Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 21 - Jahrgang 1936
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In dem Wochenblatt „Heilig dem Herrn“ schreibt Pastor Modersohn in einer Betrachtung über Joh 3,29.30 folgendes:
Johannes der Täufer vergleicht sich mit einem Brautwerber, mit dem Freunde des Bräutigams, der ihm die Braut geworben hat. Nun denkt er doch nicht daran, die Augen der Braut auf sich selber zu lenken, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sondern er freut sich hoch, daß der Bräutigam nun die Braut hat. Und diese Freude des Brautwerbers, so spricht er, ist nun erfüllt, wenn er sieht, daß die Menschen sich Jesu zuwenden.
So haben Seine Jünger nicht gedacht. Sie mißgönnten es dem Herrn Jesus, daß Ihm die Leute zuströmten. Da gibt ihnen der Täufer mit diesen Worten eine wichtige Lehre.
O ihr alle, die ihr Dienst an Seelen tut, nehmt diese Mahnung des Täufers zu Herzen! Wehe dem Brautwerber, der die Augen der Braut auf sich selber lenkt! Und doch, wie oft hat man den Eindruck bei Verkündigern des Wortes Gottes, ganz gleich, ob sie in Kirchen oder Versammlungssälen das Wort verkündigen, ob sie im Hauptberuf das Wort predigen oder neben ihrem irdischen Berufe, - daß sie sich vordrängen, daß sie den Leuten zeigen wollen: Was bin ich doch für ein Mann! Man sucht zu imponieren mit wer weiß wie vielen Zitaten aus den verschiedensten Büchern, aus Philosophie und Dichtung. Man redet von Goethes „Faust“ und Nietzsches „Zarathustra“, von dem Dänen Sören Kierkegaard und dem Norweger Ibsen - und die Leute denken: Was hat der Mann alles gelesen! Ist das die Aufgabe der Predigt, daß die Leute uns sehen und uns hören und uns bewundern? Nie und nimmer! Sondern sie sollen Jesum sehen und Jesum hören.
Kann man sich vorstellen, daß der Knecht Abrahams, der für Isaak um Rebekka geworben hatte, auf dem Heimwege ihr immerfort erzählt habe, was er für ein tüchtiger Mann sei? Daß Abraham keinem anderen diesen Auftrag gegeben habe als gerade ihm? Weil er ihm als der zuverlässigste von all seinen Leuten erschienen sei? Nein, so hat er bestimmt nicht geredet. „O Rebekka, du bekommst einen guten Mann! Und er ist der alleinige Erbe des ganzen Besitzes. Das alles wird einmal dein sein!“ So hat er versucht, ihr Herz für seines Herrn Sohn zu gewinnen.
Das ist auch unsere Aufgabe. Wie, unsere Aufgabe? Ja, unsere Aufgabe! Denn das ist keineswegs nur die Aufgabe der Pfarrer und Prediger und Stadtmissionare, sondern das ist die Aufgabe aller Kinder Gottes. All Seine Jünger und Jüngerinnen sind berufen, Brautwerber Jesu zu sein, Ihm Seelen zuzuführen.
Und - es gibt keine größere Freude als die, wenn man eine Brautseele dem Bräutigam der Seelen hat zuführen können. Johannes sagt, er freue sich hoch über des Bräutigams Stimme, über das Wort, das der Bräutigam jetzt mit seiner Braut spreche. Das habe er gewollt. Nun sei es erreicht. Diese seine Freude sei nun erfüllt.
Hast du diese Freude auch schon erlebt? Hast du überhaupt schon danach getrachtet? Viele haben noch gar nicht danach getrachtet. Sie haben das gar nicht für ihre Aufgabe angesehen. Dann möchte ich dir heute diese Aufgabe groß und wichtig machen. Es ist so schade, daß in kirchlichen Kreisen fast die ganze Verantwortung auf den Pfarrer gewälzt wird. Darum macht man es auch vielfach in Gemeinschaftskreisen so, daß man die Verantwortung auf den Prediger oder die angestellte Schwester abschiebt.
Nein, du darfst Seelen werben! Du darfst die Freude erleben, Menschenseelen zu Jesu zu führen. „O Gott, wie muß das Glück erfreun, der Retter einer Seele sein“, so sagt der Dichter mit Recht.
Also laßt uns aufwachen für die Aufgabe, Seelen nicht an uns zu ziehen, sie für uns zu gewinnen, sondern für unseren hochgelobten Herrn, den himmlischen Bräutigam!
Brot ohne Mehl lautet die Überschrift eines Artikels von Robert Westendorf in „Auf der Warte“, aus dem wir folgenden Auszug bringen:
Ein Wort von Spurgeon dürfte den Predigern unserer heutigen Zeit ganz besonders ins Herz gebrannt werden, weil es eine Wahrheit ausspricht, die wie nur je auch heute von grundlegender Bedeutung ist. Das Wort heißt: „Eine Predigt ohne Jesus ist eine wertlose Predigt. Sie ist wie Brot ohne Mehl. Das wesentliche Element fehlt.“
Aus der Zeit der Hungerblockade des großen Krieges erinnern wir uns wohl noch, was es zu bedeuten hat: Brot ohne Mehl. Wir wissen, was es für ein wertloses Brot ist, das keinen Nährwert hat, in dem das wesentliche Element, eben das Mehl, fehlt oder nur dürftig enthalten ist. Das Brot sättigt nicht oder doch nur ganz vorübergehend ein wenig, es nährt nicht, und die Folge ist Unterernährung. Und es entsteht dann wohl mit einemmal ein Heißhunger nach wirklichem Brot, in dem Mehl das wesentliche Element ist und das darum sättigt und nährt und Kraft gibt. So ist es mit der Predigt. Ist diese ohne Jesus, ist Jesus nicht ihr wesentliches Element, dann ist sie wertlos, ohne Nährwert, kraftlos.
Es war im großen Kriege der Feind, der uns durch die Hungerblockade und ihre Folgeerscheinungen aushungern und klein kriegen wollte. Wir haben einen ganz anderen, noch viel größeren Feind, den Feind Gottes und Jesu Christi, der uns am liebsten aushungert und uns dann mit der Speise, die er zu geben hat, satt machen will. Es ist der Teufel, der ein Interesse daran hat, daß den Menschen Brot ohne Mehl, Predigten ohne das wesentliche Element, ohne die eigentliche Kraft, ohne Jesus, dargeboten werden. Und jede solche Predigt ohne Jesus ist nur dazu da, die Menschen innerlich, seelisch mehr und mehr auszuhungern. Mögen die Predigten noch so geistvoll, noch so „gewaltig“, noch so gut ausgedacht und disponiert sein, sie sind dennoch nichts anderes als wertloses Brot ohne Mehl, wenn ihr Zentrum, ihre Mitte, ihre Kraft, ihr Gehalt nicht Jesus und Jesus allein ist.
Predigten können Rekordleistungen menschlichen Geistes, ja, Rekorde des Teufels sein. Und was hat doch alles in einer Predigt Raum, und was kann alles zu ihrer Verzierung dienen, wenn Jesus den Platz räumen muß! Ohne Jesus ist wirklich für alles Raum in einer Predigt, während freilich dann, wenn Jesus Mitte und eigentliches Element der Predigt ist, nicht mehr viel Raum für vieles andere übrigbleibt. Der Apostel Paulus, der selbst wußte, daß er in Jesus das Lebensbrot gefunden hatte, und der darauf bedacht war, auch den anderen dieses Brot des Lebens weiterzugeben, der auch wußte, was menschlicher Geist und seine Höchstleistungen sind - und zur fundamentalen Erkenntnis gelangte, daß das alles „Dreck“ sei! -, sagt den „weisen“ Korinthern: „Ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, als allein Jesum Christum, den Gekreuzigten.“(1Kor 2,2) Mögen die einen wer weiß was für „Zeichen“ fordern und die anderen nach immer neuer „Weisheit“ lüstern sein, Paulus sagt: „Wir aber predigen den gekreuzigten Christus.“ (1Kor 1,23) Wesentliches Element der Predigt ist und bleibt Jesus allein, wie wesentliches Element des Brotes das Mehl ist! „Es sei aber ferne von mir, mich zu rühmen, denn allein von dem Kreuz unseres Herrn Jesu Christi, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“ (Gal 6,14)
Solche Predigten sind dem Teufel ein Greuel, die nichts anderes wissen, rühmen und predigen als allein Jesus! Aber sie sind Botschafter an Christi Statt.
Nachstehende Worte, die der Beherzigung aller Kinder Gottes wert sind, bringt die Beilage zur „Guten Botschaft des Friedens“.
Unsere Zusammenkünfte zum Gebet.
In vielen Versammlungen erfreuen sich die „Gebetsstunden“ nicht gerade eines regen Besuches, während man an einigen Orten, Gott sei Dank, diese Klage nicht anzustimmen braucht. Ich glaube, daß die Ursache eines offenbaren Mangels im Besuch der Gebetsversammlungen nicht nur bei den fehlenden Geschwistern, sondern oft genau soviel an einer verkehrten Gestaltung der gemeinsamen Gebetsstunden liegt. Wie oft ist schon in Wort und Schrift darauf hingewiesen worden, daß man in der Versammlung nicht zu lange Gebete sprechen soll! Aber bei den meisten der betenden Brüder scheint solche Ermahnung bisher wenig gefruchtet zu haben, vielleicht deshalb nicht, weil sie dabei an andere statt einmal jeder an sich selbst gedacht haben. Ich wünschte aber, daß einmal jeder Bruder, der öffentlich betet - ohne Ausnahme - sich fragen möchte: „Bin etwa ich gemeint?“ Bevor einer den Mund auftut zum Gebet, soll er sich vor dem Herrn darüber klar sein, daß es ernst und verantwortungsvoll ist, zu dem großen Gott zu reden. „Darum seien deine Worte wenige!“ Und wenn du wirklich dich vom Geiste gedrängt fühlst, in der Versammlung ein Anliegen vor Gott zu bringen, so laß es zunächst bei dem einen, ganz bestimmten Anliegen bewenden. Sprich so laut, daß jeder Anwesende, auch die Schwester in der hintersten Bank, mitbeten kann. Du magst dein Herz vor Gott in den Staub beugen, was dich aber nicht zu hindern braucht, den Kopf hochzuheben und mit lauter und vernehmlicher Stimme dein Gebet zu sprechen. Wie sollen andere Amen sagen, wenn sie deine Worte nicht einmal verstanden haben? Wenn du also das, was der Geist Gottes dir besonders aufs Herz gelegt hat, kurz und verständlich vor Gott und Menschen ausgesprochen hast, dann suche nicht mehr nach Worten, nicht mehr nach anderen Gedanken, sondern habe den Mut, ganz unvermittelt vielleicht, dein Gebet kurz durch dein eigenes lautes Amen zu beenden. Dann wirst du fast immer erleben, daß auch die anderen laut und herzlich Amen sagen. Und das wird dir Freimütigkeit schenken, ein anderes Mal - vielleicht noch in der gleichen Gebetsstunde - ein anderes Anliegen in gleicher Kürze vor den Herrn zu bringen. Und noch eines, und zwar etwas sehr Wichtiges, wird vielleicht durch ein solch kurzes, sich auf einen bestimmten Gegenstand beschränkendes Gebet erreicht werden: daß nämlich Brüder, die sich bisher nicht öffentlich beteiligten, auch zu solch kurzen Gebeten Mut bekommen. Und nachher weiß dann noch jeder: Dieser Bruder hat für die Obrigkeit gebetet, jener nur der Kranken gedacht, ein dritter Gottes Hilfe und Weisheit zur Erziehung unserer Kinder herabgefleht, ein vierter die so wichtige Sonntagsschularbeit zum Gegenstand seines Gebetes gemacht, ein fünfter des Werkes des Herrn im Auslande, ein sechster des Werkes im Inlande, ein siebenter der Arbeit in den Waisenhäusern und Kinderheimen gedacht.
Oder es sind - vielleicht aus einer anderen Gebetsstunde - andere Eindrücke zurückgeblieben: Ein Bruder hat besonders um die Erhaltung des Friedens für unser Volk gebetet, ein anderer für die Erhaltung und Vermehrung des brüderlichen Einvernehmens in der örtlichen Versammlung, wieder einer für die Ausbreitung und freimütige Verkündigung des Evangeliums; ein anderes Gebet galt der Bewahrung unserer Jugend vor antichristlichen Einflüssen, ein weiteres wird ausschließlich den immer noch einzeln vorhandenen Arbeitslosen und den Bedürftigen überhaupt gewidmet. Ein Bruder ist warm und eindringlich für die Witwen und Waisen eingetreten, ein anderer wieder fürs große Werk der Schriften- und Kalenderverbreitung. Und dann hat, vielleicht dadurch veranlaßt, ein Bruder der Schreiber der Schriften gedacht und Gottes Beistand für ihre Arbeit und Seine Bewahrung für ihre Person selbst erfleht.
Soll ich noch schildern, wie der Inhalt der einzelnen Gebete einer dritten, einer vierten Gebetsstunde sein könnte? Wenn ich noch erinnern wollte an das Vorbringen praktischer Schwierigkeiten in der eigenen oder in der Nachbarversammlung, an das Anrufen des Herrn um Erweckung der so nötigen Gaben, an die Ausübung des Ältesten- und Hirtendienstes, an den Dienst der Schwestern, an die Gemeinschaft aller Gläubigen, an die Besuche der Alten und Schwachen, an die Beziehungen zwischen jung und alt - wo wäre schließlich ein Aufhören möglich? Solange wir auf Erden sind, hat der geistlich gesinnte Christ eine schier unerschöpfliche Fülle von Anliegen, von Sorgen, von Flehen vor Gott zu bringen. Schon allein in dieser Hinsicht braucht's in den Gebetsversammlungen an Stoff wahrlich nicht zu mangeln. Und wie wohltuend und herzerfrischend wirkt zwischen hindurch mal eine Danksagung aus übervollem Herzen für Gottes Gnadenbeweisung! Und wenn wir erst anfangen zu danken, ist da ein Aufhören eher möglich als beim Flehen? Und schließlich laßt mich noch hinweisen auf die mancherlei Anlässe, die wir in unseren Tagen und in unseren Reihen sowohl wie auch in der gesamten Christenheit finden, uns vor dem heiligen Gott in ernster und gemeinsamer Buße zu beugen!
Weit, weit bin ich davon entfernt, Gesetze aufzustellen oder gar ein Schema zu verkünden - nur Anregungen möchte ich geben und, die es besonders angeht, herzlich bitten: Betet in den Gebetsversammlungen kürzer, betet um bestimmte Dinge oder Personen, damit es auch mehr Frische und mehr Beteiligung zum Gebet und zum Sprechen des gemeinsamen Amens gibt. Die Brüder, welche in einem Gebet alles bringen wollen, wirken ermüdend auf die Versammlung ein, und ich glaube nicht, daß Gott deshalb mehr auf sie hört, weil sie solange beten und so vieles auf dem Herzen haben. Wenn die anderen Geschwister nicht mehr recht folgen können, geht ja auch der Charakter des gemeinsamen Gebetes in gewissem Maße verloren. Und gerade das gemeinsame Gebet hat besondere Verheißungen! Deshalb sei zum Schluß auch noch empfohlen, daß besondere Umstände möglichst vorher zur Kenntnis aller Geschwister gebracht werden; und dann erst knie man nieder und bete! Der Herr sagt in Mt 18: „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgend eine Sache, um welche sie auch bitten mögen, so wird sie ihnen werden von Meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“