen, scheint mir das zu sein, daß der Klügere stets darauf aus ist, das vorletzte (nicht das letzte)! Wort zu behalten! Erprobe es einmal, du wirst dich wundern, wie schwer es dann zu einem heftigen Streite kommt! „Laß den Streit, ehe er heftig wird.“ Lies auch 2Tim 2,24!
Oder möchtest du doch lieber zu den Leuten mit dem „traurigen Gutdünken“ von 1Kor 11,16 gehören? Hast du vielleicht auch diese m. E. reichlich absonderliche „Gabe“, deren sich ein auch mir bekannter Bruder rühmt, wie kürzlich von zwei Seiten erzählt wurde: „die Gabe der Kritik“? Von wem er diese wohl hat? Von dem Herrn sicher nicht, denn von solcher „Gabe“ steht nirgends etwas in der Schrift! Wenn er diese „Gabe“ nur nicht vom Feinde hat, der bekanntlich schon im Paradiese Gott zu kritisieren anfing (1. Mose 3) und diese schlimme Fähigkeit den ersten Menschen beibrachte!? Gewiß ist es gut, „kritisch prüfend eingestellt“ zu sein nach Eph 5,3-21 (10)! gegenüber den Verführungen der Welt, um nicht von ihr und dem Feinde übervorteilt zu werden, und noch mehr ist Selbstkritik eine gute und gesegnete Sache; aber in bezug auf Dinge der Welt und sich selbst gegenüber spricht ein solcher wenig von seiner „Gabe“, um so mehr leider, leider bezüglich der Angelegenheiten, Personen, Kreise, Verhältnisse, die Gottes Volk betreffen, also die Gott zugehören. Da wird alles und jeder kritisiert, und wenn an jemandem schon einmal etwas Gutes anzuerkennen ist, so muß doch gar schnell hinterher das „Aber“ der Kritik folgen, jenes „Aber“, das durch die schlimme „Gabe“ gebildet wird. Armer Bruder, als ein „unruhiges Gemüt“ schon seit vielen Jahren in jener Gegend bekannt, kann er nicht gut Frieden halten, ist nicht glücklich und macht nicht glücklich und hat dabei unleugbar gute Gaben von oben (Jak 1,17), und wenn er diese betätigt, so freut sich jeder, und man kann sich kaum denken, daß da noch eine andere „Gabe“ so unheilvoll störend, zerreißend, niederreißend in Wirkung gesetzt werden kann - und doch ist es so: das Gift jener Gabe von unten muß sich zuzeiten auch noch entladen, und all das Gute und Schöne der anderen Gaben wird durch jenes verdorben! Der Herr erbarme sich dieses lieben Bruders!
Ist aber nur jener sonst so treue Mann ein solcher? Findet sich die böse „Gabe der Kritik“ nicht auch anderswo noch manchmal? Leider! Ja, wir alle müssen wachsam sein, daß der Feind uns nicht unversehens betrüge und für seine Zwecke (2Kor 2,11) mißbrauche; ja uns, nämlich unsere Zunge! (Jak 3! 1Pet 3,8-12; Spr 21,23 u. v. and. Stellen)! Aber davon will ich nicht mehr reden; das „Gebiet“ ist ja auch so sehr bekannt! Wenn wir ja uns schon einmal mit dem Zukurzkommen anderer mündlich beschäftigen müssen, dann bitte nie im Geiste der Kritik, d. h. eines schonungslosen, rechthaberischen Richtgeistes, bei dem ja auch nicht immer die volle Wahrheit gesagt wird (während wir selber tadellos sind in unseren Augen)!, sondern in der Gesinnung Christi Jesu nach Phil 2 und Gal 6,1-5 u. a.! Kostbarer aber ist stets das Sichbeschäftigen mit den Dingen Phil 4,8.9!
Genug von dem allen und zurück zu unserer Ausgangsstelle! Dünkt es uns jetzt noch gut, streitsüchtig, zanksüchtig zu sein, Geliebte? Haben wir nicht vielmehr einen rechten Abscheu schon gehabt oder wenigstens jetzt bekommen vor diesem „traurigen Gutdünken“? Der Herr schenke es uns allen, auch denen, die jene „Gewohnheit“ (mit Paulus) sowieso nicht haben, mehr und mehr, und Er mache es uns allen überaus lieblich und erstrebenswert, was Kol 3,12-17 steht! (Bitte es betend lesen)! Ja, möge es bei uns so sein durch Gottes Gnade, was V. 15 sagt: „Und der Friede des Christus entscheide (so wörtlich)! in euren Herzen!“ Amen.
F. K.