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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
Mt 26,36-46 ; Mk 14,32-42 ; Lk 22,39-46 ; Joh 18,1-11 - Gethsemane
Mt 26,36-46 ; Mk 14,32-42 ; Lk 22,39-46 ; Joh 18,1-11 – Gethsemane (1)Mt 26,36-46 ; Mk 14,32-42 ; Lk 22,39-46 ; Joh 18,1-11 – Gethsemane (1)
Nachdem der Herr das letzte Passah mit den Jüngern gegessen und dabei das Mahl eingesetzt hatte, ging Er, wissend, was über Ihn kommen würde, hinaus nach dem Ölberg, nach dem Garten Gethsemane. Es war Nacht. Es war die letzte Nacht, die Er hier in Niedrigkeit verbrachte. Als das Licht hatte Er in dieser Welt geschienen, aber die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht. Sie erhoben sich einmütig gegen Ihn, den Heiligen, um Ihn zum Tode zu bringen. Der Herr suchte die Stille und ging ins Gebet; die Elfe begleiteten Ihn. Nachdem Er Petrus, Jakobus und Johannes besonders mit Sich genommen hatte, fing Er an, betrübt und beängstigt zu werden. Diese drei Jünger waren einst Augenzeugen Seiner Herrlichkeit auf dem Berge gewesen und sollten jetzt Zeugen des Kampfes Seiner Seele angesichts des Kreuzes sein. Gleich Freunden vertraute Er Sich ihnen an, und sie durften teilnehmen an dem, was Ihn betraf. Er spricht das, was in Seiner Seele vorging, ihnen gegenüber aus: „Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tode; bleibet hier und wachet mit Mir.“ (Mt 26,38)
Der Herr Jesus war vollkommener Mensch; Er empfand vollkommen menschlich, und Er suchte Umgang mit Menschen und erwartete auch Teilnahme und Mitempfinden (siehe Ps 69,20) von denen, die Seinem Herzen nahe standen.
Wenn wir darüber nachsinnen, daß Er betrübt und beängstigt war, Er, welcher sagte: „Meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27), und welcher allezeit in einem Herzensfrieden wandelte, den wir nur wenig kennen dürften - da Er allezeit das Gottwohlgefällige tat -, so stehen wir im Geiste voll Bewunderung still.
Er bittet die Jünger: „Bleibet hier und wachet mit Mir.“ „Und Er ging ein wenig weiter und fiel auf Sein Angesicht und betete und sprach:,Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber; doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst'.“ (V. 39) Er fiel auf Sein Angesicht, Er, der allezeit Sein Angesicht zu Seinem Gott und Vater emporrichten konnte, Er tat es jetzt nicht. Die Schwere dessen, was vor Ihm stand, beugte Ihn so nieder, daß Sein heiliges Angesicht die Erde berührte. „Mein Vater“, so betete Er. Ist es nicht, als ob in diesen Worten die besondere Schwere zu erkennen ist, die auf Ihm lag? Doch welche vollkommene Ergebenheit und Unterwürfigkeit sehen wir in den Worten: „Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber.“ Ach, wir wissen, es war nicht möglich, wenn Er uns erlösen wollte. Dreimal betete der HErr, dann nicht mehr. Den Willen Seines Gottes und Vaters zu tun, war Er ja gekommen.
Wenn wir darüber nachsinnen, welches schwere Leid unserem Herrn bevorstand, so denken wir daran, daß Er, der König Israels, von Seinem eigenen Volke verworfen, den Römern ausgeliefert werden und schließlich den schmachvollen Tod am Kreuze sterben sollte. Er sollte in die Hände von Sündern überliefert, gegeißelt und zum Spott mit einer Dornenkrone gekrönt werden und die so großen, leiblichen Schmerzen ertragen. Doch dieses alles war wohl nicht das Schwerste, was Er zu erdulden hatte.
Im Evangelium Mt 27,46 wird uns berichtet, daß der Herr am Kreuze schrie und sagte: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ und daß Er mit lauter Stimme schrie und den Geist aufgab. Alle Wogen und Wellen des Gerichtes Gottes sind über Ihn hingegangen.
(Ps 42,7) Der Herr Selbst sprach nach Mt 26,28 bei der Einsetzung des Mahles: „Denn dieses ist Mein Blut, ... welches für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm. Seine Seele stellte das Schuldopfer dar vor einem heiligen und gerechten Gott für die Schuld, die wir, ich und du, lieber Leser, auf uns gebracht hatten durch unsere vielen, vielen Sünden von unserer Jugend an. Auf all die bösen Taten gegen Gott und Menschen mußte die gerechte Strafe folgen. Er, unser HErr, verbüßte sie an unserer Statt, Er erlitt den Tod und wurde von Gott verlassen. Dieses wird es im besonderen Sinne gewesen sein, was Ihm die so schweren Stunden in Gethsemane nach dem Matthäusbericht bereitete. Ihm, unseren Herrn , sei ewig Dank, daß Er es getan hat.
Wenn wir den Bericht über Gethsemane nach Mk 14,32-42 aufmerksam lesen, so finden wir große Ähnlichkeit mit dem Bericht nach Matthäus, den wir betrachtet haben. Doch fällt uns auf, daß der Heilige Geist in Vers 33 sagt: „... und fing an, sehr bestürzt und beängstigt zu werden.“ Es ist, als ob uns hier ein noch tieferer Einblick gegeben wird in das, was in der Seele unseres Herrn vorging. Er, der HErr, war „sehr bestürzt und beängstigt.“ Wenn wir darüber nachsinnen, was dieses Wort bedeutet, so können wir nur vor Ihm anbeten.
In Vers 35 heißt es alsdann: „Und Er ging ein wenig weiter und fiel auf die Erde; und Er betete ...“ Nach Matthäus wird uns berichtet, daß Er auf Sein Angesicht fiel. Hier wird uns berichtet, daß Er auf die Erde fiel. Auch angesichts dieser Wahrheit können wir nur sinnend anschauen und Ihn anbeten, der solches Schwere für uns auf Sich nahm.
Auch Vers 36 dürfte uns eine noch größere Tiefe Seines Leidens als der Bericht im Matthäus-Evangelium zeigen: „Und Er sprach: Abba, Vater, alles ist Dir möglich; nimm diesen Kelch von Mir weg; doch nicht was Ich will, sondern was Du willst.“ Der Herr empfand dieses alles, was Er am Kreuze durchlebte, in seiner völligen Schwere voraus.
Wenn wir Mk 15,33-38 lesen, so finden wir hier fast den gleichen Bericht wie nach Matthäus. Es wird uns auch hier nur das eine Wort berichtet, was der HErr am Kreuze sprach: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“
In Mk 14,24 berichtet uns der Heilige Geist bei dem Bericht über die Einsetzung des Mahles dieses Wort: „Dieses ist Mein Blut ..., welches für viele vergossen wird.“ Der Heilige Geist fügt hier nicht hinzu wie in Matthäus: „... zur Vergebung der Sünden.“
Beachten wir noch die Stelle in 2Kor 5,21: „Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm“, so dürfen wir wohl annehmen, daß es sich im Markus-Evangelium um das Gericht über die Sünde handelt. Wir haben nicht nur böse Taten verübt, sondern wir haben auch eine sündige Natur, und nicht nur die ersteren, auch die letztere sind durch das Gericht, was unser Herr auf Sich nahm, vor Gott hinweggetan. Er wurde das Schuldopfer und auch das Sündopfer. Er wurde für uns zur Sünde gemacht. Wir können dieses nicht verstehen, aber wir erkennen ein wenig durch den Bericht von Gethsemane, was es für Ihn war, zur Sünde gemacht und von Seinem Gott verlassen zu werden. Ewig Dank sei unserem Herrn , daß Er dieses für uns unbegreiflich schwere Werk vollbracht hat zu unserem ewigen Heil!
(Fortsetzung folgt, s. G. w).
O. D.
Schau hin, dort in Gethsemane
Ringt in der Seele tiefstem Weh
Der Herr in Todesqual.
O sieh Ihn weinen, beten, knien!
Herb ist der Kelch, doch nimmt Er ihn.
Schau hin, wie erdenwärts gebückt
So hart und schwer den Heil'gen drückt
Der Leiden Übermaß!
Ergebungsvoll doch hör' Ihn flehn: „Nicht Mein, Dein Wille soll geschehn!“
Schau hin, wenn bei des Leidens Schmerz
Dein mattes, jammervolles Herz
In Tränen sich ergießt;
Lern auch in bängster Nächte Grau'n,
Ihm, deinem Herrn und Gott, vertrau'n!
(Lieder f. d. christliche Haus).