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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
1Kön 18,19 – Spitzenleistungen1Kön 18,19 – Spitzenleistungen
Wir leben im Zeitalter der Spitzenleistungen. Alles ist auf Höchstleistung eingestellt. Im Reiche Gottes war das schon immer so. Es will den ganzen Mann, den Einsatz der ganzen, ungeteilten Kraft. Es läßt sich auf keine Vergleiche und Zugeständnisse ein. Diese Tatsache ändert nichts an unserer Unzulänglichkeit. Aber es gibt auch ganze Siege, wahre und volle Freuden, und es gibt einen unveräußerlichen und unantastbaren Besitz. (Lk 9,62; vgl. 1Kor 9,24-27; 2Tim 4,7.8; Off 2,10b).
Gehen wir auf den Karmel! Hier haben wir das klassische Beispiel einer Spitzenleistung. Der Karmel sieht und bietet an diesem Tage ein Schauspiel, so überwältigend, daß es einzig dasteht.
Spitzenleistungen!
1. Der Höhepunkt oder die Spitze des Abfalls und des Baalsdienstes in Israel ist erreicht. Ahab, der siebente in der Linie des Abfalls seit Jerobeam, ist die Vollendung und das Beispiel der Sünde (1Kön 16,30). Sünde in einer furchtbaren Anstauung: „Sünden Jerobeams“, d. h. Religionsvermengung, Heirat der Isebel, Anbetung Baals, Bau eines Tempels für ihn, Errichtung von Ascherabildern, Wiederaufbau Jerichos. (1Kön 16,31-34; vgl. Jos 6,26). Das Äußerste wird geleistet auch in der öffentlichen Bekämpfung des Reiches Gottes: Während die Götzenpropheten am Königstisch sitzen (1Kön 18,19), sehen wir die Propheten Gottes in Höhlen versteckt! (1Kön 18,4).
2. Ist aber die Sünde ausgereift und hat sie ihren Höhepunkt erreicht, so muß auch der Kampf bis aufs Messer geführt werden. Und so sehen wir hier auch schon den Platz für die Entscheidungsschlacht entsprechend gewählt; er ist geographisch und geschichtlich eine Spitze. Von der Spitze des Karmel aus sieht man: a) links das Meer, b) vorn in der Ferne den Hermon, beide Kraftquellen des Landes (Ps 133,3), durch deren Verschließen
3. die Not im Lande aufs höchste gesteigert wird (1Kön 18,3-6); c) rechts - die Ebene Jisreel, in der sich größte Ereignisse in der Geschichte Israels abgespielt haben (Barak und Debora [Ri 4]; Gideon [Ri 7]; Sauls tragisches Ende [1Sam 29]) und d) im Rücken das Land und Volk, das hier vor der Entscheidung steht.
4. Der ganze Feind wird in seinen Spitzen herausgefordert: a) Der König Ahab, der, wie anzunehmen ist, in seiner königlichen Equipage und mit seinem Gefolge erscheint, und b) vierhundertfünfzig Propheten Baals und vierhundert Propheten der Aschera. (1Kön 18,19).
5. Angabe des ganzen Zieles: Entweder Gott oder Baal! (Vers 21).
6. Auch in der Wahl des Kampfmittels ist die Spitze erreicht: Das schwerste Zeichen wird gewählt, Feuer vom Himmel, das von jeher ein Offenbarungsmittel Gottes war. (3Mo 9,24; Ri 6,21; 2Chr 7,1; nur einmal, in der Vollentfaltung der Macht der Bosheit, wird es dieser gestattet, siehe Off 13,13).
7. Ebenso wird in der Kampftaktik das Äußerste gewagt: Dem zahlenmäßig hundertfach überlegenen Feind wird der Vortritt angeboten (Vers 25) und ihm eine unbeschränkte Frist gegeben. (Vers 28.29).
8. Die Spannung wird auf den Siedepunkt getrieben durch den Spott des Elias und die Steigerung in demselben. (Vers 27).
9. Entsprechend steigert sich aber auch das Offenbarwerden der Ohnmacht des Feindes („sie riefen“ - „sie hüpften“ - „sie ritzten sich“ - und schließlich „weissagten“ sie in dämonischer Raserei). (Vers 26-28; vgl. 1Sam 18,10).
10. Im Augenblick höchster Spannung werden die Blicke aller, die gebannt sind von dem Schauspiel, auf den einzelnen Mann gelenkt, der jetzt festen Schrittes, mit erhobenem Haupt und kühnem, flammenden Blick, der für die Baalspriester nichts als Verachtung und Hohn hat, auf den Plan tritt.
In allen Handlungen des Propheten liegt aber immer noch Steigerung:
11. Es wird ein Graben um den wiederhergestellten Altar (Vers 30) gezogen, und dann kommen auf das trockene Holz vier Eimer Wasser, und noch vier Eimer Wasser, und noch vier Eimer Wasser. Es füllt sich damit der Graben. Das Holz trieft von Wasser. Gehst du nicht zu weit, Elias? Heißt das nicht fast, Gottes Wirken Schwierigkeiten in den Weg legen?
Die Spannung hat ihren Höhepunkt erreicht. Die Augen der bewegungslosen, gebannten Menge hängen an dem Mann, der jetzt hochaufgereckt vor den Altar tritt. Lautlose Stille! - Die Blicke verschlingen ihn förmlich in allen seinen Bewegungen.
Und nun folgen die Augen aller widerstandslos, fast mit Gier, seiner letzten Bewegung - dem gen Himmel erhobenen Blick und den ebenfalls dorthin ausgestreckten Armen. Die ganze Gestalt ist ein gen Himmel erhobener Zeigefinger! - Aller Augen hängen am Himmel. - Und der - antwortet!!! - Das Prasseln des Feuers und das Zischen des kochenden Wassers mischen sich mit dem donnernden Ruf: „Der Herr ist Gott!!! - Der Herr ist Gott!!!“ - Es ist fürwahr der geeignete Augenblick,
12. den Sieg auf die Spitze zu treiben. Elias begnügt sich nicht mit der auflodernden Begeisterung (die kann ebenso schnell wieder verrauschen). „Greift die Propheten des Baal, keiner von ihnen entrinne!!!“ - Mit dem Blut der falschen Priester, der Volksverführer und Bringer grenzenlosen Elends wird die Schande Israels abgewaschen, und in der Ferne hören wir gleichsam schon das Grollen des Donners des heraufziehenden wolkenbruchartigen Regens. - Der Himmel antwortet!!! -
Und wieder stehen wir auf der Spitze des Karmel. - Vor uns, da, wo eben noch die hochaufgerichtete Reckengestalt den gefährlichsten Feind herausgefordert hat, liegt zusammengekauert auf seinem Angesicht ein armseliger Mensch. - Er schreit zu Gott! -
So löst sich das Geheimnis seiner übermenschlichen Kraft und seines Sieges! - Der Dichter des Freiheitskrieges, Ernst Moritz
Arndt, faßt diese Lösung in den kurzen, wie Stahl klingenden Satz: „Vor Menschen - ein Adler, vor Gott - ein Wurm!!!“ „Elias war ein Mensch wie wir!“ (Jak 5,17). Sind wir auch Menschen wie ein Elias -?!
Hans Legiehn
Erstellt: 25.05.2024 15:42, bearbeitet: 29.10.2024 17:32