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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Eph 3,14-21 - Göttliche Ausrüstung!Eph 3,14-21 - Göttliche Ausrüstung!
Wer wollte heute noch leugnen, daß in der Geschichte des Volkes Gottes, der Gemeinde, sich Morgenrot zeigt! Die Zeit des Schlafens oder der selbstsüchtigen Genußsucht, die nur an eigene Erbauung denkt, ist für viele vorbei! Was nun auch kommen, wie der Herr Sein Volk auch führen mag, das wird jedenfalls allen von Tag zu Tag klarer, daß wir über alles hinweg unbedingt zusammengehören, die wir Glieder Seines Leibes und Kinder der Familie unseres großen Gottes und Vaters sind. Wie aber können wir dieser göttlichen Notwendigkeit am besten, am richtigsten, so, wie unser Vater im Himmel es haben will, entsprechen? Da scheint mir obiges Schriftwort einen wichtigen Fingerzeig zu geben!
Wir wissen, daß der Apostel Paulus im Epheserbrief vor allem von der Herrlichkeit der Gemeinde spricht. Ehe er aber im 4. Kapitel von der Verantwortung spricht, die sich daraus ergibt, fügt er obiges Gebet ein. Warum? - Der Apostel kennt den Menschen, kennt die Gemeinden und weiß aus Erfahrung, welch ungeheurer Widerstand nicht nur im Machtbereich Satans, in dessen Mitte die Gemeinde heranwächst, sondern auch in unseren eigenen Herzen gegen eine wahre Gemeinschaft des Geistes vorhanden ist. Da weiß er keine bessere und wirksamere Abhilfe als eine göttliche Ausrüstung zur Erfüllung unserer Verantwortung, die er in heißem Bittgebet auf die Gläubigen herabfleht.
Weil es sich nun hierbei weniger um den einzelnen Gläubigen als vielmehr um die ganze Familie Gottes handelt, die allen Geschlechtern in den Himmeln und auf Erden zur Quelle des Segens sein soll und erst recht sein wird, wendet sich der Apostel an den
Vater aller Völkerfamilien; hat Er doch als solcher das höchste und brennendste Interesse daran, daß die Familie der Erstgeborenen je länger, je mehr heranwächst zur vollendeten Segensträgerin! Dazu aber gehört die ganze Fülle Gottes. (V. 19)
Der Inhalt des Gebetes zeigt uns nun, wie der Vater im Himmel dieses hohe Ziel zu erreichen bemüht ist. Wenn der Apostel in seinem Gebet an den Reichtum der Herrlichkeit Gottes appelliert und nur so eine ausreichende Ausrüstung erwartet, so beweist uns das, welche Energie Gott der Vater anwenden muß, um aus Seinen Kindern etwas zu machen, oder wie schwer erziehbar wir in unserer Erbärmlichkeit und Herzenshärtigkeit sind. Es handelt sich hier eben nicht nur um eine äußerliche Ertüchtigung etwa zu furchtloser und beredter Zeugenschaft, sondern um eine Charakter- und Herzensbildung, die unserer natürlichen Art direkt entgegengesetzt ist. Da genügte nicht einmal die Erziehung und das kostbare Beispiel des mit Seinen Jüngern wandelnden Christus. Dazu mußte unser Meister sich zur Rechten des Thrones der Erhabenheit in den Himmeln setzen (Heb 8,1), um von dort aus durch Seinen Heiligen Geist diese fortdauernde Umwandlungsarbeit an den Seinen tun zu können. Und Er ist am Werk! Das dürfen wir mit unseren Augen sehen!
Uns werden nun drei Erziehungswege genannt, die in der Schule unseres Gottes nicht etwa zeitlich aufeinander folgen, sondern wo der erste die Voraussetzung für den zweiten und der zweite für den dritten ist.
Zunächst beginnt natürlich die Erziehung der Kinder Gottes individuell, das heißt: im Leben des einzelnen. „Daß der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne“ ist das Gebet des Apostels! Da steht das Kind Gottes allein vor seinem Herrn und Meister, mit dem der Vater Sein Kind zu unbedingter Abhängigkeit verbunden hat, so wie es der Weingärtner mit der Rebe macht, die er in den Weinstock pfropft (Joh 15,1f). Damit ist die Voraussetzung zur Erhaltung und Fruchtbarmachung des göttlichen Lebens gegeben. Nun handelt es sich darum, daß es dem Heiligen Geist gelingt, uns dazu zu erziehen, nur diese Kraftquelle zu gebrauchen und nicht etwa zu falschen Quellen zu gehen! Dann wird der Herr in unseren Herzen wohnen, das heißt, Sein Hausbesitzerrecht ausüben können! Dann werden wir Ihn nicht dazu verurteilen, in unseren Herzen nur „Mieter“ zu sein, dessen Wort nichts gilt; nein, wir werden uns willig, eben im Glauben Seiner Führung unterordnen! Ich denke, wir verstehen alle dieses einfache Bild und können weiter darüber nachsinnen, damit wir besser erfassen, welches Vorrecht uns geworden ist, als der Herr in unser Herz einzog, aber auch, welche Verantwortung wir nun tragen! „Daß ihr in Liebe eingewurzelt und gegründet seid“ ist der nächste Gebetswunsch des Apostels! Hier haben wir es schon mit dem Gemeinschaftsleben derer zu tun, in deren Herzen Christus wohnt. Diese Tatsache allein verbürgt noch nicht ein Gemeinschaftsleben nach den Gedanken Gottes, denn wieviel „Glaubensrichtungen“ gibt es doch, die sich womöglich gegenseitig ausschließen, und das nur, um der eigenen Glaubensüberzeugung treu zu bleiben! Soweit kann es in menschlicher Verirrung kommen, wenn man der Liebe nicht den ihr gebührenden Platz einräumt! Gerade im Blick auf unser Gemeinschaftsleben wird von uns nicht nur erwartet, daß wir einander lieben, nein, der Apostel erfleht es vielmehr! „Gewurzelt und gegründet“ sollten wir in der Liebe sein! So wie der Baum durch seine Wurzeln aus dem Erdreich seine Nahrung zieht, soll die Liebe der Nährboden sein, aus dem heraus wir die Beweggründe zu allem Tun und Lassen im Gemeinschaftsleben schöpfen! Wie bliebe da manches ungetan, was vielleicht aus bestem Willen, aber nicht aus der Liebe hervorwuchs! Umgekehrt würde mehr Geistesfrucht geschaut zu lebendigem Zeugnis für eine liebelose Welt oder zur Erquickung niedergebeugter und betrübter Geschwister.
Ebenso wichtig aber ist auch das „Gegründetsein“ wie das Haus auf dem Felsen! Wie oft wird unsere Liebe zu den Geschwistern, die wir haben und um des Herrn willen auch unbedingt beweisen wollen, auf eine harte Probe gestellt! Auch im Volke Gottes gibt es Mißverstehen, Argwohn, Neid und Lieblosigkeit; denn wir leben noch im Leibe dieses Todes. Wie wichtig ist es da, daß unsere Liebe festgegründet ist und nicht zusammenbricht, auch nicht bei härtester Erprobung! Und wir werden verstehen, daß nur auf diesem Wege unser Gemeinschaftsleben wahren, göttlichen Charakter tragen und wirkliche Frucht zur Ehre unseres Hauptes bringen kann.
Vor allem aber ist die Herrschaft des Glaubens im Leben des einzelnen Kindes Gottes und die Herrschaft der Liebe im Gemeinschaftsleben die unerläßliche Voraussetzung dafür, daß der Vater im Himmel uns alle gemeinsam schauen lassen kann in das Meer der Liebe unseres Heilandes, eine Gottestat, die uns immer wieder überwältigen wird und unbedingt am wirksamsten zur Umgestaltung und Stärkung unseres inwendigen Menschen beiträgt. Was würde werden, wenn z. B. die Kinder Gottes an einem Ort sich immer wieder gemeinsam diese Gottesschau schenken ließen?! Die Welt würde bald merken, daß Menschenkinder mit helleuchtenden Augen in ihrer Mitte wohnen, weil sie in die Tiefen der Gottheit geschaut haben! Das vertreibt jede irdische Sorge, das überbrückt jeden Gegensatz, ja, das soll schon hier auf Erden unsere Seligkeit sein! So werden wir zu Menschen, zu Gemeinden, die ihren Platz ausfüllen nach den Gedanken Gottes, weil sie unter der erziehenden Hand unseres himmlischen Vaters heranwachsen bis zur ganzen Fülle Gottes!
Wer aber wollte bei solch einem Wirken Gottes nicht mit einstimmen in die große Lobpreisung unseres großen Gottes und Vaters in Christus Jesus!
Heinrich Köhler.